1948 - 1949 DAS ZWEITE JAHR SOZIALDEMOKRATISCHER REGIERUNGSPOLITIK IN SCHLESWIG - HOLSTEIN
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Document Number (FOIA) /ESDN (CREST):
CIA-RDP82-00373R000200050001-3
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RIFPUB
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K
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54
Document Creation Date:
December 14, 2016
Document Release Date:
July 21, 2000
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1
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Publication Date:
January 1, 1949
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BOOK
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Approvec 9i'Release 2000/08/17:CIA-FRpp, , .V.3ROO0200050001-3
.,urn I nc lu IINITFD SIMES
of AMEFICA
SEP 14 1949
LHAMBURG, GERMANY
1948-1949
Dus zwelte Juhr
sozialdemokratischer Regierungspolitik
in Schleswig - Holstein
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Ein kleines Land vor groi3en Aufgaben
Das Jahr 1948/49 stellt einen entscheidenden Wendepunkt in der Ent-
wicklung Nachkriegsdeutschlands dar. Wenn auch in der Herstellung der
Einheit Deutschlands keine Fortschritte erzielt werden konnten, so wurde
im Westen Deutschlands sowohl auf wirtschaftlichem als auch politisehem
Gebiet eine neue Entwicklungsphase eingeleitet.
Die Geldreform and das Anlaufen des Marshallplanes brachten eine neue
Basis fur unser gesamtes wirtschaftliches Leben. Der auf Grund der
Londoner Empfehlungen von den westdeutschen Ministerprdsidenten
berufene Parlamentarische Rat erarbeitete das Grupdgesetz fur die
Bundesrepublik Deutschland, was in dem Berichtsjahr zu einer engeren
Zusammenarbeit der westdeutschen Lander fthrte.
Diese fur Westdeutschland bedeutungsvollen Ereignisse stellten das
Fliichtlingsland Schleswig-Holstein vor besonders ernste Probleme. Die
Landesregierung war mit alien Kraften bemiiht, die aus der neuen
Situation entstandenen Aufgaben soweit wie moglich aus eiger. er Kraft
zu losen. Der Ablauf des Jahres bestatigte aber in der anschaulichsten
Weise die von der Landesregierung standig vertretene These, daf3 das
kleine, wirtschaftlich and finanziell schwachste der westdeutschen Lander
die unverhaltnismaf3ig gro3e Belastung durch die Kriegsfolger, niemals
allein bewaltigen konne. Sie hat deshalb immer wieder an die gesamt-
deutsche Verantwortung fur die dureh den Krieg verursachte Not
appelliert.
Die solidarische Verpflichtung der westdeutschen Lander gegendber der
Not unseres Landes ist zwar im verflossenen Jahr in Worten immer
wieder anerkannt worden; sie setzte sich aber nicht in die Tat um. Unser
Land hat nach wie vor 1,2 Millionen Fluchtlinge and steht im Friihjahr
1949 mit 21 Prozent Arbeitslosen (der Durchschnitt fur die Bizone betragt
8 Prozent) an der Spitze aller westdeutschen Lander.
Die Landesregierung muf3 zu Beginn des dritten Jahres ihrer Regierungs-
tatigkeit die dringende Mahnung an die kommenden Bundesorgane
richten, die gesamtdeutsche Verantwortung fur die Not dieses Landes
dureh konstruktive Hilfe zur Tat werden zu lassen.
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Unsere Wirtschaft
Die Zeit vom April bis Juni 1948 war gekennzeichnet durch die voll-
kommene Zerriittung des Geldwesens. Die Reichsmark hatte ihre Aufgabe
als Wertmesser and Zahlungsmittel vdllig eingebiilt. Ein wesentlicher
Tell des Warenumsatzes vollzog sick auf dem schwarzen Markt. Die
Besitzer von Produktionsmitteln and Waren konnten auf dem Wege der
Kompensationsgeschafte einen bedeutenden Tell der verknappten Kon-
sumtions- and Produktionsguter sich aneignen and durch Hortung von
Sachwerten die zu erwartenden Geldverluste Burch die bevorstehende
Wahrungsreform weitgehendst im voraus kompensieren.
Die breiten Schichten der werktatigen Bevolkerung, im besonderen die
Lohn- and Gehaltsempfanger, konnten weder auf dem schwarzen Markt
die durchschnittlich zehnfach uberhohten Preise zahlen, noch hatten sie
die Mdglichkeit, auf dem Kompensationswege ihre dringendsten Bedurf-
4 nisse zu befriedigen.
Die Landesregierung versuchte im Rahmen der ihr gegebenen Mdglich-
keiten die bestehenden Gesetze zum Schutze der Interessen der breiten
Verbraucherschichten zur Anwendung bringen. Dabei versaumte sie es
nicht, ihre 1947 begonnene Aufgabe weiterzufuhren, die darin besteht, fur
die fast auf das Doppelte angewachsene Bevolkerung Arbeitsplatze zu
schaffen. Der Erfolg zeigt sich in der Tatsache, dal trotz der
durch Demontagen verlorenen 75 00;0 Arbeitsplatze 17 1 0 0 0 B e s c h a f -
t i g t e m e h r vorhanden sind a 1 s 1 9 3 8. Eine planmaBige Durch-
fUhrung der Aufgabe, das uberwiegend agrarische Land durch einen syste-
matischen Industrialisierungsprozell zu befahigen, einer mdglichst grolen
Anzahl der 1,2 Millionen Fluchtlinge eine sichere Existenzgrundlage zu
verschaffen, konnte vor der Geldreform nur vorbereitet werden.
