PUBLICATION "ZEITSCHRIFT FUR NATURFORSCHUNG"

Document Type: 
Collection: 
Document Number (FOIA) /ESDN (CREST): 
CIA-RDP83-00415R000700040006-3
Release Decision: 
RIPPUB
Original Classification: 
R
Document Page Count: 
82
Document Creation Date: 
December 14, 2016
Document Release Date: 
April 12, 2002
Sequence Number: 
6
Case Number: 
Publication Date: 
March 3, 1948
Content Type: 
REPORT
File: 
AttachmentSize
PDF icon CIA-RDP83-00415R000700040006-3.pdf7.55 MB
Body: 
25X1 CENTRAL INTELLIGENCE AGENCY INFORMATION REPORT rRelease 2002/08/14: C CLASS IFICATIn1.. .F COUNTRY Germany SUBJECT Publication 25X1 PLACE ACQUIRED DATE ACQUIRED "Zeitschrift ftir Naturforschung" DATE DISTR. 3 March 48 NO. OF PAGES 1 NO. OF ENCLS. 1 (LISTED BELOW) July-August 1947 37906 SUPPLEMENT TO REPORT NO. GRADING OF SOURCE COLLECTOR'S PRELIMINARY GRADING OF CONTENT COMPLETELY USUALLY FAIRLY NOT NOT CANNOT CONFIRMED PROBABLY POSSIBLY DOUBTFUL PROBABLY CANNOT BE RELIABLE RELIABLE RELIABLE USUALLY RELIABLE RELIABLE BE JUDGED BY OTHER SOURCES TRUE TRUE FALSE JUDGED A. B. C. D. E. F. 1. 2. 3. 4. 5. 6. THIS DOCUMENT CONTAINS INFORMATION AFFECTING THE NATIONAL DEFENSE OF THE UNITED STATES WITHIN THE MEANING OF THE ESPIONAGE ACT 50 U. S. C.. 31 AND 32. AS AMENDED. ITS TRANSMISSION OR THE REVELATION OF ITS CONTENTS IN ANY MANNER 70 AN UNAUTHORIZED PERSON IS PRO- HIBITED BY LAW. REPRODUCTION OF THIS FORM IS PROHIBITED. HOW EVER. INFORMATION CONTAINED IN BODY OF THE FORM MAY BE UTILIZED AS DEEMED NECESSARY BY THE RECEIVING AGENCY. THIS IS UNEVALUATED INFORMATION FOR THE RESEARG USE OF TRAINED INTELLIGENCE ANALYSTS 1. Attached is one copy of the July August 1947 issue of the "Zeitschrift fftr Naturforschung". It is requested that this be forwarded to the Research & Development Board, for the attention of Committee X. CLASSIFICATION R .STRKCTED Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 GUSTAV KOESTERS ,it r ooIruf Akademische Buchhandlung Paul Obermiiller ~.)Sli:_; i L Df;1t 1-" .'1 Fachabteilung fiir Medizin and Natur- wissenschaften - G e g r u n d e t 1 80.1 (17a) HEIDELBERG, den._..---------- ......:................_......194.. Hauptstrase 60 Fernsprecher 2869 Auf Bestellung - zur Ansidit - zur Fortsetzung ' TF'1 L G , Tir? v :~f 6 ui ., a as ? J Bank-Konto : Bezirkssparkasse Heidelberg 1871 I Postsdiecickonto : Karlsruhe 15741 I Eigentumsvorbel)alt It. ? 455 BGB / ErfUllungsort and Gerichtsstand 1st Heidelberg Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040606-3 ZEITSCHRIFT FUR NCHUNG A. SOMMERFELD ? W. HEISENBERG K. CLUSIUS ? A. BUTENANDT A. KUHN ? O. RENNER DIETERICH'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG WIESBADEN Y't a Approved For Release 2002/08/14: CIA-=RDP&3-00415R0`00700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Band 2b Anorganisehe, erganisohe and biologische Chemie, Botanik, Zoologie and verwandte Gebiete Inhalt von Heft 7/8 Seite Originalmitteilungen VIber die Spaltung des Tabakmosaikvirus and die Wiedervereinigung der Spaltstticke zu hohermolekularen Proteinen. II. Versuche zur Wiederver- einigung der Spaltstiicke . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Von Gerhard Schramm LTher Filme and Mischfilme von la.ngkettigen dibasischen Estern . . . . . 258 Von Hans Joachim Trurnit Ein Schubmesser fur monomolekulare Filme . . . . . . . . 267 Von Hans Joachim Trurnit Verformung and Rekristallisation b'ei gittergeordneien hochpolymeren Stoffen 275 Von Erwin Steurer tYber die Einwirkung von Phenolkorpern auf Faserkeratine . . . . . . . 286 Von Helmut Zahn Verhalten transplantierter Ringdrttsen ?letaler" Drosophila-Larven . . . . 292 Von Marguerite Vogt LTntersuchungen iiber basophile Plasmastrukturen . . . . . . . . . . 295 Von Angela Nolte t7ber den Einflul3 der Kopulation auf die Eiproduktion and Eiablage von Schmetterlingsweibchen . . . . . . . . . . . . . . . ... 301 Von Herbert Brandt Spontane Mutabilitat bei Bacterium prodigiosum . . . . . . . . . . . 308 Von Reinhard Kaplan tVber morphologische Geschlechtsunterschiede hei Valerians dioica . . . . 313 Von Franz Moewus Berichte Vber die Struktur der bei Vogeln vorkommenden Porphyrine . . . . . 316 Von Otto V61ker Buchbesprechungen . . . . . . . . ... . . . . . . . 318 Gerhard S c h r a m m, 27. 6. 1910, Yokohama: Hans Joachim T r u r n i t , 8. 6. 1907, Essen; Erwin S t e u r e r , 18. 12. 1912, Kiel; Helmut Z a h n . 13. 6. 1916, Erlangen; Marguerite V o g t , 19. 2. 1913, Berlin; Herbert B r a n d t, 31.1.1910, Neukloster (Mecklenburg); Reinhard K a p l a n . 30.8.1912, Glauchau; Franz M o e w u s , 7. 12. 1908, Berlin; Otto V 6 1 k e r , 22. 9. 1907, Heidelberg; Wilhelm S i m o n i s. 25. 9. 1909, Neubrandenburg; Georg M e 1 c h e r s, 7. 1. 1906, Cordingen; Hans Hermann Web e r . 17. 6. 1896. Berlin-Charlottenburg; Angela N o I t e . 6. 3. 1922, Wambeln, Krs. Unna. Band 2a ,enthalt Arbeiten aus der Astrophysik, Physik and physikatischen Chemie Um Beachtung der Anderungen auf der 3. Umschlagseite wird gebeten Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Ober die Spaltung des Tabakmosaikvirus and die Wiedervereinigung der Spaltstucke zu hohermolekularen Proteinen II. Versuche zur Wiedervereinigung der Spaltstucke Von GERHARD SCHRAMM Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut fur Biochemie, Abtlg. fur Virusforschung, Tubingen (Z. Naturforschg. 2b, 249-257 [1947]; eingegangen am 23. Dezember 1946) Die Spaltprodukte des Tabakmosaikvirus lassen sich wieder zu hohermolekularen Pro- teinen vereinigen. Mit steigender H-Ionen-Konzentration andert sich sprunghaft die GroBe der Aggregate. Es wurden Versuche mit den verschiedenen Spaltproteinen angestellt. Aus dem kleinsten nucleinsaurefreien Bruchstuck (Mol.-Gew. 120000) entsteht zunachst ein sehr einheitliches Polymerisat mit dem dreifachen 111olekulargewicht durch lineare A nlagerung. Bei hoherer H-Ionen-Konzentration entstehen vier weitere Polymerisations- stufen, z. Ti. nebeneinander, die nicht sehr einheitlich sind. Das bei pg 6,5 auftretende Aggregat ist in der Grope and Gestalt dem ursprunglichen Virus sehr ahnlich. Mit dem nucleinsaurehaltigen Bruchstuck vom Molekulargewicht 360000 werden die gleichen Aggregationsstufen erhalten. Das.Spaltprotein vom Mol.-Gew. 7000000 aggregiert zu- nachst einheitlich zu Doppelmolekulen, aus denen wieder hohere Polymerisate gebildet werden konnen, die nicht einheitlich sind. Es gelingt nicht, durch die Wiedervereinigung der Bruchstticke die Aktivitat des ur- epriinglichen Virus wiederherzustellen. Die Frage nach der Ursache der bier vorliegenden auswahlenden Polymerisation wird erortert and die Bedeutung der Versuche fur die biologische Entstehung des Virus dis- kutiert. I m ersten Teil dieser Arbeit1 wurde caber die Eigenschaften der beim Zerfall des Tabak- mosaikvirus (T111V) auftretenden Spaltkompo- nenten berichtet. Es war bereits friiher beobach- tet worden2, daB bestimmte Bruchstiicke, namlich die nucleinsaurefreien and die nucleinsaurehal- tigen Komponenten vorn Molekulargewicht 360 000, wieder zu einem physiologisch inaktiven Protein zusammentreten konnen, das in seiner GroBe and Gestalt dem TIUV sehr ahnlich ist. Diese Reak- tion wurde seitdem naher untersucht, die auftre- tenden Zwischenstufen charakterisiert and die Resynthese auch mit einigen der neu aufgefun- denen Spaltkomponenten versucht. 1. Versuche mit dem nucleinsaure- freien Protein vom Mol.-Gew. 120000 Es sollen zunachst einige Versuche mit dem kleinsten bisher aufgefundenen nucleinsaurefreien Spaltstuck mit der Sedimentationskonstante s20=5 (Mol.-Gew. 120000) besprochen werden. Wird die Losung dieses Proteins bei verschiedenem pH in der Ultrazentrifuge untersucht, so zeigt sich, daB, die Sedimentationskonstante des Proteins mit stei- gender H-Ionenkonzentration sprunghaft grofer wird. Es entstehen also hohermolekulare Pro- teine. Im Gegensatz zu der langsam verlaufenden Zerfallsreaktion geht die Aggregation sehr rasch vor Bich, wie man aus dem sich momentan an- dernden Tyndall-Effekt schlielen kann. Bei den Versuchen werden die pH-Werte meistens durch Dialyse gegen die entsprechende Pufferlosung eingestellt, die sich hiernach ergebenden Sedi- mentationskonstanten sind in Tab.1 wiedergege- ben. t7berraschend leicht and sehr einheitlich verlauft der Vbergang der Komponente s2o = 5 zu dem dreimal groleren Spaltstuck mit s20 = 8,7 (Mittelwert). Diese Synthese gelingt bereits allein durchErhohung der Elektrolytkonzentration ohne Veranderung des pll, wie der Vergleich der Ver- suche 1-5 zeigt. Bei weiterer Erniedrigung des ' G. Schramm , Z. Naturforschg. 2b, 112 [1947]. 2 G. Schramm, Naturwiss. 31, 94 [1943]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 G. SCHRAMM Vers.1,P a a o Nr. iat 1 3940,1 2 405 0,16 3 405 0,16 4 X405 0,16 5 1403 0,4 6 1394 0,2 7 409 10,17 1409 1403 Sedimentationskonstante I m/100- 197 4,7 Glykokoll , ' m/100- 9,6'47 Glykokoll m/100- 9,3 5 2 NaHC03 m/10- Glykokoll 1,95 + m/10- NaHCO3 in/10- Phosphat m/ l0- Phosphat m/10- Pbosphat m/10- Phosphat m/10- 0,1 Phosphat 11 139410 2 1 m/10- Phospbat 12 140310,1 m/10- I , Phosphat 9,4 - 6,9 - - 5,0 2. 3. 4. 5. i I + - 9,0 - 8,71- 8,4 Wiederspaltunga) W 11403 0,09 Glykokoll 19;3 - + 93 1 M/10. W 2 403' 0,09 Glykokoll 9,5 I - - 46 117 I - 507 206 - ? X557 220 416 Tab. 1. Synthese-Versuche mit Spaltkomponente S20 = 5,0. + Komponente vorhanden, aber nicht gemessen. - Kom- ponente nicht vorhanden. ? Vorkommen unsicher. a) Die Versuche wurden mit dem Aggregationspro- dukt von Vers. 12 durchgeftihrt. PH entsteht aus dieser Komponente ein Protein mit einer stark konzentrationsabhangigen Sedimenta- tionskonstante von utigefahr 169. In einigen Fal- len konnte hierbei in geringer Menge eine Zwi- schenstufe mit s20 ^' 40 beobachtet werden (Vers. Nr.6 u. 7). Wird die Losung noch starker ange- sduert, so treten noch hohere Aggregationspro- dukte auf, deren Sedimentationskonstanten wohl ebenfalls wegen ihrer Konzentrationsabhangig- keit etwas schwankend sind (Versuch 10-12). Um den Einflul, der Salzkonzentration zu unter- suchen, wurden such einige Versuche in sehr verdiinnter Pufferlosung (m/1000-Acetat) durch- gefiihrt (Tab.2). Es ergab sich aber hierbei kein grundsatzlicher Unterschied. Nur mull das pH bei I y1 =I Vers.I a s I a = Nr. a ?d m/100- Glykokoll m/1000- Acetat m/ 1000- Acetat m/1000- Acetat Puffer I pH 9,6 0")6 1 m/1000- 95 Acetat ' Sedimentations- konstante 2. 1 3. 1 4. i 5. Tab. 2. Synthese-Versuche in m/1000-Acetat mit Spalt- komponente s2o = 5,0. dieser geringen Salzkonzentration hoher gewahlt werden, um die gleiche Aggregationsstufe zu er- halten. fiber die Einheitlichkeit der entstehenden Aggre- gate geben die Sedimentationsdiagramme Abb.1 bis 5 nahere Aufschliisse. Auf der 1. Abb. ist zu- nachst das Sedimentationsdiagramm des Aus- gangsstoffes wiedergegeben. Infolge der hohen Diffusionskonstanten and der langen Zentrifugie- rungszeit ist der Gipfel ziemlich breit. Wird these Losung angesauert bzw. gegen einen Puffer mit geringerem PH dialysiert, so erhalten wir ein voll- standig einheitliches Protein mit dreimal so hohem Molekulargewicht (Abb. 2). Gleichscharfe Gra- dienten erhielten wir, wenn die Aggregation nicht .rm cm -a,-- Abb. 1. Sedimentationsdiagramm der nucleinsaurefreien Komponente s20 = 5, Mol.-Gew. = 120 000, c = 0,16 %, Skalenabstand = 8 cm, Drehzahl = 39000 U/min, z = Skalenstrichverschiebung, x - Abstand vom Rota- tionszentrum. Die Entfernung des Meniskus der Lo- sung vom Rotationszentrum betragt bei alien Versu- chen 5,81 cm. Die Pfeile geben den 50 % - Punkt der Konzentration an, die dazugehorige Zahl die gemes- sene Sedimentationskonstante. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 6. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 SPALTUNG DES TABAKMOSAIKVIRUS, WIEDERVEREINIGIJ\G DER SPALTSTt;CKE II 251 D,7$ 78 0,50 L 0,25 E E lef :1 ---- ---- - - z in cm 8,00 6,50 Abb. 2. Aggregat aus der Ausgangslosung (Abb,1) vom Mol.-Gew. 360000 in 0,001-m. Acetat (pH 6). c = 0,5%, Skalenabstand 3 cm, 39000 U/min. 6,00 x in cm 650 Abb. 3. Aggregationsproteine mit s20 = 48 and 185 aus dem nucleinsaurefreien Protein s20 = 5 in 0,1-m. Phos- phat (pH 6,5). c = 0,17 %, Skalenabstand 10 cm, 20000 U/min. 968 968 A~ooa..a o.o?a oA" 'o. `a a.a. .. R a?oo?~ o ~tr~oao~ao??yo' ,Q a... - a.R.p,..o?p~o Abb. 4. Aggregationsprotein mit s2o = 195 (fur c = 0) aus dem nucleinsaurefreien Protein 820 = 0 in 0,1-m. Phosphat (pH 6,5). c = 0,16%, Skalenabstand 10 cm, 24900 U/min. Zeitraum zwischen den beiden Aufnah- men 15 min. durch Anderung des p1I, sondern durch Erho- hung der Salzkonzentration bewirkt wurde. Im Gegensatz zu dem ersten Aggregationsschritt sind ,50 169 25 557 X in cm 6,00 6.5 Abb. 5. Aggregationsproteine aus dem nucleinsaure- freien Protein 820 = 5 in 0,1-m. Phosphat (pH 6, 0). c = 0, 1% , Skalenabstand 10 cm, 20 400 U/min. 07 cin 0/0 Abb. 6. Konzentrationsabhangigkeit der Sedimenta- tionskonstante des synthetischen Proteins s20 = 195 (bei c = 0). Zeichenerklarung: 0 Messung an dem nucleinsaurefreien Protein (Skalenmethode). X Messung an dem nucleinsaurefreien Protein (Schlierenmethode). ^ Messung an dem nucleinsdurehaltigen Protein (Schlierenmethode). die nun folgenden Aggregationsstufen wesentlich uneinheitlicher (Abb. 3-5). Die in Phosphatpuffer bei pH 6,5 zuerst auf- tretende Aggregationsstufe (Abb. 4) hat eine mitt- lere Sedimentationskonstante, die der des TMV bei gleicher Konzentration sehr nahe kommt. Diese Cbereinstimmung wird noch deutlicher, wenn man die Sedimentationskonstante dieses synthetischen Proteins auf c = 0 extrapoliert (Abb.6). Wenn die Messungen auch wegen der geringen Konzentrationen and der Unscharfe der Bande recht schwierig sind, so sieht man doch, dali der Grenzwert fur s20 , c = 0, sehr nahe bei Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 dem des TMV liegt, fur das (bei c = 0) s20 = 198 Svedberg 3 gefunden wurde. Per Verlauf der Kurve bei hoheren Konzentrationen ist allerdings etwas verschieden, da die Anderung der Sedimentations- konstante mit der Konzentration bei dem synthe- tischen Protein starker ist als Beim TMV. Das bei der Synthese entstehende Protein hat nicht nur die gleiche Sedimentationskonstante wie das Virus, sondern mull auch eine ahnliche Ge- stalt besitzen. Ein wichtiges Argument hierfiir ist die Tatsache, daB3 das synthetische Produkt in ganz ahnlicher Form kristallisiert wie das Virus. Fdllt man bei prr 4,8 mit Ammonsulfat, so erhalt man in beiden Fallen parakristalline Nadeln. Zur Darstellung der Kristalle werden etwa 50 mg des elektrophoretisch dargestellten nuclei nsaurefreien Proteins gegen m/10-Phosphat vom pg 8 dialysiert. Dann wird durch Zugabe des gleichen Volumens ge- sattigter Ammonsulfatlosung gefallt and der Nieder- schlag in 2 cem m/10-Phosphat (pg 7) aufgenommen. Unlosliche Flocken werden abzentrifugiert, die Uber- stehende klare Losung mit 1-n. Essigsaure auf pH 4,8 gebracht and tropfenweise mit gesattigter Ammon- sulfatlosung bis zur beginnenden Triibung versetzt. Es bilden sich sofort kristalline Nadeln, die im Mikro- skop das gleiche Aussehen zeigen wie die Kristalle des Virus, mitunter jedoch etwas kleiner sind. Um die Dbereinstimmung zwischen syntheti- schern and nattirlichem Protein weiter zu priifen, haben wir das Molekulargewicht and die Form- faktoren eines synthetischen Proteins mit dem eines polymerisierten Virus unter ahnlichen Be- dingungen verglichen. Es hndelt sich hierbei tun ein Polymerisat aus einem alteren Viruspraparat, fiber dessen Darstellung in anderem Zusammen- hang bereits berichtet wurde 3. Tab. 3 zeigt, dali nicht nur die mittleren Molekulargewichte recht gut iib0reinstimmen, sondern auch die Reibungs- koeffizienten von gleicher Grofenordnung sind. Das hier gemessene Aggregationsprodukt ent- spricht in seiner Grofle and Gestalt etwa einern trimeren TM V. Per hohe Wert von f : f0 beweist, dal das synthetische Protein, ebenso wie das Virus selbst, eine stark asymmetrische stabchen- formige Gestalt besitzen mull. Diese Molekiilform wurde auch unmittelbar durch elektronenmikroskopische Aufnahmen sicht- bar gemacht, die friiher veroffentlicht wurden 2. Allerdings ergibt sich auch hier wieder ein ge- wisser Unterschied gegenuber den ursprtinglichen .Virusteilchen. Die Konturen sind bei dem synthe- 3 G. S ch r a m m u. G. B e r g o l d, Z. Naturforschg. 2b, 110 [1947]. C S2o D20 M f/fo LId Polymeres TMV 0,2 218 0,209 99 3,32 65 Polymerisat aus S20 - 5,0 0,16 206 0,173 113 3,84 90 Ber.fiirtrimeres 122 30 750/15 TMV ' - 50 Tab. 3. Vergleich eines polyuieren TMV mit dem Polyinerisat aus S20 = 5. Die Messungen wurden in 0,1-m. Phosphat durchgefuhrt. C = Konzentration, D20 = Diffusionskonstante, M = Mol.-Gew., f/ fo = Rei- bungsverhaltnis, Lid = Lange : Dicke. tischen Produkt unscharf and es ist schwer, eine fur die Reproduktion geeignete Aufnahme zu er- halten. Auf den Kontrollaufnahmen des niedrig- molekularen Ausgangsmaterials sind stabchen- formige Teilchen niemals sichtba.r geworden. Ob die auf dem friiher veroffentlichten Bild sichtbaren Ptinktchen allerdings dem niedrigmolekularen Protein entsprechen, erscheint heute zweifelhaft. Die Versuche sollen wiederholt werden, sobald hierfiir die Moglichkeiten gegeben sind. Zusammenfassend lilt sich feststellen, dal trotz aller Ahnlichkeit die Ubereinstimmung zwischen dem nucleinsaurefreien synthetischen Protein and dem Virus doch nicht vollstandig ist. Am auf- fallendsten ist wohl der Unterschied in der Ein- heitlichkeit dieser Proteine. In der ersten Mit- teilung2 (1943) konnte keine genaue Aussage fiber die Homogenitat des synthetischen Proteins gemacht werden, da zur Beobachtung der Sedi- mentation nur die Toeplersche Schlierenmethode zur Verfiigung stand. Mit dieser Anordnung konn- ten wir damals keinen deutlichen Unterschied gegenuber dem Originalvirus feststellen. Dieser SchluB ist auch heute noch in gewisser Beziehung berechtigt, da das TMV unter den damals ange- wendeten Bedingungen recht uneinheitlich ist, be- sonders wenn es sich urn altere Praparate han- delt. Vergleichen wir aber das Sedimentations- diagramm des synthetischen Proteins s20 -195 (c = 0) mit dem einer einwandfreien Viruslosung, so ist zweifellos das synthetische Protein sehr viel uneinheitlicher. Das synthetische Protein scheint auch in seiner inneren Struktur nicht ganz dem TMV zu ent- sprechen. Dies zeigt sich bei dem Versuch, es wieder in seine Grundeinheiten zu zerlegen. Die Bestandigkeit gegentiber der Einwirkung der Hydroxylionen scheint bei den in Phosphat aggre- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 gierten Produkten etwas groBer zu sein als bei den in m/1000-Acetat erhaltenen (siehe Tab.1 u. 2, Wiederspaltung). Soweit sich bisher feststellen liell, treten in keinem Falle die bei der Virusspal- tung beobachteten Bruchstiicke auf. Ziemlich regelmaBig finden wir dagegen bei der Wieder- spaltung eine Komponente mit s20 - 40 (siehe Tab. 1, Vers. W 2), die bei der Spaltung des Virus- molekiils nicht beobachtet wurde. Ein wichtiger Unterschied gegentiber den! Ori- ginalvirus ist ferner das Fehlen der Vermehrungs- fahigkeit bei dem Aggregationsprodukt. Diese ist allertlings in dem bisher besprochenen Fall kaum zu erwarten, da ja die Nucleinsaure fehlt. 2. Aggregationsversuche mit den nucleinsaurehaltigen Spaltkompo- nenten In derselben Weise wie mit der nucleinsaure- freien Komponente wurde eine Reihe von Sedi- mentationsmessungen mit dem kleinsten nuclein- saurehaltigen Spaltstuck vom Mol.-Gew. 360000 durchgefiihrt. Tab.4 zeigt, daB rich hierbei die gleichen Aggregationsstufen ausbilden. Die Sedi- VNrs' Prapa- rat c a Puffer px Sedime I kons ntatio tante ns- 1 401 0'3 M/100- Glykokoll 9,6 9,4 - - - 2 386 0,47 m/100- Glykokoll 9 9,0 - - - 3 268 0 35 ' m/10- Phosphat 718 85 - ' - - 4 273 0,7 m/100- Glykokoll 7 - 39 91 - 5 386 0,47 m/10- Phoslhat 7,0 - 124 - 6 386 0,47 m/10- Phosphat 6,8 - 118 - 7 386 0,47 A/1t0- c 5,9 - - 115 8 386 0,47 AcetO- 6,1 - - 121 - 9 386 0,47 Phosphat 6,1 - - 139 - 10 386 0,47 An/10- Acetat 5,0 - ? 189 345 Tab. 4. Synthese-Versuche mit Nucleoproteid s20 = 8,7 (Mol.-Gew. 360000). Die Versuche wurden z. T1. mit der Schlierenmethode beobachtet, so dali uns moglicher- weise in einigen Fallen Komponenten, die in geringer Konzentration anwesend waren, entgangen sind. nrentationskonstante der bei pir 6,5 auftretenden Komponente konnte auf c = 0 extrapollert werden (Abb. 6). Es ergab sich ebenfalls ein Wert, der nahe bei deny des TMV liegt. Auch die Einheit- lichkeit der gebildeten Proteine unterscheidet sick in keiner Weise von den entsprechenden nuclein- saurefreien Eiweilstoffen. Auf eine Wiedergabe der Sedimentationsdiagramme kann, daher ver- zichtet werden. Der gleichartige Verlauf der Aggregationen ge- stattet gewisse Riickschliisse auf die Funktion der Nucleinsdure im Virusmolelcul zu ziehen. Da mit and ohne Nucleinsaure die gleichen Aggregations- stufen ausgebildet werden, ist anzunehmen, dali these fur den Zusammenhalt der Teilchen im Virusmolekul nicht von maBgebender Bedeutung ist, wahrscheinlich ist sie an der Oberflache des Molekiils angeordnet. Es war zu hoffen, dal bei Verwendung der groheren Spaltstiicke ein einheitlicheres Endpro- dukt entstehen wurde als bei Verwendung niedrig- molekularer Bruchstiicke, da hier die Kombina- tionsmoglichkeiten beschrankter sind. Da von den hoheren Spaltstiicken nur das Nucleoproteid mit s20 = 97 (Mol.-Gew. 7000000) in annahernd reiner Form isoliert werden kann, haben wir uns hauptsachlich wit diesem beschaf- tigt. Es ergeben sich hierbei recht ahnliche Ver- haltnisse wie bei dem nucleinsaurefreien Bruch- stuck mit dem Mol.-Gew. 120000. Der ersteAggre- gationsschritt zur nachsthoheren Stufe verlauff namlich wieder auBerordentlich glatt and ein- heitlicli. Es handelt sich in diesem Fall um eine Verdoppelung des MOlekulargewichtes. Wieder- um genilgt bereits eine Erhohung der Salzkon- zentration, run die Vereinigung zu bewirken. Diese Versuche sind in Tab. 5 zusammengestellt. Veers. t Puffer P Sedimentationskonstante Nr. H 1. 1 2. 3. 14. I 5. 1 m/50-Verona! 7,9 92 + (134) I (147) - 2 m/10-Phosphat 8,4 96,5 125 (129)1 + - 3 m/10-NaHCO3 8,1 + 122 (132)1 + - 4 m/10-Phosphat 6,9 + 128 + + - 5 m/10-Phosphat 5,7 - - - - 212 Tab. 5. Synthese-Versuche mit Spaltkomponente 820 = 97, c = 0,22%- Die eingeklarnmerten Werte be- ziehen sich auf Komponenten, die nur in Spuren vor- handen waren. Siehe hierzu die entsprechenden Sedi- mentationsdiagramme. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83=00415R000700040006-3 { r?. q`z `o 134 0 { '4 147 134 o-..a pv vvooa.oa jr o.a v Abb. 7. Spaltprotein s20, c2 o = 97 in 0,02-m. Veronal- puffer (pH 7, 9). c=0,22%, Skalenabstand' 7 cm, 25400 U/min. Zeitraum zwischen den beiden Aufnah- men 10 min. x in CT 425 6,75 Abb. 8. Gleiche Losung wie in Abb. 7 nach Dialyse gegen 0,1-m. Phosphat (pH 8,4). c = 0,22 %, Skalen- abstand 10 cm, 25 000 U/min. Zeitraum zwischen den beiden Aufnahmen 10 min. Abb. 9. Gleiche Losung wie in Abb. 7 and 8 nach Dialyse gegen 0,1-m. NaHCO3 (prr 8,1). c = 0,22 %, Skalenabstand 6 cm, 20000 U/min. Der iiberraschend einheitliche Verlauf der Syn- these wird durch die Abb.7-9 veranschaulicht. Auf Abb.7 sehen wir im wesentlichen nur die Ausgangskomponente neben geringen Verunreini- gungen durch drei hohere Spaltkomponenten. Nach Erhohung der Salzkonzentration tritt dann der neue Gipfel auf, der dem Doppelmolekul ent- spricht (Mol.-Gew. 14,8.100; Abb. 8). Dessen Konzentration nimmt bei Erniedrigung des pH weiter zu, wahrend die Ausgangskomponente nahezu vollstandig verschwindet (Abb. 9). Er- hohen wir die H-Ionenkonzentration weiter, so aggregiert das Doppelmolekiil s20 =125 wieder zu dem gleichen uneinheitlichen Protein, wie es aus den kleineren Bruchstiicken erhalten wurde. Ahnliche Aggregationsversuche wurden auch mit einer Losung angestellt, die neben der unver- anderten Ausgangskomponente im wesentlichen aus der ersten 5/6 - Spaltstufe (Mol. -Gew. 34 Mil- lionen) bestand. Das Sedimentationsdiagramm ist wiedergegeben in Abb. 4 des ersten Teils dieser Untersuchung 1. Wird diese Losung durch Dialyse gegen 0,1-m. Phosphat auf PH 6,5 gebracht, so er- halt man wieder das Diagramm eines uneinheit- lichen Proteins mit s20 =191. Es ist in diesem Falle schwierig, die Uneinheitlichkeit zu erkla- ren, da die Moglichkeit zu Zwischenstufen zwi- schen dem 5/6 and dem ganzen Molekiil eigent- lich nicht gegeben ist. Es bieten sich zwei Mog- lichkeiten der Erklarung: 1. Die ganzen and die 5/6-Molekiile reagieren kurzzeitig miteinander, so dal3 im Zeitmittel ein Gemisch verschiedener Mole- kiilgroBen vorgetauscht wird. 2. Die in der Lo- sung ebenfalls noch vorhandenen niederen Spalt- komponenten lagern sich an die beiden Haupt- komponenten an, so daB sick hierdurch eine tat- sachliche Streuung der Molekiilgrole ergibt. Dieser letzten Erklarung mbchten wir den Vor- zug geben, da wir beobachtet haben, dali auch das ungespaltene Virusmolekul in Gegenwart sehr kleiner Mengen niedrigmolekularer Zerfalls- produkte ein uneinheitliches Sedimentationsdia- gramm gibt. Diese letzten Versuche lassen es moglich er- scheinen, dal primar ein homogeneres Aggregat entsteht, welches dann sekundar durch Anlage- rung iiberschiissiger kleiner Bruchstiicke unein- heitlich wird. Vielleicht gelingt es, durch weitere Versuche diese sekunddren Einfltisse auszuschal- ten. 3. Versuche zur Darstellung eines biologisch-aktiven Proteins aus den Spaltstticken Nachdem sich gezeigt hatte, daB Bich die Spalt- stticke zu einem dem Virus chemisch and physi- kalisch sehr ahnlichen Protein zusammenfugen lassen, erschien es nicht ausgeschlossen, auch die biologische Aktivitat wieder herzustellen. Es wur- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 SPALTUNG DES TABAKMOSAIKVIRUS, WIEDERVEREINTIGUNG DER SPALTSTUCKE II 255 den daher in Zusammenarbeit mit G. M e l ch e r s (Kaiser-Wilhelm-Institut fur Biologie) eine Reihe von Versuchen in dieser Richtung angestellt. Zum Vergleich der biologischen Aktivitdt der verschie- denen Praparate wurde der bekannte Einzelherd- test von H o 1 m e s 4 benutzt. Dieser beruht dar- auf, dali das TMV auf den Blattern bestimmter Pflanzen wie Nicotiana glutinosa, Phaseolus vul- garis oder Datura stramonium keine Allgemein- infektion, sondern lokalisierte Einzelnekrosen er- zeugt. Um einen Vergleich durchzufiihren, wird auf der einen Blatthalfte die Versuchslosung, auf der anderen die Kontroll-Losung mit einem Mull- tupfer aufgetragen. Durch Auszahlen der gebil- deten Nekrosen auf jeder Blatthalfte erhalt man dann ein Mall fur die relative Wirksamkeit der Praparate. Wie bereits friiher mitgefeilt wurde 2, besitzen die Aggregate aus dem kleinsten Nucleoproteid keine Viruswirksamkeit. Dies scheint uns heute nicht mehr verwunderlich, nachdem wir festge- stellt haben, dali unter dem Einfluf von OH- Ionen bereits eine Inaktivierung des Virus er- folgt, bevor sich das Molekulargewicht merklich andert (siehe hierzu den 1. Teil dieser Unter- suchung). Es geniigt also nicht, die urspriing- liche Molektilform des Virus wieder herzustel- len, wenn nicht gleichzeitig diese erste Alkali- wirkung riickgangig gemacht werden kann. Es fragt sich nun, worin diese Inaktivierung besteht. Versuche, das inaktive unzerfallene Virus durch einfache Dialyse gegen saure Pufferlosun- gen, z. B. 0,1-m. KH2P04 vom PH 4,8, wieder zu reaktivieren, schlugen fehl. Ebensowenig gelang es, durch starke Reduktionsmittel wie Hypophos- phit oder Hydrosulfit die Inaktivierung riickgan- gig zu machen (Tab. 6). Eine naheliegende Annahme war daher, dali in der alkalischen Losung aus dem Virus ein nie- drigmolekularer Bestandteil, z. B. ein Metallion oder eine Wirkgruppe, abgespalten wird. Zu die- sem Zweck wurde eine Mischung der Spaltpro- teine, die z. Tl. noch unzerfallene Molekiile ent- hielt, in Gegenwart verschiedener, in Proteinen vorkommender Kationen durch Erniedrigung des pH-Wertes reaggregiert. Wie Tab. 6 zeigt, wurden folgende Metallionen gepriift: Mg", Mn*', Zn", Cu", Fe". Aullerdem wurde auch die Kombination einer Reduktionswirkung durch Cystein mit Zu- gabe von Mg-Ionen (0,1-m.) bei verschiedenem 4 F. 0. Holmes, Bot..Gaz. 87, 39 [1929]. Vers. Nr. Zusatz Konz.: 0,1-nt. Hypophosphit Hydrosulfit . Zn ..... Mn'..... Cu' ..... Fe' ..... Mg' Mg"u. Cystein Mg" U. Cystein PH der Aggre- gat. 4,2 4,2 4,2 4,2 4,2 4,2 4,2 4,8 3,5 Zahlaer Einzelherde je 100 Blattbalften ohneZusatz mit Zusatz Tab. 6. Versuche zur Aktivierung des Tabakmosaik- virus durch verschiedene Zusatze. Jeder Versuch wurde an 20 Nicotiana-glutinosa-Pflanzen zu je 5 Blat- ter durchgefiihrt. Die Viruskonzentration betrug bei der Auswertung 10-5 g Protein/cem. pH untersucht. Wie Tab. 6 zeigt, fiihrte keiner der Versuche zu einer deutlichen Erhohung der Akti- vitat gegeniiber den unbehandelten Kontrollen. Auf Grund unserer Hypothese mulite es wei- terhin aussichtsreich erscheinen, aus einer gr6- l3eren Virusmenge durch Alkali die Nucleinsaure and alle evtl. vorhandenen Wirkgruppen abzu- spalten and diese zu einer kleinen Menge vor- sichtig inaktivierten Virus' zu geben. Hierbei wur- den ?variiert: 1. die Art der Inaktivierung (vor- sichtige Spaltung mit Glykokoll-, Borat- oder NaHCO3-Puffer bei verschiedenem PH), 2. der pH-Wert der Reaggregation and 3. die Art der Versuchspflanzen, da moglicherweise das reakti- vierte Virus andere biologische Eigenschaften haben konnte als die Ausgangsform. Bei einem Versuch wurde aullerdem Prell-Saft aus gesun- den Tabakpflanzen zugefiigt, urn durch ein evtl. vorhandenes Enzym die Anlagerung einer Wirk- gruppe zu katalysieren. Das Ergebnis dieser Versuche ist in Tab. 7 zu- sammengefailt. Bei den ersten drei Versuchen wurde zwar eine geringe Erhohung der Aktivi- tat beobachtet, doch ist diese nicht als reell anzu- sehen, da sie bei den spateren Versuchen nicht reproduzierbar war. Bei den Versuchen 5 and 8 ist eine deutliche Erhohung der Aktivitat zu be- merken, die auch statistisch gesichert ist. Dies ist aber darauf zuriickzufiihren, dali die zugesetzte A-Losung noch aktives Virus enthielt. Aus den Versuchen geht also hervor, dal3 es bisher nicht mit Sicherheit gelungen ist, eine gro/ere Virus- menge zu reaktivieren. Die Bildung einzelner ver- mehrungsfahiger MolekUle kann jedoch bei der Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Vers. Nr. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 G.SCHRAMM Aus- Inaktivierung PH der gangs- durch Zusatz- Aggre- Zabl der Einzelherde je 100 Blatthalften 1osung Puffer ~ PH i Test- blatter ohne Zusatz mit Zusatz Z III Glykokoll 10,5 A I 4,2 Dat. strain. 87 3,5 ' 26,5 -t- 23 Z III Glykokoll 10,5 A I 6,8 Dat. stram. 75 1,3 2,6 + 1,3 Z III Glykokoll 10,5 A II 3,9 Nicot. glut. 47 4,3 17 + 12,7 Z III Glykokoll 10,5 A II 4,6 Nicot. glut. 95 3,2 2,2 1 Z IV Glykokoll 10,5 A III 3,9 Nicot. glut. 48 39 118 -I- 79,) Z IV Glykokoll 10,5 A V 3,9 Nicot. glut. 130 4,6 1 5 3 1 Z IV Glykokoll 10,5 A V+Sc) 3,9 Nicot. glut. 130 2,3 , 0 , 2,3 Z V Glykokoll 10,5 A III 3,9 Nicot. glut. 49 30,6 112 2 + 79 n) Z V Glykokoll 10,5 A IV5) 3,9 Nicot. glut. 150 9,34 , 12,7 + 3 4 ZG Glykokoll 10,0 A VI 3,9 Dat. strain. 113 10,6 9,7 , - 0,9 ZS Soda 10,0 A VI 3,9 Phas. vulg. 25 144 71 - 73 ZB Borat 10,0 A VI 3,9 Phas. vulg. 20 625 85 - 540 ZG 9,7 Glykokoll 9,7 A VII 3,9 Nicot. glut. 70 365 361 4 ZS 9,7 Soda 9,7 A VII 3,9 Phas. vulg. 50 20 16 4 ZB 9,7 Borat 9,7 A VII 3,9 Phas.vulg. 50 72 44 28 Tab. 7, Versuche zur Reaktivierung des Tabakmosaik- b) Die Differenz ist statistisch gesichert. Hdehstzulas- virus durch Zugabe der alkalischen Abspaltungspro- sige Zufallsdifferenz 50,45. dukte. c) S = 1 cem Pflanzensaft. a) Die Differenz ist statistisch gesichert. Hochstzulas- d) Als Kontrolle diente in diesern Fall eine nicht an- sige Zufallsdifferenz 735. gesauerte Mischung der Ausgangsldsung and A IV. Versuchsbedingung: TMV wurde mit verschiedenen Pufferlosungen bei verschiedenem pH gespalten (Z- Losung). Versuche in der Ultrazentrifuge zeigten, dad die in dieser Weise entstehende Losung neben niedrigmole- kularen Proteinen auch unzerfallene inaktive Virusmolekule enthielten. Etwa 0,1 mg inaktiviertes Virus wur- den mit den Abspaltungsprodukten aus 50 mg Virus (A-Ldsung) versetzt and mindestens 12 Stdn. stehen ge- lassen. Fur die Auswertung warden dann die Ansatze mit 0,1-m. Phosphat von pg 7 auf 10-5 g Protein/cm3, bzw. bei den ersten vier Versuchen auf 5.10-5 g Protein/cm3 verdiinnt. Die A-Losungen wurden bei pu 12,5 gewonnen. Bei diesem pn fallt das Protein in denaturierter Form aus, wahrend die Nucleinsaure and andere Abspaltungspro- dukte in Ldsung bleiben. Die A-Losungen erwiesen sich als praktisch inaktiv bis auf A III, die eine Wirksamkeit von 70 Einzelherden je 100 Blatthalften besaG. Die hiermit angestellten Versuche Nr. 5 and 8 zeigen dementspre- chend eine hohere Aktivitat, die aber die Summe der \Cirksamkeit der Z- and der A-Ldsung nicht uherschreitet. begrenzten Empfindlichkeit des biologischen Testes nicht ausgeschlossen werden. 4. Besprechung der Ergebnisse Wenn es auch nicht gelungen ist, ein biologisch aktives Virus aus den Spaltstiicken wieder auf- zubauen, so ist die Tatsache doch recht interes- sant, dali bei ihrer Wiedervereinigung zum min- desten ein physikalisch-chemisch sehr ahnliches Molekiil entsteht. Man kann hieraus wohl den Schlull, ziehen, dali die Molekiilform des Virus vor andern moglichen Anordnungen der Untereinhei- ten energetisch bevorzugt ist. Wir haben hier also ein eindrucksvolles Bei- spiel einer auswahlenden Polymerisation vor uns, wie sie in der Natur, aber auch im Laboratorium, haufig beobachtet wind. Die Krafte, die these aus- wahlende Polymerisation bewirken, sind noch un- bekannt. Unsere in vitro durchgefiihrtenVersuche zeigen jedenfalls, dali hierfiir nicht spezifisch bio- logische Krafte der Zelle verantwortlich zu machen sind, wie sie kiirzlich von G. V. S c h u 1 z 8 neben anderen Grunden in Erwagung gezogen wurden, urn die auffallende Einheitlichkeit natiirlicher Makromolekiile zu erklaren. Weiterhin last sich sagen, dal es sich nicht urn ein einfaches Gleichgewicht handeln kann zwi- schen einer polymerisierenden and depolymeri- sierenden Kraft (etwa der Oberflachenspannung and kinetischen Energie), da sonst das gleichzei- tige Auftreten mehrerer Maxima (siehe hierzu Abb. 3 u. 5) nicht zu verstehen ist. Das Problem, warum bei der Polymerisation bestimmte Stufen bevorzugt sind, tritt uns bereits bei dem ersten von uns beobachteten Aggrega- tionsschritt entgegen, namlich bei dem Vbergang des Teilchens vom Mol.-Gew. 120000 in ein sol- ches mit 360000. Wegen der Zunahme des Rei- bungskoeffizienten bei dem Aggregationsprodukt 5 S. Koller,. Graphische Tafeln zur Beurteilung statistischer Zahlen. Th. Steinkopff, Dresden u. Leip- zig 1943. 6 G. V. S c h u I z, Z. Naturforschg. 1, 268 [1946]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 SPALTUNG DES TABAKMOSAIKVIRUS, WIEDERVEREINIGUNG DER SPALTSTt7CKE II 257 mUssen wir bier eine lineare Anlagerung anneh- menl. Es ist schwer einzusehen, warum diese ge- rade bei der Bildung einer Dreiergruppe abbricht. Da dieser ProzeB einheitlich verlauft und tiber- sichtlich ist, ware hier ein geeigneter Ansatz- punkt gegeben, um das Problem der auswahlen- den Polymerisation experimentell naher zu be- arbeiten. Fur die Ausbildung der Polymerisationsstufen scheinen die Eigenschaften der Grundeinheiten malgeblich zu sein. Durch die Struktur der Unter- einheit vom Mol.-Gew. 120000 ist deinnach die Gestalt des hochmolekularen Virusproteins be- reits weitgehend bestimmt. Dies legt die Vermu- tung nahe, dal diese Untereinheit auch bei der biologischen Entstehung des Virus eine beherr- schende Funktion einnimmt. Tatsachlich erscheint es nicht ausgeschlossen, daB die Virusentstehung fiber eine solche Untereinheit verlauft. Gegen diese Annahme scheint zunachst zu spre- chen, dal kleinere vermehrungsfahige Molektile als das hochmolekulare Virus bisher nicht nach- gewiesen werden konnten. So zeigte L a u f f e r 7 durch Ultrazentrifugierungs-Versuche an Virus- praparaten, die durch Ultrazentrifugierung ge- reinigt waren, daB die Aktivitat nahezu vollstan- dig an die hochmolekulare Komponente gebunden ist. Allerdings konnte er nicht ausschlieBen, daB fur einen sehr geringen Toil der Wirksamkeit ein niedrigmolekularer Trager in Frage kommt. Diese 7 M. A. Lauffer, J. biol. Chemistry 151, 627 [1943]. 8 H. Friedrich-Freksa, G. Melchers u. G. Schramm, Biol. Zbl. 65, 188 [1946]. Ergebnisse sind jedoch kein entscheidender Ein- wand gegen unsere Annahme, da wirksame nie- drigmolekulare Proteine durch die vorhergehende Reinigung vielleicht schon entfernt waren oder vermehrungsfahige Untereinheiten im Plasma nicht bestandig sind, weil sie nahezu vollstandig zu dem hochmolekularen, in diesem Fall eben- falls vermehrungsfahigen Proteins aggregieren. Fur die Annahme vermehrungsfahiger Unter- einheiten spricht ein Befund, der in anderem Zu- sammenhang veroffentlicht wurde8. Es zeigte sich namlich nach einer von H.Friedrich-Freksa durchgefiihrten serologischen Untersuchung, dall bei der Mutation des TMV wahrscheinlich alle Untereinheiten gleichartig verandert werden. Die- ser Befund ist am einfachsten zu verstehen, wenn man eine solche Untereinheit als Zwischenstufe bei der Virusentstehung annimmt, ihnen also eine Vermehrungsfahigkeit zuschreibt. Andernfalls ware man gezwungen, ein gleichzeitiges ,,Um- klappen" aller Untereinheiten bei der Mutation anzunehmen, was recht schwer vorzustellen ist. Es wird vielleicht moglich sein, durch die i.7ber- tragung der hier beschriebenen Experimente auf die Mutanten des TMV diese Frage einer weite- ren Klarung zuzufiihren. Die chemischen and physikalischenUntersuchungen im 1. and 2. Toil dieser Arbeit wurden unter Mithilfe von Frl. L. Rebensburg and Frl. H. Schaar- w a c h t e r durchgefuhrt. Hrn. Dr. B e r g o l d danke ich fiir die Durchfuhrung der Diffusionsmessungen. Frl. W o elf f e r sind wir fur die unter der Leitung von Dr. G. M e t c h e r s durchgefiihrten Testversuche zu Dank verpflichtet. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Ober Filme and Mischfilme von langkettigen dibasischen Estern* Von HANS JOACHIM TRURNIT (Z. Naturforschg. 2 b, 258-266 [1947]; aus Friedberg (Hessen) eingegangen am 13. August 1946) Filme von Ian gkettigen 'dibasischen Estern zeigen bei der isothermen Kompression an Wasseroberflachen ein Verhalten, das dem der sogen. Ubergangsfilme (liquid - expanded) ahnlich zu sein scheint. Eine ausfuhrliche Diskussion der Isothermen zeigt aber, dad die Langmuir'sche Theorie der ,Duplexfilme" nur fur einen Teil des Kurven- verlaufs gultig ist, wahrend fur den anderen Teil and den Mechanismus des lbergangs zwischen beiden Abschnitten eine andere Vorstellung passender erscheint. Die Ursache fur das unterschiedliche Verhalten ist darin zu sehen, daB die Molektile der dibasischen Ester mit ihren an den Molekulenden befindlichen hydrophilen Gruppen sich beim Ein- engen des Films in anderer Art aufrichten als die Fettsauren, die nur an einem Molekiil- ende dem Wasser anhaften. Mischungen von dibasischen Estern zeigen bei geeigneter Wahl der Partner im Film folgendes: Es ist moglich, Filme von Stoffen, die fur sich allein instabile - nicht voll kondensierbare - Filme geben, durch Beimischung bestimmter Mengen eines Stoffes, der fur sich allein stabile Filme bildet, zur vollen Kondensation, also zu holier Stabilitat zu bringen. Die erforderliche Menge des Stabilisators ist eine Funktion des Ketten- langenverhaltnisses der beiden Partner, der Lage der hydrophilen Gruppen and der Temperatur. Diese Befunde sind von prinzipieller Bedeutung fur die Losung gewisser technischer Probleme, bei denen es auf Stabilisierung vpn Filmen ankommt. B ei den Untersuchungen uber monomolekulare Filme organise-her Substanzen an Wasserober- flachen ist eines der wesentlichen Hilfsmittel die Gewinnung and Diskussion der sogenannten F/A- Kurven. Diese zeigen den Zusammenhang zwi- schen dem mittleren molekularen Flachenbedarf A, des Films auf der Wasseroberflache and dem Schub Fl. Nachdem in den letzten drei Jahrzehn- ten eine sehr grofe Anzahl von spreitungsfahigen Substanzen untersucht worden ist, hat man vor einiger Zeit auch begonnen, F/A-Kurven von Mischungen mehrerer Partner aufzunehmen, da sich daraus uber die Starke and Art der zwischen- molekularen Krafte Hinweise ergeben. Solo-he Er- gebnisse sind fur biologische Probleme deswegen besonders interessant, weil sie einen ersien Schritt in der Richtung komplizierter Grenzflachen- systeme darstellen. Der Grad der moglichen Wechselwirkung reicht vom indifferenten Nebeneinander der Molekiil- partner im Film his zum Betatigen chemischer Hauptvalenzen. * Die Arbeit sollte im Friihiahr 1945 in der Kolloid- Zeitschrift zum Abdruck gelangen, konnte aber nicht mehr erscheinen. 1 ,Scliub" steht fur ,zweillimensionaler Druck`. Siehe dazu H. J. T r u r n i t: Uber monomolekulare Filme an Wassergrenzflachen and uber Schichtfilme. Einf]ihrung in diesen Teil der Grenzflachenforschung' usw. in Bd. IV der ,Fortschritte der Chemie organ. Naturstoffe", Springer Wien 1945. Besonders interessant ist nun die Art der Wech- selwirkung der Nebenvalenz oder Austausch- krafte, deren Betatigung sich - mit dieser Me- thode untersucht - auf besonders deutliche Art zu erkennen gibt. Die Wechselwirkung sei definiert als die in Rich- lung der Abszisse positive oder negative Abweichung der Lage der wirklichen Mischkurve von der Lage der theoretischen Mischkurve (s. u.) beider Einzelpartner. In einer groBeren Arbeit untersuchen z. B. H a r k i n s and F 1 o r e n c e 2 these Wechselwirkung in Misch- filmen zwischen langkettigen aliphatischen Sduren. Alkoholen and Aminen. Es wird dabei gleichzeitig auch die Wechselwirkung beziiglich der GroLe AV unter- sucht 3. Molekulare Anziehung der Partner aufert sich in einem (fur die einzelne Kette gerechnet) geringe- ren molekularen Flachenbedarf, also in einer Verschie- bung der Mischkurve nach links gegeniiber der theore- tischen Mischkurve. Diese Verschiebung nach links wird negativ gezahlt and in A2 pro Molekul angegeben. Im folgenden soil nun uber Filme von dibasi- schen Estern and ihren Mischungen berichtet wer- den, die im Rahmen einer anderen Zwecken die- nenden Arbeit untersucht wurden. Wir wollen zunachst die an solchen Filmen and Mischfilmen gefundenen F/A - Kurven wiedergeben and sie unter Anwendung ganz einfacher Vorstellungen zu deuten suchen. Es sind auger von A d a m and 2 Harkins u. Florence, J. chem. Physics 6, 847 [1938]. 3 Anderung des Voltapotentials mit dem spezifi- schen Flachenbedarf. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 VBER FILME LANGKETTIGER DIBASISCHER ESTER J e s s o p' bisher keine langkettigen dibasischen Ester in ihrem Filmverhalten untersucht worden. Und L a n g m u i r 5 geht in seiner groien Arbeit, die sonst alle anderen Daten der Adam'schen Untersuchungen zur Grundlage theoretischer Be- trachtungen macht, auf these Filme nicht ein, da sie nicht dem Begriff ,Duplexfilme" unterzuord- nen Sind and seine diesbeziigliche Theorie nicht darauf anwendbar ist. Das sei im voraus erwahnt, damit Leser, denen die Langmuir'sche Theorie be- kannt ist, die folgenden Kurven nicht unwillkur- lich mit dieser in Zusammenhang bringen. Zum Verstandnis der Kurven von Ubergangs- filmen (liquid- oder vapour expanded -films) fol- gendes: Die Materie macht im Filmzustand die gleichen Verwandlungen ihpes Aggregatzustandes durch wie im makroskopisch dreidimensionalen Zustand, d. h. wir konnen feste, fliissige and gas- formige Filme unterscheiden. Da wir es aber bei den bekanntesten Filmtypen (Kettenmolekiile) mit mehr oderweniger stark anisodiametrischen Mole- kiilen zu tun haben, ergibt sich gegeniiber der elementaren dreidimensionalen Thermodynamik, die die Verhaltnisse fur kleinere, in erster Nahe- rung isodiametrische Molekule oder fur Atome darstellt, eine scheinbare Komplikation, die irn folgenden an Hand einer schematischen Kurve er- lautert wird (Abb. 1). Eire Film aus Kettenmolekulen mit polaren Enden sei bei gegebener Temperatur zunachst gas- formig (1. Zustand). Jedes Molekul hat in hori- zontaler Lage mehr als ausreichend Platz auf der Wasseroberflache and der Film iibt auf seine Um- randung einen aullerordentlich kleinen, aber snit empfindlichen Schubmessern noch melbaren zwei- dimensionalen Gasdruck (Schub) aus (Grollen- ordnung: 0,001 Dyn/cm). In diesem ersten Zu- stand folgt die F/A - Kurve mehr oder weniger gut dem klassischen Gasgesetz (FA = const.) bzw. einem entsprechenden van-der-Waals'schen Ausdruck. Bei weiterem Einengen des Films beginnt von einem bestimmten Punkte (N) an bei konstantem. Schub der Film zu kondensieren (2. Zustand), d. h. zwischen den liegenden Ketten, die sich dabei vermutlich strecken, beginnen Nebenvalenzkrafte zu wirken e. Bei weiterem Einengen verdichtet sich der Film unter erneutem Schubzuwachs zu einer ' Ad am u. Jess op, Proc: Roy. Soc. [London] Ser. A 112, 376 [1926]. 5 Lan g m u i r, J. chem. Physics .1, 756 [1933]. relativ hochkompressiblen zweidimensionalen Fliissigkeit aus Molektilen (3. Zustand), die im? Fall der dibasischen Ester noch mit beiden pola- ren Endgruppen an der Wassergrenze haften and mit dem mittleren Molekiilteil abgehoben sired (s. unten) and die im Fall einfacher Fettsauren schon mehr oder weniger aufgerichtet sind (s. L a n g m u i r 5). Der Knick bei J (Ansteigen der Kompressibilitat) bedeutet ,nach Langmuir bei den einfachen Fettsauren den Beginn der Micell- bildung aus schon vorher (im 3. Zustand) auf- gerichteten Molekulen'. In den Kurven fur die von //ache pro Mo%bi/ , A Abb. 1. Schematischer Verlauf einer F/A - Isotherme, die alle vorkommenden Filmzustande im gleichen Diagramm enthalt. Erlauterung der Zustande im Text. Der Abszissenmallstab fur den rechten Kurventeil (1. and 2. Zustand) mull stark verkleinert gedacht werden and der OrdinatenmaB stab stark vergroBert. Die Wahl der Buchstaben fur die ausgezeichneten Kurvenpunkte schlieBt sich der Langmuirschen Be- zeichnung (Anm. 5) an. Der kleine waagerechte Strich am linken oberen Kurvenende bedeutet, dal der Film bei diesem Schub kollabiert. Adam and J e s s o p (s. u.) and von uns unter- suchten dibasischen Estern bedeutet dagegen der Knick bei J nach der unten gegebenen Auswer- tung den Beginn des Ablosens der . einen End- gruppe vom Wasser, wobei anzunehmen ist, daB eine gewisse gruppenweise Orientierung der noch an beiden Enden haftenden Molekule (Micellbil- 6 In diesem 2. Zustand existieren also nebeneinander Inseln von,,flussigem Film" and gasformiger Film aus Einzelmolekulen. Beim Messen des Voltapotentials in diesem Gebiet zeigt sich, dal beim seitlichen Verschie- ben der Luftelektrode fiber dem Film Potentialschwan- kungen auftreten. 7 Nach der Langmuir'schen Theorie setzt erst im Punkte J der Kurve (Abb. 1) die Micellbildung bei Myristinsaurefilmen (und ahnlichen) ein. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 260 H. J. TRURNIT dung) schon vorher im 3. Zustand stattgefunden hat tlnd dali gerade solche Micellen sich bevorzugt aufrichten. Bei weiterem Einengen caber den Punkt J hin- aus (4. Zustand) verlauft die F/A-Isotherme nicht - wie bei der Kondensation im 2. Zustand - parallel zur Abszisse, sondern zunachst nur Behr flach, um dann zunehmend steiler zu werden, d. h. mit fortschreitender Aufrichtung und Micellbil- dung nimmt der Schub immer schneller zu, his er bei vollendeter Parallellagerung und Einordnung aller M plekiile - eventuell in zwei Steilheitsstufen (RG und GH) - sprungartig ansteigt (5. Zu- stand). Die noch verbleibende geringe Kompres- sibilitat in den Abschnitten RG und GH kann als Verdrangbarkeit von im Film eingebauten Wassermolektilen und als -Gberwindbarkeit star- ker Abstolungskrafte an den polaren ionisierten Enden gedeutet werden. Ob im 5. Zustand eine Fliissigkeit oder ehn fester KSrper, ehn makrosko- pisch zweidimensionaler Kristall vorliegt, hangt von der filmbildenden Substanz und von der Tem- peratur ab. Definiert ist dieser Zustand nur als derjenige, bei dem vdllige Kondensation der auf- gerichteten MolekUle eingetreten ist. Es sei bier besonders auf die Legende zu Abb. 1 ver- wiesen. Die Abbildung ist ein Schema mit nicht linea- ren AchsenmaBstaben. Bei der wirklichen, experimen- tellen Gewinnung der Isothermen arbeitet man - wenn man den 1. und 2. Zustand erfassen will - mit Behr kleinen Substanzmengen und maximaler Empfindlich- keit des Schubmessers. Die Koordinaten des Punktes N liegen grdlenordnungsweise bei 0,1 Dyn/cm und 1000 A2 pro Molektil, entsprechend sind die Achsen- malistabe zu wahlen (siehe z. B. Adam , 1. c. 16, 2. Aufl., Abb. 13 und 18). Zur Gewinnung des Verhaltens im 3. bis 5. Zustand arbeitet man mit groBeren Sub- stanzmengen und geringerer Empfindlichkeit (d. h. man zieht bei Geraten mit Torsionsdraht einen dicke- ren Draht ein). Der Gesamtbereich der zu messenden Schube vom 1. bis 5. Zustand erstreckt sich caber fast fiinf Grhlienordnungen (0,001 his 50 Dyn/cm). Es ist niitzlieh, sich in dem zitierten Buch von Adam Abb. 13 und 16 (Myristinsaure im 1. und 2. Zustand und im 3. bis 5. Zustand) zu betrachten und sich die Kurve aus Abb. 13 im gleichen Mafstab wie in Abb. 16 dort als Verlangerung nach rechts eingezeichnet zu denken. Die prinzipiellen Mbglichkeiten fur das Film- verhalten langkettiger Molekiile sind hier im Zu- 9 Auch im 4. Zustand zeigt das Voltapotential Schwankungen. Nach- S c h u l m a n n u. Hughes , Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 138, 443 [1932], gibt Myristinsaure in diesem Zustand Schwankungen von 20 mV bei 15?. Adam u. Harding, Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 143, 107 [1933], fanden bei Margarin- saurenitril 60 mV. sammenhang dargestellt worden, weil das bisher in dieser Form in den wenigen zusammenfassen- den Darstellungen fiber dieses Gebiet nicht ge- schehen ist und well these Art der Darstellung fur das Verstandnis der folgenden Darlegungen eine besonders anschauliche Grundlage bildet. Das Besondere an den geschilderten Zustands- anderungen ist also, dall die Isothermen unter Umstanden zwei scharf voneinander getrennte Ge- biete (3. und 4. Zustand) durchlaufen, deren jedes einem fliissigen Zustand entsprichtl,9. Es miissen nun aber nicht alle these Zustandsformen bei jedem Stoff unter sonst gleichen Bedingungen auf- freten. In vielen Fallen (z. B. Fettsauren auf sau- rem Substrat) ist die zur Abhebung der Ketten von der Wasseroberflache erforderliche Kraft so gering, dal der 2. Zustand direkt in den 5. Zustand iibergeht (s. die gestrichelte Linie in Abb. 1). Oder aber der Film wird helm Einengen schon vor Er- reichen des Punktes J instabil und kollabiert, oder er wird im Laufe der Zustandsanderung J-R in- stabil. Filme, die bei einer gegebenen Temperatur den tibergang vom 3. in den 4. Zustand zeigen, nennen wir ? Vbergangsfilme" 10. Filme von Stoffen, die aus relativ isodiametrischen ?Molekiilen be- stehen, zeigen den 4. Zustand nicht11. In Grenz- fallen kann auch bei zunehmendem Schub merk- liche Lbslichkeit in Wasser auftreten. Die Isother- men entarten dann. Fir Filme an der Grenzflache von Wasser gegen ehn mit Wasser nicht misch- bares organisches Ldsungsmittel gelten ahnliche Aussagen. Die Kurven sind hier in Richtung grS- Ilerer Abszissenwerte verschoben und brechen frihher ab. Eine vdllige Kondensation last sich sel- tener erreichen. Es wird zunachst an dem Dibutylester der Hexadecamethylendicarbonsaure (A) ehn beson- 9 Auch in diesem Zustand gibt es noch Veranderun- gen, die vermutlich zweidimensionale enantiotrope oder allotrope Umwandlungen polymorpher Filme sind. Sdazu z. B. D e r v i c h i a n, J. chem. Physics 7, .931 [1939]; Harkins u. B o y d , J. chem. Physics 8, 129 [1949]; Harkins, Chem. Reviews 29, 385 [19411; Stallherg-Stenhagen u. Stenhagen, Svensk. Kem. Tidskr. 55, 63 [1943] und dieselben in Ark. Kem. Mineral. Geol. 18, 1 11944] . 10 Der Ausdruck ?expanded" in dem englischen Na- men dieser Filme bezieht sich auf den 4. Zustand. Wir meinen mit unserem Namen den gleichen Zustand als den fur diesen Filmtyp charakteristischen Vbergang. 11 Z. B. Filme von a- und (1-Dextrin nach S c h a r - d i n g e r. (Gemeinsame Untersuchungen mit Prof. K. Fr e u d e n b e r.g, Heidelberg.) Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 derer Fall eines trbergangsfilmes gezeigt*. Der Temperaturkoeffizient des 4. Zustandes .liegt nicht in der Grollenordnung von 1 Dyn/Grad wie bei den meisten sonst bekannten Vbergangsfilmen, sondern bei 0,2 Dyn/Grad (Abb.2). Auch liegt der Flachenbedarf fur den Zustand im Punkt M nicht in der Gegend von 48 A2 pro Molekul, wie Adam ihn fur den ii.blichen Vbergangsfilm an- gibt (z. B. Myristinsaure, Abb. 7), sondern bei etwa 200 A2. Beides hangt offenbar damit zusam- men, dali wit es hier mit einem an beiden Ketten- enden polaren Molekul zu tun haben, das bei be- ginnender Kompression des Films unter Abhebung des Mittelteils der Kette vom Waasser zunachst noch mit beiden Endgruppen in der Wasserober- flache haftet. - Diese Substanz A wird nun einmal mit dem Methyl-dodecyl-sebacinsaureester (B) and ein anderes Mal mit dem Sebacinsaure-dibutylester (C) in verschiedenem molekularen Verhaltnis ge- mischt, die Mischungen and die Komponenten wer- den fur zwei um 15 his 20 ? ** auseinanderliegende A S 30? ~ 26? 9R?- NO ~ 10D 1/ 5 B Gyn/crn 000- 5? V? 15? 20? 25? 30? T 4 _ 100 200, 000 AZpro MOYWI - Abb.2. F/A-Isothermen von Filmen des Esters A. Der Knick der Kurven bei J (s. Abb. 1) scheint nicht so scharf zu sein wie bei den t7bergangsfilmen ein- basischer Fettsauren (s. Abb. 7). Im Einsatzdiagramm sogenannte Expansionskurven (Isobare). Vergl. dazu das Einsatzdiagramm von Abb. 7 and beachte den viel flacheren Verlauf des rechten oberen Kurventeils. Die im Text oft erwahnte Expansionstemperatur von Fil- tnen ist definiert als die Temperatur, bei der sich die Isobare um die Halfte des Abstandes zwischen unte- rem and oberem Niveau erhoben hat. Meist wird bei Filmen einbasischer Sauren die 1,5-Dyn/cm-Isobare zum Vergleich gewahlt. A`proMoleku/- Abb. 3. F/A-Isothermen von Filinen des Esters A, des Esters B and verschiedener Mischungen bei verschie- denen Temperatures. Die Einsatzzeichnung Stellt in symbolischer Art, aber im richtigen Lkngenverhaltnis, die verwendeten Molekule vor, die Punkte deuten den Ort der polaren Gruppe (Esterbindung) an, die gestrichelte Linie bedeutet die Wasseroberflache fur den Fall, dall die Teilchen auf derselben senkrecht stehen. In Wirklichkeit ist nattirlich die ?Dicke" dot Molekule, verglichen mit der Lange, viel grdller. Bei 4? geht die Kurve des Esters B noch weiter nach links, der Beginn des Kollapses ist aber nicht mit Sicherheit festzustellen. Der gezeichnete Knick ist aber noch real. Pie Indexzahlen an den Mischkurven bedeuten this Mol-Verhaltnis A zu B. Temperaturen untersucht. Abb. 3 and 4 zeigen die bildungen erkennt man sofort, wenn man darauf Ergebnisse. Das Wesentliche an diesen beiden Ab- achtet, bis zu welchem Endflachenbedarf sich die * Hrn. Dr. Z o r n (Leuna-Werke) bin ich fur Vber- deranfertigungen zu besonderem Dank verpflichtet. lassung reiner Versuchssubstanzen and einige Son- ** Samtliche Temperaturangaben in Celsius-Graden. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 262 11. J. TRURNIT Filme jeweils komprimieren lassen. Die linken oberen Endpunkte der Kurven geben ungefahr den Punkt des Instabilwerdens (Kollabierens) der Filme an. Bis zu diesem Punkt ordnen sich die Molekule mit steigendem Schub, soweit es mog- lich ist, immer mehr. Die folgende Betrachtung be- ruht also im wesentlichen auf einem Vergleich der Abszissenwerte der linken Kurvenendpunkte. In zweiter Linie ist nattirlich auch der Gesamtkur- venverlauf, besonders die Lage des Punktes J A/C 20?C A A d?piv Mo/ekui -- Abb. 4. F/A-Isothermen von Filmen des Esters A, des Esters C and der aquimol.Alischung beider. Die Kurve des Esters C hat ihren Knick bei 17 Dyn/cm and verlauft dann anschlieiend schrag aufwarts, ohne aber einen Endfliichenbedarf von 20A-') ganz zu erreichen. zwischen dem 3. and 4. Zustand, von Bedeutung12. Wir finden, dal eine aq%iimolekulare Mischung von A and B sich bei 24 ? and bei 4 ? bis zu einem Endflachenbedarf von etwa 24 A2 pro Kette zusammenschieben last. Das bedeutet, daB die Molekule B, deren ungemischter Film schon bei ii.ber 65 A2 pro Molekiil kollabiert, hier durch die Beimischung der Molekule.A fast vollstandig mit- aufgerichtet wird. Eine Mischung 1 : 2 kollabiert schon bei 45 A2 pro MolekUl bei 24', d. h. dal hier die Anzahl der starren Partner A nicht grog ge- nug ist zur Mitaufrichtung samtlicher Molektile B. Ein quantitativer Vergleich ergibt, dal etwa die Halite der Molekule B mitaufgerichtet wird and die Halite den Flachenbedarf aufweist, den die Molekule beim Kollaps im reinen B-Film zeigen. Bei 4 ? dagegen genitgt auch dieses Mischungsver- haltnis 1:2 noch zur vollen Aufrichtung aller 12 S. unten die Diskussion des Kurvenverlaufs fiir den 4. Zustand. sorte enthalt. Da der Punkt J fur den Ester A bei gleicher Temperatur bei viel kleineren Schiiben liegt als fiir den Ester C, mull man annehmen, daB sich zunachst hauptsachlich Micellen des Esters A bilden. Durch weitere Variierung des Mischungs- verhdltnisses last sich vermutlich ziemlich genau festlegen, mit welcher Wahrscheinlichkeit C-Mole- kule in A-Micellen eingebaut werden. Solche Ver- suche sollen noch angestellt werden. Wenn die Aufrichtung eines flexiblen Molekiils (B) durch einen starren orientierungsfahigen Partner (A) etwa gleicher Kettenlange eine all- gemeine Reaktion ist, so mull sie Bich auch mit langkettigen Molekiilen einer einfachen Fettsaure erreichen lassen. Wir haben dazu Stea.rinsaure (D) genomjrien (Abb. 5). Wir finden, dal die Kurve des Mischfilms in ihren unteren Partien nur geringe Wechselwirkung zeigt, dali aber eine voll- standige Aufrichtung der Molektile B zustande- kommt. Die Kurve fur den reinen Ester B bei 15' Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Ketten. Diese Befunde sind das in praktischer Hinsicht wichtige Ergebnis der Arbeit. ' Bei der Mischung A-C zeigt sich, dal bei 200 schon ein Mischungsverhaltnis 1:1 zur vollen Aufrichtung nicht ausreicht and dall ein Absinken der Temperatur auf 5' keine forderliche Wirkung hat. Die zwischenmolekularen Krafte sind in die- sem Falle infolge der kiirzeren Kettenlange erheb- lich kleiner and es werden sich vermutlich Micel- len bilden, deren jede bevorzugt nur eine Molekul- A/C 7: 7 A 5 C ?C Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 in dieser Abbildung ist durch sehr schnelles Zu- sammenschieben gewonnen worden. Von 12 Dyn/cm ab ist schon ein merklicher Kollaps festzustellen. In den Mischkurven dagegen tritt ein deutlicher Kollaps erst bei den jeweils markierten Schi ben auf. Wir haben schlieflich noch den Ester A mit Stearinsaure gemischt, da hier im Gegensatz zit der Mischung B-D die Kettenlange des Saureteils beider Partner gleich ist. Abb. 6 zeigt das Ergeb- nis. Man sieht hier sofort die Verlagerung des unteren Mischkurventeils nach links gegeniiber einer theoretischen Mittelkurve. Das bedeutet 75?C B 0 D 0/B 2:1 D/B 0/e 1'1 1:4 8 20 30 %7 50 , 60 70 &7 . 