Die Geburt der D-Mark
Dem widernaturlichen, nicht mehr tragbaren Zustand der vollkommen
desorganisierten Wirtschaft machte der Wahrungsschnitt vom 20. Juni 1948
-ein Jahr zu spat- ein Ende. Er vollzog elne harte, aber unvermeidbare
Operation an dem auf den Tod erkrankten Wirtschaftskbrper.
Fur das Mall der Abwertung, die Hdhe des auszugebenden Geldbetrages
and die Art and Form der Umstellung waren die Besatzungsmachte allein
verantwortlich. Deutsche Stellen hatten auf die monetaren Vorgange
keinen Einflul.
Die Wahrungsreform schuf trotz ihrer sozialen Harten die Ausgangsbasis
fur eine sprunghafte Steigerung der industniellen Produktion. Unterstt tzt
durch die ERP-Mittel aus dem Marshallplan erreichte die Produktion
am Ende des Berichtsjahres rund 80?/o des Volumens von 1936.
Die Laden fiillten sich mit Waren tells aus den Hortungsbestanden, tells
aus der Neuproduktion. Die Verbraucher konnten mit ihrer Kopfquote
and dem erarbeiteten Geld in der neuen Wahrung, das wieder ein voll-
gUltiges Tauschmittel auf dem Markte ddrstellte, zunachst einen Tell
ihrer dringendsten Bedt rfnisse befriedigen.
Die Verkundung der freien Marktwirtschaft durch Professor Erhard, den
Wirtschaftsdirektor des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, der schnelle Ab-
bau wesentlicher Bewirtschaftungsvorschriften fiihrten aber - auf der
anderen Seite zu solchen Preissteigerungen, dal recht bald die Arbeit-
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wieder weitgehend aus dem Markt ausgeschaltet wurden.
Die Frankfurter Wirtschaftspolitik fiihrte zur Krise
Es kann nicht stark genug betont werden, da3 die Wahrungsreform, die
grollen Mengen von Nahrungsmittel, Rohstoffen und Fertigwaren, die im
Zuge des Marshallplanes eingefiihrt wurden, die auf3ergew6hnlich gute
Ernte in Westdeutschland und der milde Winter zu einem spurbaren Auf-
schwung fiihrten. Bei einer Wirtschaftspolitdk mit dem Ziele der Voll-
beschaftigung und des sozialen Ausgleichs, was nur durch planmallige
Lenkung hauptsaohlich auf dem Gebiete.der Investitionspolitik mid durch
allm4hliche Lockerung der Bewirtschaftung zu erreichen war, ware die
heutige Wirtschaftskrise vermieden worden. Es ist ein absurder Zustand,
daf3 in einer Zeit, wo jede Ruine in Deutschland formlich nach Aufbau-
arbeit schreit und Arbeitskrafte und Rohstoffe geniigend vorhanden sind,
trotzdem 1,2 Millionen Menschen stempeln gehen, d. h. mit anderen Wor-
ten, daf3 6 Millionen Menschen aus Unterstiitzungsgeldern unterhalten
werden mussen.
Seit der Schaffung der Bizonalen Verwaltung wird die W:irtschaftspolitik
verbindlich fur alle Lander Westdeutschl,ands vom Wirtschaft=.irat und
Verwaltungsrat in Frankfurt bcstimmt. Die Verantwortung fur die 189 000
Arbeitslosen in diesem Lande tragt ausschlielilich die von Professor
Erhard bestimmte freie Marktwirtschaft.
Die Arbeitslosigkeit steigt sprunghaft
Die durch die freie Marktwirtschaft erreichte Preiserhohung, die der
Wirtschaft zunachst grof3e Gewinne eingetragen hatte, erwies sich aber
auch im Geschaftsverkehr zwischen Produzenten und Handel als ein
zweischneidiges Schwert. Denn nach dem Verkauf der bei der Wahrungs-
umstellung vorhandenen Vorrate trafen die Unternehmer bei der Wieder-
beschaffung von Waren und Rohstoffen nun ihrerseits ebenfalls auf die
erhohten Preise und waren daher nicht in der Lage, ihre Lager in dem
notwendigen Malle auszuweiten, zumal das Geld aus den Harden der
Konsumenten nur zogernd nachflof3. Die Folgen waren Kapitalmangel,
Produktionseinschrankung, Arbeitslosigkeit. Der Ruf nach Krediten war
daher allgemein und wurde immer dringlicher erhoben, aber auch hier
wieder wurde das iiberhohte Preisniveau zum unuberwindbaren Hin-
dernis. In der verspateten Erkenntnis, daB die tiberhohten Preise wieder
auf eine gosunde Grundiage zuri.ickgefiihrt werden mufiten, sahen. sich die
die Wirtschaftspolitik bestimmenden Kreise gezwungen, der-Wirtschaft die
verlangten Kredite vorzuenthalten, urn sie zur Auflosung und Abstoiung
der Warenvorrate auch "zu gesenkten Preisen zu zwingen. Zahlreiche Be-
triebe, darunter leder auch manche neuerrichtete- Fluchtlingsbetriebe,
muf3ten aus Kapitalnot ihre Produktion einse.hranken Oder gar ganz ein-
stellen. In der gerade in Schleswig-Holstein so aul3erordentlich hohen
Zahl der Arbeitslosen, die isich vom Juni 1948 bis April 1949 von 21 250
auf 170 356 erhohte, kommen die Scharfe und der Ernst des :Problems
erschiitternd zum Ausdruck.
Schleswig-Holstein liegt mit seiner durch den Fltichtlingsstrom erfolgten
Bevolkerungszunahme mit 71 Prozent weft uber dem bizonalen Durch-
schnitt von 22 Prozent. Wenn die Not des Landes behoben werden soil,
so mu13 durch die Verbreiterung der Produktionsbasis eine moglichst
grof3e Anzahl der heute iiberschussigen Bevolkerung in Arbeit gebracht
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and zu gleicher Zeit durch einen gerechten Fliichtlingsausgleich das Land
von seiner tYberbelastung befreit werden.
Industrialisierung des Landes
Die Landesregierung stellte nach der Wahrungsreform einen konstruk-
tiven Arbeitspl_an auf, der das Ziel verfolgt, durch Ausbau der vorhan-
denen Industrien and Gewerbe and durch die Schaffung neuer Industrie-
-kapazitaten die Struktur des Landes von Grund auf zu andern. Es -ist-
ohne weiteres klar, daf3 das Land these Aufgaben nur mit Hilfe der
zentralen Instanzen and durch eine grof3ziigige and langfristige Kredit-
gewahrung seitens der Wiederaufbaubank durchfiihren kann. Die Landes-
regierung hat alle nur-denkbaren Schritte unternommen, um die Voraus-
setzungen zur Durchfiihrung ihres groflziigigen and organischen fndu-
strialisierungsprogramms zu schaffen. Dardber hinaus aber hat sie alle
Schritte unternommen, um aus eigenen Kraften so weit wie moglich der
Not des Landes Herr zu werden.
Schleswig-Holstein ist ebenso im Interesse der unter unwiirdigen and
armseligen Verhaltnissen lebenden Fluchtlinge, wic im Interesse des
Landes selbst gezwungen, immer wieder die Forderung nach einer sinn-
vollen, den wirtschaftlichen Kraften and Unterbringungsmoglichkeiten
angemessenen gerechten Verteilung der Fluchtlinge auf alle Lander der
westlichen Besatzungszonen zu erheben. Den Fluchtlingen eine neue Exi-
stenz and eine neue Heimat zu schaffen, ist eine gesamtdeutsche Aufgabe.
Oberwindung der Kreditnot
Bei Durchfiihrung and Planung aller Projekte stand die Landesregierung
immer wieder vor grof3en finanziellen Schwierigkeiten, bedingt vor allem
durch die grolle Finanznot des Landes. Die Wirtschaft stand im Kenn-
zeichen der Kreditnot, die die schleswig-holsteinische Wirtschaft wegen
des Umfangs and des Tempos seines Neuaufbaus, der starken Beteiligung
von Fluchtlingsunternehmungen mit naturgema13 schwacher Kapitaldecke
and des (Iberwiegens der Produktionsguterindustrie viel schwerer traf
als die Wirtschaft im ubrigen Teil der Westzonen.
Die Landesregierung hat in diesen Kreditnoten mit Rat and Tat geholfen.
Sie erwirkte die Zulassung von kleinen Krediten mit einer.
Refinanzierungsmoglichkeit bei der Landeszentralbank, beschleunigte die
Freigabe von Altguthaben fur die nicht eingetragenen Betriebe and for-
derte die Finanzierung der Deichbauten and Baum-
s c h u 1 e n. Den Hypothekeninstituten des Landes wurde im Interesse
der Beschaffung von Arbeitsmoglichkeiten and der Bereitstellung mundel-
sicherer Anlagen die Herausgabe festverzinslicher Wertpapiere im Be-
trage von 10 Millionen DM genehmigt.
Dank der Bemuhungen der Landesregierung konnee' erreicht werden, daf3
die Banken and Sparkassen in Schleswig-Holstein die Wirtschaft in un-
gleich stdrkerem Mafle unterstiitzen, als dies in anderen Landern der
Fall war. 62 Prozent der gesamten Einlagen auf den Frei-
konten wurden als K r e d i t h i l f e wieder ausgeliehen. In Nordrhein-
Westfalen war dieses Verhaltnis nur 43 Prozent, in Bayern sogar nur
29 Prozent.
Die Wirtschaftsaufbaukasse hilft weiter
Zur Verstarkung der Kredithilfe wurde auf Beschluf3 des Landtages die
Wirtschaftsaufbaukasse Schleswig-Holstein AG. ge-
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griindet and als Einlage ein Betrag von 2 Millionen DM and fair den
Reservefonds 1 Million DM bereitgestellt. Neben der Finanzierung von
Auftragen and dem Aufbau der Produktion hat die Aufbaukasse die
besondere Aufgabe, unverschuldet. in Not geratenen Betrieben, im beson-
deren Fltichtlingsbetrieben, ihre Hilfe zu gewahren.