7 1W 170 120 A Zp, MoWvl - Abb. 5. F/A - Isothermen von Filmen des Esters B and der Stearinsaure and von Mischungen von beiden auf Wasser von pH = 4 gespreitet (die in den vorangegan- genen Abbildungen dargestellten Kurven stammen von Filmen auf reinem Wasser von 15?). starke Micellbildung schon im 3. Zustand, zumin- dest die Aneinanderlagerung je zweier Mischpart- ner. Die Aufrichtung erfolgt praktisch bei dem gleichen Schub wie bei reinem A-Film. Die gleiche Verlagerung nach links im unteren Kurventeil zei- gen auch die Mischkurven von A and B (Abb. 3), vor allem bei 24 ?. Also auch hier Aggregation der noch liegenden Partner. Die theoretische Deutung, die Langmuir der von Adam gemessenen Kurvenschar eines typi- schen -Cbergangsfilmes (Myristinsaure, Abb. 4) gibt, basiert auf der Tatsache, dab das Kurven- stuck N-J in diesem Falle ziemlich genau ein Abschnitt einer rechtwinkeligen Hyperbel ist. Es wird dafur eine Zustandsgleichung (F-F,) (A-A,) = kT, die der van der Waalsschen analog gebaut ist, b.ingeschrieben; die Konstanten Ao and Fe wer- den physika.lisch interpretiert. AO' die Flachen- korrektur, ist nach Langmuir weniger ein Mall fur den Kettenquerschnitt als fiir-die Krafte zwischen den polaren Gruppen, wahrend Fo etwas aussagt fiber die Kohasion in der aus Kohlen- wasserstoffketten bestehenden oberen Filmschicht. Fo ist von der Kettenlange abhangig and hat nega- tive Werte. D D \\A 7 ", AZ4 0 7110 AV 300 A2p1v Moleku/ Abb. 6. F/A- Isothermen von Filmen des Esters A and der Stearinsaure and der aquimol. Mischung heider (auf Wasser von pH = 4 gespreitet). Stearinsaure- filme sind bei 181 bis caber 30 Dyn/cm stabil. Die Betrachtung unserer Kurven fur den Ester A (Abb. 2) zeigt aber, dali das Kurvenstiick JN kei- ner rechtwinkeligen Hyperbel zugehort and mithin auch keine einfache Zustandsgleichung einge- fUhrt werden kann. Das Vorhandensein zweier polarer Gruppen am Ende jeden Molekiils laIlt ja auch von vornherein einen ganz anderen Mecha- nismus beim Aufrichten von der Wasseroberflache erwarten. Es wird sich fiir jedes einzelne Molekiil mehr um ein ruckartiges Ablosen der einen pola- ren Gruppe handeln als um ein allmahliches Auf- richten. Dagegen scheint es wohl moglich zu sein, die Langmuirschen Vorstellungen fiber den Kur- venteil JR auch auf die Kurven von dibasisehen Estern anzuwenden. Der 4. Zustand ist sicherlich auch hier durch das gleichzeitige Vorhandensein von Micellen and Einzelmolekulen bestimmt; Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 264 H. J. T R U R N I T wie im folgenden gezeigt wird, ftihrt die Anwen- dung der Langmuirschen Vorstellungen auf die- sen Fall zu plausiblen Schliissen. Der Langmuirsche Ansatz fur den 4. Zustand von trbergangsfilmen13 (der weitgehend unabhan- gig von dem fur den 3. Zustand ist) ftihrt zu einer Formel fur (3, die mittlere Anzahl der Mole- kiile pro Micelle: darin ist FO gleich F-FJ ; F and a: Schuh and moleku- larer Flachenbedarf des betrachteten Kurvenpunktes; Fj and aj sind die gleichen Grdden im Punkte J; aR ist der molekulare Flachenbedarf im Punkte R. Fur Myristinsaurefilme14,15 variieren die (3-Werte zwischen 9 and 18. Langmuir halt es aus ein- fachen geometrischen GrUnden fur wahrschein- lich, dali (3-Werte von 1 + 6 = 7,1 + 6 + 6 = 13 usw. bevorzugt sind. Tab.1 zeigt die (3 -Werte, die wir unter Anwen- dung obiger Formel aus unseren Kurven fur den Ester A erhalten haben. 40 leT 1 aJ-a aJ a - an? A,/Ifolekiil 8? 20 - 1 5 19? 21 7 7 300 20 - 6 Diese Werte liegen also ganz ahnlich wie die fur Myristinsaure, obwohl die beiden Gruppen von Kurven einen ganz versehiedenen Verlauf haben and die Filme im 3. Zustand sicher nicht miteinander verwandt sind. Es ist anzunehmen, daB die Micellen c. p. um so kleiner sind, je grocer die polaren Gruppen sind. Je steiler das JR-Stuck ist, um so kleinere (3 - Werte findet man. Die Langmuirsche Formel ergibt fur die Kurven von: p-Dodecyl-phenol (3 = 5 ? 1 (vergl. Anm. 16) a-Brom-fettsaure (C17) (3 = 9 bis 13 (vergl. Anm.16) Monopalmitin (3 = 13 (vergl. Anm.16) Athylpalmitat (3 = 55 (vergl. Anm.14) Propylpalmitat (3 = 60 (vergl. Anm.16) 13 Langmuir nimmt an, daB im 4. Zustand Micel- len der Molekiilzahl and Einzelmolekule miteinander im thermodynamischen Gleichgewicht stehen. Der Par- tialdruck Fj der Einzelmolekule bleibt, solange noch solche vorhanden sind, konstant. Die Micellen haben einen eigenen Partialdruck F and nehmen beim Ein- engen des Films standig an- Zahl zu. Die Kurventeile fur den 4. Zustand dieser Ester- kurven verlaufen fast waagerecht, so dali der Punkt J ein reiner Phasenwechsel zu sein scheint. Nach Langmuir hangt das damit zusammen, dal these Kurven den Tell GR nicht besitzen, die Linie GRB tritt immer auf, wenn die Endgruppen stark hydratisiert sind (z. B. n-Sduren). Bel Estern geht das Kurvensttick JR sofort in die Linie HGA fiber. Die Hydratation ist gering. Dal nun die Kurven des Esters A viel steiler verlaufen als die der Monoester and kleinere (3- Werte ergeben, 11113t sich vielleicht deuten, 50 34,9? isz? X90 5 o Q 75 Dyn/can 700Z0 ? 3 ? \ 0 40 C d Zpro MoN491--9- Abb. 7. F/A-Isothermen von Myristinsaurefilmen auf saurem Substrat (nach A d a m 14,15). Die Einzeich- nung der experimentell gefundenen Kurvenpunkte ist hier ebenso wie in- den beiden folgenden Abb. unter- lassen. Die in dieser Abb. wiedergegebenen Messun- gen bilden die Grundlage fur die Theorie der Rber- gangsfilme von Langin uir5. man die F/A-Kurven (s. Abb. 8) des zu unserem Ester A homologen Diathylesters der Hexadeka- methylendicarbonsaure (A d a m, J e s s o p 11) mit den F/A - Kurven des Esters A vergleicht. Es sind typische ?vapour expanded" -Kurven, d. h. sie haben keinen J-Punkt, der 3. and 4. Zustand gehen flieliend ineinander fiber. Auferdem ist die Tem- peraturabhangigkeit des 4. Zustandes viel gerin- ger als bei den A-Ester-Kurven, and die Expan- sionstemperatur liegt sehr viel hoher (s. Abb. 7). Wenn man nun damit die F/A-Kurven von Athyl- palmitat vergleicht (s. Abb. 9), so kann man die 14 A d a in u. J e s s o p, Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 112, 362 [1926]. 15 A d a in, The Physics and Chemistry of Surfaces, 3. Aufl., Oxford 1941. 16 Adam, Berry u. Turner, Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 117, 532 [1928]. 17 Adam u. J e s s o p , Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 112, 376 [1926]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 t7BER FILME LANGKETTIGER DIBASISCHER ESTER 265 Wirkung des trberganges von einem Monoester zu einem Diester gleicher Saurenlange18 abtren- non von der Wirkung des Dberganges von einem Diathyl- zu einem Dibutylester. Der zweite Vergleich (Abb.7 and 9) zeigt im wesentlichen drei Unterschiede. 1. Die Gegend des J-Punktes liegt einmal bei 50 his 70 A2 pro Mole- kiil, das andere Mal bei etwa 100 his 120 A2 pro --1 2 , _ AMW-$ Abb. 8. F/A-Isothermen von Filmen des Diathylesters der Hexadekamethylencarbonsaure (nach Adam u. Jessop17). Q O Alkohol wirkt also der Kondensation entgegen, wenn der Alkohol der kiirzere Teil des Esters ist. Da bei dem Diester A die RJ-Kurven links vie] steiler sind, also kleine f3 -Werte ergeben, so kann das im Falle der Giiltigkeit der Langmuirschen Formel fur these Diester nur heilen, daB die Auf- richtung der jeweils im 4. Zustand noch vorhan- denen Einzelmolekule mit wachsender Zahl der Micellen immer sbhwieriger wird. Man kann das so deuten, daB fur die noch liegenden Einzelmole- kiile in der Nahe-des Punktes J die ?drangenden Elemente" meist andere liegende CH2-Ketten sind, mit zunehmender Micellbildung dagegen nach R hin immer mehr Estergruppen von aufgerichteten Micellen auftreten, die zu der Affinitat des Was- sers noch eine zusatzliche Kraft auf die polaren Gruppen des noch liegenden Molekiils ausiiben werden. Der erste Vergleich (s. Abb. 2 u. 8) zeigt, dal der Dibutylester sich in seinen Eigenschaften wie- der mehr dem Monoester nahert. Die Anderung des Schubs mit der Expansionstemperatur hat eine ZwischengroBe. Der J-Punkt ist ziemlich ausge- sprochen. Der Kurvenverlauf JR ist nicht so steil. Die (3 -Werte sind viel geringer als beim Diathyl- ester. Das kann in dem oben skizzierten Sinn wie- der so gedeutet werden, dali die langere Alkohol- gruppe die Zusatzkrafte der unteren Micellrander kompensiert oder abschirmt. Was oben caber die Expansionstemperatur bei Verlangern der'Alko- holkette gesagt wurde, gilt offenbar auch hier. Diese Deutungsversuche sind sicherlich viel zu grob anschaulich, doch geht jeder theoretische Ansatz letzten Endes von solchen stark vereinfa.- chenden Vorstellungen aus. Eine wirkliche Theorie dieser Filme multe die eines ?Triplexfilmes" sein: Eine K.-W.-Mittel- schicht mit einer unteren wassergebundenen po- laren Schicht and einer oberen freien polaren Schicht. y0 50 60 70 80 12p1M9,W1 Abb.9. F/A-Isothermen von Filmen des Athylpalmi- tats? (nach A d a m u. J e s s o p 14). Die eingeklam- merten Temperaturwerte gelten etwa fur den Athyl- ester der Stearinsaure and mtissen bei dem im Text durchgefuhrten Vergleich mit Abb. 8 verwertet werden. Molekul; 2.- der J-Punkt ist einmal scharf inarkiert, das andere Mal nur als Krummungs- maximum angedeutet; 3. die Anderung des Schu- bes FJ mit der Expansionstemperatur ist beim Di- dthylester funfmal kleiner als beim Monoester. Aus der Tab. 4 bei A d a m 15 ergibt sich, daB bei n-Fettsauren die Expansionstemperatur fur jede zugefiigte CH2-Gruppe um 8 his 10 ? steigt. Wenn man das H-Atom der Carboxylgruppe durch CH3 ersetzt, sinkt. die Expansionstemperatur um 1 his 2', and wenn man es durch C 2 H 5 ersetzt, sinkt sie um etwa 15 ?. Kettenverlangerung am "I Fur Athylstearat liegen die Temperaturen um 15 bis 181 hoher als die fur Athylpalmitat angegebe- non. Sonst ist der Kurvenverlauf der gleiche. 3. Diskussion auf Grund der Molekiildimensionen Eine quantitative Auswertung der Kurven der rei- nen Substanzen ergibt folgendes: Die Lange von A errechnet sich zu etwa 35,5 A. Wean man einen Quer- schnitt von 20 A2, and diesen als quadratisch, annimmt, errechnet sich ein Langsquerschnitt fur das Molektil von 158 A2. Wenn man das bei Rontgenuntersuchungen (M ii 11 e r 19) an Paraffinketten gefundene Seitenver- 19 A. M u 1 1 e r, ,Organische Kristalle mit Ketten- molekulen" in,,Der feste Korper", Leipzig 1936. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 haltnis des Querschnittes der Elementarzelle 1 : 1,7 (kurz vor dem Schmp.) einsetzt, erhalt man 3,4 A fur die kleinere and 5,8 A fur die grollere Seite. Die entsprechenden Werte des Langsquerschnittes sind 120 and 206 A2. Bei genugend freiem Platz wird das Mole- kul aus energetischen Grinden so liegen, dad die lan gere Seite (5,8 A) des Prismenquerschnittes horizon- tal liegt. Wir mussen also im 1. and 2. Zustand der KKurve mit 206 A pro Molektil rechnen. Wie die Abb. 1 zeigt, beginnt bei 200 A2 pro Molekul der Schub starker zu steigen. Bei weiterer Einengung des Films werden sich die Molektile vielleicht teilweise um 90' um ihre Langsachse drehen, aber vermutlich eher-dem Schuh dadurch auszuweichen suchen, dall die kurzen, 16s- lichen Alkoholenden nach oben oder unten verdrangt werden. Der grodte Langsquerschnitt der Saure selbst betragt 147 A2, der kleinste 86 A2. Bei 24? ist der Flachenbedarf im Punkte J 120 his 130 A2 pro Molekul. Wenn man bedenkt, dad beim Komprimieren des Films his dahin wegen der Sperrigkeit der langen Ketten (man denke an Streichholzer auf Wasser) die Bedek- kung der Wasseroberflache sicher keine vollstandige ist, wird man die gefundenen Werte von 86 his 147 A2 pro Molekul als gut dazu passend ansehen diirfen. Filme des Molekt is B geben die Kurven B, die den 3. Zustand zeigen. Das Molekul B ist so gewahlt, dad es von der weiter aullen gelegenen Esterbindung ab his zum anderen Ende genau so lang ist wie das Mole- kiil A von einer Esterbindung bis zum anderen Endo (s. die Einsatzzeichnungen in den Abb.) : 22 C-Atome and 1 Brticken-O. Der beim Komprimieren dieses Films erreichte Endflachenbedarf ist 66 A2 pro Mole- kul. Die beiden Langsquerschnitte des Saureteils sind 88 bzw. 52 A2. Es bleibt zunachst offen, ob das so zu deuten ist, dad his zum Kollaps der Saureteil auf dem Wasser bleibt, oder ob in der in Abb.3 (Nebendia- gramm) angedeuteten Art eine Aufrichtung tiber der mittelstandigen Esterbindung erfolgt. Auch das wurde den Wert 66 A2 erklaren konnen. Das letztgenannte Verhalten ist das wahrscheinlichere. Jedenfalls be- wirkt bei 24? die Kompression des Films nicht eine ge- streckte Aufrichtung der- knickfahigen Molektile B uber der endstandigen Esterbindung, was wie bei A zu einem Endflachenbedarf von 20 A2 pro Molekul fiihren muffle. In Tab. 2 sind die berechneten Dimensionen der verwendeten Molektile zusammengestellt. Dabei be- deuten LE and L5 die Lange des Esters and seines Saureteils in A and sinngemad QE and Qs die Langs- querschnitte in A2. Der obere Wert gilt unter der An- nahme eines quadratischen Querschnittes senkrecht zur Achse (d, ='d2) and die beiden unteren Werte geben die beiden Langsquerschnitte unter der An- nahme, dad sich d2: d, verhdlt wie 1,7: 1. Der Vergleich dieser Werte mit den bei den Estern A, B and C fur den Punkt J bei Zimmertemperatur ge- fundenen zeigt deutlich, dad wir in den 17bergangs- filmen dibasischer Ester his zum Punkte J (von rechts nach links gehend) mit dem Haften der beiden polaren Endgruppen an der Wasseroberflache rechnen mussen. Fur Myristinsaure dagegen liegt bei 19 ? der J-Punkt bei 32 A2 pro Molekul, wahrend sich der Langsquer- schnitt der Myristinsaure zu 80 A2 (61/105) ergibt. Die Substanz LE, 21,2 1 1 158 120/206 141 108/184 113 86/147 1.13 86/147 68 52/88 68 52/88 108 82/140 Tab.2. Lange and Querschnitt (langs) der verwen- deten Molekiile. Der Index E bedeutet Ester, der Index S den Saureteil des Esters. Fur jede CH2-Gruppe wurde ein Langenwert von 1,27 A angenommen. Die Briickensauerstoffe wurden mit derv gleichen Wert eingesetzt, da der damit eingefiihrte kleine Fehler fur den Zweck dieser Zusammenstellung ohne Bedeutung ist. Fur den Langsquerschnitt stelien jeweils drei Werte, fiber deren Bedeutung vergl. Text. Alle Werte in A and A2. Molektile mussen in diesem Punkt also schon einen ziemlich steilen Winkel mit der Wasseroberflache bil- den. Langmuir nimmt in seiner Theorie fiir these Filme an, dall im Punkt J die Micelibildung einsetzt. Wir mussen fur die dibasischen Ester dagegen nach dem Vorstehenden annehmen, dad im Punkte J das Abspringen der einen pblaren Gruppe jederi Molekuls, also seine Aufrichtung, einsetzt. Der Punkt J bedeutet in beiden Fallen also etwas ganz Verschiedenes. Wir mussen auch annehmen, dad schon vor Erreichen des Punktes J zwischen den noch liegenden Molekiilen der langeren dibasischen Ester Aggregation einsetzt and dad die Aufrichtung z. Tl. gruppenweise erfolgt. Dad der Punkt J sich mit zunehmender Temperatur nach links and oben verschiebt20, hangt offenbar damit zu- sammen, dad die Ketten mit zunehmender Temperatur dem zunehmenden Schub immer besser durch ihreBieg- samkeit - also ein Abheben des mittleren Kurven- teils - nach oben ausweichen konnen. Wenn diese Vor- stellung zutrifft, multte man annehmen, dad die oberen Glieder einer solchen Kurvenschar nicht wie bei M'yri- stinsaurefilmen von einer kritischen Temperatur ab ohne einen Knick bei J verlaufen, sondern dad bei wei- terem Einengen immer ein Knick bei J auftritt, wenn der Film nicht vorher kollabiert. Leider sind Ver- suche bei 40 his 501 recht schwierig sauber auszuft h- ren, so dad wir noch keine Werte fur dieses Gebiet haben. Bei einem Versuch bei 39 ? lag der Knick bei 8 Dyn/cm, also unter dem Wert fur 30 ?. Es bleibt abzuwarten, ob es sich um einen experimentellen Fehler handelt oder ob mit steigender Tempera.tur.plotzlich die Ablosung der einen polaren Gruppe so leicht wird, dall die Stufenhohe fur den 4. Zustand wieder sinkt. 20 lbrigens, soweit unsere Kurven das erkennen lassen, nicht entlang einer Kurve, die durch eine Clau- sius-Clapeyronsche Gleichung dargestellt werden kann, wie bei den Ubergangsfilmen einfacher Fett- sauren. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Ein Schubmesser fur monomolekulare Filme Von HANS JOACHIM TRURNIT (7. Naturforschg. 2b, 267-274 [19471; aus Friedberg (Hessen) eingegangen am 13. August 1946) Es wird uber Bau and Leistungsfahigkeit eines Gerates berichtet, das zum Messen des zweidimensionalen Druckes monomolekularer Filme an Wasseroberflachen dient. Es entstand durch Umbau eines ganz anderen Zwecken dienenden Gerates (Polarisations- apparat), das in sehr praziser Ausfuhrung serienmaflig hergestellt wird. D 1e Frage nach dem Verhalten diinnster Schich- ten organischer Stoffe an Wasseroberflachen gewinnt im Zusammenhang mit chemisch-physiko- chemischen and vor allem biologischen Problemen immer grofere Bedeutung.. Bei der Untersuchung der Eigenschaften solcher Filme spielt die Mes- sung der Abhangigkeit des mittleren molekularen Flachenbedarfes (A) vom Schub (F) and von der Temperatur eine wichtige Roller. Sie entspricht der Aufnahme eines pv-Diagramms in der drei- dimensionalenThermodynamik. Man gewinnt dar- aus Hinweise auf Bau and Orientierung der Mole- kiile turd auf die Art der zwischenmolekularen Krafte. Auch lassen sich mogliche Wechselwir- kungen and Reaktionen zwischen Film and Sub- strat verfolgen. A ist gegeben durch die Flache, die der Film auf der Wasseroberflache einnimmt, dividiert durch die mittels Wagung gefundene Anzahl seiner Molekiile. F - der Schub des Films - wird in Dyn/cm gemes- sen. Sein Wert ist numerisch gleich der Differenz der Oberflachenspannungen-der freien and der filmbedeck- ten Wasseroberflache. - Die Art des experimentellen Unterschiedes zwischen wasserunloslichen Filmen, um die es sich hier handelt, and solchen, deren Ver- halten durch die G i b b s sche otter eine verwandte Funktion dargestellt werden kann, spiegelt sich in der theoretischen Behandlung insofern, als in die For- meln fur unlosliche Filme der mittlere molekulare Flachenbedarf A mit der Dimension Flache pro Teil- chen (A2/Molekiil) and in die Formeln fur losliche Filme die Grenzflachenkonzentration mit der rezipro- ken Dimension Teilchenzahl pro Flacheneinheit (n/cm2) eingesetzt wird. Im Nenner steht jeweils die experi- mentell konstante Grolle. Die Mellgerate sind im Prinzip immer eine Ver- einigung der von Agnes P o c k e 1 s 2 entwickelten Methoden mit irgendeinem empfindlichen, waage- ahnlichen Kraftmesser3. Fur eigene Filmuntersuchungen habe ich auf Grund der Erfahrungen anderer Forscher and auf Grund von eigenen Vberlegungen and Erfah- rungen mit einem ganz einfachen Schubmesser ein Prazisionsgerat entwickelt, das im folgenden be- schrieben werden soil. Bei seinem Entwurf waren folgende Gesichts- punkte mal?,gebend: 1. Das Gerat soil eine hoh'e Empfindlichkeit bei moglichst groller Nullpunkts- stabilitat haben. Diese Forderungen lassen sick nur auf Kosten des Mellbereichs verbindel . Das eigentliche Mellorgan mull also austauschbar sein, um in dem praktisch verlangten Bereich von' 0,001 bis 50;0 Dyn/cm messen zu konnen. 2. Wechsel der Troglosung and Reinigung der Wasserober- flache sollen leicht and ohne groflen Zeitverlust moglich sein. Aus der ersten Forderung ergibt sich die Wahl eines Gerates mit waagerechtem Torsionsdraht, wie es auch von Adam and J e s s o p 4 and von Harkins 5 verwendet wird. Die geeignete Di- mensionierung ermoglicht es dabei, alle Forderun- gen durch Verwendung nur eines Drahtes zu er- reichen. Dieser ist Melldraht and gleichzeitig Tra- ger des Spiegels fur die Nullanzeige. 1 t7ber die Bezeichnung ?Schub" fur die Kraft pro LAngeneinheit in der Randlinie von Filmen and uber die sonstige Nomenklatur s. H. J. T r u r n i t, Fortschr. der Chemie organ. Naturstoffe Bd. IV, S. 347, Springer, Wien '1946. Dort auch eine 17bersicht uber die sonsti- gen Schubmesser. 2 A. Pock e 1 s, Nature [London] 43, 437 [1891]. - S. auch 0 s t w a 1 d, Kolloid-Z. 58, 1 [1932]. 3 Sie werden daher haufig ,Filmwaagen" genannt. Da es sich aber nicht um ein Vergleichen von Schwer- kraften, sondern von Oberflachenspannungen handelt, werden sie besser als ?Schubmesser" bezeichnet. 4 A dam u. J e s s o p, Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A 110, 423 [1926]. 5 Harkin-s u. Fischer, J. chem. Physics 1, 852 [1933]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Zum Zwecke der Vergroderung des Spiegelaus- schlages ist bei anderen Geraten der Nullspiegel an einem dicht uber dem Schwimmer montierten, beson- deren Torsionsdraht befestigt and auf eine mechanisch aullerst verletzliche Art mit dem Schwimmer and dem Schubhebel verbunden. Nun sind aber die Schwimmer- dichtungen prinzipiell schon derart empfindlich, dad man es nach Moglichkeit vermeiden sollte, das Gerat durch weitere empfindliche Stellen zu belasten. Die Erfahrung mit unserem Gerat hat gezeigt, daB auch bei hohen Anforderungen an die Mellempfindlichkeit die Befestigung des Nullspiegels Am Mefldraht selbst geniigt. Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Kon- struktion war folgender: Zum Reinigen der Was- seroberfldche and Beim Wechsel der Troglosung ist es zweckmaBig, wenn das McBgerat schnell and einfach vom Trog abgehoben werden kann. Bei den friiheren Geraten war das nicht moglich; G o r t e r e hat 1934 als erster einen Schubmesser konstruiert, der als Ganzes gehoben and gesenkt werden kann. Harkins, Carman u. Ries' sind 1935 diesem Vorbild gefolgt. Es schien mir Abb. 1. Schematische Seitenansicht des Gerates. Links das Stativ mit Spindel and Mutter (M). Rechts die Teilkreiskapsel mit Ableselupen (L), Grobeinstellung (G), Feineinstellung (E), Drahtklemme (D) am Drahthalter and Nullfernrohr (F). Das Drahtseil (S) lauft uber Rollen zu einem Gegengewicht in dem U- Trager (T). Das gestrichelte Niveau fiber der Fein- einstellung bezeichnet die Lage der Wasseroberflache beim Messen. nun zweckmaBig, noch einen Schritt weiterzugehen and den Schwimmer mit den Randstiicken and Dichtungselementen vom eigentlichen Kraftmesser zu trennen and zu einem unabhangigen Aggregat zu machen. Die Dichtungen sind der empfindlichste ' Teil der Apparatur. Man kann dann Anderungen, Reinigung and Reparatur des Schwimmers vor- nehmen, ohne jedesmal den Kraftmesser in Mit- leidenschaft zu ziehen. Bei Drehspulgalvanome- tern, Saitengalvanometern and Saitenelektrometern verfahrt man ahnlich. Auferdem kann man den Kraftmesser ohne irgendeine Anderung mit ver- schiedenen Schwimmern and an verschieden ge- formten Trogen benutzen. Diese Trennung des Schwimmers vom MeB- system and damit dessen Trennung vom Trog birgt aber eine Fehlermoglichkeit in sich, auf die von vornherein geachtet wurde. Der Mechanis- mus, mit dessen Hilfe das Meigerat in der Verti- kalen bewegt wird, muB auferordentlich stabil and ohne jeden toten Gang sein, damit nicht die beim Messen notwendigen Krafteinwirkungen der Hand des Beobachters auf den Teilkreishebel zu Relativbewegungen zwischen Trog and Melgerat fiihren. Dieser Forderung wurde durch Konstruk- tion and Ausftihrung des Stativs and durch Auf- stellung der ganzen Apparatur auf einem schwe- ren, erschiitterungsfreien Tisch voll geniigt8. Es war naheliegend, nach einem geeigneten kauflichen Prdzisionsgerat zu suchen, das Bich in ungezwungener Weise in einen Schubmesser um- wandeln ldBt. Ein guter Polarisationsapparat ver- einigt in sich die wesentlichen mechanischen Bau- elemente fur einen Schubmesser, namlich einen erstklassigen Teilkreis and zwei in geeignetem Abstand voneinander befindliche zentrierte Lager. An die Stelle des axialen Lichtbiindels kommt der Torsionsdraht, an die Stelle der Polarisations- prismen kommen die Drahthalter. Das Fernrohr des Gerates wird oberhalb des Teilkreises mon- tiert and dient zur Ablesung der Nullskala. Der verwendete Polarisationsapparat ist das Modell nach L i p p i c h von Zeill-Winkel 9. e G o r t e r, J. gen. Physiol. 18, 427 [1935]. Harkins Carman u. Ries, J. chem. Phy- sics 3, 692 [1935]. 8 Dieses Stativ, die Drahthalter, das Hebelsystem and der Thermostat wurden von der Firma L. H o r - m u t h, Inh. W. Vet t e r, Heidelberg, in ausgezeich- neter Ausfuhrung geliefert. 9 Das Modell nach L a n d o 1 t ware wegen seiner Tragerform noch geeigneter. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 gitter. Das ganze System wiegt 4 g. Per Draht ist an jeder Seite des Herzstuckes in gleicher Weise festge- klemmt wie an seinen Enden. Bei der Wahl der Lange and Spannung des Tor- sionsdrahtes mufd folgendes berucksichtigt werden: A K d B I II------ Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 EIN SCHUBMESSER FVR MONOMOLEKULARE FILME 269 Abb. 2. Aufsicht des Gerates mit Stativarm und Mut- ter (M). Darin der Querschnitt des U-Tragers, des Bleigewichtes (B) and der Spindel. P sirid die beiden Befestigungspunkte der Drahtseile nahe dem gemein- samon Schwerpunkt von Mutter, Stativarm and eigent- lichem Schubmesser. H ist das Hebelsystem mit Spie- gel (Sp) and Dampfung (R), N der hintere Draht- halter mit Nulljustierung, K die Kapsel caber dem vor- deren Drahthalter. Das Fernrohr, das Winkelprisma and der Schutzkasten um Draht and Hebelsystem sind fortgelassen. In die beiden Lager des Gerates, die sonst die Pris- men aufnehmen, wurden Drahthalter eingebaut. Per vordere, konisch eingesetzte Halter wird vom Teil- kreis mitgenommen. Er tragt axial einen Drahtspan- ner, der einen Hub von etwa 8 mm hat. Per hintere Halter ist ebenfalls drehbar eingesetzt. Die Drehung erfolgt durch Schneckentrieb. Es wurde dazu der Fein- trieb eines guten Mikroskops verwendet10. Die Trom- mel hat 100 Teilstriche. Dieser Trieb dient zur Null- justierung des Gerates vor jedem Versuch. Die eigentliche Befestigung der Drahtenden besteht aus je einem Plattchen, das den Draht mittels zweier Stahlschrauben genau axial auf ein halbzylinderfor- miges Segment des Halters druckt. Es ist der jeweils uuilerste, also gut zugangliche Teil der beiden Halter. Per mittlere Abstand der Fixierungspunkte betragt 420 mm. Als Torsionsdraht wurde bisher ein Klavier- saitendraht von 0,3 mm 0 verwendet. Das Hebelsystem (Abb. 3), das die Verbindung zwi- schen Torsionsdraht and Schwimmer herstellt, ist in einem Abstand von 250 mm hinter der vorderen Fixie- rung angebracht, sitzt also nicht in der Drahtmitte. Durch Tarierschrauben last sich genau wie bei einer Waage das System ins Gleicligewicht bringen and der Abstand des Schwerpunktes von der Achse einstellen. An dem Ilerzsttick des Hebelsystems ist - aufsteck- bar - ein Spiegelhalter angebracht, auf dem ein Gal- vanometerspiegel (8 mm 0) in horizontaler Lage auf- geklebt,ist. Das Hebelsystem besteht aus Aluminium- 10 Hierftir bin ich der Firma E. L e it z in Wetzlar zu Dank verpflichtet. Wenn zwischen den Punkten A and B ein Draht d eingespannt wird, an welchem im Punkt K ein Hebei h befestigt ist (an seinem unteren Ende mit dem Schwimmer S verbunden), so wird eine Torsion des Drahtes bei A ein Drehmoment m1 erzeugen: Per Hebei bewegt den Schwimmer. Dieser Vorgang ist der Zweck der Anordnung. Nun bietet der Schwimmer aber dem Hebei einen, je nach GroIe des Schubes ver- schieden grollen Widerstand. Dadurch entsteht ein weiteres Drehmoment m2, das den Punkt K senkrecht zur Richtung AB and senkrecht zur Hebelrichtung aus seiner Lage zu verschieben trachtet. Das kann zu einer kleinen Kippung des bei K an dem Draht be- festigten Nuilspiegels fiihren. Bei zu langem oder zu schwach gespanntem Draht wurde das bewirken, dad die Nullstellung des kraftfreien Systems (also ohne Film) von der Nullstellung beim Messen eines Films - and zwar mit wachsendem Schub immer mehr - merkbar abweichen wurde. Bisher ist auf these Ver- haltnisse nicht aufmerksam gemacht worden. Abb. 3. Das Hebelsystem am Melldraht in perspektivi- scher Darstellung. Die Dampfungseinrichtung wurde nicht mitgezeichnet. Unten der mittlere Teil des Schwimmers. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 270 H. J. TRURNIT Die notwendige Dampfung besteht aus einem dun- nen Stahldraht, der in Achsnahe am Hebelsystem in waagerechter Lage befestigt ist, dann nach unten um- hiegt and in eine waagerecht liegende Flachspirale aus- Iauft. Diese taucht in reines Paraffinol. Es ist wichtig, dali der Draht dann ist, weil beim Austauchen 01 von ihm mit hochgenommen wird, das darn langsam wieder ablauft. Beizu grollem Umfang des Drahtes ftihrt das zu einer merklichen Relaxa- tion bei der Einstellung auf Null. Ein 0 von 0,1 mm hat sich bewahrt. Der Schubhebel gabelt sich auf and endet in zwei geschlitzten Messinghiilsen, in denen je ein Platin- stift steckt. Der waagerechte Eichhebel zeigt zur Film- seite des Schwimmers hin and hat an seinem Ende eine Kerbe zum Anhangen der Eichgewichte11. Die effektive Lange des Schubhebels betragt 82 mm. Die effektive Lange des Eichhebels betragt 47 mm and die effektive Lange des Schwimmers 150 mm. Bei Be- lastung des Eichhebels mit 10 mg (9,81 Dyn) ist die notwendige Gegendrehung am Teilkreis 0,98' ? 0,002 ohne Schwimmer. Der Eichfaktor ist fur 1' gleich 0,382 Dyn/cm. Da die iiblichen Filme selten einen Schub groBer als 40 Dyn/cm aushalten, kommt also eine maximale Torsion des Drahtendes um etwa 1100 in Frage. Die- ser Wert erscheint bei 25 cm Lange and 0,3 mm 0 im Hinblick auf die Deformationserscheinungen and (lie unter dem Namen Bauschinger-Effekt (s. Heyn)12 zusammengefalten Elastizitatsanomalien etwas hoch. Die Formel, die these Verhaltnisse beherrscht, a :c I)2l r4 r a ist nur gtiltig, wenn l klein bleibt. Dabei ist D = Drehmoment (in Dyn) X cm, 9b = Drillingsmodul Dyn/cm2, a =Torsionswinkel in Bogengraden, 1=Draht- lange in cm, r=Drahtradins in cm. Doch andert sich, wie Versuche gezeigt haben (s. Tab. 3), der Eichfak- tor bei hohen Schubwerten nicht. Meistens bleiben die Kollapsschiibe auch unter 20 Dyn/cm, also die Drehung unter 60 ?. Durch wahlweise Verwendung der Ublichen Draht- starken and verschiedener Materialien (Stahl, Bronze) kann man dem ?Gerat praktisch jeden gewunschten Melbereich geben. Der Torsionsdraht mit Balkensystem and Dampfung ist durch ein Blechgehause geschiitzt. Dieses hat unten zwei Schlitze fur die Platinspitzen des. Schubhebels. Verne ist ein abnehmbarer Vorbau fur den Eichhebel. Beim Messen wird der Thermostat, in dem der Trog steht, aulerdem mit Glasplatten.bedeckt, die dicht um das Hebelgehause abschlieien. Die Empfindlichkeit ist 11 Bei dem Geriit der Cambridge-Instr.-Comp. and einigen anderen ist dieser Eichhebel zur filmab- gewandten Seite hin gerichtet. Der Draht wird dann beim Eichen in entgegengesetzter Drehrichtung be- ansprucht wie beim Messen. Diese Anordnung ist nicht zweckmiBig. 12 H e y n , Naturwiss. 