Die Landesgarantiekasse gewahrt Unterstutzung
Mit Zustimmung des Landtages wurde unter mal3geblicher Beteiligung
.der Banken die Landesgarantiekasse Schleswig-Holstein gegrundet, um
die Kredithilfe bis an die Grenzen des Moglichen auszuweiten. Das Land
hat von einem S t a m m k a p i t a 1 von 500 000 DM eine Beteiligung von
370 000 DM ubernorpmen, auf einen besonderen Wirtschaftssicherungs-
fonds 1,5 Millionen DM einzuzahlen. Der Zweck der Garantiekasse ist
nicht die Kredithergabe selbst, sondern die Sicherung von Kredithergabe
durch t)bernahme von Ausfallburgschaften in einem G e s a m t b e t r a g e
his zu 20 Millionen DM.
Kampf gegen die Seuche der Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit hat in Schleswig-Holstein nach der Wahrungsreform
ein weit grolleres Ausmal3 angenommen, als in den anderen westdeutschen
Landern. Die Zahl der Arbeitslosen betrug am 11. Marz 1949 rund 170 000,
das Sind 20,8 Prozent der Arbeitnehmer, wahrend der Durchschnitt der
Bizone nur rund 8 Prozent betrug.
Angesichts dieser Entwicklung war die Bekampfung der Arbeitslosigkeit
and die Schaffung von Arbeitsplatzen die beherrschende Aufgabe der
Landesregierung. Ihr dienten unmittelbar and mittelbar alle MaBnahmen.
Bei dem AusmaB der Arbeitslosigkeit inulten die auf lange Sicht wir-
kenden Arbeiten durch SofortmaBnahmen zur Arbeitsbeschaffung erganzt
werden. Die Landesregierung stellte ab September 1948 monatlich 1 Mil-
lion DM zur Arbeitsbeschaffung zur Verfugung. Aus diesen Mitteln sind
laufend rund 5000 Arbditskrafte beschaftigt worden. Durchschnittlich
liefen gleichzeitig etwa 70 Arbeitsvorhaben, die sich, um eine grofle
.Streuwirkung zu erreichen, uber das ganze Land verteilten and beii denen
es sich urn StraBenbau, Aufforstung and Wasserwirtschaftsarbeiten sowie
um den Ausbau von offentlichen Versorgungsanlagen and Hafen handelte.
Die Durchftihrung des Wohnungsbauprogramms in alien Teilen des Lan-
des verhinderte weitere Entlassungen in der Bauindustrie.
Fur die besonders von der Arbeitslosigkeit getroffenen Gebiete Trap-
p e n k amp mid B c'k e r n for d e sind SondermaBriahmen zur Beseiti
gung der hier herrschenden Notstande beschlossen worden. Aus dem
Wirtschaftsfonds fiir Fluchtlinge wurde fur Trappenkamp ein Betrag von
300 000 DM zur Verfugung gestellt.
Durch Industrialisicrung neue Arbeitsplatze
Die Eifolge, die durch den von der Landesregierunig begonnenen Indu-
strialisierungsprozeB bis zur Wahrungsreform erreicht werden konnten,
veranschaulichen eindrucksvoll folgende Zahlen:
Von den 2560 Industriebetrieben (ohne Nahrungsmittel- and Bau-
industrie) sind 1040 oder fast 41 Prozent seit der Kapitulation gegrundet
worden. Davon sind 60 , oder 58 Prozent Fltichtlingsbetrdebe. Von den
uber 102 000 Besehaftigten dieser Betriebe sind fast 42 000 oder fast
41 Prozent Fluchtlinge. Aulerdem wurden fast 5700 Fluchtlinge als Heim-
arbeiter gezahlt. Aus diesen Zahlen ist auch ersichtlich, welche bewun-
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dernswerte Initiative die Fluchtlinge, im wesentlichen unter Forderung
der Landesregierung, beim Aufbau neuer Betriebe gezeigt haben.
Besonders hervorzuheben ist die G r u n d u n g der M a s c h i n e n b a u-
A G. K i e 1 (MAK) als Nachfolgerin der demontierten Holmag mit einem
Aktienkapital von 4 Millionen RM, das zu gleichen Teilen vom Land
Schleswig-Holstein and der Stadt Kiel aufgebracht worden 1st. Rund
2 6 0 0 A r b e its p 1 a t z e sind durch these Grundung neu geschaffen.
Die MAK stellt aufler Diesellokmaschinen im wesentlichen Spinnerei-
maschinen her, eine in Schleswig-Holstein neuartige Produktion, die in
ganz Westdeutschland dringend bendtigt weird.
Aufbauend auf these Produktion sind mehrere S p i n n e r e i e n
errichtet worden. Eine davon, in Neumiinster, hat bereits mit der Er-
zeugung begonnen, drei weitere stehen vor dem Anlaufen. Es ist zu
hoffen, daf3 dadurch die bisherigen Versorgungsschwierigkeiten der nach-
geordneten Textilstufen so weft behoben werden, daB der Ausbau der
schleswig-holsteinischen Textilindustrie ermoglicht wird.
In der Nahe Hamburgs ist die ,,D r a h t w e r k S a c h s e n w a l d GmbH."
gegrundet worden, deren Produktionsprogramm die Erzeugung von
Kupferdrahten, im besonderen Lackdrahten, and von Widerstandsdrahten
mit einer Monatskapazitat von vorerst 100 Tonnen vorsieht. Ein beson-
deres Augenmerk wurde auf die Forderung arbeitsintensiver Fertigungen,
wie Spezialmaschinen, E1ektrotechnik, Feinmechanik
and 0 p U k, gelegt.
In Kiel konnte eine feinmechanisch-optische Firma end-'
gultig wieder ihre Erzeugung aufnehmen. Auflerdem haben hier fiber
25 kleinere and mittlere Betriebe ihre Produktion begonnen.
Das Bekl"eidungszentrum in Eichhof and eine Textil-
m a s c h i n e n f a b r i k sind weiter ausgebaut worden.
Besonders erfreulich ist die Ansiedlung weiterer T a b a k w a r e n-
f a b r i k e n. Im ersten Vierteljahr 1949 wurden bereits a r b e i t s t a g-
i i c h 3 Millionen Z i g a r e t t e n hergestellt. Seitdem ist die Pro-
duktion erheblich gesteigert worden.
In der Industriesiedlung Wahlstedt wurden nach der
Wahrungsreform die dort angesetzten Betriebe weiter ausgebaut, im
besonderen eine Gluhlampenfabrik, eine Glasfabrik, eine
Wirkwarenfabrik and ein Textilmaschinenbaubetrieb.
In der Industriesiedlung Trappenkamp wurde als Zu-
lieferer fur die dortige Glasindustrie and Schmuckwarenindustrie eine
Hohl- and Farbglasfabrik angesetzt.
In tY t e r s e n wurde eine seit mehreren Jahren stilliegende P a p i e r-
f a b r i k wieder in Gang gesetzt.
Durch dde fordernden Maf3nahmen der Regierung in Verbindung mit den
Anstrengungen der Wirtschaft konnte zwar die Beschaftigungskrise nicht
vermieden werden; aber es verddent doch hervorgehoben zu werden, dal3
Schleswig-Holstein im April 1949 mit 8 7 0 0 0 0 E r w e r b s t a t i g e n
1 7 1 0 0 0 Menschen mehr beschaftigt, als im Jahre 1939, ob-
wohl durch den Abbau der Rustungsindustrie seit 1939 e t w a 80 000
Arbeitsplatze verloren gdngen. Es sind bisher noch 40 weitere
Aufbauprojekte in Bearbeitung genommen, die sich nach eingehender
fachlicher and wirtschaftspolitischer Prufung ihres Produktionsprogram-
mes and ihrer Standortvoraussetzungen als forderungsw"urdig heraus-
Zur Forderung gewerblicher Bauten sind Landesdarlehen
in Hahe von 250 00 DM zur Verfi gung gestellt and unter Zuhilfenahme
anderer Mittel lediglich im nordlichen Grenzland gewerbliche Raume
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im Werte von 1,5 Millionen DM erstelit worden. In diesen etrie en
werden nach Fertigstellung rund 1200 A r b e i t s p 1 a t z e vorhanden
sein. Fur Umbauten freigegebener Riistung.sgebaude sind
3 Millionen DM angesetzt worden. Sie ermoglichen es, der Wiirtschaft
Gebaudekomplexe von vielfachem Wert zur Verfugung zu stellen, wo-
durch das so knappe Investntionskapital in erheblichem Umfang einge-
spart werden kann.
Freimachung von ehemaligen Wehrmachtanlagen
Die Landesregierung hat sich energisch fiir die Freigabe von B a u -
lichkeiten ehemaliger Wehrmachtsliiegenschaf ten
and demontierter Betriebe eingesetzt. Es ist u. a. erreicht worden, dal3
67 Gebaude der ,Dynamit-AG. Krummel" nicht zerstort wurden. Leider
- and unverstdndlicherweise - sind die energischen Bemuhungen der
Landesregierung, der Ge*erkschaften and insbesondere auch des Land-
tages, die Gebaude der T V A (Torpedoversuchsanstalt Eckernforde) fur
die Ansetzung von Betrieben der Leichtindustrie zu erhalten, ergebnislos
verlaufen. Nunmehr wurden die gemeinsamen Anstrengungen auf die
Erhaltung and baldige Freigabe der fur den geplanten Industrieaufbau
unentbehrlichen Gebaude and Anlagen des Ostufers des Kieler Hafens
konzentriert. Hier sind die ersten Freigaben erfolgt.