9, 321 [1921]. so groB, dal ohne diesen Schutz geringe Luftbewe- gungen im Zimmer Nullpunktsschwankungen be- wirken. Die Nulleinstellung wird durch Beobachtung einer Nullskala vorgenommen. Diese wird mit dem Fern- rohr des Instrumentes13 auf dem Umweg caber ein Spiegelprisma and den Galvanometerspiegel beobach- tet. Per Gesamtlichtweg ist etwa 46 cm. Dieser Teil des Gerates ist optisch derart bemessen, dal3 die hohe Einstellgenauigkeit des Teilkreises voll ausgenutzt werden kann. Verschiebungen von halben hundertstel Graden am Teilkreis sind an der Nullskala noch be- merkbar. Die Nullskala kann gesondert beleuchtet werden. Diese Anordnung der Nullbeobachtung hat gegen- iiber derjenigen bei den meisten bisherigen Schubmes- sern den Vorteil, daB die beiden Orte der Beobach- tung (Teilkreislupe and Nullfernrohr) sehr nahe bei- einander liegen and die Ablesungen schnell hinterein- ander vorgenommen werden ktinnen, ohne dali der Beobachter ermudet. , Als optimale Losung ist eine gleichzeitige Beob- achtung der Teilkreisstellung and der Nullskala zu betrachten. Das lalt sich bei dem hier geschilderten Gerat z. B. dadurch erreichen, dal man den Teilkreis- sektor plus Nonius mit einem Strahlenbundel beleuch- tet, das fiber den Nullspiegel geftihrt wird and das einen feinen Draht in der Teilkreisebene scharf ab- bildet. Neben dem Nonius mug dann ein schmaler weiBer Schirmstreifen angebracht werden, der eine Nullmarke tragt. Per versilberte Nonius selbst ist als Schirm nicht geeignet. Es ist so moglich, die Ein- stellung auf Null and die Ablesung am Teilkreis (unter dauernder Kontrolle der Konstanz der Null- Lage) im gleichen Gesichtsfeld bei nur minimaler Anderung der Blickrichtung vorzunehmen. Per Schwimmer des Gerates besteht aus Glimmer, die Dichtung aus kreisformig 14 angebrachten, 50 mm langen, 4 mm breiten Platinbandchen von 5 It Dicke, die vertikal zur Halite ins Wasser tauchen. Die obere Halite ist unbenetzbar, die Kulissen bestehen aus ver- silbertem Messing. Die Art der Befestigung der Pla- tinbandchen am Schwimmer and den'Kulissen geht am besten aus der Abb. 4 hervor. Sie werden an die klei- nen vertikalen Folienhalter aus Silberblech gelotet oder geschweitit oder mit Paraffin angeschmolzen. Wenn der Trog gereinigt werden soil, werden Kulis- sen and Schwimmer unter Fixierung ihrer gegenseiti- gen Lage zueinander and ohne irgendeine mechanische Beanspruchung der Dichtungsbandchen von einem Halter aufgenommen, ahnlich wie beim Ersatz der Saite eines Einfadenelektrometers oder Saitengalvano- meters. 13 In der Blendenebene des Okulars wurde ein Haar- draht als Nullmarke angebracht. 14 Die Verwendung dieser Kreisform erfolgt auf Vorschlag von Hrn. Dr. P. K o e h 1 e r. Bei den sonsti- gen Geraten werden schwach gewellte oder halbkreis- formige Dichtungen verwendet, die, weil sie kiirzer sind, bei gleichem 0 dem Schwimmer eine unnotig grole Richtkraft verleihen. Unter eine Dicke von einigen ? geht man am hasten n5cht herunter. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 EIN SCHUBMESSER FUR MONOMOLEKULARE FILME 271 Der Schwimmer ist 145 min lang. Die Breite der Spalte betragt je 5 mm. Also ist die effektive Schwim- merlange 150 mm. Die Breite des Schwimmers ist 8 mm. Die Flache der Kreise and der Spalte zwischen Schwimmer and Seitenkulissen ist zusammen 5,6 cm2 and wird immer mit diesem Wert in Rechnung ge- stellt. Selbst bei Verformung zu einer Ellipse mit einem Achsenverlialtnis 2: 3 ist die Flachenanderung noch Beringer als 1 cm2 fur beide Kreise. Da (bei einer Trogbreite von 200 mm) der Barren nie naher als 4-5 cm an den Schwimmer herangeschoben wird, bleibt der durch seine Verformung mogliche Fehler in der Flachenbestimmung unter 1 %. Jo hoher der Schub des Films wahrend des Versuches wird, um so mehr nahert sich die bei filmfreier Wasserflache nicht ganz kreisformige Lage der Bandchen einem Kreise. Abb. 4. Der Schwimmer mit Dichtung and Randstuck. Diese nur auf einer Seite des Schwimmers gezeichnet. Auf dem Schwimmer (S) die beiden Bracken (B), in deren Locher die Schubhebelspitzen eintauchen, seit- lich davori die Tragerlaschen (T), in deren Schlitze die Arme des Schwimmerhalters eingreifen. Das Rand- stuck (R), in das die Kulisse (K) eingesetzt ist, zeigt an seiner Oberseite drei Bohrungen fur Schraube and Palstifte des Schwimmerhalters. Die Dichtungsfolie (D) ist beiderseits an den Folienhaltern (F) befestigt. Von diesen ist je einer an den Schwimmerenden and den diesen gegenuberliegenden Kulissenenden fixiert. Das seitliche Loch im Randstuck fiihrt die Schraube zum Fixieren am Trogrand. Die Konstruktion des Stativs geht aus den Abb.1 and 2 hervor. Dieses Stativ ist so sauber ausgefiihrt, daB trotz der starken Vergroilerung des Fernrohres auch nicht die geringste Bewegung der Nullskala zu bemerken ist, wenn man an der Grobeinstellung des Teilkreises ein Drehmoment ausi bt, das gerade noch nicht zur Teilkreisbewegung fiihrt. Der Trog ist aus Messing gebaut and matt ver- chromt 15. Seine Innenmafle sind 600 X 200 X 8 mm. Er ist innen paraffiniert and sein Rand mit einem Film von Eisenstearat versehen. Der Schwimmer befindet sich etwa 10 cm vom einen Ende entfernt. Am anderen Ende massen auch etwa 10 cm fur die Reinigungs- barren abgerechnet werden, so dad die nutzbare Film- flache 800 cm2 betragt. Die Kompression des'Films er- folgt stets hochstens von 40 bis auf 4 cm, also auf 10%, weil der Metfehler der Flachenbestimmung sonst zu grog (caber 1%) warde and sich der Blindwert des Schubes (infolge geringer Verunreinigungen, die nie ganz zu vermeiden sind) sonst bemerkbar macht. 15 Fur seine sorgfaltige Ausfuhrung bin ich dem Mechanikermeister am Physiol. Institut in Heidelberg, Hrn. V. S t o 11, zu Dank verpflichtet. Als Barren werden Glasprismen mit quadratischem Querschnitt (10 X 10 mm) genommen, die ebenfalls mit Eisenstearat impragniert sind. Der Melibarren wird durch einen Schieber bewegt, der mit der Lauf- mutter einer 50 cm langen Spindel in starrer Ver- bindung steht. Die Spindeldrehung erfolgt fiber eine Zahnradiibersetzung. Der Barrenvorschub ist s'o be- messen, dad eine Drehung des 200-zahnigen Antrieb- rades 1 cm Barrenvorschub bewirkt. Die mechanische Ausfuhrung ist so sauber, dad eine Drehung um zwei Zahne am Zeiger der Vorschubskala, die mit Nonius ausgeriistet ist, gut als Vorschub zu erkennen ist (1/lo mm). Diesem Vorschub entspricht eine Flachen- anderung von 0,2 cm2 also bei 100 cm2 0,2 %, bei 800 cm2 0,025%. In diesen Grenzen bewegt sich also die relative Genauigkeit der Flachenmessung bei der Auf- nahme einer Einzelkurve, wenn man konstante Form der Dichtungsfolien annimmt. Da diese aber im Ruhe- zustand and bei kleinem Schub etwas von der Kreis- form abweichen and sich bei hoheren Schiiben ('10 his 15 Dyn/cm) der Kreisform nahern, wird hierdurch ein zusatzlicher Fehler eingefiihrt, der aber auch bei der Minimumflache von 80 cm2 Bering bleibt. Beispiel: Die Flache einer Ellipse mit einer numerischen Exzentri- zitat von 0,7 ist nur um das 1,08-fache kleiner als die eines umfanggleichen Kreises. Die Flachenmessung fur sich ist also von einer hohen Genauigkeit. Der Hauptfehler in der Bestim- mung der Grope A (A2/Molekiil) wird bei der Ein- waage der Substanz and dem Wagen der zu spreiten- den Losungsmenge eingefiihrt. Je nach Art and GroBe der Molekule werden 10 bis 20 mg auf 10 cm3 Losungs- mittel eingewogen. Wenn fur diese Wagung nur eine analytische Waage mit einem Wagefehler von 0,1 mg zur Verfugung steht, betragt dieser Fehler etwa 1% and derjenige der Differenzwagung fur das Tropfen- gewicht (10 his 20 mg) 0,5 bis 1%. Diese Fehler kon- nen sich also zu einem Gr6Btfehler von 2 bis 3% sum- mieren. Der wahrscheinliche Fehler ist geringer. Zum Auftropfen, Wagen and Aufbewahren der MeB- losung verwendet man zweckmaBig die von H a r - k i n s and Myers 16 angegebenen Kugelpipetten (Wagepipetten) mit je doppeltem Schliffverschlul fur Einfull- and Ausladstutzen. Der Verdunstungs- fehler, der fruher die Ergebnisse der Filmuntersu- chungen stark falschte, last sich bei richtigem Arbei- ten mit diesen Pipetten praktisch ausschalten. Die der Pipette beim Spreiten entnommene Menge wird nicht volumetrisch, sondern durch Ruckwagung he- stimmt. Das Gerat wird, wie jedes echte Laborgerat, das mit seiner Aufgabe verwachsen ist, Anderungen and Verbesserungen erfahren. Es soil aber trotz- dem in dem Zustand, in dem es sich etwa ein Jahr lang bewahrt hat, durch Wort, Bild and Zahl vor- gestellt werden. 10 Harkins u. Myers, J. chem. Physics 4, 716 [19361. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 272 H. J. TRURNIT Mit Schwimmer Ohne Schwimmer Last am Eichhebel: 10 mg Last am Eichhebel: 305 mg Ausgangslage: 194,84 Grad Ausgangslage: 195,60 Grad Ablesung I -}- d d I Ablesung + d -A 194,84 1,01 195,60 29,68 x 3,83 1,10 x 65,92 29,67 4,93 1,10 95,59 29,63 x 3,83 1,07 x 65,96 29,63 4,90 1,09 95,59 29,67 x 3,81 1,13 x 65,92 29,66 4,94 1,17 95,58 29,57 x 3,77 1,15 x 66,01 29,57 4,92 1,12 x 3,50 1,09 95,58 29,58 4,89 1,17 x 66,00 29,55 x 3,72 1,20 95,55 29,64 4,92 1,11 x 65,91 29,65 x 3,81 1,07 95,56 29,68 4,88 1,18 x 65,88 29,66 x 3,70 1,17 95,54 29,50 4,87 1,20 x 66,04 29,50 x 3,67 1,16 95,54 29,67 4,83 1,13 x 65,87 29,67 x 3,70 1,14 95,54 29,69 4,84 x 65,85 29,68 95,53 1,12 1,13 29,63 29,62 nx - 0,07 (0,04 = 6,2 0/0 (3,5 ?/0). m = 0,06 - 0,2 ?/0 sic = 0,02 (0,014) - 1,8?/0 (1,2 0/0) m = 0,02 = 0,06 0/0 Tab. 1. Beispiel zweier Medreihen, wie sie zur Gewinnung von Tab. 2 fur jede Belastung (S-Wert) mehr- mals vorgenommen wurden. Die angegebene Last wurde zehnmal hintereinander an den Eichhebel gehangt and wieder abgenommen. Nach jeder Entlastung wurde der Nullwert neu bestimmt. Die positiven and negativen Differenzen sind verwertet. In dem Beispiel ohne Schwimmer sind die Werte von m and m fast gleich fur die +A- and die -A-Reihe. Daher nicht gesondert angefiihrt. Teilkreisablesung in Graden. Wenn Langmuir and Schaefer17 schreiben, dad man in wenigen Stupden aus Glaskapillaren, Kleb- wachs and ?materials obtainable at a 5 and 10 cents store" einen fur die moisten Zwecke ausreichenden Schubmesser bauen konne, so ist das eher als An- sporn fur Jiinger der ,Filmkunst" and als Ausdruck der Vberzeugung zu werten, dad das Technische in der Forschung nur Hilfsmittel, nicht Selbstzweck ist. Ich babe zunachst auch mit einem solchen ,gebastel- ten" Gerat (aus etwas Draht and Bloch, Glasrohr, zwei Grammophonnadeln als Waageschneide, Silberpapier and ein paar Schraubchen) gearbeitet. Es genUgt fur Demonstrationen and um einen ersten Anhalt fur das Verhalten eines Films zu bekommen. Die Arbeit ist dabei erheblich muhsamer and erfordert mehr experi- mentelles Konnen and Kritik als das Arbeiten mit einem guten Standardgeratla Im folgenden werden als Anhang Ergebnisse von Genauigkeitsprufungen and ihre Auswertung mit Hilfe der Fehlerrechnung mitgeteilt. 17 Langmuir u. Schaefer, J. Amer. chem. Soc. 59, 2400 [1937]. Anhang Der wesentliche Unterschied zwischen einem ein- fachen and einem ,kostbaren" Gerat soil nicht in der Empfindlichkeit liegen, sondern darin,'dad beim Arbei- ten mit dem besseren Gerat die systematischen and zu- falligen Fehler moglichst klein and letztere in ihrer GrbBe and Verteilung moglichst genau anzugeben sind. Da ausfiihrliche Daten hieriiber fur die bisher bekannt gewordenen Schubmesser nicht veroffentlicht sind, soil das her fur das beschriebene Gerat ge- schehen. fiber die Fehler bei der Bestimmung des molekula- ren Flachenbedarfs wurde oben schon berichtef. Sie lassen sich durch Verwendung einer 11likrowaage er- heblich verringern. fiber die systematischen Fehler bei der Schubmes- sung ist folgendes zu sagen. Wenn die Eichgewichte and die Teilung des Teilkreises als richtig angenom- men werden, konnen Fehler durch die Bestimmung des Verhaltnisses der Schub- and Eichhebellange, is Harkins u. Anderson, J.Amer.chem.Soc. 59, 2189 [1937]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Last am Ei hh l b entspricht einem Schub A - B c e e mg von Dyn/cm m 0/0 m 0/0 10 0,382 0,002 0,2 0,012 1,1 20 0,764 - 0,002 0,09 0,019 0,9 100 3,82 0,003 0,03 0,016 0,16 304 11,5 0,02 0,07 0,046 0,16 503 19,2 0,02 0,04 0,07 0,14 1007 38,5 0,05' 0,06 0,09 0,09 Tab. 2. Prilfung des Schubmessers ohne Film. Mittlerer Fehler des Mittels aus je 10 Einzelbeobach- tungen and relativer mittlerer Fehler des Mittels. A = ohne Schwimmer, Hebelsystem frei schwingend. B = Schubhebel in Arbeitsstellung mit Schwimmer verbunden, gereinigte Wasseroberflache. Last am Eichwert: Eichhebel [Grad-Drehung pro 10 mg] mg A B 10 0,99 1,11* 20 - 1,04* 100 0,97 0,99 304 0,97 0,98 503 j- 0,97 0,98 10071 0,98 0,98 Tab. 3. Eichwerte bei verschiedener Belastung. A = ohne Schwimmer, B = mit Schwimmer. Wirkung der Richtkraft der Dichtungsbandchen, siehe Text. Bei 500 and 1000 mg Belastung macht sich eine elastische Nachwirkung von einigen hundertstel Grad bemerkbar, d. h. der endgultige Wert nach Belastung oder Entlastung stellt sich erst nach etwa 5 bis 10 Sekunden ein. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 EIN SCHUBMESSER FUR MONOMOLEKULARE FILME A Barrenabstand vom Schwimmer in cm Schub : 3,4 Dyn/cm groBe Flache Schub: 17 Dyn/cm groBe Flache Schub: 2,8 Dyn/cm kleine Flache 32,74 78 82 84 87 90 93 98 33,01 33,03 M=0,008 = 0,03 ?/0 m = 0,003 = 0,008 ?/0 32,24 21 19 16 13 07 05 01 31,99 31,96 m = 0,007 = 0,02 ?/0 m=0,002 = 0,007 ?/0 Tab. 4. A. 9,25 24 27 29 30 30 32 32 33 34 M=O,' 09 =0,1 0/o m=0,003 T 0,03 ?/0 B Teilkreisablesung in Graden Barrenabstand: Barrenabstand: Barrenabstand: 32 cm 32 cm 9,3 cm Schub : 3,9 Dyn/cm Schub:16,5 Dyn/cm Schub: 3,3 Dyn/cm 184,75 151,59 1 186,45 76 50 5,92 66 65 6,00 57 91 I 5,62 47 2,15 62 40 32 62 35 49 31 19 75 25 10 88 25 11 3,13 22 m = 0,04 m = 0,06 m = 0,14 = 0,4 ?/0 = 0,15 ?/0 = 1,6 ?/0 m=0,014 m=0,02 m=0,04 = 0,14 ?/o = 0,05 ?/0' = 005 Tab. 4. B. Tab. 4. McBreihen, die gleichzeitig systematische and zufallige Fehler demonstrieren bei pH 3,2. Zimmer- temperatur 13'. Stearinsaure. A. Teilkreis auf einen festen Schubwert eingestellt. Der Barren wird immer um einen gleichen Betrag zuriickgezogen (bei 32 cm um 2 cm, bei 9 cm um 1 cm) and wieder bis zur Nullstellu.ng des Schub- zeigers vorgeschoben. B. Per Barren wird um die gleichen Wege zuriick- gezogen, aber dann immer wieder auf einen Fest- wert gebracht and der Schubmesser auf Null ge- stellt and abgelesen. Alle McLreihen zeigen einen Gang. Das bedeutet einen systematischen Fehler: Bei kleinem Schub Fla- chenvergroBerung bzw. Schubanstieg (thermischer Effekt oder Nachspreiten von ungespreiteter Sub- stanz). Bei groflem Schub Flachenverkleinerung bzw. Schubabfall (Undichtigkeit oder Kollaps). Wenn man diesen. Gang durch Abzug des mittleren Intervalls eliminiert, bleiben die zufalligen Fehler zuriick. (Die Zeitabstande zwischen den einzelnen Ab- lesungen waren etwa gleich.) Die so gewonnenen Werte von m and m sind bei jeder McBreihe angegeben. Es wurden absichtlich McBreihen gewahlt, in denen systematische Fehler bemerkbar sind. Wenn Trog- rander and Barren frisch mit Eisenstearatfilm ver- sehen sind and die Schwimmerdichtung and die Dich- tung an den Randstucken einwandfrei ist, ist auch bei hohem Schub von einem Gang nichts zu bemerken. durch das Dampfungssystem and durch die Unsicher- heit in der Bestimmung der effektiven Schwimmer- lange eingefiihrt werden. Ferner 5ndert sich durch Verdunstung u. U. auch wahrend eines Versuches die effektive Schubhebellange. Weiter wird ein Meffehler dadurch eingeftihrt, daB der Schwimmer, der ja an seinen beiden Langskanten Beim Versuch verschiede- nen Oberflachenspannungen ausgesetzt ist, Bich da- durch - in Abhangigkeit vom Schub - mehr oder Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 EIN SCHUBMESSER Ft7R MONOMOLEKULARE FILME Barren - abstand in cm Teilkreisablesung in Grad 195,00 5,005,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 195,00 4,99 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 4,99 954,99 4,99 4,99 4,97 90 90 90 4,90 90 4,91 90 89 4,90 95 93 95 96 94 94 92 97 Tab. 5. Blindversuche zur Priifung der Reinheit der Wasseroberflache nach dem ffblichen Abstreifen. Die einzelnen Gruppen sind an verschiedenen Tagen je- weils zwischen zwei Versuchen zur Kontrolle gemes- sen worden. Eichfaktor 1 ? = 0,382 Dyn/cm. (Ada m 19 gibt an [Seite 31], daB eine sehr saubere Wasser- oberflache bei Kompression von 38 cm Barrenabstand auf 8,75 cm, also auf ein Viertel, Schubwerte ergibt, die unter 0,03 Dyn/cm bleiben.) Schubanstieg bei Kom- pression auf ein Viertel gleich 0,10 ? = 0,038 Dyn/cm. Dal Beim Zuruckgehen auf 40 cm Barrenabstand der Nullwert am Schubmesser nicht wieder erreicht wird, hangt mit den im Text erwahnten mechanischen Man- geln der Dichtungsbandchen zusammen. Wenn man these neuen Endwerte als wahres Null ansieht, was nicht unberechtigt ist, ist der Schubanstieg bei Kom- pression auf ein Viertel im Mittel 0,045?=0,017Dyn/cm. Diese beiden Blindwertgrenzen stimmen also mit der Adamschen Angabe gut ifberein. weniger um seineLangsachse neigt. Ferner macht sich - wie an einigen Stellen der beiliegenden Tabel- len zu sehen 1st - bei kleinen Schubwerten die Ab- hangigkeit der Richtkraft der Dichtungsbandchen von ihrer Raumform bemerkbar. Bei Anderungen des Wasserniveaus kommt es zu geringen Verdrehungen um die Langsachse der Bandchen, da ja die Kulissen 19 A d a m, The Physics and Chemistry of Surfaces, 2. Aufl., Oxford 1938. ein fester Niveau haben. Aul3erdem ist - gemessen in Graden der Kreisskala - die Null-Lage des Schwim- mers im Bereich einiger hundertstel Grade unstabil. Dafffr sind ebenfalls die mechanischen Eigenschaften der Dichtungsbandchen verantwortlich. Das macht sich aber nur bei Metwerten unter 1 Dyn/cm mit einigen Prozent bemerkbar (s. Tab. 3 and Tab. 5). Man mull auBerdem darauf achten, daB die Reibung der Schub- hebelstifte an dem Innenrand der Schwimmerlbcher moglichst gering ist and - im Zusammenhang da- mit - dali fur die Nullstellung des Gerates der Schub- hebel genau senkrecht steht, weil so bei den Einstell- bewegungen wahrend des Messens die Relativbewe- gung in der Vertikalen zwischen Schubhebel and Schwimmer am geringsten and im Grenztibergang Null wird. Ich schatze die maximale GroBe des gesamten syste- matischen Fehlers bei unseren Versuchen fur MeB- werte im Bereich von 5 Dyn/cm auf 2 his 3%. Bei hoheren Meuwerten ist er geringer, bei kleineren Wer- ten entsprechend groller. Fur Messungen im Bereich von 10-3 his 1 Dyn/cm lait er sich durch Verwendung eines difnneren McBdrahtes, feinerer Dichtungsfolien and eines leichteren, entsprechend sorgfaltiger vermes- senen Hebelsystems in diesen Werten entsprechenden Grenzen halten. 17ber GroBe and Verteilung der zufalligen Fehler geben die Tabellen 1-5 Auskunft. Zur Erlaute- rung folgendes: Die Nullstellung der Teilkreisskala ist 195,001. Sinken dieses Wertes bedeutet Wachsen des Schubs. Als mittlerer Fehler der Einzelbeobach- tung wird der Wert m - ? V E v2 / (n -1) bezeichnet, wobei J ]V2 die Summe der Quadrate der scheinbaren Fehler and n die Anzahl der Einzelbestimmungen be- deutet: Als mittlerer Fehler des Mittels, der etwas caber die Streuung aussagt, wird m = ? V E v2 / n (n -1) verwendet. Die Teilkreisablesung wird in Winkel- graden, die Skalenablesung fur den Barrenvorschuh in cm angegeben. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 VBER GITTERGEORDNETE HOCHPOLYMERE STOFFE Verformung and Rekristallisation bei gittergeordneten- hochpolymeren Stoffen Von ERWIN STEURER* (Z. Naturforschg. 2 b, 275-255 [1947]; eingegangen am 1. Juni 1947) Gittergeordnete, natiirliche and synthetische organische Hochpolymere erleiden bei der Vermahlung eine Gitterdeformation, die bis zum Verschwinden des Rontgendia- gramms ftihrt. Durch Benetzung der gemahlenen Praparate mit geeigneten Flussig- keiten oder durch Erwarmen erfolgt Riickbildung des Gitters (Rekristallisation), die mit einer starken Volumenschrumpfung verbunden ist. Im Zusammenhang mit diesen Erscheinungen ergeben sich aus dilatometrischen, rontgenographischen and calorimetrischen Messungen an gemahlenen and ungemahlenen Praparaten Schliisse auf den Ordnungsgrad and Energieinhalt makromolekularer Stoffe. N achdem die organischen hochpolymeren Stoffe in ihrem grundsatzlichen chemischen Aufbau- erkannt sind, ist als weiterer bedeutungsvoller Faktor fur ihre Eigenschaften der iibermolekulare Bau in den Vordergrund getreten. Neben der Be- deutung der qualitativen Orientierung der gitter- geordneten Teilchen fur die Festigkeitseigenschaf- ten, z. B. von Fasern and Folien, ist in neuester Zeit auch der Ordnungsgrad im Gitter herange- zogen worden. Danach reicht zur Erklarung der Eigenschaften die Angabe der aus Rontgeninter- ferenzen abgeleiteten Gitterstruktur des ?Ideal- kristalls" nicht aus, sondern es ist hierfiir die Ordnung des ,Realkristalls" maBgebend, die in- folge vorhandener Fremdsubstanzen sowie durch mechanische and thermische Einfliisse oft erheb- lich von der des Idealkristalls abweicht. Wahrend bei niedrigmolekularen Substanzen, insbesondere bei Kristallen mit geringer Fehlord- nung, quantitative Aussagen caber den jeweiligen Ordnungsgrad1 oder fiber den Energieinhalt2 moglich sind, fehlen derartige Angaben bei den hochmolekularen Substanzen. Die bei der Schwingmahlung von hoch- and niedrigmolekularen organischen Stoffen beobach- teten Erscheinungen der Gitterdeformation (Ver- * Kelheim, Suddeutsche Zellwolle A.G. Die der Abhandlung zugrunde liege1lden Versuche wurden im Forschungsinstitut H e b am K aiser - Wilhelm-Institut fur Chemie, Berlin- Dahlem, durchgefuhrt. ' W. Schottky, Z. Elektrochem. 45, 33 [1939]; A. S m e k a 1, Handbuch d. Physik, 2. Auflage Bd. 24, S. 796; A. E u c k e n, Lehrb. d. chem. Physik, Bd. II1 2, S. 622 if., 2. Aufl. 1944. 2 R. F r i c k e, Naturwiss. 31, 469 [1943]. formung) and Rekristallisation3 scheinen fur eine nahere Charakterisierung von Ordnungs- grad and Energieinhalt hochmolekularer Stoffe geeignet zu sein. In der vorliegehden Untersu- chung wird fiber Messungen von thermischer Aus- dehnung, von Rontgeninterferenzen and Doppel- brechung sowie von Benetzungswarmen an ge- mahlenen and ungemahlenen Praparaten von Cellulose, Cellulosederivaten and totalsyntheti- sohen Faserstoffen (Perlon) berichtet; die MeB- ergebnisse im Zusammenhang mit Verformung and Rekristallisation der Makromolekule werden erortert. Die Messungen haben ergeben, daB die Verfor- mung der Makromolekule, im wesentlichen auf eine Lageverschiebung der Kettenglieder zurtick- zufiihren ist, deren GroBe sich aus der Zunahme von Raumbeanspruchung and innerer Energie bei den gemahlenen Stoffen im Vergleich zu den unge- mahlenen ableiten Mt. Die Verformung der Mole- ktile kann gegebenenfalls durch Erwarmen in verhaltnismaBig engem Temperaturbereich infolge Rekristallisation wieder riickgangig gemacht wer- den, wobei die Rekristallisationstemperatur von den zwischenmolekularen Kraften sowie von den sterischen Eigenschaften der Molekiile abhangt. Eine bleibende Verformung der Molekiile ist nur unterhab der Rekristallisationstemperatur mog- lich, wahrend oberhalb dieser Temperatur die Makromolekule den instabilen Verformungsgrad 3 K. Hell, H. Kiessig u. J. Gundermann, Z. physik. Chem., Abt. B, 49, 64 [1941] ; K. H e R, E. Steurer u. H.Fromm, Kolloid-Z. 98, 152 [1942]; E. Steurer u. K. H e 3 , Z. physik. Chem. 193, 248 [1944]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 276 E. STEURER durch inners Beweglichkeit der Kettenglieder wie- der ausgleichen. Es ist bemerkenswert, dali die Rekristallisationstemperatur bei den untersuchten Stoffen im allgemeinen nicht mit der von anderen Autoren 4 aus der kubischen Ausdehnung ermit- telten niedrigen Umwandlungs- oder Einfriertem- peratur ubereinstimmt, sondern hoher liegt. Es wird angenommen, daB bei der ,Einfriertempera- tur" die Beweglichkeit der Kettenglieder in un- geordneten Bereichen and bei der Rekristallisa- tionstemperatur in geordneten (kristallinen) Be- reichen einsetzt. I. Versuchsbeschreibung and Ergebnisse Sohwingmahlgerat. Statt des fruher ver- wendeten ,Vibratom"-Modells wurde die fur Serien- versuche bei Dauerbeanspruchung geeignetere ?6-1- Labor - Schwingmuhle" der Siebtechnik G. m. b. H. be- nutzt, die durch eine Eisenplatte (90 X 60 cm2) zu einem ?Schwingtisch" umgestaltet war and auf der die bereits fruher verwendeten MahlgefaBe mit 0,3 1 Nutzinhalt nebeneinander befestigt waren. Die mecha- nischen Daten des Gerates waren gegentiber unseren friiheren Versuchenb unverandert (Winkelgeschwin- digkeit 1420 U/min, Schwingkreisradius durchschnitt- lich 1,75 mm). Vergleichende Mahlversuche an Athyl- cellulose durch Bestimmung des Viskositatsabfalles ergaben, dal die mit zunehmender Entfernung der einzelnen MahlgefaBe von der Schwingachse des Tisches zunehmende Elliptizitat der Schwingbewegung inner- halb der Tischabmessungen praktisch ohneEinfluB ist. A u s g a n g s s t o f f e. Als Cellulose wurde Ramie- faser in sorgfaltig gebleichtem and ungeschmalztem Zustand verwendet. Zur Herstellung von Hydrat- cellulose wurde die Ramie mit 18-gew.-proz. Natron- lauge behandelt. Die verwendeten Praparate von Methyl-, Athyl-, Butyl- and Capronylcellulose sowie die untersuchte Perlonfaser (Poly-hexamethyl enadi- pinamid) waren von der I.G. Farbenindustrie A.G. -zur Verfugung gestellt worden. Samtliche Praparate wurden bei Zimmertemperatur oder - soweit ge- geben - bei erhohter Temperatur im Vakuum uber Phosphorpentoxyd his zur Gewichtskonstanz ge- trocknet. Di.latometrische Messungen Als Gerat fur die Messungen der thermischen Aus- dehnung diente das Dilatometer von V b e r r e i t e r and K l e i n 8. Die Aufnahme der Temperaturkurven (20 bis 180') wurde bei leder Dilatometerfullung zweimal wiederholt. Nach der ersten Aufheizung 4E. J e n c k e l, Kolloid-Z. 100, 143 [19421; K. V b e r r e i t e r, Z. physik. Chem., Abt. B, 48, 197 [19411; F. E. W i l e y , Brit. Plastics 14, 617 [1943], ref. Kunststoffe 34, 5 [1944]. 5 K. HeB, E. Steurer u. H. Fromm, Kolloid- Z. 98, 290 [1942]. wurde bei alien gemahlenen and z. Tl. auch bei den ungemahlenen Praparaten eine Volumenschrumpfung and eine Anderung der Volumenausdehnung beobach- tot; bei der dritten Aufheizung blieb die Ausdehnung in fast allen Fallen konstant 7. Die Volumen-Tempera- tur-Kurven waren bei verschiedenen Dilatometerful- lungen and verschiedenen Aufheizgeschwindigkeiten exakt reproduzierbar. Die in Form von Pastillen in das Dilatometer ein- gefiihrten Pulver enthalten noch verhaltnismaBig grole Hohlraume, in die das als Dilatom eterfl ussig- keit verwendete Quecksilber auch nach Evakuieren der Luft nicht eindringt. Es ist wahrscheinlich, daB die beim Erhitzen der Mahlpraparate beobachtete starke Volumenschrumpfung z. Tl. durch eine Ver- kleinerung derartiger Hohlraume verursacht oder mindestens stark beeinfluflt wird; dabei ist noch un- sicher, welche Volumengrole der dilatometrischen Messung mit Quecksilber als Fiillflu.ssigkeit vor and nach der Erhitzung zugrunde liegt8. Ein EinfluB gro- Berer makroskopischer Hohlraume hell sich durch verschiedene Moglichkeiten experimentell ausschlie- Ben. 1. Pulver verschiedener organischer Substanzen . (Cellobiose, Rohrzucker, Fumarsaure, Hydratcellu- lose) hinreichender Dispersitat, die bei einem Ein- fluB der verschiedenen Hohlraume auf das Dilato- meterergebnis beim Erhitzen Volumenverminderung zu erkennen geben sollten, zeigten im Dilatometer selbst Hach mehrfach wiederholter Aufheizung keine Veranderung im Ausdehnungsvermogen. 2. Der bei der Herstellung geanderte Prelidruck war ohne Ein- fluB auf das dilatometrische Verhalten. 3. Bei den schwinggemahlenen Praparaten der untersuchten Hochpolymeren, die nach der Aufheizung Volumen- kontraktion anzeigen, verschwindet der Effekt, wenn die Substanzen vorher auBerhalb des Dilatometers vorerhitzt waren. Bei den in Abb. 1-3 fur natiirliche Cellulose sowie fur Athyl- and Butylcellulose wiedergege- benen Volumen - Temperatur - Kurven entspricht Kurve 1 jeweils der ersten, Kurve 2 der zweiten bzw. dritten (konstante Volumenanderung) Auf- heizung. Die mit steigender Temperatur beobach- tete Volumenzunahme setzt sich aus der uber den gemessenen Bereich konstanten Ausdehnung der Dilatometer-Fiillfliissigkeit (Quecksilber) and der Ausdehnung der gemessenen Substanz zusammen. Die Abweichung der Volumenzunahme von der Linearitat sowie die Veranderung der Raumbe- anspruchung bei mehrfacher Aufheizung sind da- her auf das Verhalten der Substanz zuriickzufii.h- 6 K. Uberreiter u. K. Klein, Chem. Tech- nik 15, 5 [1942]. 7 Zeigen sich bei der dritten Aufheizung noch ver- anderliche Werte, so verschwinden these ausnahmslos nach einer vierten Aufheizung. 8 Vber den Zusammenhang von,,wahrer"u. ?schein- barer" Dichte s. z. B. K.-E. Z i m e n s, Handbuch d. Katalyse Bd. IV, S. 158 if., J. Springer 1940. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Z 1 7 110 ZO 80 9/ 140 980 Tempe,e/up in ?C - 100 14,60 180 Tempepalur in ?C - 1 Z 100 140 980 Tempeiehup in ?C - Abb. 2 a. Athylcellulose ungemahlen. 2 / - ZO 00 100 140 ~l! Temperakir in Abb. 2b. Athylcellulose gemahlen. ren. Aus dem Vergleich der Kurven der ersten mit denen der zweiten bzw. dritten Aufheizung geht hervor, daB bei den gemahlenen Praparaten gegen- fiber den ungemahlenen z. TI. betrdchtliche Volu- menkontraktionen eintreten, die in Tab. 1, Spalte 3, zu'sammenfassend wiedergegeben Sind. Die Kon- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 20 60 100 140 160 Temperahirin V - Abb. 3 a. Butylcellulose ungemahlen. 020 60 100 140 160 Tempera/up in "C Abb. 3 b. Butylcellulose gemahlen. Abb. 1-3. Volumenanderung AV (in % der Raum- erfiillung bei 200) in Abhangigkeit von der Tempe- ratur bei ungemahlenen (Abb. a) and gemahlenen (Abb. b) Hochpolymeren. Kurven Nr. 1 000 (1.Aufhei- zung), Kurven Nr. 2 ??? (2. bzw. 3. Aufheizung, kon- stante Volumenanderung). traktion tritt in einem bestimmten, fur jede Sub- stanz spezifischen Temperaturbereich ein (Rekri- stallisationsbereich, vergl. Spalte 1 in Tab. 1) and wird nicht beobachtet, wenn der Stoff vor der dilatometrischen Messung auf die Kontraktions- temperatur erhitzt worden ist. 9.2 1? Cellulo>ie .... Hydratcellulose Methylcellulose Athylcellulose Butylcellulose Benzylcellulose Perlon T... > 200 > 200 145 110 85 90 140 4 V in ?