Verbesserte Eisen- and Stahlversorgung
Die Versorgung mit Eisen and Stahl konnte durch Bereitstellung von
600 Tonnen Eisen- and Stahlkontingent verbessert werden. Bei der Neu-
ansetzung von Betrieben wurde durch dieses Kontingent die Durch-
fiihrung von etwa 100 industriellen Einzelvorhaben sichergestelit..
Besonderer Bemuhungen bedurfte es, um die Aufrechterhaltung u;nd Aus-
wertung des H o c h o f e n w e r k e s L u b e c k sicherzustellen. Es gelang,
die Belieferung mittel- and westdeutscher Betriebe mit Stahl and Roh-
eisen sowie ein Roheisenexport von 33 500 Tonnen nach Schweden, Dane-
mark and den USA durchzusetzen.
Finanzhilfe im Schiffbau
Fast samtliche Fischdampfer-Neubauten wurden nach der Wilhrungs-
reform wegen Finanzschwieriglceiten annulliert. Durch Eingreifen der
Landesregierung konnten jedoch alle Schwierigkeiten behoben and in-
zwischen samtliche ?zehn Fischdampfer.fertiggestelltwerden.
Um durch das Auslaufen des ersten Neubauprogramms die Werftindustrie
vor umfangreichen Entlassungen zu bewahren, and angesichts der Be-
deutung, die Schiffbau and Schiffahrt fur Schleswig-Holstein haben, ist
in gemeinsamer Absprache mit den Werfterl and Reedern durch die
Landesregierung, ein w e i t e r e s S c h i f f b a u p r o g r a m m aufgestellt
worden, dessen Finanzierung bereits zu einem Teil gesichert 1st. Zur
Erleichterung der Finanzierung des Schiffbaus ist eine S chiffbau -
h y p o t h e k e n b a n k in Lubeck unter maligeblicher Beteiligung des
Landes gegrundet worden.
Steigerung der Au1 enhandelsums itze
Im. Berichtsjahr konnten A u s f u h r e n im Gesamtwert von 6,2 Millionen
Dollar = 20,7 Millionen DM durchgefiihrt werden. Dies stellt eine Ver-
dreifachung gegenuber dem Vorjahr dar. Der Anteil Schleswig-Holsteins
an der Ausfuhr der Bizone betrug 2,4 Prozent (1936: 1,2 Prozent an der
Ausfuhr Gesamtdeutschlands).
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Verbesserung der Verkehrsverhaltnisse
Die Landesregierung ist sick bewuf3t, daf3 ihr Industrialisierungsprogramm
nur dann durchgefuhrt werden kann, wenn die verkehrsmal3igen Voraus
`setzungen geschaffen werden. Um den Standort der schleswig-holstei-
nischen Industrie und ihre Wettbewerbsfahigkeit zu verbessern, mull die
Abschniirung des Landes und seine Verkehrsferne behoben und das Land
dem Verkehr erschlossen werden.
Straf3en
Ein weiteres Ziel ist, von der Artlenburger Elbebriicke aus eine ziigige
Nord-Slid-Strallenverbindung bis naoh Flensburg an der danischen
Grenze zu entwickeln.
Im Berichtsjahr hat die Landesregierung ihre Bemuhungen verstarkt
fortgesetzt, um den Bau einer S t r a 13 e n b r u c k e uber die Elbe b e i
A r t 1 e n b u r g sicherzustellen. Die Straf3enbrticke wird Schleswig-
Holstein uber Braunschweig mit dem westdeutschen Verkehrsnetz direkt
verbinden. Damit ist der Zeitpunkt, nahegeruckt, in dem der gesamte
Straflenverkehr Schleswig-Holsteins nach dem Westen und Stiden und in
umgekehrter Richtung nicht mehr gezwungen ist, die eine Elbbriicke in
Hamburg zu benutzen und sick eine Durchfahrt durch das Straf3engewirr
der Grof3stadt Hamburg zu suchen.
Im S t r a f3 e n v e r k e h r stieg die Zahl der zugelassenen Kraftfahr-
zeuge vom 1. 4. 1948 bis 31. 3. 1949 von 30 000 auf rund 46 000, d. h. um
53 Prozent. Den grof3ten Anteil an dieser Zunahme hatten die Kraft-
rader mit rund 8700 oder 220 Prozent. Die Treibstoffzuteilung fur den
Straflenverkehr betrug an Vergaserkraftstoff 33 000 Kubikmeter, an
Dieselkraftstoff fast 27 000 Tonnen; das ist gegenubcr dem vergangenen
Jahr eine Zunahme von 23 und 11 Prozent. Diese Bewirtschaftungsentwick-
lung in der Kraftstoffversorgung ist seit Anfang 1949 durch erhebliche
Kiirzungen unterbrochen worden.
Das wahrend des Krieges vollig zerschlagene O m n i b u s l i n i e n n e t z
des Landes -Schleswig-Holstein so rasch wie moglich wieder aufzubauen
und der veranderten Bevolkerungs- und Siedlungsstruktur entsprechend
weiter auszugestalten, war eine der vordringlichsten verkehrspolitischen'
Aufgaben des Verkehrsministeriums, zumal besonders der Arbeiter-
beforderung auf Omnibuslinien in Schleswig-Holstein grof3e Bedeutung
zukommt.