/p gemablen 3 3 8 30 35 8 3-6 Tab. 1. Rekristallisationstemperaturen is verformter Makromolekiilgitter and Volumenkontraktion AV ge- mahlener and ungemah]ener Hochpolymerer nach Er- hitzung. Zur Charakterisierung des Temperatur-Be- reichs der Rekristallisation, der nicht durch die triviale Erscheinung einer Rekristallisationsver- zogerung infolge groBerRelaxationszeit der Mole- kiile (vergl.S.280), sondern durch den Ordnungs- zustand der Makromolekiile selbst bedingt ist, kann man eine mittlere Temperatur (Rekristalli- sationstemperatur) angeben; bei Methylcellulose Temperaturbereich etwa 130 bis 160': Mittelwert 145 ?, bei Athylcellulose Temperaturbereich 75 his 145': Mittelwert 110 ?, bei Butylcellulose 70 bis 100': Mittelwert 85 ?, Benzylcellulose 73 bis 107 ? : Mittelwert 90?, Perlon: Mittelwert etwa 140?. Die beobachteteten Anderungen der Raumbean- spruchung finden ihre Deutung durch die damit verbundene Anderung der Gitterordnung (Rekri- stallisation), die sich durch Rontgenaufnahmen erkennen 1aIt. Rontgenuntersuchung K. Hell, H. Kiessig and J. Gunder- in a n n " habeas beobachtet, dall das Gitter von Cellulose and anderen hochmolekularen Substan- zen bei der Schwingmahlung so weitgehend ge- stort wird, dall die Rontgeninterferenzen ver- schwinden and im Diagramm nur ein unscharfer Interferenzring erkennbar ist, wie er bei nicht- kristallinen Stoffen aufzutreten pflegt. Durch Be- rUhren mit Wasser, insbesondere von hoherer Temperatur, erfolgt Rekristallisation zu Hydrat- cellulose. Als weiteres Beispiel fur die Wir- kung der Schwingmahlung wurden die Ront- gendiagramme von Athylcellulose vor and nach der Mahlung untersucht. Wahrend aber bei Cel- 9 K. Hell, H. Kiessig'u. J. Gundermann, Z. physik. Chem. Abt. B 49, 64 [1941]. ,j Vin 0/,, ungemablen Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 GBER GITTERGEORDNETE HOCHPOLYMERE STOFFE lulose eine Gitterriickbildung ausschlieBlich durch Erwarmen selbst nach langdauernder Erhitzung his zur Zersetzungstemperatur (> 200?) nicht zu beobachten ist, erfolgt diese bei Athylcellulose auch durch Erwarmen der trockenen Substanz. Bei einer Erhitzungstemperatur der schwing- gemahlenen Athylcellulose von 125 ? werden be- reits die Hauptinterferenzen der Athylcellulose ausgebildet, and in dem durch Erhitzen auf 140' beobachteten Rontgendiagramm sind nahezu alle Interferenzen der Athylcellulose wieder vorhan- den 1e Ahnliche Rekristallisationserscheinungen beim Erwarmen der schwinggemahlenen Praparate auf hohere Temperaturen wurden bei Methyl-, Ben- zyl- and Butylcellulose sowie bei Perlon beob- achtet. In alien diesen Fallen tritt, ahnlich wie bei schwinggemahlener Cellulose durch Wasser, Re- kristallisation auch beim Beriihren mit geeigneten Fliissigkeiten ein. Vergleich von Gitteranderung and Volumenanderung Da ein enger Zusammenhang zwischen Gitter- anderung and ' Volumenanderung allgemein in dem Sinne besteht, daB die unter Versehwinden der Rontgeninterferenzen erfolgende Gitterdefor- mation (Amorphisierung) mit einer Volumen- dilatation and der unter Wiederauftreten der In- terferenzen erfolgende riicklaufige Vorgang der Rekristallisation mit einer Volumenkontraktion verknupft ist, liegt es nahe, die beobachteten Vo- lumenanderungen in diesem Sinne mit den ront- genographischen Erscheinungen in Zusammen- hang zil bringen. Es ist dabei bemerkenswert, dal die beim Erhitzen der Mahlpraparate eintretende Volumenkontraktion bereits im rontgenamorphen Gebiet beginnt, d. h. also schon vor Erkennung von Rekristallisation im.Rontgenbild einsetzt and sich im Gebiet zunehmender Interferenzintensita- ten kontinuierlich fortsetzt. So treten z. B. bei ge- mahlener Athylcellulose Rontgeninterferenzen erst nach einer Kontraktion von 40% der Ge- samtkontraktion auf. Die Volumenanderung ist also zur Verfolgung von Ordnungsvorgangen bei den organischen Hochpolymeren besonders ge- eignet. 10 Die Diagramme and deren Vermessungsergeb- nisse werden spater publiziert. Calorimetrische Messungen Die beim Mahlen gittergeordneter hochpolyme- rer Stoffe beobachteten Anderungen im Ordnungs- zustand der Makromolekule lassen erwarten, dal diese mit melbaren Energieanderungen verknupft sind. Zur Durchfuhrung der Messungen wurden 2 his 4 g gut getrocknete Substanz schnell in 200 ccm Wasser eingetragen, das sich in einem Dewar-Gefal von etwa 300 ccm Rauminhalt befand, and die sich ergebende Temperaturerhohung von etwa 0,1 his 0,20 mit einem Beckmann-Thermometer auf 0,0010 genau gemessen. Die Temperaturerhohung erreichte bereits nach weni- gen Sekunden ihren Hochstwert and war daher ohne Schwierigkeit exakt mellbar. Bei Messungen der Benetzungswarme von ge- mahlener and ungemahlener Hydratcellulose mit Wasser hat sich gezeigt, dal bei den Mahlprapa- raten eine Erhohung des Energieinhaltes um etwa 1 kcal/Mol eintritt 11; wahrend ungemahlene Hydratcellulose eine Benetzungswarme (WB) von 3,30 kcal aufweist, wurde bei dem 25 Stdn. gemahlenen Praparat eine Warmetonung von 4,25 kcal gefunden, die beim rekristallisierten Praparat auf den normalen Wert des Aus- gangspraparates zurUckging. Bei natiirlicher Cel- lulose betrug die Benetzungswarme des gemahle- nen Praparates 3,96 kcal/Mol gegenUber 1,71 kcal der ungemahlenen Cellulose. Der hohere Betrag von 0 1VB = 2,3 kcal bei natiirlicher Cellulose gegeniiber OWB = 0,95 kcal bei Hydratcellulose ist durch die Modifikationsanderung von nattir- licher Cellulose zu Hydratcellulose bedingt, die nach den friiheren Beobachtungen bei der Schwing- mahlung and nachfolgenden Rekristallisation er- folgt. Es blieb noch zu priifen, inwieweit an der Erhohung der Warmetonung durch Schwingmah- lung neben der Anderung der Gitterenergie eine durch die Mahlung geanderte Oberflachenenergie beteiligt ist. Durch Untersuchung von schwing- gemahlenen Substanzen, die keine Gitterstorung aufweisen, lieB sich zeigen, daB der Zuwachs an Oberflachenenergie beim Mahlen vernachlassig- bar klein ist; bei Messungen der Losungswarme von Kochsalz, Harnstoff and anderen Stoffen wurde praktisch kein Unterschied zwischen den ungemahlenen and den extrem lang gemahlenen is K. L a u e r findet keinen Unterschied in den Be- netzungswarmen vor and each der Mahlung. J. makro- mol. Chem. 1, 90 [1943]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 280 E. STEURER ' Probenl2 gefunden. Aus derErhohungdesEnergie- inhaltes von makromolekularen Stoffen beim Mah- len kann also unmittelbar auf die Veranderung des Ordnungszustandes geschlossen werden, in- dem zunehmende Losungs- bzw. Benetzungs- warme einem zunehmenden Verformungsgrad entspricht. II. Diskussion and Folgerungen 1. Molekularphysikalische Charak- terisierung der verformten Haupt- valenzketten - Gitter Art and Umfang der bei der Schwingmahlung erfolgten Ordnungsanderung sind von erheblichem molekularphysikalischem Interesse. Das Temperaturintervall der Re- kristallisation and seine Begriin- d u n g. Die Volumen-Temperatur-Kurven von Athyl-, Butyl- and Benzylcellulose zeigen die Volumenkontraktion (VK) fiber ein Behr breites Intervall: Athylcellulose VK zwischen 90 and 140', Butylcellulose VK zwischen 65 and 100 ? and Benzylcellulose VK zwischen 73 and 107 ?. Da these Erscheinung durch eine zu groBe Auf- lieizungsgeschwindigkeit gegentiber der Relaxa- iionszeit der rekristallisiertenBereiche verursacht sein konnte, wurden Messungen der Volumen- anderung in Abhangigkeit von der Erhitzungs- dauer bei verschiedenen Temperaturen (70 ?, 90' ' 125' and 140' bei einer Konstanz von 0,01') durchgefiihrt. Aus Abb.4 geht hervor, daB nach schnellem Anstieg der Volumenkontraktion im Verlauf von etwa 2 bis 10 Stdn. verschiedene Kon- traktionswerte erreicht werden, die sich bei lange.r fortgesetzter Erwarmung nicht mehr andern. Der Einflufl der Platzwechselzeit der Molekiile bzw. der Molekulsegmente auf die Breite des Um- wandlungsintervalls ist also vernachlassigbar klein. Jede Temperatur zwischen den angegebenen Intervallgrenzen entspricht einer diskreten Volu- menkontraktion, die von der Platzwechselzeit in den verformten Bereichen unabhangig ist. Der Nachweis eines definierten T e m per a t u r - be r e i c h e s der Rekristallisation bei Athyl-, Butyl- 12 S. G. Lipsett, F.M. G. Johnson u. 0. Maass, J. Amer. chem. Soc. 50, 2701 [1928], finden bei fein zerriebenem Kochsalz eine Verkleinerung der negati- ven Losungswarme um etwa 1% der von grobkristal- linem Kochsalz. Demgegenuber betragt die Anderung der Benetzungswarme bei Cellulose im vorliegenden Fall 20 his 35%. and Benzylcellulose laflt auf im Mahlgut vorhan- dene verschiedene Verformungszustande schlie- Ben, die entspr.echend den jeweiligen Temperatu- ren durch eine versehiedene Platzwechselenergie der verformten Teilchen gekennzeichnet sind. Unterschiede in der Platzwechselenergie bei der gleichen Stoffart konnten entweder durch eine Beim MahlprozeB? entstandene verschieden groBe Lageverschiebung der einzelnen Kettenglieder oder durch verschiedene Molektilabstande verur- sacht sein, die z.13. bei Cellulose bereits fur un- 29 925?C 0 10 20 3D 40 f1h11aiflgszei/1;7 SId - Abb. 4. Volumenanderung AV von gemahlener Athyl- cellulose in Abhangigkeit von der Erhitzungszeit bei verschiedenen Temperaturen. beanspruchte Fasern angenommen werden 18. Da Unterschiede im Verformungsgrad nach Kcnntnis der geringen Abhangigkeit der Verformung von der Mahldauer zuriicktreten dtirften, ist anzuneh- men, daB die Variationsbreite der Molekiilab- stande im ungemahlenen Praparat fair die Grofle des Rekristallisationsbereiches malgebend ist. Umfamg der Ordnungsanderung. Die leichte Rekristallisierbarkeit der schwinggemah- lenen Cellulose bei Benetzung mit Wasser hatte bereits fruher zu der Auffassung gefiihrt, daB die Kettenmolekule bei der Gitterdefor- mation im ganzen keine oder nur geringe Translationsbewegungen ausfiihren and dal die vorgegebene Parallellage der Molekiile and damit ein verhaltnismaflig hoher Ordnungsgrad im ge- 13 Man vergl. z.B. die von A. Frey-Wyssling (Protoplasma 25, 261 [1936]) and 0. K r at k y (Kol- loid-Z. 84, 152 [1938]) aufgestellten Modellbilder. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 t7BER GITTERGEORDNETE HOCHPOLYMERE STOFFE 281 mahlenen Praparat bestehen bleiben. Die fur Cel- luloseather ermittelten niedrigen Rekristallisa- tionstemperaturen, die weit unterhalb der Schmelztemperatur dieser Stoffe liegen (vergl. Tab.1), weisen darauf hin, dali die Verformung der Gitter nicht auf eine Translationsbewegung der Gesamtmolekule zuriickzufiihren ist, sondern nur auf einer raumlichen, Desorientierung von Molekulsegmenten beruhen kann. Diese Folge- rung wird durch die Beobachtung bestatigt, daB die. Mahlpraparate von Methyl- and Athylcellu- lose Bowie Perlon ebenso wie Cellulose selbst, trotz der verschwundenen Rontgeninterferenzen and trotz extrem langer Mahldauer, noch optische Doppelbrechung zeigen. Die Mahlung der Hoch- polymereri fiihrt also nicht zu einer vollkomme- nen Amorphisierung im Sinne einer regellosen Verteilung statistisch geknauelterKettenmolekule, wie dies gelegentlich fur ,rontgenamorphe" Cel- lulosepraparate gefolgert worden ist14. Der Ord- nungszustand gemahlener Cellulose wird vielmehr charakterisiert durch das Vorliegen ausgepragter Fernordnung (Erhaltung der Kettenorientierung) bei gestorter Nahordnung (Desorientierung der Kettenglieder). Auch bei den ungemahlenen Praparaten wurden nach Erwarmung Veranderungen der Raumbeanspru- chung festgestellt,. and zwar sowohl eine geringe Volumenkontraktion als auch Volumendilatation (ver- gleiche Tab. 1, Spalte 4). Im Sinne der bei den gemah- lenen Praparaten gegebenen Deutung des Volumen- effektes bedeutet dies, dal bei Methyl- and Athyl- cellulose durch Erhitzen eine Erhohung and bei natiirlicher Cellulose eine Erniedrigung des Ord- nungsgrades eintritt, wahrend der Ordnungszustand bei Hydratcellulose, Butyl- and Benzylcellulose sowie hei Perlon unverandert bleibt. Dieses Verhalten kann im Zusammenhang mit den ermittelten Rekristallisa- tionstemperaturen (vergl. Tab. 1) dahingehend ge- deutet werden, dalb bei Methyl- and Athylcellulose, deren Methylierungs- bzw. Athylierungstemperatur unterhalb der Rekristallisationstemperatur liegt, im Verlauf des Substitutionsvorganges erfolgende Mole- kuldeformationen ,einfrieren" konnen, wahrend bei Butyl- bzw. Benzylcellulose, deren Rekristallisations- temperatur unterhalb der Butylierungs- bzw. Benzy- lierungstemperatur liegt, Reorientierung verformter Bereiche bereits wahrend der chemischen Reaktion erfolgt. Die Volumendilatation bei natiirlicher Cellu- lose bleibt zunachst ungeklart15. 14 Vergl. z. B. 0. Kratky, A. Sekora u. R. Tree r , Holz als Roh- u. Werkstoff 4, 273 [1941]. 15 Es ist moglich, dall die Erscheinung mit den be- sonderen Bedingungen des Wachstumsvorganges der natiirlichen Cellulose zusammenhiingt, der zu einem .,uberhohten" thermodynamisch instabilen Ordnungs- zustand ftihrt. Die Ordnungsanderung in.Abhan- gigkeit vom chemischen Bau and der Kraftwirkung der Molekiile. Wird an- genommen, dali bei der Rekristallisation die Ver- formung quantitativ rtickgangig gemacht wird, was in erster Naherung zutreffen dtrfte, so kann die Volumenkontraktion als MaB fur die GroBe der Verformung angesehen werden. Die Raurribeanspruchung durch Verformung steigt danach in der Reihenfolge Cellulose'?, Perlon, Methyl-, Athyl-, Butylcellulose an. Es ist zu- nachst nicht zu entscheiden, ob die Zunahme der Raumbeanspruchung in der beobachteten Reihen- folge auf dem wachsenden Raumbedarf der Sub- stituenten QH, OCH3, OC2H5, OC4H9 oder auf dem steigenden Verformungsgrad infolge abneh- mender zwischenmolekularer Krafte beruht. Die geringe Abhangigkeit der Verformung von der Mahldauer - zwischen '/2- and 2000-stdg. Mahl- dauer lassen sich bei Athylcellulose keine merk- baren Unterschiede im dilatometrischen Verhalten erkennen - macht es jedoch wahrscheinlich, daB Unterschiede im Verformungsgrad nur eine un- tergeordnete Rolle spielen, so daB die Verschie- denheit der Kontraktionswerte im wesentlichen auf sterischen Einfliissen in den Molektilen be- ruhen dtirfte. Versuche zu einer quantitativen Erfassung der Ordnungsanderung. Ein Anhaltspunkt fur eine zahlenmaliige Erfas- sung der Verformung bei Cellulose ergibt sich aus der Bestimmung der Benetzungswarme (Kri- stallisationswarme) mit Wasser vor and nach der Verformung. Die Kristallisationswarme verform- ter Praparate wird um so groBer, je verschiedener die Ordnung von ungemahlenen and gemahlenen Praparat ist; sie erreicht ein Maximum, wenn sich das ungemahlene Praparat im Zustand idea- ler Ordnung and das Mahlpraparat im Zustand . idealer Unordnung befindet. Da beide Endzu-. stande nicht erreicht werden, ist jede gemessene Kristallisationswarme kleiner als die theoretische. Ein Mali fiir den Verformungszustand des jewei- ligen Praparates ist das Verhaltnis der realen zur idealen Kristallisationswarme. Nimmt man an, daB Bich der maximale Energieunterschied zwi- schen geordnetem and ungeordnetem Zustand 16 Die bei Cellulose durch Erwarmen erzielte Kon- traktion ftihrt nicht zu rontgenographisch sichtbarer Rekristallisation; auf Grund von Dichtemessungen ist bei volliger Rekristallisation der Cellulose eine um etwa 20% hohdre Kontraktion zu erwarten. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 282 _ E. STEURER durch die Schmelzwarme annahernd wiedergeben laIt, was fur die untersuchten Stoffe in erster Naherung zutrifft, so Milt sich die Groie derVer- formung durch den Verformungsfaktor V. zu Vf=R/S bestimmen17, wobei R die Kristallisationswarme and S die Schmelzwarme darstellen. Unter Zu- grundelegung der Kristallisationswarme von 0,65 bis 1,20 kcal/Grundmol fur die vermessene Cel- lulose and einerSchmelzwarme von 5kcal/Grund- mol ergibt sich ein Verformungsfaktor von 0,13 bis 0,21, d. h. 13 bis 21 % der maximal moglichen Verformung sind durch den Mahlprozeb eingetre- ten. Vergleicht man den Verformungsfaktor von Cellulose mit dem als Beispiel fur einen niedrig- molekularen Stoff bestimmten Wert von Rohr- zucker V. = 0,65, so ergibt sich, dali die Ordnungs- dnderung bei Hochpolymeren gegeni ber niedrig- molekularen Stoffen erheblich geringer ist. Stabilitat and Beeinflussung der Verformung durch FlUssigkeiten. Ein Mali fur die Stabilitat der Verformung ist die Re- kristallisationstemperatur (tR). Diese ist die Tem- peratur, bei der Entspannung der verformten Be- reiche durch Platzwechsel von Atomen bzw. Atomgruppen erfolgt; sie ist durch den Uber- gang von unendlich groler zu kleiner Platzwech- selzeit definiert. Die in Tab. 1 angegebenen Werte fur tR lassen erkennen, dal die tR von den zwi- schenmolekularen Kraften (ZMK) der Stoffe in dem Sinne abhangt, dal Stoffe mit grollen ZMK, wie z. B. Cellulose, eine hohe tR and Stoffe mit geringen ZMK, wie z. B. Butylcellulose, eine niedrige tR besitzen. Aus dem Sinken der tR mit zunehmender Verlangerung der substituier- ten Seitenketten der Cellulose lallt sich folgern, daft z. B. Capronylcellulose bei den in der Schwing- miihle herrschenden Temperaturen nicht mehr verformbar ist. Der Versuch hat diese Erwartung bestatigt. Die Mahltemperatur mull unterhalb tR liegen, damit stabile Verformung eintreten kann. Bei Mahltemperaturen, die oberhalb von tR lie- gen, kann keine Verformung mehr beobachtet werden 18 17 E. Steurer u. K. HeB, Z. physik. Chem. 193, 248 [1944]. 18 Die Rekristallisationstemperatur ist in anderem Zusammenhang umgekehrt dazu benutzt worden, um die an den Stofistellen wahrend der Schwingmahlung herrschende Temperatur abzuschatzen. E. S t e u r e r, Z. Technik, 1947. Ahnlich wie die Herabsetzung der ZMK bei den Makromolekulen durch ?innere" Weichmachung bei Einfiihrung entsprechender Substituenten zu einer Erniedrigung von tR fiihrt, lallt sich dies auch durch eine ,dufere" Weichmachung Burch BerUhrung mit solvatisierenden, gegebenenfalls zur Bildung von Doppelverbindungen Anlafi gebenden Fliissigkeiten erzielen. So findet Rekri- sfallisation von Cellulose and Methylcellulose durch Benetzung mit Wasser bzw. Wasser-Me- thanol bereits bei Zimmertemperatur statt. Schoii der geringe Wassergehalt normaler lufttrocke- ner Cellulose in Hohe von 5 his 12 % geniigt, um die tR merklich herabzusetzen. Wahrend die tR wasserfreier, gemahlener Cellulose ober- halb der Zersetzungstemperatur (> 200 ?) liegt, zeigt gemahlene Cellulose mit 10 % Wasser- gehalt eine tR von etwa 100'. Die Solvatation der OH- and OCH3-Gruppen durch Wasser- and Me- thanolmolekule bewirkt eine Erhohung der Be- weglichkeit der Kettenglieder durch Erniedrigung der die instabilen verformten Bereiche stabilisie- renden Potentialschwellen, so dali der Vbergang in den stabilen kristallisierten Zustand schon bei niedrigerer Temperatur eintritt. Es ist weiterhin bemerkenswert, daB rontgen- amorphe Cellulose bei einer Benetzung mit ge- ringer Wassermenge zur Hochtemperaturmodifi- kation18 der Cellulose rekristallisiert, wahrend bei groBerer Wassermenge Hydratcellulose entsteht. Man kann diese Erscheinung dadurch erklaren, daB bei der Rekristallisation zur Hochtemperatur- form andere oder weniger Atome als bei der Re- kristallisation zur Hydratcellulose beweglichwer- den. In der Beobachtung liegt der interessante Fall einer Kristallisationslenkung durch partielle innere Schmierung vor. Die fiber der Zersetzungstemperatur liegende Rekristallisationstemperatur der Cellulose maeht es weiterhin verstandlich, warum die verschiede- nen Modifikationen der Cellulose durch normale Erhitzung nicht ineinander umwandelbar sind. Zwischen den Kettengliedern der kristallinen Be- reiche besteht ohne Beeinflussung durch Schmier- mittel eine so starke zwischenmolekulare Kraft- wirkung, dali eine merkliche Beweglichkeit unter- halb der Zersetzungstemperatur nicht einsetzt. Erst durch Zufiigung von benetzenden Stoffen,. 19 'Ober die Existenz einer Hochtemperaturmodifi- kation der Cellulose vergl. K. H e B u. H. K i e s s i g, Z. physik. Chem. Abt. B 49, 235 [1941]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 wie Wasser, and Eintreten dieser Stoffe in die gestorten Gitterbereiche erhoht sich die Beweg- lichkeit der Molekule, die eine Modifikationsum- wandlung bei niedriger Temperatur ermoglicht. Dabei ist zu beriicksichtigen, dali die Umwandlung durch derartige Schmiermittel erst auf dem Um- wege caber eine Gitterstorung erfolgt, indem die Fremdmolekule durch den gestorten Gitterbereich in das Gitter eindringen. trber den Zusammenhang von Rekri- stallisationstemperatur, Einf'rier- temperatur and Schmelztemperatur. Von besonderer Bedeutung fur die Klarung der thermischen Eigenschaften des makromolekularen Festkorpers (insbesondere der Beweglichkeit der Ketten) ist der Vergleich der im Vorangehenden bestimmten Rekristallisationstemperaturen mit den aus dilatometrischen Messungen von E. J e n c k e 1 and K. tY b e r r e i t e r bestimmten Einfriertempe- raturen. Diese Autoren beobachteten bei Volumen- Temperatur-Messungen an makromolekularen Stoffen Anderungen der Ausdehnung, die in engem Temperaturintervall auftreten, dessen Mittelwert als ,Einfriertemperatur" bezeichnet wird. Unter- halb der Einfriertemperatur wird eine geringere Ausdehnung als oberhalb gefunden. Nach Jenckel and Vberreiter hangt die Volumenausdehnung unterhalb der Einfriertemperatur lediglich von den Schwingungsamplituden der Atome and Mole- kule (unveranderte Sehwerpunktslage) ab, wah- rend sich oberhalb der Einfriertemperatur noch die Ausdehnung dberlagert, die sich aus Lage- und Orientierungsanderung der beweglich gewor- denen Kettenglieder (veranderte Schwerpunkts- lage) ergibt. Nach Kennzeichnung der Einfrier- temperatur als Punkt beginnender bzw. ver- schwindender Kettengliedbeweglichkeit ist ein enger Zusammenhang mit den Rekristallisations- temperaturen verformter Makromolekule zu er- warten, da der Eintritt der Rekristallisation eben- falls nur moglich ist, wenn Platzwechsel von Ato- men Oder Molekiilteilen erfolgt. Bei den Volumen-Temperatur-Kurven der un- gemahlenen and der schwinggemahlenen rekristal- lisierten Praparate erkennt man in t7bereinstim- mung mit den Beobachtungen von Uberreiter an unbehandelten Hochpolymeren zwei Bereiche ver- schiedener Ausdehnung, die durch den Einfrier- bereich getrennt sind. Wahrend jedoch bei alien Praparaten unterhalb der Einfriertemperatur konstante Volumenausdehnung gefunden wird (bis - 25 ?), zeigte sich im Gegensatz zu den Be- funden t7 b e r r e i t e r s 20 im Mefibereich his 180 ? nur bei Butyl- and Benzylcellulose eine Konstanz des Ausdehnungskoeffizienten, wahrend bei Cel- lulose, Methyl- and Athylcellulose mit steigender Temperatur ein zunehmender Ausdehnungskoeffi- zient beobachtet wird. Die Lage der Einfriertem- peratur ware also bei Cellulose, Methyl- and Athylcellulose nicht durch den Schnittpunkt zweier Ausdehnungsgeraden, sondern durch den Beginn der Inkonstanz des Ausdehnungskoeffi- zienten gekennzeichnet. Der Vergleich der ermittelten Einfrierternpera- turen mit den Rekristallisationstemperaturen zeigt, daft trbereinstimmung zwischen beiden Tempera- turen nur im Falle der Butyl- and Benzylcellu- lose besteht, daft dagegen die Einfriertemperatu- ren bei Cellulose, Methyl- and Athylcellulose Bo- wie bei Perlon um 50 his 150? niedriger als die Rekristallisationstemperaturen liegen. Da ein Zweifel an der gegebenen Deutung von tR durch den Zusammenhang mit der Rontgen- untersuchung nicht moglich ist, ist zu erwagen, ob bei den gemahlenen Stoffen die Einfriertempe- raturen stark erhoht Sind,, oder ob die Deutung der Knickpunkte in den Volumen-Temperatur- Kurven als Einfriertemperaturen zu modifizieren ist. Es ist auBerordentlich unwahrscheinlich, dal die Atome and Molekule der schwinggemahlenen Stoffe eine geringere Beweglichkeit zeigen als die der ungemahlenen Stoffe. Vielmehr ist zu? er- warten, daB durch die bei der Vermahlung auf- genommene Verformungsenergie eine Erhohung der Beweglichkeit (Herabsetzung der Einfrier- temperatur) eintritt. Die Platzwechselwahrschein- lichkeit der Atome bzw. Kettenglieder steigt durch den Energiezuwachs OW bei der Vermahlung an, da zur Auslosung des Platzwechsels im ver- formten Zustand nur mehr der geringere Ener- giebetrag W-OW aufzubringen ist. Es liegt also kein Grund zu der Annahme vor, daft sick die Einfriertemperatur durch die Schwingmah- lung in Richtung hoherer Temperatur his zur Re- kristallisationstemperatur verschiebe. Die bei den gittergeordneten Stoffen bei 60 his 70' beobach- teten Unstetigkeiten im Ausdehnungskoeffizienten 20 Die von ti b e r r e i t e r angegebenen Volumen- Temperatur-Kurven erstrecken sich caber einen gerin- gen Mefibereich, so daB die Diskrepanz zwischen den Messungen moglicherweise auf die verschiedene GroIc des McBbereiches zuriickzufiihren 1st. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-004158000700040006-3 284 E. STEURER stehen also nicht mit der Kettengliedbeweglichkeit in Zusammenhang, die zu einer Neuordnung des Gitters fUhrt. Will man an der gegebenen Deutung der Un- stetigkeit im Ausdehnungskoeffizienten als Ein- friertemperatur festhalten, dann bleibt nur die Annahme fibrig, daB Bich derartige Einfriertem- peraturen auch in an sich gittergeordneten Pra- paraten auf darinvorkommende amorpheBereiche beziehen. Ffihrt man die gegenseitige Behinderung der Beweglichkeit der Kettenglieder auBer auf die innermolekulare Bindung auf die zwischenmole- kularen Krafte zuriick, dann ist der Grad der Be- wegungshemmung in den kristallinen Bereichen infolge des geringeren Atomabstandes groBer als in den ungeordneten Bereichen. Charakterisieren die Rekristallisationstemperaturen den Tempera- turbereich, in dem Beweglichkeit der Kettenglie- der in den kristallinen Bereichen angeregt wird, so ist anzunehmen, dali sich die niedrigen Tem- peratures (bei 60 bis 70?) auf die Desorientie- rung der Kettenglieder in den rontgenamorphen Bereichen beziehen. Die gegebene Deutung einer verschieden groBen Beweglichkeit von Kettengliedern bei gittergeord- neten Praparaten in kristallinen and amorphen Bereichen Milt erwarten, daB mit geringer wer- dendem Ordnungsgrad der kristallinen Bereiche, also bei einer Verringerung des Ordnungsunter- schiedes zwischen kristalliner and ,amorpher" Phase, eine Abnahme der Differenz von tR and tE eintritt. In diesem Sinne lalt sich aus den gefun- denen tR- and tE-Werten (vergl. Tab. 2, Spalte 4) ableiten, daB der Ordnungsgrad von Cellulose, Methylcellulose and Perlon (tR- tE, c 80 his 100 ? ) am hochsten ist and mit zunehmender Lange der in der Cellulose substituierten Kette (Benzyl- bzw. Butylcellulose tR -tE= 4 his 5) abnimmt. Dieser Schiul findet seine Bestatigung in dem Bild der entsprechenden Rontgendiagramme, bei denen in der gleichen Praparatfolge eine starke Abnahme von Linienzahl and Linienscharfe beobachtet wird, was bereits friiher als Zunahme von Gittersto- rungen gedeutet worden ist. Es sei hervorgehoben, dal die Unterschiede in den Rekristallisationstemperaturen bei den ver- messenen Stoffen den Zusammenhang zwischen Molekulbeweglichkeit and Nebenvalenzkraften21 erst verstandlich macht, wahrend die bisherige 21 Die Wechselwirkung bezieht sich sowohl auf intra- als auch auf intermolekulare Anziehung. Cellulose . . 200 62 140 Methylcellulose 145 60 85 330 0 44 Atbylcellulose 110 65 45 250 , 0 44 Butylcellulose 85 81 4 190 , 0 45 Benzylcellulose 90 85 5 , Perlon T ... . 140 62/65 80 250 0,55 Tab. 2. Rekristallisationstemperatur tR, Einfriertem- peratur tE and Schmelztemperatur tF bei organischen Hochpolymeren. Deutung des funktionellen Zusammenhangs von Einfriertemperatur and Gliederbeweglichkeit kei- neswegs in allen Fallen zwanglos moglich war. Insbesondere mulite die niedrige Lage der Ein- friertemperatur von Cellulose iiberraschen, die z. Tl. noch unter den Einfriertemperaturen ihrer Derivate lag and die mit den sonstigen physikali- schen and chemischen Eigenschaften der Cellulose nicht in Einklang steht. Im Sinne der obigen Deu- tung besitzt Cellulose in den geordneten Berei- chen27 eine kleine innere Beweglichkeit, wahrend in den ungeordneten Bereichen hohe Gliederbeweg- lichkeit vorzuliegen scheint. Die von P. H. Her - m a n s 23 aus sterischen Betrachtungen abgeleitete grole innere Beweglichkeit der Cellulosekette hat danach in fester Form nur beschrankte Gtiltigkeit. Es liegt nahe, die Rekristallisationstemperatur auch zur Schmelz- oder FlieBtemperatur in Be- ziehung zu setzen. Bei den hochpolymeren Stoffen ist die Schmelz- oder FlieBtemperatur infolge der verhaltnismafig geringen Gitterordnung ebenso wie die Rekristallisationstemperatur unscharf and nur als Mittelwert fiber einen mehr odor weniger grolen Schmelzbereich anzunehmen. Legt man diesen Mittelwert zugrunde, so findet man, dal to einen konstanten Bruchteil der Schmelztempera- tur tF darstellt: tR = 0,44 tF . 2. tlber die Entstehung verformter Stoffe durch Mahlung Nach Feststellung von Grole and Stabilitat der Verformung von Makromolekiilgittern bleibt die Frage often, auf welchem Wege Mahlenergie in Verformungsenergie umgewandelt wird and wie 22 Dabei ist es ohne Einflufl, oh these Bereiche un- verformt. oder durch Mahlung verformt sind. 23 P. H. Hermans, J. de Booys u. Chr. J. M a a n , Kolloid-Z. 102, 169 [1943]. Approved For Release 2002/08/14 : CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 tBER GITTERGEORDNETE HOCHPOLYMERE STOFFE 285 man sich die Stabilisierung des mechanischen Ver- formungszustandes vorstellen kann. Die Beant- wortung dieser Frage wurde bereits im Zusam- menhang mit Untersuchungen fiber den Energie- bedarf bei mechanochemischen Valenzspaltungen behandelt24. Da sie noch nicht endgi ltig gelost werden kann, seien nur die allgemeinen Bedin- gungen fur den Eintritt der Verformung ange- geben, die sich auf die Art des verwendeten Mahl- gerates and des zu vermahlenden Stoffes sowie auf den Energieaustausch zwischen den Molekii- len beziehen. Der Verformungsprozell ist nicht auf die Mahlung in der Schwingmuhle beschrankt, sondern wird auch in anderen Mahlgeraten, wie z. B. in der Kugelmuhle, beobachtet. Wahrend die mechanische Beanspruchung in der Schwingmuhle vorwiegend durch Druckkrafte verursacht wird, treten in der Kugelmuhle vermutlich in erster Linie Scherkrafte auf. Die mechanische Ver- formung ist offenbar nicht an die spezifische Mecha- nik eines bestimmten Mahlvorganges gebunden. Vor- aussetzung fur die Verwendbarkeit eines Mahlgerates bei der Verformung ist lediglich der Ablauf des Mahl- vorganges bei hinreichend tiefer Temperatur. So ist z. B. die Bloch-Rosetti-Miihle fur die Untersuchung von Verformungsvorgangen ungeeignet, da sich das Mahlgut infole groper Reibungskrafte stark erhitzt. Der mechanischen Verformung durch Mahlung scheinen nach den bisherigen Erfahrungen grund- satzlich alle Stoffarten zuganglich zu sein; bis- her wurde Verformung auBer bei den organischen Hochpolymeren bei niedrigmolekularen Stoffen, z. B. Rohrzucker and bei anorganischen an Feld- spat25, beobachtet. Bei anderen Stoffen, wie z.B. Polyoxymethylen, Harnstoff, Kochsalz usw., trat auch bei langdauernder Mahlung keine Verande- rung im Rontgendiagramm auf. Neben den quan- titativen Unterschieden in der Grole der Ver- formung bestehen in der Verformbarkeit also auch qualitative Unterschiede. Fur den Eintritt 24 E. Steurer u. K. Hell, l.c.17; K. Hell u. E. S t e u r e r, Z. physik. Chem. 193, 234 [1944]. 