Am 1. Januar 1949 waren insgesamt 221 Omnibuslinien in Betrieb. Die
Zahl der auf ihnen eingesetzten Fahrzeuge betrug zu dem genannten
Zeitpunkt 668 einschlieBlich 131 Anh5ngern. Von 221 Linien entfielen auf
Privatunternehmen 148, auf kommunale und gemischte wirtschaftliche
Verkehrsbetriebe 25, auf die Deutsche Post 48. Seitdem wurde das
Omnibusliniennetz welter ausgebaut, so da13 zur Zeit insgesamt 260 ge-
nehmigte Omnibuslinien in Betrieb Sind bzw. unmittelbar vor der Be-
triebsaufnahme stehen.
Ftir den Ausbau und die Instandsetzungdes Stral3ennetzes
wurden im Rechnungsjahr 1948 insgesamt verbaut rund 4 Millionen RM
und 10,5 Millionen DM aus Haushaltsmitteln sowie 2 Millionen DM aus
Mitteln der Arbeitsbeschaffung. Mit diesem Betrag wurden rund 6000
Kilometer Autobahn, Reichsstraf3en, `Landstraf3en 1. und II. Ordnung
unterhalten und rund 120 Kilometer einem Umbau bzw. einer griind-
lichen Instandsetzung unterzogen. Etwa 150 000 Tonnen Baustoffe wurden
verdrbeitet.
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Bahnen
Neben dem Bau der Artlenburger Brticke ist die Landesregierung
gleichermaf3en interessdert an der Wiiederherstellung der Eisenbahribriicke
bei ?Lauenburg.. Die Landesregierung hat rich wiederholt an Jeri Ver-
waltungsrat gewandt mit dem Ersuchen, der Reichsbahn evtl. m:it einer
Kreditgebung die Inangriffnahme des Eisenbahnbriickenba.us zu
erleichtern.
Im R e i c h s b ah n n e t z wurden die Zugfolgen verdichtet and auf den
Hauptstrecken neue D- and Eilziige eingelegt; im Guterverkehr eine
bessere Wagengestellung durchgesetzt.
? Bei der Reichsbahn sind s i e b e n A u s n a h m e t a r i f e fur Schleswig-
Holstein beantragt worden, wovon bis jetzt einer fur den Transport fur
Eisen and Stahl bewilligt wurde.
Der Bau einer Bahn von Itzehoe nach Lagerdorf ist nach Sicher-
stellung der Finanzierung AnfangMai 1949 in Angriff genonimen worden.
Ausbau der Hafen
Die Durchfiihrung des Industrialisierungsprogramms der Landesregie-
rung ist weitgehen.d abhangig von der Leistungsfahigkeit der Hafen an
der Nord- and Ostseekiiste. Die Verkehrsferne des Landes and die night
besonders giinstige Standortsituation kann durch den Hafenverkehr weit-
'gehend uberwunden werden: Die Landesregierung hat darum den Ver-
waltungsrat auf die Dringlichkeit der Hafeninstandsetzungen hingewiesen
and von ihm einen entsprechenden Beitrag zum Ausbau der Hafen
ersucht. Fiir die Instandsetzung der Hafen Kiel, Liibeckund
F 1 e n s b u r g hat sie einen Kostenbeitrag von 4,2 Millionen DM beantragt.
Forderung des Fremdenverkehrs
Da der Wiederaufbau des Beherbergungsgewerbes eine wichtige Voraus-
setzung fiir die wirtschaftliche Gesundung des Landes ist, nahm sich die
Landesregierung dieser ?Industrie ohne Schornsteine" besonders an. Von
42 000 Fremdenbetten vor dem Kriege waren 28 000 mit Fltichtlingen
belegt worden. Es gelang, 6000 Betten dem Fremdenverkehr zuriick-
zugeben. Damit erhoht sich die 'Lahl an Betten auf fiber 20 000. Das neu-
gebildete Fremdenverkehrsreferat bei der Regierung schaltete rich erfolg-
reich in die an Ort and Stelle gefiihrten Verhandlungen ein. So konnten
fur die infolge der Wahrungsreform and der Schlechtwetterlage in der
Saison 1948 aufgetretenen Notfalle im Beherbergungsgewerbe gro(3ere
Kassenkredite ermoglicht werden. Die Werbung wurde intensiviert and
erreichte schon fur die Saison 1949 gute Erfolge.
Die Landesregierung bem-uht sich urn, einen gebuhrenden Anteil an dem
Mir das Beherbergungsgewerbe vorgesehenen Kreditvolumen im Rahmen
des ERP-Programms. Um sowohl dem Beherbergungsgewerbe als auch
den von der Freimachung von Beherbergungsraumen betroffenen Fliicht-
lingen zu helfen, wurden eine Ubernachtungsabgabe and eine geringe
Kurtaxeerhohung als Gesetz vom Landtag beschlossen. Hierdurch wollte
'man einmal Mittel bekommen, mit denen Wohnungen fur die Flticht-
linge gebaut werden, die den Beherbergungsraum freimachen sollen, dann
aber auch sollten these Mittel als Mietbeihilfen an Fluchtlinge gezahlt
werden, deren Mietschulden so weit angewach~sen waren, da13 Bich eine
grof3e Zahl von Raumungsklagen aufgestaut hatte.