25 M. L. Jackson u. E. T r u e g, Proc. Soil. Sci. Soc. America 4, 136 [1939], ref. Z. angew. Chem. 54, 92 [1941]. einer stabilen Verformung mussen offenbar min- destens zwei Bedingungen gegeben sein: 1. Die mechanische Beanspruchung mull unterhalb der Rekristallisationstemperatur des zu vermahlen- den Stoffes erfolgen; 2. es mull eine unsym- metrische Verteilung des Kraftfeldes der Mole- kiile vorliegen, da Energiespeicherung das Vor- handensein von Minima hoherer potentieller Ener- gie voraussetzt. Es ist noch naher zu unter- suchen, welchen EinfluB beide Bedingungen auf die Verformbarkeit bzw. den Verformungsgrad der Stoffe besitzen. Die Bedingung niedriger Verformungstempera- tur enthalt implicite die Bedingung, dal nach mechanischer Schwingungsanregung Energie auf unbeanspruchte Bereiche abgeleitet werden kann. Durch den Mahlprozel wird?auf ortlich eng umgrenztem Raum eine Erhohung der Schwingungsamplituden der Atoine bewirkt, die zu stabiler Schwerpunktsverlagerung der Atome nur dann fuhren kann, wenn durch partielle Ab- leitung von Schwingungsenergie ein ,Einfrieren" der Atome bzw. Atomgruppen in Lagen hoherer potentieller Energie moglich ist. Bei allgemeiner Temperaturerhohung durch Zufiihrung von Warme werden dementsprechend keine merk- lichen Gitteranderungen beobachtet. Ein ein- drucksvolles Beispiel fur den Unterschied von thermischer and mechanischer Wirkung bietet Cellulose, die selbst bei Erhitzung bis zur Zer- setzungstemperatur and nachfolgendem Ab- schrecken auf tiefe Temperatur keine merkliche Zunahme der Gitterstorung aufweist, wahrend bei Mahlung ohne merkliche thermische Zer- setzungserscheinung schon nach kurzer Zeit er- hebliche Verformung beobachtet wird. Erst bei volliger Zerstorung des Gitters durch Schmelzen seheint sich z. B. bei Cellulosederivaten durch Abschrecken der Schmelze auch auf rein thermi- schem Wege in gewissem Umfang Verformung erzielen zu lassen26. 26 W. 0. Baker, C. Fuller u. N. R. Pape, J. Amer. chem. Soc. 64, 776 [1942]. . Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 H. ZAHN . Uber die Einwirkung von Phenolkorpern auf Faserkeratine' Von HELMUT ZAHN Aus dem Institut fur Textilchemie in Badenweiler (Z. Naturforschg. 2 b, 286-291 [1947]; eingegangen am 6. Mai 1947) Faserkeratine nehmen aus wadrigen Losungen von Phenolkorpern bei Zimmertem- peratur weit mehr Phenol auf, als bei seiner Bindung als Shure an die basischen Aminogruppen zu erwarten ist. Die mit der Phenolaufnahme einhergehende reversible Abnahme des Elastizitatsmoduls and Erhohung der Bruchdehnung der Faser machen .eine Wechselwirkung des Phenols mit Querbindungen zwischen den Peptidketten wahr- scheinlich. Phenol besitzt eine grollere Affinitat zu Peptidgruppen der Hauptketten and Oxygruppen der Seitenketten, als diese unter sich selbst sowie zu Wasser zeigen. Daher konnen Bindungen zwischen den genannten Gruppen (z. B. Wasserstoffbrucken) ge- spalten and Sorptionswasser verdrangt werden. Die Spaltung der Querbindungen reicht erst bei Temperaturen von 70 bis 90' aus, um die Ketten so weit zu befreien, da11 sie beweglich werden and der Neigung, einen wahrscheinlicheren, weniger orientierten Zustand anzunehmen, nachgeben, was zur Verkiirzung der ganzen Faser ftihrt. Verschiedene Abhangigkeiten dieser Superkon- traktion von Temperatur, Konzentration, Dauer, PH-Wert and Konstitution der Phenol- korper werden beschrieben. Von chemischen Veranderungen der mit Phenol superkontrahierten Keratine sind geringe Urnsetzungen am Cystin and eine Starke Erhohung der Verdaulichkeit in dem tryptisch wirksamen Pankreatin zu nennen. Die Phenol-Superkontraktion von Keratinen ist ein Mittel, die Rolle der Wasserstoff- brucken fiir den Aufbau der Keratinfasern getrennt von den anderen Querbindungen zu studieren. Als Beispiel werden Beziehungen zwischen der Spaltung von Wasserstoff- und Cystinbriicken and dem Auftreten von Superkontraktion beschrieben. 1. Cber Querbindungen in Faser- keratinen F aserkeratine sind wie die ubrigen fibrillaren Proteine aus Hauptvalenzketten aufgebaut, in welchen etwa 20 verschiedene Aminosauren durch Polykondensation unter Bildung von Peptidbin- dungen verkntipft sind. Im allgemeinen sind diese Peptidketten nicht isoliert and frei beweglich, sondern seitlich miteinander verbunden. Entspre- chend den mannigfaltigen funktionellen Gruppen, welche die Ketten and die Seitenketten liefern, unterscheiden wir verschiedene Arten von Quer- bindungen zwischen den Peptidketten. Ein erheb- licher Teil der Bausteine des Keratins entfallt auf die Hexonbasen and sauren Aminosauren, welche als Seitenketten basische and saure Gruppen ein- fiihren. Zwischen diesen nimmt man sogenannte Salzbriicken an. ' AuBerdem beteiligt sich Cystin am Aufbau der Faserkeratine, das zwei Peptid- ketten hauptvalenzmaBig zu verknupfen vermag (Cystinbriicke). Die Peptidgruppen betatigen we- t 1. Mitteilung. gen ihrer grolen Molkohasion Valenzkrafte zu benachbarten Peptidgruppen derselben Kette oder anderer Ketten. Man nimmt an, daB sick zwischen den Peptidgruppen Wasserstoffbrucken ausbilden konnen, ferner ziehen sich Peptidgruppen im Ex- tremzustand dipoliger Anordnung elektrostatisch an. Wasserstoffbrucken sind -auch zwischen alko- holischen and phenolischen Hydroxylgruppen von Seitenketten moglich, welche diese sowohl unter sich selbst als auch mit den Peptidgruppen der Hauptketten eingehen. Wir verstehen daher unter Wasserstoffbrucken in Keratinen allgemein die interchenaren 2, nebenvalenzartigen Verkniipfun- gen, welche sich zwischen polaren Gruppen wie Peptidbindungen, Oxy- Oder Saureamidgruppen, gleichgtiltig ob aulerhalb oder innerhalb der Mi- cellen, ausbilden. Die Tab.1 gibt einen Vberblick fiber verschiedene Querbindungstypen zwischen den Peptidketten in Faserkeratinen. 2 Der Ausdruck ,interchenar" (zwischen den Ket- ten) ist bei Keratinen eindeutiger als intermolekular, solange die Gleichsetzung von Peptidkette mit Mole- kiil nicht bewiesen ist. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 EINWIRKUNG VON PHENOLEN AUF FASERKERATINE 287 Bezeichnung MaBgebende Gruppen 1. Wasserstoffbriicken a) Hauptkette: Peptid- gruppen b) Seitenketten: Oxy- and Saureamidgruppen 2. Cystinbriicken ... Cystin 3. Salzbrucken . . . . basische and saure Grup- pen der Seitenketten Tab.'1. Schema von Querbindungen zwischen den Peptidketten in Faserkeratinen. Um die Bedeutung der einzelnen Querbindungen zu untersuchen, k Ann man Veranderungen in den Eigenschaften der Keratine,"wie Festigkeit, Elasti- zitat, thermischer Ausdehnungskoeffizient, Quel- lung, Doppelbrechung, Rontgenogramm, Loslich- keit and chemische Reaktionsfahigkeit, in Abhan- gigkeit von der Aufspaltung der betreffenden Querbindung untersuchen. Solche Vexsuchsreihen konnen zu eindeutigen Schliissen nicht fiihren, wenn im Verlauf der Einwirkung mehrere Bin- dungssysteme gleichzeitig oder nacheinander an- gegriffen werden. So ist z. B. erst die von P a t - terson, Geiger, Mizell and Harris3 ein- gefiihrte Reduktion des Keratin-Cystins mit Thio- glykolatlosung bei 351* and pA = 4,5 spezifisch genug, um eine kritische Priifung der Rolle des Cystins in Keratin zu erlauben. Dabei ergab sich, dal einige Eigenschaften der Keratine zu einem Teil auf der Anwesenheit der Cystinbindungen beruhen. Andererseits bestehen wichtige Analo- gies zu anderen Eiweiffasern, in welchen Cystin entweder gar nicht oder nur in untergeordneten Mengen vorkommt. So weiB man z. B., dali Fasern der Naturseide, des Elastins oder Kollagens beim Erhitzen in quellenden Medien sich verkiirzen konnen, ohne daB Cystin in diesen Fallen mit- wirken kann. Es ist bekannt, dali bei Einwirkung von Wasser auf Keratinfasern bei 60 bis 80 ? in erster Linie Cystinbindungen hydrolysiert wer- den. Erhitzt man jedoch Faserkeratine mit Was- ser auf Temperaturen caber 100 ?, so tritt die Cystinhydrolyse hinter strukturellen Verande- * Alle Temperaturangaben in Celsius-Graden. W. L Patterson, W. B. Geiger, L. R. Mizell u. M. Harris , J. Res. nat. Bur. Standards 27, 89 [19411. 411. Zahn, Naturwiss. 31, 137 [1943]. 5 E. E16d u. H. Z ahn, Kolloid-Z. 108, 94 [1944]. 0 C. N e u b e r g, Biochem. Z. 76, 107 [19161. A. Kiintzel in W. Gralmann, Handbuch der Gerbereichemie and Lederfabrikation, 1. Band, 1. Teil, S. 573, Wien 1944. rungen, insbesondere Desorientierung von Ketten and Micellen, zuriick4. Beim Erhitzen von Kera- tinfasern mit Formamid an Stelle von Wasser er- folgt eine starke Schrumpfung der Faser, Ab- nahme von Quellungsanisotropie, Doppelbrechung and Orientierung der Micellen, ohne dal Cystin- bindungen. an diesen Vorgangen in merklichem Umfang beteiligt sind5. Formamid gehort zu'den von N e u b e r g? als hydrotrop bezeichneten, "che- misch sehr verschiedenartigen Stoffen, welche an sich wasserunlosliche Substanzen ,dem Wasser zuwenden", d. h. in Wasser loslich machen bzw. ihre Quellung erhohen (K ii n t z e 11) . Es ist ein- leuchtend, daB diese Erscheinung der Zunahme von Quellung and Loslichkeit z. B. bei Cellulose, Starke, Superpolyamiden von anderen Vorgangen als von der Spaltung von Cystinbriicken verur- sacht wird. Wenn daher die Schrumpfungstem- peratur von Keratinen in Formamid auf 115 ? sinkt gegeniiber 135 ? in reinem Wasser, so kann man annehmen, dal hier nicht Cystin, sondern andere BrUcken zwischen den Ketten aufgespal- ten werden, diese beweglich werden and Bich in einen wahrscheinlicheren Zustand desorientieren konnen. In "Verfolgung dieses Gesichtspunktes haben wir Beziehungen zwischen Keratinfasern and anderen hydrotropen Stoffen untersucht. K ii n t - z e 1 and S c h w a n k e berichteten caber eine starke Aufnahme von Phenolen durch Kollagen- fasern and dadurch bewirkte strukturelle Ver- anderungen. Bei Wolle hatten Herzog and K r a h n 9 eine Loslichkeit in Phenol bei hoheren Temperaturen beobachtet. Eigenartige Krepp- effekte von Wolle beim Erhitzen mit konzentrier- ten Phenollosungen fanden B a r r and S p e a k - m a n 1O. Es zeigte sich, dal die Einwirkung von Phenol auf Faserkeratine nicht auf Quellungs- und Losungsvorgange beschrankt bleibt, sondern eine spezifische Einwirkung auf Wasserstoffbriik- ken darstellt and daher ftir das Studium dieser wichtigen Gruppe von Querbindungen in Keratin- fasern besonders geeignet erscheint. Bei Zimmer- temperatur treten reversible Veranderungen auf, wahrend bei 70 bis 100 ? eine irreversible Des- orientierung von Ketten and Micellen erfolgt. b A.Kiintzel u. M.Schwank, Collegium 1940, 441, 455, 489, 500. 9 R. 0. Her z o g u. E. K r a h n, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 134, 390 [1924]. 10 T. Barr u. J. B. Speakman, J. Textile Inst. 35, T 77 [1944].. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 II. GAHN 2. Reversible Reaktion von Kerati- nen mit Phenol bei 201 Schafwolle nimmt aus 1-7-proz. walrigen Phe- nollosungen (PH = 5) erhebliche Mengen Phenol auf, wobei die Aufnahme mit der Konzentration der Phenollosung linear ansteigt, sofern das Ver- haltnis von Losung zum Substrat 60 : 1 tibersteigt. Je Gramm Wolle werden 700 his 800 mg Phenol aufgenommen, ohne dali Sattigung eintritt. Das von der Wolle aufgenommene Phenol wird beim Einlegen in schwachere Losungen bzw. Wasser 6 Last Abb. 1. Dehnungs-, Belastungskurve einer einzelnen Wollfaser in Wasser (? ? ?) and 7-proz. Phenol- losung (o-o-o). Abb. 2. Abhangigkeit der Superkontraktion von Roil- haaren in 25-proz. Phenol von der Temperatur (20 Minuten). leicht wieder abgegeben, wobei das H e n r y - N e r n s t sche Verteilungsgesetz anwendbar ist. An der Bindung des Phenols konnen sich die' Aminogruppen nur geringfiigig beteiligen, da sie nur mit etwa 0,8 Millimolen in 1 Gramm Wolle enthalten sind, wahrend die Phenolaufnahme zehnmal so groB ist. Diese erfolgt bei pH 5,0 in der Ndhe des isoelektrischen Punktes der Wolle,- bei welchem die Saurebindung der Aminogruppen ihr Minimum erreicht. Modellversuche zeigten, daB Cellulosefasern nur geringe Mengen Phenol aufnehmen, wahrend Naturseide and Superpoly- amide Phenol betrachtlich zu binden vermogen. Superpolyamide quellen bereits in 3-proz..walriger Phenollosung irreversibel auf. Da die wesent- lichen Querbindungen in Superpolyamiden Was- serstoffbriicken sind, folgern wir, daB auch in Wolle an .der Phenolbindung Peptidgruppen der Hauptketten and geeignete Seitenkettengruppen beteiligt sind. In diesem Falle miilten die zwi- schen diesen Gruppen bestehenden Bindungen eine Abschwachung erfahren. Dafiir spricht der Befund, daB die elastischen Eigenschaften von Keratinfasern durch die Aufnahme von Phenol reversibel in dem Sinne beeinflulit werden, den man bei Schwachung von interchenaren Bindun- gen erwartet. Wie Tab' 2 zeigt, nimmt die Bruch- dehnung in Abhangigkeit von der Konzentration der Phenollosung reversibel zu. Phenol- Trockenbruch- konzentration dehnung / U/ 0 Test 38,8 1,0 39,2 3,0 47,4 5,0 51.8 7,0 L 55,8 Tab. 2. Trockenbruchdehnung von Wollfasern in Ab- hangigkeit von der Konzentration der Phenollosung wahrend der Vorbehandlung. Per Elastizitatsmodul wird durch Phenolauf- nahme herabgesetzt. Die Dehnungs- and Entdeh- nungskurve einzelner Wollfasern wurde zuniichst in reinem Wasser mittels stufenweiser Be- and Entlastung registriert and nach Erholung auf die Anfangslange an der gleichen Faser dieselbe Be- handlung in Phenollosung durchgeftihrt. Wie die Abb.1 zeigt, ist die Belastung, welche zu einer Dehnung von 20 bis 30 % erforderlich ist, in 7-pron. Phenollosung erheblich kleiner als die- jenige in Wasser. Die Wollfasern verhalten sich bei der Entdehnung in beiden Medien gleichartig. Aus diesen Versuchen geht hervor, daB der Ela- stizitatsmodul nicht nur durch Spaltung von Cystin- and Salzbindungen, sondern auch von Wasserstoffbriicken herabgesetzt wird. Die An- ziehungskrafte zwischen den Ketten werden be- reits bei der Sorption von Wasser verringert, wo- bei die Dehnbarkeit and Reilgrenze der Faser er- hoht wird. Phenol ist wirksamer als Wasser. Quellungsversuche ergaben, daB Phenol das von den Peptidgruppen gebundene (3-Wasser (Speak - inanll) sowie einen Teil des Kapillarwassers verdrangt. 31 J. B. Speakman, Trans. Faraday Soc. 40, 6 [1944]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 3. Superkontraktion von Keratin- fasern mit Phenolkorpern Wenn man Keratinfasern mit Phenollosungen erwarmt, treten irreversible Veranderungen auf, unter denen die Verkii.rzung der Faser (Super- kontraktion) am deutlichsten in Erscheinung tritt. Diese erreicht bei RoBhaaren, in 25-proz. Phenol 10 Minuten lang erhitzt, bereits bei 85? einen Be- trag von 15 %, wahrend hierzu mit Formamid eine Temperatur von 115 ?, mit Wasser sogar von 135? erforderlich ist. Die Temperaturabhangig- keit der Verktirzung von RoBhaaren in einer 25-proz. walrigen Phenolschmelze ist in Abb.2 graphisch dargestellt. Die Superkontraktion hangt ferner wie beim. Formamid von der Konzentration stark ab. In der Abb. 3 ist die 100 ? - Isotherme der Superkontraktion von RoBhaaren in Abhangig- keit vom Mischungsverhaltnis Phenol : Wasser aufgetragen. Die Superkontraktion steigt bei einer Konzentration von 10% Phenol stark an, erreicht ihr Maximum bei 25% and fallt bis 90% langsam and bei noch hoheren Konzentrationen des Phe- nols stark ab. Auger dem gewohnfichen Phenol erwiesen sich auch die beiden Dioxybenzole Brenzcatechin and Resorcin als Starke Superkon- traktionsmittel. Die Konzentrationsabhangigkeit der Superkontraktion bei 100 ? and einer Er- hitzungsdauer von 20 Minuten ist in Abb.4 gra- phisch dargestellt. Die Verktirzung erreicht in einer 45-proz. Resorcinschmelze ein deutliches Maximum. Dieses liegt im Falle von Brenzcate- chin bei 40%. Das Hydrochinon verhalt sich ab- weichend von semen Isomeren. Selbst bei Ver- wendung einer 50-proz. Schmelze bleibt die Faser- schrumpfung unter 10.% (Abb.4). Von substitu- ierten Phenolen untersuchten wir o- and p-Nitro- phenol. RoBhaare verkiirzten sich in 10-proz. p- Nitrophenollosung, 20 Minuten auf 100 ? erhitzt, nur urn 5,7%. Auch eine bei 100 ? gesattigte walrige Losung von Salicylsaure verkiirzte RoB- haare nur um 2,8%. Um die Wirksamkeit der verschiedenen Phenole fur die Auslosung von Superkontraktion zu ver- gleichen, mussen auger Konzentration, Tempera- tur and Versuchsdauer auch die pH-Werte der Phenollosungen berticksichtigt werden. Bei alien untersuchten Phenolderivaten stieg die Super- kontraktion mit dem pH-Wert stark an. Abb.5 zeigt, daB eine 7,5-proz. Phenollosung bei PH = 5 eine Superkontraktion von nur 3%, bei pH = 8 30 %Phenol - Abb. 3. Abhangigkeit der Superkontraktion von RoB- haaren vom Mischungsverhaltnis Phenol : Wasser bei 100' and 20 Minuten. I yyrlrochinon 0 10 ZO 30 ye 00 7D 80 90 100 6ew%- Abb. 4. Abhangigkeit der Superkontraktion von RoB- haaren in Brenzcatechin, Resorcin and Hydrochinon bei 100 ? and 20 Minuten Erhitzungsdauer von der Konzentration. 4 70 B 9 10 Py - Abb. 5. Abhangigkeit der Superkontraktion von RoB- haaren in einer 7,5-proz. Phenollosung (1001, 20 Mi- nuten) vom pH-Wert. eine solche von 20% herbeiftthrt. Bei den Nitro- phenolen and der Salicylsaure bewirkt pH-Er- hohung starke Superkontraktion. Eine 1-mol. Salicylsaure superkontrahiert z. B. RoBhaare bei PH=9,3 um 25% and eine 0,6-mol. Losung von o-Nitrophenol bei PH=9 um 14 %. K ii n t z e l Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 290 H. Z A H N nimmt an, dal die freien Sauren vielfach deswegen nicht hydrotrop wirksam sind, weil die betreffende hydrophile Gruppe von den Aminogruppen des Eiweil abgefangen wird12. In unseren Beispielen werden jedoch verhaltnismaBig hohe Konzentra- tionen angewendet, so dal3 nur eine untergeord- nete Menge hydrophiler Gruppen durch Reaktion mit den Aminogruppen ausscheiden kann. Die Zunahme der Schrumpfung von Keratin- fasern in schwach alkalischen Phenollosungen kann von der reinen Alkaliwirkung experimentell abgegrenzt werden. Keratinfasern schrumpfen selbst in 1/4o-mol. Natronlauge bei 100 ? in 20 Min.. nur geringftigig. Fur die Deutung der pH-Abhan- gigkeit der Phenolsuperkontraktion ist sowohl die Reaktionsfahigkeit des Phenols als auch die der Querbindungen in den Faserkeratinen zu unter- suchen. 4. Veranderungen im Feinbau von Keratin durch Erhitzen mit hydro- tropen Korpern Untersucht man Keratinproben, welche durch Erhitzen mit hydrotropen Mitteln irreversibel ge- schrumpft sind, mit der Rontgenmethode, so zeigt sich, daB das orientierte a-Keratin-Rontgeno gramm in desorientiertes (3-Keratin umgewandelt worden ist (d-Keratin). Der rontgenoptisch fest- gestellten Desorientierung entspricht eine Ab- nahme der Quellungsanisotropie sowie der Dop- pelbrechung. In Tab. 3 sind Superkontraktion, Super- kontrak- Faktor Doppel- brechun tion Flache/ ' g X 104 angp L 0 0,3 9,0 19,0 63 8,5 3,1 10,2 21,5 6,9 30,7 5,2 12,0 25,5 4,9 31,4 4,5 10,3 21,8 4,8 38,2 4,7 10,3 21,8 4,6 Tab. 3. Superkontraktion, Quellungsanisotropie und Doppelbrechung in Abhangigkeit von der Einwir- kungsdauer von 50-proz. Resorcinlosung auf RoBhaare bei 1000. Quellungsanisotropie und Doppelbrechung in Ab- hangigkeit von der Einwirkungsdauer von 50- proz. Resorcin auf RoBhaare bei 100 ? zusammen- gestellt. Man erkennt die starke Abnahme der Melidaten im Verlauf der Superkontraktion. 12 A. Kiintzel, 1. C.7, S. 580. 5. Chemische Veranderung der Kera- tine nach Erhitzen mit Phenol- korpern Es erhebt sich die Frage, ob die in den vorigen Abschnitten beschriebenen Formanderungen von Keratinfasern .und die Umwandlung von a- in d- Keratin mit der Spaltung chemischer Bindungs- systeme einhergeht. Unter Reaktionsbedingungen, bei welchen mit Formamid oder Phenol eine starke Superkontraktion ausgelost wird, trat ein nennenswerter Substanzverlust nicht auf. Die kolorimetrische Cystinanalyse ergab, dal die Di- sulfidbindungen intakt bleiben. Eine Spaltung von Peptidbindungen war nicht festzustellen. Im Falle von Formamid ist nach M i c h e e 113 eine Reak- tion mit den Aminogruppen wahrscheinlich. Bei den genannten Bedingungen erfolgt also kein Ab- bau von Hauptvalenzbindungen, sondern eine Spaltung von interchenaren Nebenvalenzbindun- gen, insbesondere den Wasserstoffbriicken, wo- durch die Kohasion der Ketten und Roste herab- gesetzt und these beweglich werden. Diese Fest- stellung gilt bei starkeren Einwirkungsbedingun- gen nur beschrankt. Hier erfolgt ein simultaner Abbau. von Hauptvalenzbindungen. Wenn man z. B. Wolle mit einer 25-proz. Phenollosung 1 Stde. lang auf 100? erhitzt, werden 7%, in 3 Stdn. 25% vom Cystin abgebaut. In 50-pron. Phenollosung betragt dagegen der Cystinverlust selbst nach 4 Stdn. nur 9%. In Tab. 4 ist Cystingehalt, Alkali- loslichkeit und tryptische Verdaulichkeit in Ab- hangigkeit von der Dauer der Einwirkung 50- proz. Phenols auf Wolle bei 100 ? zusammenge- stellt. Dauer Cystin- Loslichkeit (?/? Verdaulichkeit in Minuten gehalt 0/ / inn/10-NaOH, 650, 60 Min. 14 (/?) in 0,05- proz.Pankreatin _ 0 0 6X 24h, 42? Unbe- handelt 11,1 11,0 18,2 20 10,8 11,8 74,1 40 10,6 14,0 85,2 60 10,5 16,1 88,4 1 120 10,3 20,4 89,4 240 10,1 20,5 96,4 Tab. 4. Cystingehalt, Alkali- und Pankreatinloslich- keit in Abhangigkeit von der Einwirkung 50-proz. Phenols auf Wolle bei 100 0. 13 F. Micheel, Chem. Ber. 80, 37 [1947]. 14 M. Harris u. A. L. Smith, J. Res. nat. Bur. Standards 18, 623 [1937]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 EINWIRKUNG VON PHENOLEN AUF FASERKERATINE Wahrend die Alkaliloslichkeit im Verlauf der Phenoleinwirkung nur wenig zunimmt, ist die plotzliche Erhohung der Verdaulichkeit bereits nach kurzem Erhitzen auffallend. Wir hatten ge- funden, dal3 die Pankreatin-Lbslichkeit vom Fein- bau des Keratins beeinflullt wird, indem natives a-Keratin nur zu etwa 10%, desorientiertes f3- Keratin (d-Keratin) dagegen zum groilten Teil verdaulich ist15. Der Verdauungsriickstand von mit Phenol denaturiertem Keratin besteht wie im Falle der Formamidbehandlung vorzugsweise aus der Epidermikulai6, deren Cystingehalt um 50% hoher liegt als derjenige der ganzen Faser. Wir isolierten beispielsweise aus einer mit Phenol be- handelten Schafwolle vom Cystingehalt 12,2% ein Epidermikulapraparat in einer Ausbeute von 8,9%, dessen Cystingehalt 20,4% betrug 17. 6. Weitere Anwendungen der Phenol- reaktion in der Keratinforschung Wir haben gezeigt, dali in der Behandlung von Keratinfasern mit Phenollosungen bei 80 his 100 ? eine Moglichkeit gdgeben ist, Wasserstoffbriicken zu spalten, ohne dal hierbei die Peptidketten selbst oder Cystinbindungen in nennenswertem Umfang angegriffen werden. Daher kann man mit Hilfe der Phenolreaktion die Eigenschaften der Wasserstoffbrucken studieren. In Verbindung mit der spezifischen Spaltung von Cystin mittels Thio- glykolaten lassen sich komplexe Vorgange in ihre einzelnen Komponenten zerlegen. Fur das Pro- blem der Superkontraktion von Keratinfasern z. B. scheint nun bewiesen ?zu sein, daB nur solche Reagenzien Keratinfasern verkiirzen konnen, welche Wasserstoffbriicken in genugendem Um- fang aufspalten. Am allgemeinsten wird eine solche Spaltung von hydrotropen Mitteln, z. B. Phenol, erreicht. Die Behandlung bei Zimmer- temperatur geniigt jedoch nicht, weil die Befreiung der Ketten, ausgedriickt in der Abnahme des Ela- stizitatsmoduls, nur geringfiigig bleibt. Beim Er- 15 E. E 16 d u. H. Zahn , Melliand Textilber. 27, 68 [1946]. 16 E. E 16 d u. H. Zahn, Naturwiss. 33, 158 ['1946]. 17 Vergl. auch W. B. Geiger , J. Res. nat. Bur. Standards 32, 127 [1944]. hitzen sinkt dieser E-Modul oberhalb einer be- stimmten Temperatur um zwei Zehner-Potenzen ab, and der lineare thermische Ausdehnungs- koeffizient schlagt von positiven in negative Werte um. Die Faser beginnt sich zu verkiirzen. Hat man die Cystinbindungen spezifisch aufgespalten, so erfolgt keine Superkontraktion. Dieselben Ver- anderungen im E-Modul and das Umschiagen des Ausdehnungskoeffizienten treten jedoch auf, wenn man die reduzierte Faser anschlieflend z. B. mit 40-proz. Resorcinlosung behandelt. Es ist bemer- 020 30 Wiwi 7 50 671 70 &I ,A7 of Abb. 6. Temperaturabhangigkeit der Superkontraktion von unbehandelten Roflhaaren (. -i- -I-) and reduzier- ten Roflhaaren (o o o) in 40-proz. Resorcin (pg = 6,9) in 20 Minuten. kenswert, daB nunmehr eine Superkontraktion von 15% bereits bei 45 ?, bei unbehandelten RoBhaaren erst bei 85? erreicht wird (Abb. 6). Die Kombina- tion von Cystin- and Wasserstoffbriicken-Spaltung bedeutet eine Erleichterung der Superkontraktion. Die Phenolbehandlung ist ferner geeignet, die Einzelvorgange, welche der eigentumlichen Fixie- rung gedehnter Keratinfasern zugrunde liegen, aufzuklaren. Es ist. Aufgabe von weiteren Mittei- lungen, diese and andere Beziehungen darzustel- len. Im ganzen fiihren diese Untersuchungen von der zu speziellen chemischen Betrachtungsweise auf eine allgemeinere Deutung der Eigenschaften der Keratinfasern vom Standpunkt der in ihr ent- haltenen Ketten and ihrer seitlichen Kohasion. Hrn. Prof. Dr.-Ing. E. E 16 d bin ich fur die Er- m6glichung der vorliegenden Arbeit zu warmstem Dank verpflichtet. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Verhalten transplanti erter Ringdrusen ?letaler" Drosophila-Larven Von MARGUERITE VOGT Aus dem Hirnforschungsinstitut Neustadt (Schwarzwald) (Z. Naturforschg. 2b, 292-294 [1947]; eingegangen am 22. Mai 1947) Es wurden larvale Ringdrusen der Drosophila-Mutante lethal-giant-larvae (lgl) sowie letaler mannlicher mel/sim-Bastarde in lebensfahige Wirtslarven verpflanzt. Wahrend zur Zeit der Verpuppung der Wirte die lgl-Ringdrusen-Hauptzellen in illrer GroBe hinter der Norm zuriickbleiben, erreichen sowohl die Corpus-allatum- als auch die Ringdrusen-Haupt- zellen der mel/sim-Mannchen eine annahernd normale GroBe. Das in situ verminderte Wachstum der Ringdrusen-Hauptzellen der lgl-Mutante diirfte daher vorwiegend genetisch. das]enige der mel/sim-Mannchen in erster Linie milieubedingt sein. Die transplantierten Ringdrusen beider letaler Konstitutionen zeigen in den ersten Stunden des Imaginallebens der Wirtstiere den normalen Untergang der Hauptzellen bei Erlialtung der Corpus-allatum- sowie der Corpora-cardiaca-Zellen. Die adulten Corpus-allatum-Zellen unterscheiden sich von normalen lediglich durch ihre geringere GroBe. Eine Funktionspriifung der ersteren fiel fur die lgl-Mutante positiv aus. Bekanntlich konimt es bei der Drosophila- Mutante lethal-giant-larvae (1gl)1 sowie den letalen mannlichen 2 Larven aus der Kreuzung D. melanogaster X D. simulans tells zu einem verspa- teten Eintritt, toils zu einem volligen Unterbleiben der Bildung des Puppentonnchens oder Pupa- riums. Wie H a d o r n 3, 4 als erster zeigen konnte, laft sich in den letalen Larven durch Implanta- tion genetisch normaler Ringdrusen eine recht- zeitige Pupariumbildung auslosen. Es ist also die Hypodermis der letalen Larven auf Verpuppungs- hormon reaktionsfahig; die in den letalen Larven normalerweise auftretende Verzogerung bzw. das vollige Unterbleiben der Pupariumbildung sind offenbar die Folge einer ungenilgenden Hormon- produktion der Ringdruse letaler Larven. Dabei bleibt unentschieden, ob die ungentigende Hor- monproduktion der Ringdruse durch die gene- tische Konstitution der Ringdrusenzellen (primare Pleiotropie H a d o r n s 5) oder aber durch eine milieubedingte Entwicklungsverzogerung inner- halb des letalen Wirtes (sekundare Pleiotropie) verursacht ist. Eine Klarung der obigen Frage laBt sich - innerhalb gewisser Grenzen - durch das Transplantationsexperiment erreichen. Im fol- genden sei daher fiber Versuche berichtet, in denen i Die Letalitat beschrankt sich auf homozygote Tiere. 2 Im Gegensatz zu den letalen mannlichen mel/sim- Larven sind die weiblichen mel/sim-Larven voll lebens- fahig. 3 E. H a d o r n, Naturwiss. 25 [1937] ; Proc. Nat. Acad. Sci. 23 [1937]. ' ?letale" Ringdrusen in genetisch normale Larven verpflanzt wurden. Da die Ringdrusenimplantate gleichzeitig fiber die Metamorphose der Wirtstiere hinaus verfolgt werden konnten, lie-Ben sich fer- ner auch die durch das vorzeitige Absterben der letalen Wirte in situ nicht in Erscheinung treten- den imaginalen Entwicklungspotenzen der letalen Ringdrusen naher priifen. Die Ergebnisse sollen bier ebenfalls kurz geschildert werden 6. Befunde 1. Verhalten transplantierter ?leta- ler" Ringdrusen bis zur Verpuppung der Wirtslarven Nach Scharrer and H a d' o r n' ist die. Ring- driise holnozygoter lethal-giant-Larven durch ein im Vergleich zur Norm verinindertes Gro0en- wachstum der Ringdrusen-Hauptzellen charakteri- siert. Entsppechendes gilt in noch starkerem MaBe fur die Ringdrfise der letalen mannlichen mel/sim- Larven. In Abb.1 c * ist die Ringdruse einer 72-stdg. mann- lichen mel/sim-, in Abb. 1 d zum Vergleich diejenige einer 72-stdg. weiblichen mel/sim-Larve abgebildet. Man erkennt deutlich die im Wachstum zuriickgeblie- 4 E. Hadorn u. J. Neel, Roux' Arch. 138, 281 [1938]. 5 E. H a d o r n, Schweiz. med. Wschr. 70, 1237 [1940]. 6 Fur die Anfertigung der histol. Praparate mochte ich Frl. Ruth H a g l e r vielmals danken. 7 B. Scharrer u. E. Hadorn, Proc. Nat. Acad. Sci. 24, 236 [1938]. Abb. 1 a-k siehe Tafel S. 296 e. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 benen Drusenzellen der mannlichen Bastardlarve; im Gegensatz zur Mutante igl sired her neben den Haupt- zellen (Hz) auch die dem Corpus allatum (C. a.) zu- gehorigen Ringdrii.senzellen von der Wachstumshem- mung betroffen. Die in Abb.1 c abgebildete Grolle der Zellen wird auch in alteren mannlichen mellsim-Lar- ven nicht iiberschritten. Es war daher zu prufen, ob die Wachstumshem- mung - die zugleich die Ursache fur die oben erwahnte ungeniigende Produktion von Verpup- pungshormonen in den letalen Larven sein diirfte - bei Verpflanzung der letalen Ringdrusen in ein normales Milieu ausbleibt. Zu diesern Zwecke wurden Ringdrusen von 1g111- Bowie von mann- lichen mel/sim-Larven in die Leibeshohle normal lebensfahiger Larven transplantiert and die Im- plantate zur Zeit der Pupariumbildung der Wirts- larven auf ihre Zellgrolle untersucht. Als Wirte fur die lgl-Implantate wurden die ens den gleichen Zuchten stammenden heterozygoten lgl en bwlCy cn2-Larven, als Wirte fur die mannlichen mellsim-Implantate die weiblichen mellsim-Bastard- larven gewahlt. Das Alter aller Wirtslarveh betrug zur Zeit der Implantation 38-40 Stdn., dasjenige der lgt-Spenderlarven stets 38-40 Stdn., dasjenige der mel/sim-Spenderlarven dagegen 24-26, 38-40 oder 62-64 Stunden. Um das Auffinden der Implantate zu erleichtern, wurden die Ringdrusen stets zusammen mit den larvalen Hirnhemispharen sowie den mit die- sen verbundenen Augen - Antennen - Imaginalscheiben verpflanzt. Da letztere bei den in Frage kommenden letalen Larven auch unter den normalen Milieubedin- gungen mehr oder weniger stark degenerieren, war hiermit gleichzeitig die Moglichkeit gegeben, stets die genetische Konstitution der Implantate zu verifizieren. In Abb. 1 b ist ein Schnitt durch eine transplan- tierte lgl-, in Abb.1 e and 1 g durch eine transplan- tierte mannliche mel/sim-Ringdruse wiedergege- ben. Wahrend die Hauptzellen der lgl-Ringdruse auch im normalen Wirt in ihrer Groile hinter der Norm zurUckbleiben (vergl. Abb. 1 b mit Abb.1 a), ist der fordernde Einflull des normalen Wirts- milieus auf die letale mel/sim-Ringdruse sehr aus- gepragt (vergl. Abb. 1 e u. 1 g mit Abb. 1 c u. 1 f ). Dies ist besonders deutlich zu erkennen in dem Schnitt der Abb. 1 g. Es handelt sich um einen der- jenigen Falle, in denen die letale Ringdruse in einen jiingeren Wirt verpflanzt wurde. Der for- dernde EinfluIl erstreckt sich hier sowohl auf die Hauptzellen als auch auf die Zellen des Corpus e Die lgl-Larven stammten aus einer lgl cn bw/Cy cn2- (- lethal-giant-cinnabar-brown/Curly-cinnabar-2)-Kul- tur, die Hr. Prof. H a d o r n zur Verfugung stellte, woftir ich meinen besten Dank aussprechen mochte. allatum. (In schroffem Gegensatz hierzu stelit das Verhalten der zusammen mit der letalen ntel/sim-Ringdruse verpflanzten Hirnhemispharen and Augenantennenscheiben, die stark in ihrein Wachstum zuruckgeblieben sind and gleichzeitig degenerierende Zellen aufweisen, s. Pfeile Abb. 2 a raid b.) ** Die Untersuchung weiterer, hier nicht abgebil- deter Implantate letaler Ringdrusen ergab ahn- liche Befunde. Zusammenfassend konnen wir so- mit schliellen, dali die in situ herabgesetzteWachs- tumsintensitat der letalen Ringdrusen bei der Mutante lgl vorwiegend durch die genetische Kon- stitution der Ringdrusenzellen, bei den mannlichen Bastardlarven dagegen in erster Linie milieube- dingt ist. Diese Schlutifolgerung hat fur den Fall der Mutante lgl allerdings nur dann Giiltigkeit, wenn eine schon vor der Transplantation erfolgte Schadigung der lgl-Ringdrusen Burch das letale Milieu ausgeschlossen werden kann. Diese Vor- aussetzung ist durch die Tatsache gerechtfertigt, dali die Grol3e der Zellen der lgl-Ringdrusen zur Zeit der Transplantation noch nicht von der nor- malen abweicht. 2. Verhalten transplantierter ?leta- ler" RingdrUsen wahrend des Imagi'- nallebens der Wirtstiere Bei Drosophila degenerieren normale Ringdrii- senhauptzellen - in situ `vie auch im Transplan- tat (V o g t 9) - in den ersten Stunden des Imagi- nallebens, so da11 von der larvalen Ringdruse in der Imago nur die Zellen des Corpus allatum Bo- wie der Corpora cardiaca persistieren. Eire ent- sprechendes Verhalten zeigten auch die transplan- tierten RingdrUsen von homozygoten lgl- turd mannlichen mel/sim-Larven. In Abb. 1 h u. i sowie Abb. 2 d u. e sired zwei letale Ringdrusenimplantate wiedergegeben, die einige Stun- den nach 8chliipfen der Wirtsimagines fixiert wurden. In beiden Fallen ist die beginnende Degeneration der Hauptzellen an dem Auftreten sich mit Hamatoxylin dunkel farbender Kugeln (s. Pfeile) zu erkennen. In alteren Wirtsimagines verschwinden die Hauptzellen vollig, wahrend die Zellen des Corpus alldtum and der Corpora cardiaca auch auf diesem Stadium deutlich erhalten bleiben (Abb.1 j u. k; Abb. 2g, h u. j). Der einzige histologische Unterschied, der sich bei den adulten Ringdrusen letaler Spenderlarven aufzigen liell, war eine durchschnittlich gerin- M. V o g t, Roux' Arch. 142, '131 (1942]. ** Abb. 2 a-j siehe Tafel S. 296 d. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 294 VERHALTEN TRANSPLANTIERTER RINGDRTYSEN gere GrO1 e der Corpus-allatum-Zellen (vergl. die Corpus-allatum-Zellen in Abb. 1 j and Abb. 2 g u. h mit denjenigen einer weiblichen mel/sim-Spender- larve10 in Abb.2i). In einer letzten Versuchsserie wurde die Funk- tionsfahigkeit der ?adulten" Corpus-allatum-Zellen der Mutante lethal-giant-larvae ndher untersucht. Es wurden zu diesem Zwecke je zwei lgl-Implan- tate 2 his 9 Tage nach dem Schlupfen der Cy- Wirte in allatectomierte 11 D. hydei - Weibchen iibertragen and ihr Einflul, auf die Wirtseier- stocke gepriift. Wie aus der Tab. ersichtlich ist, Alter der Cy.Wirtsimago zur Zeit der 17bertragung des lgl-Implantates in den hydei-Wirt Bildung Aus- reifeP bleiben Eier der Eireifung 2 Tage 3 ? 5 7 0 9 1 13 In 3 Fallen wurden an Stelle der gesamten Gehirn- ringdrusenkomplexe lediglich die abpraparierten Ring- driisen implantiert. Tab. Forderung der Eireifung in allatectomierten D. hydei-Weibchen durch Implantation ,,adulter" igl- G eh i rnri ngdrus enk omplexe. kam es in 12 der 13 hydei-Weibchen zur Eirei- fung, wahrend letztere in 13 Kontrollweibehen, in die an Stelle der lgl-Implantate lediglich Ringer- ldsung injiziert wurde, ausblieb. Da die lgl-Implantate neben den adulten Ringdrusen auch noch Hirngewebe enthalten, lieBe sich die FSr- derung der Eireifung auch auf eine Mitilbertragung in den Hirnhemispharen gespeicherten Corpus-allatum- Hormones zurilckfiihren. Eine solche Mitubertragung gespeicherten Hormones konnte indessen fur 3 Falle der Tab. (s. *) mit Sicherheit ausgeschlossen werden. So war es in diesen 3 Fallen moglich, die adulten Ringdriisen vor der U"bertragung in den hydei-Wirt von den Hirnhemispharen abzulosen and getrennt zu verpflanzen. Die hydei-Weibchen mit den isolierten Ringdriisen-Implantaten bildeten reife Eier aus, wah- rend eine Eireifung in den Weibchen mit den Gehirn- Implantaten ausblieb. Es ist also bei der Mutante lgl die Persistenz der Corpus-allatum-Zellen mit einer solchen der Funktion verbunden. Bekanntlich gliedert H a d o r n 12 die Organe der lgl-Mutante in drei Gruppen: die ganz normalen, die im Wachstum gehemmten, aber eine unveran- derte Zellstruktur zeigenden Organe and die de- generierenden Organe. Nach dieser Gliederung ge- hort das adulte Corpus allatum der Mutante le- thal-giant ebenso wie die larvalen Hauptzellen der Ringdriise zur zweiten Gruppe. Dabei zeigt die oben nachgewiesene Funktionsfahigkeit der adul- ten lgl-Corpus-allatum-Zellen von neuem. die Be- rechtigung, mit H a d o r n die zweite Organgruppe von den degenerierenden Organen der dritten Gruppe zu trennen. 10 Die abgebildete GroBe gilt in gleicher Weise fur heterozygote Cy-Spenderlarven. 11 Aus rein technischen Grtinden wurden stets zu- sammen mit dem Corpus allatum auch die Corpora cardiaca and das Ganglion hypocerebrale entfernt. 13 E. H a d o r n, Arch. Jul.-Klaus-Stiftg., Erganzgs.- band zu 20, 82 [1945]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Untersuchungen uber basophile Plasmastrukturen Von ANGELA NOLTE Aus dean Zoologischen Institut der Universitat Munster (Z.'Naturforschg. 2 b, 295--300 [1947]: eingegangen am 3. Marz 1947) Die biochemische Methode von B r a c h e t zum Nachweis der Ribonucleinsauren wurde mit der Methode von P i s c h i n g e r zur Bestimmung der Umladungsbereiche mit acidi- metrisch abgestuften Farblosungen and mit polarisationsoptischen Untersuchungeri kom- biniert. Es wurde auf diese Weise die basophile Struktur?der verhornenden Epidermis, des Ergastoplasmas and der Nifl-Schollen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dad der von Z e i g e r bei verhornenden Epithelien beschriebene Ladungsschwund primar nichts mit der Alterung von Geweben (Proto- plasmahysteresis von R u z i c k a) zu tun hat. Dieser Ladungsschwund beruht vielmehr auf der Abnahme der Konzentration der Ribonucleotide von der Epithelbasis zur Ober- flache hin. Weiterhin wurden Ribonucleotide nachgewiesen im Ergastoplasma des Pankreas der weiden Maus and in den Nibl-Schollen der Ganglienzellen des Ruckenmarks der weilen Maus. Die Doppelbrechung des Ergastoplasmas erwies sich als abhangig von einem orien- tierten Einbau der Ribonucleinsauren. Nach der Behandlung des Ergastoplasmas mit Ribonuclease ist die Doppelbrechung nicht wieder hervorzurufen. M it der Entwicklung der Farbungstechnik in der zweiten Halfte des vorigen Jahrhunderts wurde es deutlich, dad bestimmte Zellelemente basische, andere saure oder neutrale Farbstoffe bevorzugen. Da die Kerne in der Regel eine besondere Affinitat zu ?basischen Farbstoffen zeigen, bezeichnete man diese Farbstoffe als ,Kernfarbstoffe" and hielt kon- sequenterweise alle Strukturen des Cytoplasmas, die in ahnlicher Weise eine Vorliebe fur solche Farb- stoffe zeigen, fur vom Kernchromatin abstammende Gebilde. H e r t w i g pragte Air these Plasmastrukturen den Ausdruck ?Chromidien". Die Cytologen glaubten durch ihre mit den verschiedensten Farbungstechni- ken durchgeftihrten Untersuchungen nachweisen zu konnon, dad wirklich ein Chromatinaustritt durch die Kernmembran hindurch erfolge, and zwar besonders stark in Zellen mit lebhafter Tatigkeit. G o 1 d - s c h m i d t l ging in seiner Chromidialtheorie so weit, Ergastoplasma, Dotterkerne, Nilll-Schollen, Mitochon- drion u. a. mit Chromidien zu homologisieren. Zu der plotzlichen Ablehnung der Chromidialtheo- rie trugen in besonderem Made die Entwicklung der Cytogenetik einerseits and die histochemische Erfor- schung der Kernstrukturen andererseits bei. Die Cytogenetik hatte eine grundsatzliche Trennung der Chromosomenstrukturen vom Plasma erwiesen, and 1 R. G o 1 d s c h m i d t, Chromidialapparat lebhaft funktionierender Gewebszellen. Zool. Jb. 21, 49-140 [1909]. 2 T. C a s p e r s s o n, Untersuchungen der Nuclein- saureverteilung im Zellkern. Z. wiss. Mikroskopie mi- kroskop. Techn. 53 [1936]. F e u 1 g e n erbrachte snit seiner Nuclealreaktion den eindeutigen histochemischen Nachweis, dad die Thymo- nucleinsaure, auf der die starke Farbbarkeit der Kerne mit basischen Farbstoffen im wesentlichen beruhen mull, auf Chromosomen bzw. Zellkerne beschrankt ist. (Heute wissen wir, dab sie auuerdem in Bakte- rien, Cyanophyceen and Viren aulerhalb eines Zell- kernes vorkommt.) Hierdurch schien die Chromidial- natur der basophilen Plasmastrukturen ernstlich in Frage gestellt. Die Vermutung jedoch, dad auch fur die typische Basophilie des Cytoplasmas Nucleinsauren mitver- antwortlich zu machen sind, konnte neuerdings durch zwei Methoden exakt bewiesen werden: einmal mit der Messung der Absorptionsspektren in ultraviolet- tem. Licht nach C a s p e r s s o n 2 and zum anderen mit der histochemischen Methode, wie sie B r a c h e t 3 an- wandte. Caspersson vermochte mit Hilfe der Mikro- skopie in ultraviolettem Licht zum erstenmal im Cytoplasma exakt Nucleinsauren zu erfassen, die keine Feulgensche Nuclealreaktion geben. Es handelt sich um Nucleinsauren von Ribosenatur. Schon vor Brachet hatte u. a. van H e r w e r den 4 durch ihre Losungsversuche mit Nuclease aus der Milz zu beweisen geglaubt, dal3 basophile Struk- turen, wie Nifll-Schollen usw., aus Nucleinsauren 3 J. B r a c h e t, Der histochemische Nachweis der Pentosenucleinsauren. C.R. Seances Soc. Biol. Filiales Associees 133 [1940]. 4 M. A. van H e r w e r d e n, 17ber die Nuclease- wirkung auf tierische Zellen. Arch. Zellforschg. 10 [1913] ; Uber die Nuclease als Reagens auf die Nu- cleinsaureverbindungen der Zelle. Anat. Anz. 47 [1914]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 296 A. NOLTE bestehen. Nach der heutigen Auffassung konntn aber diese Ergebnisse von van H e r w e r d e n nicht als Kriterium gewertet werden, da es rich bei der Nuclease aus 'der Milz wohl um ein Fermentgemisch gehandelt hat. Erst die Versuche von Brachet mit einer spezifischen Nuclease, der Ribonuclease aus Rinderpankreas, ermoglichen uns einen einfachen and exakten histochemischen Nachweis der Ribonucleotide des Cytoplasmas. Dieses Ferment zeichnet sich durch eine Beschrankung seiner Wirkung nur auf die Ribo- nucleinsauren aus. Weder die Thymonucleinsaure, noch die Eiweillstoffe, noch die Glykoproteide wer- den angegriffen. Wichtig ist ferner, dall die Wirkung der kristallisierten Ribonuclease auf die Hefenuclein- sauren durch biochemische Untersuchungen weit- gehend geklart wurde (Fischer, Schramm5). Es erfolgt dabei ein Abbau der Polynucleotide his zu Mononucleotiden and damit eine Vermehrung der freien Saureaquivalente, and zwar entsteht auf vier der vorhandenen Aciditaten eine neue. B r ache t verglich die Wirkung seiner aus Rin- derpankreas gewonnenen Ribonuclease mit der Wir- kung- der kristallisierten Ribonuclease and erzielte bei seinen Untersuchungen an -Gewebestiickchen oder Paraffinschnitten mit beiden die gleichen Ergebnisse. Nach der Behandlung mit Ribonuclease bei 651 his 70 ? zeigen die basophilen Strukturen des Plasmas keine Affinitat zu basischen Farbstoffen mehr. Dieses Verschwinden der Affinitat zu basischen Farbstoffen nach der Fermenteinwirkung gilt nach Brachet als Kriterium fur das Vorhandensein von Ribonucleoti- den. Bracket selbst beschrieb die Wirkung des Fer- mentes mit folgenden Worten: ?La rbonuclease n'a done provoque aucune attaque des proteines, elle a simplement fait disparaitre leur basophilie." Wahrend nun Schramm and Fischer bei ihren bio- chemischen Untersuchungen der Ribonucleasespal- tung der Hefenucleinsaure eine Zunahme der Acidita- ten feststellen konnten, fand Brachet, dal3 die von ih,m untersuchten Strukturen and Gewebe ihre starke Aciditat, die sich in ihrer Affinitat zu basischen Farb- stoffen zeigte, nach der Fermenteinwirkung verloren haben. Es ist selbstverstandlich, dali die an Geweben oder Paraffinschnitten durchgefiihrten Fermentver- suche viel zu komplexer Art sind, als dal3 man sick schon jetzt exakte Vorstellungen von den hervor- gerufenen Veranderungen machen konnte. Ziehen wir aber in Erwagung, dall B r ache t 6 feststellen konnte, dal3 sich nach der Einwirkung von Ribonuclease auf Organisator-Implantate in der gebrauchten Ferment- losung im grollen tiberflull ldsliche Derivate der Ribonucleinsaure befanden, so konnte man vermuten, F. G. F i s c h e r, Zum enzymatischen Abbau and zur Struktur der Nucleinsauren. Naturwiss. 1942, 377 -408; G.Schramm, G.Bergold u. H.Flain- in e r s f e l d, Zur Konstitution der Hefenucleinsaure. Z.Naturforschg. 1, 328 [1946]. 6 J. B r a c h e t, Embryologie chimique [1944]. A. P i s c h i n g e r, Die Lage des isoelektrischen Punktes histologischer Elemente als Ursache ihrer verschiedenen Farbbarkeit. Z. wiss. Biol., Abt. 13, Z. Zeliforschg. 3, 169-197 [1926]. dad die die Basophilie hervorrufende Ribonuclein- saure durch das Ferment gespalten wird (vielleicht his zu Mononucleotiden) and die entstehenden Teil- produkte mehr oder weniger in Losung gehen. Auf diese Weise konnte man sich das Verschwinden der Basophilie erklaren. Andererseits ware es denkbar, dab die freienSauregruppen innermolekular verestert werden and so das Verschwinden der Basophilie her- vorrufen. Fur die vorlie~enden Untersuchungen war die Entscheidung dieser Frage von keiner wesent- lichen Bedeutung. Wichtig ist lediglich, data die Ribo- nuclease eine spezifische Wirkung nur auf die Ribo- nucleotide austibt. Meine Aufgabe war as, diese histochemischen Er- gebnisse von Brachet in Einklang zu bringen mit den mehr physikalisch gerichteten Untersuchungen von Pischinger7, Zeiger8 and Riese fiber das Ladungsmosaik von Geweben and mit der polari- sationsoptischen Methode. Insbesondere war die Rich- tigkeit der Protoplasmahysteresis fur den Verhor- nungsvorgang mit den Methoden von Brachet and Pischinger zu ilberpriifen. Die Untersuchungen warden auf Anregung and tinter Anleitung meines hochverehrten Lehrers, Ilrn. Prof. Dr. E. R i e s, durchgefuhrt, der leider im Fe- bruar 1944 gefallen ist. Ich werde seiner stets in Dankbarkeit gedenken. 1. Material and Technik Fur die vorliegenden Untersuchungen warden Dru- senzellen, nervose Gewebe and verhornendes Epithel bendtigt. Ich wahlte zu diesem Zwecke Pankreas and Ruckenmark der weillen Maus and als verhornendes Epithel Menschen-Zehenhaut, die mir freundlicher- weise vom Anatomischen Institut der Universitat Munster zur Verfugung gestellt wurde. Als Fixierungsmittel wurde stets 96-proz. Alkohol angewandt, um eine moglichst geringe Verschiebung des isoelektrischen Punktes (I.E.P.) der Gewebs- eiweillstoffe zu erhalten. Die Einbettung erfolgte caber Xylol bzw. Benzol in Paraffin, mit Ausnahme der Zehenhaut, deren Sprddigkeit durch eine Be- handlung mit Methylbenzoat-Celloidin herabgesetzt wurde. Die Bestimmung des I.E.P. wurde mit der von P i s c h i n g"e r ausgearbeiteten Methode mit acidime- trisch abgestuften Losungen eines nicht umladbaren, hochdispersen, sauaen and basischen Farbstoffes (Schering-Kahlbaum-Losungen, Citrat- and Phosphat- gemische) durchgefuhrt. Als Farbstoffe dienten das basische Methylenblau and das satire Kristallponceau in einer Verdiinnung von 1:20000. Zur Fixierung der Methylenblau-Farbung verwandte ich eine 1-proz. Ammoniummolyb dat-Losung. 8 K. Z e i g e r, Das Ladungsmosaik der Epidermis. Z. Zellforschg. 23, 431-441 [1936]. 9 E. R i e s, Zur Histophysiologie des Mausepankreas nach Lebendbeobachtung, Vitalfarbung and Stufen- untersuchung. Z. Zellforschg. 22, 523-585 [1935]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 A. Nolte; Untersuchungen fiber basophile Plusuiastruleturen Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Abb. 1. a) Verhornende Epidermis der menschlichen Zehe. b) Verhornende Epidermis der menschlichen Zehe Methylgrtin-Pyronin-Farbung. nach 1/4-std. Behandlung mit Ribonuclease. Methylgriin- Vergr. 110/1. Pyronin-Farbung. Abb. 2. Verhornende Epidermis der menschlichen Zehe, 1/4 Min. mit Ribonuclease (1 : 1000 verdtinnt) bohandelt. Methylgriin-Pyronin-Farbung. Verge. 90/1. Abb. 3. Ausschnitt aus Abb. 2, stark vergrofiert. Vergr. 520/1. Zeitschrift f" IA `i'&md"I or`R I4a&d 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 a) Ergastoplasma in den Zellen des Pankreas der weiilen Maus. Methylgriin-Pyronin-Farbung. Vergr. 520/1. b) Pankreaszellen nach 1/,-std. Behandlung mit Ribonuclease. Methylgriin-Pyronin-Farbung. Vergr. 520/1. Abb. 5. a) NiBI-Schollen in den Nervenzellen des Rucken- b) Nervenzellen des Ruckenmarks der weillen Maus marks der weillen Maus. Methylgrun-Pyronin-Farbung. nach 1/4-std. Behandlung mit Ribonuclease. Methyl- Vergr. 520/1. griin-Pyronin-Farbung. Zeitschrift fiir Naturforschun 2b, Seite 296b Approved or Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 M. Vogt, Verhalten transplantierter Rinydrasen ?letaler"? Drosophila-Larven (Seite 292) Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-0,0415R000700040006-3 Abb. I a. Schnitt durch eine transplantierte heterozy- gote Cy-Ringdruse, Wirt weille Puppe. Vergr.500/1. b. Schnitt durch eine transplantierte lgl-Ringdruse, Wirt weille Puppe. Vergr.500/1. c. Schnitt durch eine 72-stdg. mannliche mellsim- Ringdriise. Vergr. 500/1. d. Schnitt durch eine 72-stdg. weibliche mel/sim-Ring- drtise. Vergr. 500/1. e. Schnitt durch eine transplantierte mannliche mel/sim- Ringdriise. Spenderlarve zur Zeit der Verpflanzung 38-40 Stdn. alt, Wirt zur Zeit der Sektion weide Puppe. Vergr. 500/1. f. Schnitt durch eine transplantierte weibliche mel/sim- Ringdrtise. Wirt weif e Puppe. Vergr. 500/1. g. Schnitt durch. eine transplantierte mannliche mel/sim- Ringdrtise. Spenderlarve zur Zeit der Verpflanzung 62-64 Stdn. Wirt zur Zeit der Sektion weille Puppe. Vergr. 500/1. h u. i. Zwei Nachbarschnitte durch eine transplan- tierte mannliche mel/sim-Ringdrtise. Spenderlarve zur Zeit der Verpflanzung 24 Stdn. alt. Wirt zur Zeit der Sektion 0 - 6 - Stdn. -Imago . In Pfeilhohe degenerie- rende Hz. Vergr. 500/1. u. k. Zwei Nachbarschnitte durch eine transplan- tierto mannliche mel/sim-Ringdruse. Spenderlarve zur Zeit der Transplantation 24 Stdn. alt, Wirt zur Zeit der Sektion 3 Tage alte Imago. Vergr. 500/1. Abkiirzungen: C.a. = Corpus allatum; Hz = Hauptzel- len; C.c. = Corpora cardiaca. Zeitschrift fiir Naturforschung 2 b, Seite 296c Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Alb. 2 a u. b. Schnitt durch eine Hirnhemisphare so- wie eino Augenscheibe (Au) eines mannlichen mel/sirrn- Implantats, dessen zugehorige Ringdrtise in Abb. 1 g wiedergegeben ist. In Rohe der Pfeile degenerierende Zellen. Vergr. a 300/1, b 500/1. c. Schnitt durch nine Hirnhemisphare sowie eineAugen- scheibe (Au) eines woiblichen mel/sim-Implantats. Wirt zur Zeit der Sektion wei[3e Puppe. Bh=Bildungsherde. Vergr. 300/1. Vergl. mit Abb. 2 a. d it. e. Zwei Nachbarschnitte durch cine transplantierte 1.y1-Ringdruse. Wirt zur Zeit der Sektion 0-6 Stdn. alto Imago. In Pfeilhohe degenerierende Hz. Vergr. 500/1. f. Schnitt clinch eine transplantierte lgl-Ringdruse. Wirt zur Zeit der Sektion 0-1 Stdn. alto Imago. Gut er- haltene Corpora-cardiaca-Zellen. Vergr.500/1. g u. h. Zwei Schnitto durch zwei ?adulte" lgl-Corpora allata, in g Wirt 2 Tage alto Imago, in h 3 Tage alto Imago. Vergr. 500/1. i. Schnitt durch ein transplantiertes ,adultes" Corpus allatum einer weiblichen mel/sim-Larve. Wirt 2Tage alto Imago. Vergl. mit g u. li sowie mit Abb. 1 j. Vergr. 500/1. j. Schnitt lurch eine zweimal verpflanzte ?adulte" 1q1- Ringdrtise; die zweite Verpflanzung erfolgte aus der 2 Tage alten Cy-Imago in ein allatectomiertes hydei- V"eibehen. Sektion 3 .Cage nach zweiter Ubertragung. Vergr. 500/1. Zeitsebrift fiir Naturforschung 2b. Seite 296d Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 UNTERSUCHUNGEN BASOPHILER PLASMASTRUKTUREN 297 Die polarisationsoptischen Untersuchungen wurden entsprechend den Angaben von Ries 10, nach vor- heriger Behandlung der Gewebe mit acidimetrisch ab- gestuften Losungen, mit Hilfe des Bernauer Polari- sationsfilters von ZeiB durchgefi hrt. Fur die Losungsversuche mit Ribonuclease stellte ich die Fermentlosung nach den Angaben von Brachet folgendermalen her: Rinderpankreas wurde fein zer- kleinert and 24 Stdn. bei 37 ? mit 1-2 Vol. Essigsaure (0,1-n.) behandelt. Dann wurde 10 Min. gekocht (Ribo- nuclease ist nach Jones11 und B r a c h e t im Gegen- satz zu fast allen anderen Fermenten, deren Wirkung beim Erhitzen vernichtet wird, kochbestandig), fil- triert, das Filtrat neutralisiert and nochmals filtriert. Daraufhin wurde die Losung dialysiert and der sich bildende Niederschlag durch Zentrifugieren entfernt. Die Schnitte wurden von Paraffin befreit, die Alko- holstufen kurz hinuntergefiihrt and verschieden lange Zeit (5 Min. bis 2 Stdn.) bei 65 ? bis 70 ? in die Ribo- nucleaselosung gestellt. Zur Kontrolle wurden Schnitte gleich lange Zeit bei derselben Temperatur in destil- liertes Wasser gebracht. Samtliche Mikrophotographien wurden mit dem Panphot (Leitz) unter Anwendung eines Griinfilters angefertigt. 2. Verhornende Epidermis Von ganz besonderer Bedeutung waren die Untersuchungen des Verhornungsprozesses der Epithelien fur eine der wesentlichsten neueren Alterstheorien, ni mlich fur R u z i c k a s Proto- plasmahysteresis. Ruzicka and seine Schule 1'2 fUhren das Altern von Zellen and Geweben auf kolloidchemische Zustandsanderungen des Proto- plasmas zuriick. Wie manche Kolloide sich mit der Zeit verandern (Synarese), so soil sich auch die Substanz des lebenden Organismus vom Be- ginn der Entwicklung his zum Tode kontinuier- lich verdichten. Diese Verdichtung infolge von Wasserverlust soil aufLadungsschwund berv-hen. Nach Ruzicka sinkt im Laufe der Entwicklung and des individuellen Lebens die H-Ionenkon- zentration in den Korpersaften wie auch in den Zellen stetig, d. h. die Ladung der Korpersub- stanz nahert sich immer mehr dem Neutralpunkt. Er sieht in der Histogenese der Oberhaut des Molches - also in einem Verhornungsprozel - einen klassischen Beleg fur seine Theorie. 10 E. R i e s, Der submikroskopische Ban der Pan- kreaszelle. Z. Zellforschg. mikroskop. Anat. 1940, 456-466. 11 W. J ones , Amer. J. Physiol. 52, 203 [1920]. 12 VI. R u z i c k a, Beitrage zum Studium der Protoplasmahysteresis. (Zur Kausalitat des Alterns.) Roux'Arch. 101, 459-482 [1924]; 116, 104-122 [1929]. Z e i g e r 13 glaubte durch seine histologischen Untersuchungen fiber die Verhornung von Epi- thelien die Theorie der Protoplasmahysteresis be- statigen zu konnen. Er bestimmte durch Reihen- versuche mit acidimetrisch abgestuften Losungen je eines nicht umladbaren basischen and sauren Farbstoffes (Methode Pischinger) das Ladungs- mosaik der Epidermiszellen. Gleichzeitig ermit- telte er die Strukturdichte der verschiedenen Zell- schichten, vor allem mit der Heidenhainschen Eisenhamatoxylinfarbung. Er kam zu folgendem Ergebnis: ,Bei allen geschichteten Plattenepithe- lien verschieben sich die Umladungsbereiche in der Richtung von der Epiihelbasis bis zur Ober- flache von weit in saurem Gebiet gelegenen Wer- ten nach dem Neutralpunkt zu." Parallel zu die- sem Befund konnte er eine Zunahme der Struk- turdichte in den oberflachlichen Schichten des Epithels feststellen. Er schlol aus diesen Ergeb- nissen, daB es bei der Differenzierung and Alte- rung von Zellen in mehrschichtigen Epithelien als Folge der Protoplasmahysteresis zu einer fort- schreitenden Synarese der Zellkolloide komme. Eigene Untersuchungen: Es war zu erwarten, dali die typisehe Basophilie der ver- hornenden Epidermis auf einem Gehalt an Ribo- nucleotiden beruhen mull. Ich fuhrte im Som- mer 1941 die Fermentlosungsversuche nach Bra- chet durch and konnte feststellen, daB nach einer 1-,std. Einwirkung' der Ribonuclease bei 65 ? bis 70 ? die Affinitat zu basischen 'Farbstoffen ver- loren gegangen war. Die Schnitte lielen sich nicht rnehr mit Pyronin anfarben (Abb.1). Zu dem gleichen Ergebnis gelangte spater auch B r a - chet14. Um das Verschwinden der Basophilie naher zu erfassen, fuhrte ich Farbungen mit acidimetrisch abgestuften Farblosungen durch. (Naheres fiber these Methode von Pischinger bei Zeiger 15.) Vor der Behandlung mit Ribonuclease stellte ich als Umladungsbereiche (I.E.P.) des Cytoplasmas der verschiedenen Zell-Lagen - kenntlich an dem sprunghaften Riickgang der Farbungsintensitat - gleichmaBig in den verschiedenen Zellschichten 13 K. Zeiger, s.Anm.s. 14 J. B r a c h e t, La localisation des acides pen- tosenucleiques dans les tissues animaux et les oeufs d'amphibiens en voie de dSveloppement. Arch. de Biol. 207 [1942]. 15 K. Z e i g e r, Der Einflul von Fixationsmitteln auf die Farbbarkeit histologischer Elemente. Z. Zell- forschg. 10 [1930]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 A. NOLTE folgende Werte fest (Fixierung in 96-proz. Alko- hol) : Basale Zellschicht pH 2,9 Stachelzellen pH 3,4 Obere Zellschicht pH 3,9. Die trbergange zwischen den einzelnen Zell- schichten sind nicht Scharf, sondern flieLend. Es verschiebt sich also der isoelektrische Bereich des basophilen Plasmas vom Stratum germinativum bis zur Oberflache langsam von pH 2,9 in Rich- tung des Neutralpunktes and zwar um 1 pH-Ein- heit. Ahnliche Verschiebungen hatte Z e i g e r bei den verschiedensten Plattenepithelien beschrieben, z. B. dem Zahnfleisch (Hutaffe), der Hornhaut (Kaninchen), dem Harten Gaumen (Hutaffe), der Speiserohre (Pferd). Nach einer 1/4-std. Behandlung der mit Alkohol fixierten Schnitte mit Ribonuclease bei 65 ? his bis 70' wurde ebenfalls die I.E.P.