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Approved For Release 2000/08/17 : CIA-RDP82-00373R000200050001-3
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Das Jugendaufbauwerk hilft der arbeitslosen Jugend
Ein Gegenstand ganz besonderer Sorge fur die Landesregierung ist die
Zunahme der Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen. Ostern 1949 ver-
zeichnet 35 000 Schulabgange, das Sind als Folge des Zustromes der
FlUchtlinge 100 Prozent mehr als 1938. Sie alle wollen in das Berufsleben
eintreten. Dazu kommt, daB noch weitere 10 000 Jugendliche aus den Vor-
jahren unterzubringen sind. Von diesen insgesamt 45 000 konnten bisher
17 000 in Lehr- oder Arbeitsstellen vermittelt werden. Es bleibt mithin
eine in die Zehntausende gehende Zahl von Jugendlichen, deren Berufs-
ausbildung and dauernde Beschaftigung in Schleswig-Holstein unter den
gegebenen Umstanden nicht sichergestellt werden kann.
Die Regierung hat daher Vorbereitungen getroffen, auf freiwilliger
Grundlage ein Aufbauwerk zu errichten. Das Jugendaufbauwerk soil je
nach den drtlichen Verhaltnissen als Heimunterbringung oder als offene
MaBnahme durchgefuhrt werden. Die Jugendlichen. sollen taglich fiinf
Stunden mit Arbeit beschaftigt werden, drei Stunden sollen ihrer Schu-
lung and beruflichen Weiterbildung dienen.
Gesamtdeutsche Verantwortung
Der Landesregierung waren in ihren Bemuhungen um den Aus- and
Neuaufbau von Industrie and Gewerbe durch die vozn Verwaltungs- and
Wirtschaftsrat fur das Vereinigte Wirtschaftsgebiet durchgefiihrte Wirt-
schaftspolitik and durch die angespannte Finanzlage tinge Grenzen gesetzt.
Sie hat alle Mbglichkeiten, die steigende Arbeitslosigkeit einzudammen,
ausgeschiipft. Oberstes Ziel aller ihrer Mai3nahmen ist and bleibt die
beschleunigte Schaffung bedeutend vermehrter Arbeitsmoglichkeiten. In
einem organisch aufgebauten Plan hat sie den Aus- and Aufbau der
gewerblichen Wirtschaft, die verkehrsmallige ErschlieBung des Landes,
den Ausbau der Energieversorgung vorbereitet.
Sie erwartet angesichts der Tatsache, daB unser Land 1,2 Millionen Ver-
triebene and Gefltichtete als Folge des Krieges aufnehmen mulite, fur
die Gesamtdeutschland die Verantwortung zu tragen hat, eine Entlastung
von dem unertraglichen Druck and eine groBziigige Hilfe and Kredit-
gewahrung, damit das von ihr aufgestellte Industrialisierungsprogramm
durchgefiihrt werden kann.
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Approved For Release 2000/08/17 : CIA-RDP82-00373R000200050001-3
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Unsere. Ernahrung
Januar 1948: i o g Fett -. April 1949: 750 g Fett
Das Jahr 1948/49 umfaf3t den Zeitraum, in dem sick die Ernahrungslage
in entscheidender Weise verbesserte. Die Lebensmittelrationen erhohten
sich von Januar 1948 bis Mai 1948 wie folgt: Die tatsachlich erfiillten
Monatsrationen der Nichtselbstversorger fiber 20 Jahre (Angaben in
Gramm). Jan. 1948 April 1948
.? Brot 10.000 10 000
Nahrmittel 1 250 1 625
Kartoffeln . . . . . . . . . . 8 000 fret
Zucker . . . . . . . . . . . 500 1 500
Fleisch . . . . . . . . . 400. 600
Fett . . . . . . . . . . . 150 750
Kase .. . . . . . . . . . . . . . . 62,5 125
E-Milch . . 1 000 3 000
Fisch . . 500 800
Eier frei
Es besteht kein Zweifel dartiber, da13 diese Verbesserung in erster Linie
durch die Zunahme der Einfuhren im Rahmen des europaischen Hilfs-
programms and die Ertrage einer auf3ergewohnlich guten Ernte im
eigenen Lunde bestimmt is. Auf der anderen Seite ist these Entwicklung
jedoch nicht denkbar ohne die umfassenden Bemuhungen and Maflnahmen
der Ernahrungsverwaltung, die darauf gerichtet waren, den fur die Er-
nahrung der stadtischen Bevolkerung bestimmten Anteil der heimischen
Agrarproduktion zu erfassen and bereitzustellen.
Von a l i e n Ldndern steht Schleswig-Holstein an zwei-
t e r S t e l a e in der Ei