-Bestimmung nach Pischinger durchgefiihrt. Die einzelnen Schichten der Epidermis zeigten nun kein La- dungsmosaik mehr. Es scheint also ein Zusam- menhang zu bestehen zwischen den Ribonucleoti- den in der verhornenden Epidermis and dem Ladungsschwund. Sind nun die Ribonucleotide gleichmafig in den verschiedenen Zellschichten verteilt? Um diese Frage zu beantworten, wur- den Verdiinnungen der Fermentlosung his zu 1:1000 hergestellt and die Einwirkungszeit his auf 1/4 Min. abgekiirzt. Die Abb. 2 zeigt einen Schnitt, der 1/4 Min. der auf 1: 1000 verdiinnten Fermentlosung ausgesetzt war. Das Plasma der unteren Zellschichten ist noch schwach mit Pyro- nin angefarbt, wahrend das Plasma der oberen Zell-Lagers farblos erscheint. Noch deutlicher ist diese Abnahme der Anfarbbarkeit mit Pyronin auf einem vergrolerten Ausschnitt dieses Schnit- epithelien nachweisen konnte, auf die Abnahme der Ribonucleotide von der Keimschicht zur Horn- schicht and die damit verbundene Abnahme der Basophilie zuriickzuftihren ist. Z e i g e r glaubte aus dem Ladungsriickgang der Substrate and der zunehmenden Starke der Doppelbrechung schlieBen zu konnen, dal mit fortschreitender Alterung der Zellen als spezi- fische Koiidensationsprodukte der Plasmahystere- sis ureter Wasserabgabe and Schrumpfung immer mehr and mehr stabchenformige Mikrone ent- stehen. Er nimmt an, daB Beim Aneinanderlagern der stabchenformigen Proteinmicellen durch die Riickkehr von dissoziierten lonen in das Gitter des Molekiilgefiiges geladene Teilchen verschwin- den. Statt dieser Annahmen and Vermutungen Zeigers konnte durch die' vorliegenden Unter- suchungen der Ladungsschwund exakt auf die Abnahme der Ribonucleotide in .den einzelnen Zellschichten zurtickgefiihrt werden. Die Tat- sache, dal die Ribonucleotide am starksten in der Keimschicht auftreten, laBt sich durch ihre Be- deutung ftir die EiweiB-Synthese erklaren. C a s - p e r s s o n and B r a c h e t'7 fanden Ribonucleo- tide im Plasma stets dort, wo eine rasche Zellver- mehrung and vor allem eine EiweiBproduktion stattfindet. Beide Forderungen sind bei unserem Untersuchungsobjekt erfiillt, sowohl die rasche Zellvermehrung in der Keimschicht als auch die starke Produktion von Proteineil als Grundlage fur die Keratinbildung. Es zeigt sich also, daB der Ladungsschwund in verhornenden Epithelien zunachst nichts mit einer Synarese der Zellkolloide zu tun hat, wie es Zeiger annimmt. Er ist vielmehr durch die Ab- nahme der Ribonucleotide bedingt, die ihrerseits bei der Synthese der Eiweile mitwirken. An die- sen Eiweilen kann sick d t di A ann ers e lterung tes zu sehen (Abb. 3). Die geringe Enzymmenge der Zellkolloide vollziehen. reichte bei der stark abgekiirzten Einwirkungszeit Auffallend ist es, dall nach Z e i g e r die trber- nicht aus, um die grOBeren Mengen von Ribo- gangsepithelien keinen Unterschied der Ladungs- nucleotiden in der untersten Zellschicht zu spal- aquivalente basaler and oberflachlicher Elemente ten. S c h r a m m 16 stellte ebenfalls fest, daB mit zeigen, wohl aber eine zunehmende Verdichtung geringer Enzymmenge die Spaltung der Hefe- der Strukturen. Er versuchte diese Abweichung nucleinsauren sehr unvollstandig ist. durch die mehr oder weniger ausgepragte, mehr- Da die Ribonucleotide iiberall dort, wo sie vor- reihige Anordnung von Elementen der Basal- and kommen, eine starke Basophilie bedingen, ist der Zwischenzone zu erklaren. Dadurch seien wohl beim vorliegenden Versuchsobjekt der 17 Schluf gerechtfertigt, daB die Verschiebung der umsatz T. der C a s p Zelle. e r N s s o n , aturwiss.2 299, , 33 S 33 [1941]; 4J J. BBraEich h et, . Umladungsbereiche, die Zeiger bei alien Platten- La localisation des acides pentosenucleiques pendant 16 le developpement des amphibiens. C.R. Seances Soc. s. Anm. Biol. Filiales Associees 133 [1940]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 UNTERSUCHUNGEN BASOPHILER PLASMASTRUKTUREN 299 mehr Zellen unmittelbar mit der gefaBnahen Basis des Epithels in Verbindung als beim Plattenepi- thel. Die Protoplasmahysteresis wird namlich nach Ruzicka durch das Abriicken der Zellen von ihrer Ernahrungsbasis beschleunigt. Fiir die- ses unstimmige Verhalten von Platten- and Vber- gangsepithel laBt sich jetzt, da wir annehmen miissen, dal der so auffallige Ladungsschwund, der sich each Zeiger am deutlichsten bei stark verhornenden Epithelien zeigt, auf einer Ab- nahme der Ribonucleotide von der Ba.salschicht zur Hornschicht hin beruht, eine einfachere Er- klarung linden. Der Ladungsschwund fehlt nam- lich tiberall dort, wo keine groBere Eiweiu-Syn- these stattfindet, so bei dem von Zeiger unter- suchten Harnleiter-Epithel vom Kaninchen, bei dem mehrreihigen Zylinderepithel vom Mittelteil der Pars cavernosa urethrae des Menschen and dem zweireihigen Epithel aus dem Nebenhoden- gang von Hund, Maus and Meerschweinchen. In alien diesen Fallen fehlen vermutlich grouere Konzentrationen von Ribonucleotiden, da keine besondere Eiweilproduktion wie bei der Bildung von Keratinen vorliegt. Zeiger konnte sowohl bei den Plattenepithelien als auch bei den t7ber- gangsepithelien eine Verdichtung des Plasmas feststellen, also eine Plasmahysteresis. Es ist also unsere Annahme berechtigt, dal der Ladungs- schwund bei verhornenden Epithelien primdr nichts mit einer Protoplasmahysteresis zu tun hat. 3. Ergastoplasma Als zweites Objekt zur Untersuchung von baso- philen Strukturen des Plasmas wahlte ich das Ergastoplasma des Pankreas der weiuen Maus. Als Ergastoplasma wird eine Plasmazone bezeich- net, die sich vor allem nach Fixierung mit eis- essig- and sublimathaltigen Flussigkeiten durch ihre Affinitat zu basischen Farbstoffen auszeich- net (Jacobs18). Pankreasschnitte wurden verschieden lange Zeit (2 Min. bis 2 Stdn.) der Wirkung der Ribonuclease aus Rinderpankreas ausgesetzt and dann mit Methyl- griin-Pyronin gefarbt. Nach einer 1/4-std. Einwirkung der Ribonuclease farbt sich das Ergastoplasma nicht mehr snit Pyronin (Abb. 4). Zur Kontrolle wurden Schnitte gleich lange Zeit bei derselben Temperatur (65? bis 70?) in destilliertes Wasser gebracht and anschlieuend mit Methylgriin-Pyronin gefarbt. Es 18 W. J a c o b s, Untersuchungen fiber die Cytolo- gic der Sekretbildung in der Mittel darmdruse von Astacus lept. Z. Zellforschg. 8, 1-62 [1929]. zeigt sich auger einer sehr geringen Abblassung der Pyronin-Fdrbung kein Unterschied gegeniiber den unbehandelten Schnitten. Nach der Fermentbehandlung tritt die typische Ergastoplasma-Struktur bei der Anfarbung mit sauren Farbstoffen wie Lichtgriin wieder deutlich in Erscheinung. Die vorher basophile Struktur ist also durch die Einwirkung von Ribonuclease acidophil geworden. Daraus lalt sich nach Bra- chet der Schlul ziehen, daB das Ergastoplasma Ribonucleotide enthalt, die seine Basophilie be- dingen. Das gleiche Ergebnis veroffentlichte Bra- chet 1942, and ich mochte es hier lediglich als Be- statigung noch einmal erwahnen. Soweit ich die Literatur iibersehen kann, hat Brachet seine Fermentmethode nicht mit der Me- thode zur Bestimmung der Umladungsbereiche nach Pischinger kombiniert. Ich tat es, um den Wechsel der Affinitat durch die Einwirkung der Ribonuclease exakt festzulegen. Es zeigte sich, wie erwartet, eine deutliche Verschiebung des I.E.P. des Ergastoplasmas gegen den Neutral- punkt hin : I.E.P. nach Alkoholfixierung p1I 3-3,4, I.E.P. nach Alkoholfixierung and Fermentbehandlung pA 5-6. Der Bereich der Anfarbung mit sauren Farbstof- fen ist also deutlich gewachsen. R i e s 19 gelang es, das Ergastoplasma bei der polarisationsoptischen Untersuchung doppelbre- chend zu machen, indem er das unfixierte Gewebe mit einer Reihe von acidimetrisch abgestuften Lo- sungen behandelte. Maximal etwa bei pg 1,9 tritt eine kraftige Doppelbrechung auf. Um die Ein- wirkung derRibonuclease auf dieDoppelbrechung des Ergastoplasmas zu tiberpriifen, brachte ich die mit den gepufferten Losungen vorbehandelten .Gewebestiickchen 1/4 Stde. bei 65 ? bis 70 ? in die Fermentlosung and untersuchte sie dann polari- sationsoptisch. Die Doppelbrechung war nicht mehr festzustellen. Auch nach einer anschlieBen- den, erneuten Behandlung der Stiickchen mit ge- pufferten Losungen lieu sich das Ergastoplasma nicht wieder doppelbrechend machen. Um sicher- zugehen, dal dieses Ausbleiben der Doppelbre- chung auf der Einwirkung des Fermentes be- ruht, nicht aber auf der Temperatur der Losung, behandelte ich Gewebestuckchen auf dieselbe Weise mit destilliertem Wasser. Das polarisa- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 300 UNTERSUCHUNGEN BASOPHILER PLASMASTRUKTUREN tionsoptische Bild zeigte jedoch wie vorher eine deutliche Doppelbrechung des Ergastoplasmas. Wir konnen daraus schlieBen, daB die submikro- skopischen Bausteine des basophilen Plasmas durch die Ribonuclease eine Veranderung erfah- ren haben mussen, die auch dureh die Nachbe- handlung mit acidimetrisch abgestuften Losungen nicht reversibel zu machen ist. Wir konnen an- nehmen, daB Beim Ergastoplasma die Doppelbre- chung auf einem orientierten Einbau bzw. auf Absorption von Nucleinsduren (in diesem Falle Ribonucleinsauren) beruht, ahnlich wie es S c h m i d t 20 fur den Feinbau der Chromosomen gefunden hat. Auch dort sind Eiweilmicelle an Nucleinsauremolekiile angelagert oder salzartig gebunden. I.E.P. nach Alkoholfixierung I.E.P. nach Alkoholfixierung and 4. Erganzende Untersuchungen Ahnlich wie Beim Ergastoplasma wurden auch bei den NiBI-Schollen aus den Ganglienzellen des Ruckenmarks der weiBen Maus Fermentlosungs- versuche durchgefiihrt, deren Ergebnisse mit den 1942 von Brachet veroffentlichten ubereinstim- men. Die NiBI-Schollen verlieren nach der Be- handlung mit Ribonuclease ihre Affinitat zu basi- schen Farbstoffen (Abb. 5) and zeigen eine starke Verschiebung des I.E.P. in Richtung auf den Neutralpunkt. 20 W. J. Schmidt , Die Doppelbrechung von Karyo- plasma, Cytoplasma and Metaplasma. Monographien 11, Berlin '1937. Einwirkung der Ribonuclease pH 5. Ina Laufe der Untersuchungen konnte weiter- hin gezeigt werden, dal einfache Losungsver- suche mit Salzen, Sauren oder Basen nicht als spezifische Reaktionen gewertet werden diirfen. Als Beispiel soil. ein Versuch mit 10-proz. NaCI- Losung naher ausgefiihrt werden: Es wurden kleine Stuckchen Pankreas 12 Stdn. in 96-proz. Alkohol fixiert and dann 12 Stdn. in 10-proz. NaC1-Ldsung gebracht. AnschlieBend wurden die Stuckchen entwassert and in Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden einmal mit Hamalaun-Eosin and zum anderen mit gepufferten Farblosungen gefarbt. Das Ergastoplasma war auf den mit Hamalaun-Eosin ge- farbten Schnitten kaum erkennbar. DaB es aber trotz- dem nicht herausgelost wurde, zeigen uns die nach der Methode von Pischinger gefarbten Schnitte. Das Ergastoplasma ist hier deutlich sichtbar, zeigt jedoch eine Verschiebung des I.E.P. zum Neutralpunkt hin, and zwar von PH 3-3,4 nach Alkoholfixierung bis PH 5,3. Ahnliche Verschiebungen des I.E.P. zeigt das Ergastoplasma nach Behandlung des Gewebes mit an- deren Losungen, wie 0,5-proz. HC1, konz. NaCl usw. Wir sehen also, dal das Ausbleiben der Anfar- bung nach solchen indifferenten Losungsversu- chen an der Verschiebung der Ladung der Struk- turen liegen kann. Wenn man heute iiberhaupt noch aus derartigen Losungsversuchen Schltisse ziehen will, so mUBte man sic aber auf jeden Fall mit der Methode von P i s c h i n g e r kon- trollieren. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 KOPULATION UND EIPRODUKTION BET SCHMETTERLINGEN Ober den EinfluB der Kopulation auf die Eiproduktion and Eiablage von Schmetterlingsweibchen Von HERBERT BRANDT* (Z. Naturforschg. 2 b, 301-308 11947]; eingegangen am 24. Marti 1947) 1. Beim Kiefernspanner Bupalus piniarius L. besteht ein gesicherter Unterschied in der Gesamtzahl der legereifen Eier begatteter- and unbegatteter ~? zugunsten der ersteren. 2. Dieser Unterschied wird mit steigendem Puppendurchmesser, d. h. mit steigender Korpermasse der ~~, groBer. 3. Auch bei der Mehlmotte Ephestia kuhniella Z e 11 e r besteht in demselben Sinne ein gesicherter Unterschied in der Gesamtzahl der legereifen Eier befruchteter and un- befi uchteter W. 4. Dieser Unterschied ist nicht darin begriindet, dal3 durch die bei den befruchteten ?? sehr bald einsetzende Eiablage Platz fur Neubildung von Eiern geschaffen wiirde. Er steht auch in keinem Zusammenhang mit der Lebensdauer der Imago and unter den ge- gebenen Umstanden ebenfalls nicht mit der Gesamtentwickluhgsdauer des weiblichen Tieres. 5. Von den bei der Begattung in das ? ubertragenen mannlichen Geschlechtsprodukten geht wahrscheinlich eine caber die im weiblichen Organismus liegende Eibildungstendenz hinausfiihrende zusatzlich fordernde Wirkung auf die Eiproduktion aus. 6. Begattete Kiefernspannerweibchen legen einen hohen, unbegattete einen weitaus geringeren Prozentsatz ihres Eivorrates bis zum naturlichen Tode ab. 7. Auch der Unterschied in der Eiablage begatteter and unbegatteter Mehlmottenweib- chen ist sehr groi. 8. Dieser Unterschied steht in keinem Zusammenhange mit der Groue der Eiproduktion oder der Lebensdauer, sondern ist moglicherweise die Folge einer spezifischen, eine be-. schleunigte Eiablage in Gang setzenden Wirkung der Kopulation bzw. der bei der Kopu- lation ubertragenen mannlichen Produkte. I. Eiproduktion D le Mitteilungen in der Literatur fiber die An- zahl der von Schmetterlingsweibchen produ- zierten Eier geben zwar vnrschiedene Hinweise auf einen Unterschied in der Eizahl begatteter and unbegatteter Weibchen, doch fehlt ihnen in- folge der verhaltnismaBig geringen Menge des Untersuchungsmaterials, wodurch eine statistische Auswertung unmoglich wird, die entschiedene Be- weiskraft. Im folgenden wird caber umfangreichere Untersuchungen zum angegebenen Thema be- richtet. A. Untersuchungen am Kiefern- spanner Bupalus piniarius L. Bei friiheren Untersuchungen fiber die gegen- seitigen Beziehungen von Puppengewicht, Pup- pengroBe and Eizahl beim Kiefernspannerl stellte * Z. Zt. (13b) Lailling b. Otzing (Ndb.). H. Brandt, Puppengewicht,. Puppengrole and Eizahl beim Kiefernspanner Bupalus piniarius L., Mitt. Forstwvirtschaft, Forstwissenschaft [1936]. ich die Gesamteizahl, d. h. die Summe der abge- legten and in den Geschlechtsorganen verbliebe- nen legereifen Eier, getrennt bei solchen W fest, die begattet waren and entwicklungsfahige Eier abgelegt hatted, and bei solchen, die unbegattet geblieben waren. Die Schmetterlinge schlupften aus Freilandpuppen in einem Flugkafig and wurden sofort nach dem Schlupfen paarweise isoliert, oder es wurde ein frisch- geschltipftes Y einzeln gehalten, das somit unbegattet blieb. Das ~ eines isolierten Paares kam nur dann fur die Auswertung in der Gruppe der begatteten ?? in Frage, wenn aus seinen Eiern Raupchen schliipf- ten. Die Eiablage erfolgte vbllig normal an den Nadeln eines beigegebenen Kiefernkurztriebes. Die Zahlung der Eier, der dbgelegten wie der in den Ge- schlechtsorganen verbliebenen legereifen, erfolgte nach dem naturlichen Tode des ?. Die Zahlenwerte der Eiproduktion sind der Tab.1 zu entnehmen. Die mittlere Eizahl der be- gatteten ? betragt 175,4?4,99 Eier, die der unbe- gattet gebliebenen 140,2 ? 3,53 Eier. Der Unter- schied ist statistisch gesichert: Diff M / m Diff - 5,76>3. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 H. BRANDT I abs. abs. 0/0 1 0,7 6 3,8 50 100 150 200 13 9,8 24 15,2 32 24,1 54 34,2 41 30,8 64 40,5 30 22,6 10 6,3 250 Bier I n I E Mier I a 16 12,0 133 100,0 158 100,0 Min. i 296 1 47 I 1 1 1' I Tab. 1. Gesamteizahl begatteter (A) and unbegatteter (B) Kiefernspannerweibchen. Grouter Puppen- Mittlere Eizahl Eizahl un- durch- begatteter QQ in /a messer, begat- unbegat- der Eizahl be- unbe- in mm teter teter W begatteter gattet gattet 3,9 86,0 55,4 4,1 80,4 85,4 4,3 110,4 97,5 4,5 152,6 124,5 F 4 7 186,2 152,4 4,9 202,2 161,8 5,1 246,6 184,4 5,3 296 197 6,6 1 Tab. 2. Gesamteizahl begatteter and unbegatteter Kiefernspannerwe ibchen, geschliipft aus Puppen ver- schiedener Grole. Es sei erwahnt, dal der Unterschied in der Eizahl begatteter and unbegatteter um so groBer wird, je groBer der groBte Durchmesser der Puppe, d. h., wie ich in der erwahnten Arbeit ausfiihrlich dargelegt babe, je groBer die Eiproduktionsmoglichkeit wird, die mit der Zunahme des groBten Puppendurchmes- sers linear. ansteigt. In Tab. 2 'ist angegeben, wieviel % der'von begatteten W produzierten Anzahl lege- reifer Eier von unbegatteten, aus Puppen mit dem gleichen groBten Durchmesser geschliipften ?9 aus- gebildet wurden. Entsprechend wird der Quotient Diff M/mDiff als Mall der statistischen Verschieden- heit der beiden betrachteten Versuchsgruppen mit zu- nehmendem Puppendurchmesser immer groBer, wie Tab. 3 zeigt. B. Untersuchungen an der Mehlmotte Ephestia kuhniella Zeller 1. Methodisches Die Versuchstiere gehorten der Wildform an. Sie stammten in der Hauptsache aus drei Zuchten, ein ge- ringerer Teil aus weiteren vier. Bei jeder Zucht waren 250 Jungraupchen in 100 g Weizenschrot ge- geben, was nach K o h 1 e r 2 in bezug auf Entwick- lung and Eiproduktion der Schmetterlinge als opti- mal zu, gelten hat. Die Zuchtschalen hatten einen Durchmesser von 11,5 cm and eine Hohe von 3,7 cm. Die Feuchtigkeitsverhaltnisse waren in alien Zuch- ten gleich. Die gesamte Entwicklung der Tiere his Grouter Puppendurch- messer in mm Diff M "nDiff 4,1 4,3 0,41 1,57 ` 3 4,5 3,49 4,7 4,9 3,93 4,59 3 5,1 7,38 Tab. 3. Diff M / mDiff Beim Vergleich der Eizahl be- gatteter and unbegatteter Kiefernspannerweibchen, ge- schliipft aus Puppen verschiedener GrOBe. (Wegen der geringen Anzahl der Beobachtungen [vergl. Tab. 2] ohne die beiden extremen Grofenklassen.) zum naturlichen Tode der Imagines verlief bei einer konstanten Temperatur von 20 0 C. Nachdem das erste Tier geschlupft war, wurden die Zuchten mehrere Male am Tage kontrolliert and die geschliipften Tiere wurden jeweils entfernt. Die ?? wurden in kleinen Glasschalchen isoliert and his zu ihrem natUrlichen Tode ungestort gehalten. Einige wurden schon in Kopulation angetroffen; these blieben mit dem a zu- sammen. Zu anderen wurden ein, gelegentlich zwei as gesetzt, and die iibrigen blieben ohne SS. Die Ko- pulation konnte auch bei denjenigen ?? oftmals be- obachtet werden, zu denen erst nach Entfernung aus dem ZuchtgefaB ein a` gesetzt war, doch wurde zur Kontrolle spacer festgestellt, ob aus den abgelegten Eiern Raupchen schliipften. Es wurden bei der Aus- wertung einerseits nur solche ?? beriicksichtigt, aus deren Eiern sich tatsachlich Raupchen entwickelten, andererseits nur solche, -lie ohne d geblieben waren and auch keine befruchteten Eier abgelegt hatten. Es schieden somit die Falle aus, in denen ein ? mit einem o' zusammen gehalten wurde, es aber zu keiner Ab- lage befruchteter Eier gekommen war, in denen aber moglicherweise eine nicht beobachtete Begattung, wenn auch keine Eibefruchtung eingetreten sein konnte. Nach dem naturlichen Tode jedes ? wurde die Zahl der von ihm abgelegten Eier sowie die Zahl der noch in den Ovarien, den paarigen Ovidukten and dem Oviductus communis vorhandenen legereifen Eier festgestellt, die an ihrer GrOBe and ihrer Festigkeit ohne weiteres von den noch nicht legereifen zu unter- scheiden sind. Unter der Eizahl eines ? ist im folgen- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 KOPULATION UND EIPRODUKTION BEI 'SCHMETTERLINGEN 303 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 50 Der 6 nz Max. Min. A abs. ?/ - - 4 6 9 4 6 9 4 6 9 7 12 1 14 24 1 7 12 1 6 10 3 7 12 1 2 4 3 3 5,2 58 100 0 317,2 ? 116,03 ? 15,23 562 78 o , , , , , , , , , , B abs. ?/ - - - - - - - - 9 30 0 18 0 60 3 10 0 - - - - - - - - 30 100 0 2900 ' 26 30 ' ? 4 80 ' 356 226 0 , , , , C abs. ?/0 2 3,5 6 10,5 5 8,8 12 21,0 27 47,4 5 8,8 - - - - - - 57 1 212'3 ? 61'35 ? 8'12 309 56 D abs. 0 - 4 10 17 3 227 9 ? 37,91 ? 6,49 288 142 /0 - - 11,8 29,4 50,0 8,8 - - - - 1,0 , A+B abs. ?/0 - - 4 4,5 4 4,5 4 4,5 16,0 18,2 32 36,4 1 11,4 6 6,8 7 8,0 2 2,3 3 3,4 88 100,0 308 0 ' ? 96 30 ' + 10 26 ? ' 562 78 C+D abs. o/o 2 2,2 6 6,6 9 9,9 22 24,2 44 48,3 8 8,8 - - - - - - - - - - 9 100,0 218,1 + 54,30 ? 5,69 309 56 Tab. 4. Gesamteizahlen der Mehlmotten-~~ aller Gruppen. (A: befruchtet; B: befruchtet + lackiert; C: unbefruchtet; D: unbefruchtet + lackiert.) den die Summe der abgelegten und nach dem Tode noch in den Geschlechtsorganen und -ausfiihrgangen befindlichen legereifen Eier zu verstehen. 2. Die Eizahl befruchteter und un- befruchteter W 58 W, die befruchtete Eier abgelegt hatten - kurz als ,befruchtete ??" bezeichnet - (Versuchs- gruppe A), und 57 ,unbefruchtete ??" (Versuchs- gruppe C) kamen zur Untersuchung. Die Eizah- len Sind aus Tab. 4 zu entnehmen. Der Mittelwert der Eizahl der be f ruchteten W ist 317,2 ? 15,23 Eier, der der unbefruchteten 212,3 ? 8,12 Eier. Der Unter- schied ist statistisch gesichert: Diff M/mDiff = 6,08 > 3. 3. Etwaige Mpglichkeiten der Er- klarung des Unterschiedes in der Eizahl befruchteter und unbe- fruchteter W a) Eizahl und Eiablage Befruchtete ?? beginnen bald nach Beendigung der Kopulation mit der Eiablage, wahrend unbe- fruchtete ihre Eier entweder iiberhaupt nicht oder nur zum geringen Tell ablegen (vergl. S. 306). In Tab. 12 ist verzeichnet, wieviel % der legereif ent- wickelten Eier von den befruchteten und unbe- fruchteten W abgelegt worden sind. Der Mittel- wert betragt fur Versuchsgruppe A 82,1 ? 2,76 %, fur Versuchsgruppe C 13,25 ? 2,30 %. Von den befruchteten W legten 41,7% 95-100%, von den unbefruchteten ~ ? hingegen 71,9 % nur 0-5 % ihrer legereif entwickelten Eier ab. Der Unterschied in der Eizahl befruchteter und unbefruchteter ?? konnte nun darauf zuriickzu- fUhren sein, dal bei den befruchteten / ? durch die Ablage der Eier fortwahrend Platz f fir deren Neu- bildung geschaffen wird, bei den unbefruchteten ?? aber die sich in den Geschlechtsorganen ge- wissermaBen stauenden Eier eine fiber ein gewis- ses Mali hinausgehendeEibildung verhindern. Um these Frage zu entscheiden, wurde das Hinterleibs- ende von insgesamt 30 ?? sofort nach Beendigung ihrer Kopulation mit Lack bestrichen (Versuchs gruppe B), zur Kontrolle wurde dasselbe bei ins- gesamt 34 frischgeschlupften und mit Sicherheit noch keine Kopulation eingegangenen ?? ausge- fiihrt (Versuchsgruppe D), wodurch tiberall eine Eiablage unmoglich gemacht wurde. Diese Mani- pulation rief keine Schadigung der ?? hervor, wie schon aus dem Vergleich der Lebensdauer der W aller Versuchsgruppen hervorgeht (Tab. 6). Die mittlere Lebensdauer der Gruppe B mit 13,3 ? 2,18 Tagen iibertrifft sogar die der. Gruppe A mit 11,7?2,38 Tagen um ein Geringes (DiffM/mDiff= 3,14>3), wahrend die derGruppeD mit12,6?3,78 Tagen von der der Gruppe C mit 11,6?3;38 Tagen statistisch nicht verschieden ist (Dill M/mDiff = 0,92 < 3). Die Eizahlen aller ?? der Versuchsgruppen U und D sind ebenfalls in Tab. 4 verzeichnet. Der Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 304 H. BRANDT Vergleich DiffM Die Mittelwerte der Versuchs- 3 der Eizahlen gruppen "tDiff sind statistisch: A-B 1,70 < 3 gleich A-C 6,08 > 3 verschieden A-D 5,39 > 3 verschieden B-C 8,23 > 3 verschieden B-D 7,69 > 3 verschieden C-D 1,63 < 3 gleich Tab. 5. Vergleich der Mittelwerte der Eizahlen aller Versuchsgruppen (Mehlmotte). (A: befruchtet; B: be- fruchtet + lackiert; C: unbefruchtet; D: unbefruch- tet + lackiert.) 5 7 1 9 111 13 15 17 19Tg. I 100 1 1 1 1 4 150 1 3 4 200 2 2 4 250 1 1 1 4 4 3 1 1 16 300 1 4 10 10 4 3 32 350 3 4 2 1 10 400 3 2 1 6 450 2 3 2 7 500 1 1 2 550 2 1 3 Eier 1 3 9 29 26 14 1 5 1 I 88 I Mittelwert der Gruppe B ist mit 290,0?4,80 Eiern nicht von dem der Gruppe A mit 317,2 ? 15,23 Eiern verschieden: DiffM / mDiff -1,70 < 3. Dasselbe gilt fur die Gruppe D mit M = 227,9 ? 6,49 Eier im Vergleich mit der Gruppe C mit M - 212,3 ? 8,12 Eier: DiffM / mDiff -1,63 < 3. Hingegen sind die mittleren Eizahlen der beiden befruchteten ??- Gruppen von jeder der beiden unbefruchteten W- Gruppen C and D statistisch gesichert verschie- den (Tab. 5). Es ergibt sich also, da/1 die Eiab- lage auf die Neubildung von Eiern ohne Ein- flu/3 ist. Die Gruppen A and B einerseits, C and D an- dererseits konnen, da in den Eizahlen kein Unter- schied festzustellen ist, vereinigt werden, wie das im Folgenden unter b) and c) geschehen ist. Die Eizahlen aller befruchteten and unbefruchteten sind der Tab. 4 zu entnehmen. Der Unterschied zwischen den Mittelwerten 308,0 ? 10,26 Eier (be- r = + 0,26 ? 0,100. Tab. 7. Lebensdauer and Eizahl bei befruchteten Mehi- motten-?9 (A + B). fruchtete W) and 218,1 ? 5,69 Eier (unbefruch- tete Y?) ist wiederum statistisch gesichert: DiffM / -Diff = 7,66> 3. b) Eizahl and Lebensdauer des Schmetterlings Zwischen der Lebensdauer aller befruchteten ?? (M -12,2 ? 2,44 Tage) and aller unbefruchte- ten (M = 12,0 ? 3,45 Tage) besteht kein Unter- schied: DiffM /'66 Diff = 0,45 < 3 (Tab. 6)., Der Unterschied in der Eizahl der befruchteten and unbefruchteten Y? ist also nicht auf einen Unter- schied in der Lebensdauer beider Gruppen zu- riickzufiihren. Es besteht bei der Mehlmotte iibri- gens iiberhaupt keineKorrelation zwischenEizahl and Lebensdauer: bei den befruchteten W ist der 3 5 7 9 11 13 15 17 Tag, n I TM, a m Max. Min. A abs. ?/0 - - 1 1,7 3 5,2 8 13,8 21 36,2 15 25,9 8 13,8 2 3,4 -- - 58 100,0 11,7 ? 2,38 ? 0,31 17,5 4,5 B abs. ?/o - - - - - - 1 3,3 8 26,7 11 36,7 6 20,0 3 10,0 1 3,3 30 100,0 13,3 ? 2,18 ? 0,40 18,5 9,5 abs. ?/0 - - 1 1,8 6 10,5 16 28,1 12 21,1 6 10,5 8 14,0 6 10,5 2 3,5 57 100,0 11,6 ? 3,38 ? 0,45 18,5 5,5 D abs. ?/0 1 2,9 - - 3 8,8 4 11,8 5 14,7 7 20,6 9 26,5 4 11,8 1 2,9 34 100,0 12,6 ?3 78 ? 0 >65 18,0 3,6 A+B abs. ?/0 - - 1 1,1 3 3,4 9 10,2 29 33,0 26 29,5 14 15,9 5 5,7 1 1,1 88 99,9 12,2 ? 2,44 ? 0,26 18,5 4,5 C+D abs. 0/ 1 1,1 1 1,1 9 9,9 20 22,0 17 18,7 14,3 13 17 18,7 10 11,0 3 3,3 91 100,1 12,0 ? 3,45 ?0,36 18,5 3,5 Tab. 6. Lebensdauer der Mehlmotten-W aller Gruppen. (A: befruchtet; B: befruchtet + lackiert; C: unbefruchtet; D: unbefruchtet + lackiert.) Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 200?/08/14 : CIA-RDP83-00415R000700040006-3 KOPULATION UND EIPRODUKTION BEI SCHMETTERLINGEN 305 1'! 3 5 7 9 11 13 115 17 19 21 29 n M o m flax. Min, 23 25 27 11 rage 'Tage ! Tg. Tg. be attet g abs. 10, 2 1,5 7 5,3 8 10 23 23 6,0 7,5!17,3 17,3 18 13,5 I 115 12,8111,3! 8 ;2 6,0 j - - -i - 133 111,5?4,20 ?0,36 - 100,0 21 1 unbegattet abs. o - 21 13 1 125, 22 17 10 15 6 13 7110 763 ~ 7 17 i 107' 13 8 90 51 9 5 , ~ 57 32 3 1911251000109;?657?052 28 2 Tab. 8. Lebensdauer der Kiefernspanner-?Q. Versuchs- Aus den cinzelnen Zuchten gesehlilpft als gruppe 1.- 10. 11.- 20. 21.- 30. 131.- 40. 141.- 50. 151.- 60. 161. if. 9 A + B befruchtet 276,4 300,4 348,4 339,8 306,1 322,3 343,2Eier C + D unbefruchtet 182,3 209,6 236,9 246,3 230,3 219,8 226,8Eier Tab. 9. Durchschnittliche Eizahl der nacheinander aus den einzelnen Zuchten geschltipften lfehlmotten-?? in den Versuchsgruppen. Korrelationskoeffizient r = + 0,26 ? 0,100, bei den unbefruchteten W ist r = + 0,11 ? 0,104 (vergl. Tab. 7 als Beispiel fur die den Berechnungen von r zugrunde liegenden Korrelationstabellen).Die Eientwicklung verlauft hier also sehr schnell. Beim Kiefernspanner besteht zwar eine verhalt- nismallig deutliche positive Korrelation zwischen der Lebensdauer and der Produktion legereifer Eier sowohl bei begatteten W (r = + 0,56 ? 0,059) wie auch bei unbegatteten (r= + 0,41 ? 0,067). Danach verlauft hier die Eiproduktion langsamer als bei der Mehlmotte, wo eine solche Beziehung nicht festgestellt werden konnte. Andererseits ist jedoch die Lebensdauer der begatteten mit 11,5 ? 0,36 Tagen von der der unbegatteten mit 10,9 ? 0,52 Tagen (Tab. 8) statistisch nicht ver- schieden (Diff M/ noDiff = 0,94 < 3), so dali auch hier der beobachtete Unterschied in der Eiproduk- tion begatteter and unbegatteter W in keinem Zu- sammenhang mit der Lebensdauer steht. c) Eizahl and Entwicklungsdauer der ?? Wie K oh 1 e r 2 angab, ist die Eizahl derjeni- gen Mehlmottenweibchen, die aus einer Zucht am spatesten schliipfen, gegenihber der der friiher ge- e W. Koh 1 e r , Der Einflull verschiedener Ernah- rungsgrade auf aullere Korpermerkmale, auf die Ent- wicklungsgeschwindigkeit, Lebensdauer and Fort- pflanzungsfahigkeit -von Ephestia kiihniella Z e 11 e r, Biol. Zbl. 60 ['1940]. schliipften W in Zuchten mit einer Anfangsfutter- menge von 40 and 20 g auf 250 Raupchen herab- gesetzt, and zwar wird dieser Unterschied vom 26. bzw. 11. aus einer Zucht geschliipft'en ? nierk- lich. Bei optimal ernahrten Zuchten (100 and 60 g Anfangsfuttermenge auf- 250 Raupchen) 1st hingegen these Beobachtung yon ihm nicht ge- macht worden. Schon danach ist somit auch in unserem Falle eine derartige Fehlerquelle auszu- schliellen. Immerhin habe ich noch die meinen Berechnungen zugrunde liegenden Zahlen in die- ser Hinsicht gepriift. Zwar sind zufallig T. mit kiirzerer Entwicklungsdauer in den Gruppen A and B (befruchtete TT) etwas starker vertreten als in den Gruppen C and D (unbefruchtete v?), aber die Betrachtung der Eizahlen lehrt, dal die durchschnittliche Eizahl der spater geschlUpf- ten TT nicht geringer ist als die der friiher ge- schliipften (Tab. 9). Das zufallige (Jberwiegen der mit kihrzerer Entwicklungsdauer in der Gruppe der befruchteten ?Y (A + B) ist also hier bedeutungslos, da unter den gegebenen Bedin- gungen die Entwicklungsdauer des Mehlmotten- weibchens keinen Einflu/i auf seine spatere Ei- produktion hat. C. Schlullfolgerung Der Unterschied in der Eizahl befruchteter and unbefruchteter Y Y ist sowohl bei der Mehlmotte wie beim Kiefernspanner statistisch gesichert. Er Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 if. B I' \ 1) T steht, wie nachgewiesen -werden konnte, in keinem Zusammenhange mit Eiablage, Lebensdauer der Imago and Gesamtentwicklungsdauer der W. Der Unterschied kann also nur 0_uf dem beruhen, was die Gruppen der befruchteten and unbefruchteten W allein unterscheidet, d. h. auf den mit der Be- gattung verbundenen Vorgangen. Bei der Begat- tung werden die Spermien zusammen mit Sekre- ten aus den Anhangsdriisen der mannlichen Ge- schlechtsorgane in die weiblichen Geschlechts- organe iibertragen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dal von den mannlichen Geschlechtsprodukten innerhalb des weiblichen Organismus eine die Eibildung befordernde Wirkung ausgeht. Durch solche Einwirkung wird nattirlich nicht die Eibil- dung uberha.upt in Gang gesetzt, vielmehr wird sie voni weiblichen Organismus hereits eingeleitet and his zu einem gewissen Male, das der Eizahl nnbefruchteter W entsprechen diirfte, weiterge- fiihrt. Mit den mannlichen Geschlechtsprodukten wiirde ein zusatzlicher Anreiz gegeben, der die Eibildung caber das im weiblichen Organismus liegende MaB hinaus steigert, and zwar, wie die Ergebnisse am Kiefernspanner zeigen, desto mehr; je groBer die im ? fur die Eibildung zur Verfiigung. stehende Masse, d. h. je groBer der Durchmesser der Puppe ist, zu deren weitgehen- der Umarbeitung in legereife Eier die im weib- lichen Organismus liegende Eibildungstendenz nicht mehr ausreicht. Bis zum Vorliegen von Er- gebnissen aus beabsicltigten weiterfuhrenden Im- plantationsversuchen mull allerdings noch damit gerechnet werden, dal die nachgewiesene Folge- erscheinung der Kopulation auch auf nervosem Wege herbeigefiihrt sein konnte (vergl. unter II C). Dal vom mannlichen Organismus bzw. von mannlichen Organprodukten entwicklungsfordern- de Einfltisse auf das ~ ausgehen, ist schon einmal, and zwar von G o e t s c h 9 bei der Termite Kalo- 73 W. G o e t s c h, Staatengriindung and Kastenbil- dung bei Termiten, Naturwiss. 29 [1941]. termes flavicollis, beobachtet worden, bei der Such- tige Korpersekrete des mannlichen Geschlechts zur vollstandigen Entwicklung der weiblichen Ge- schlechtsorgane erforderlich sind. In diesem Zu- sammenhang sei an einige Befunde beim Men- schen erinnert, die eine Vergrollerung der Schild- druse and des Uterus im Gefolge der Kopulation wahrscheinlich machen.' II. Eiablage , Verschiedentlich ist angegeben worden, daB be- gattete Schmetterlingsweibchen einen groberen Teil ihrer legereif entwickelten Eier ablegen als unbegattete. So teilt E i d m a n n? die in Tab. 10 zusammengestellten Zahlen mit. Unser Material kann ebenfalls zur Kenntnis eines etwaigen Zu- sammenhanges zwischen Begattung and Eiablage beitragen. Dasychira pudibunda Lymantria inonaeha Dendrolimus pini . . . . Bupalus piniarius . . . begattet unbegattet ?i? % Tab. 10. Zahl der abgelegten Eier in %, der legereif entwickelten bei begatteten and unbegatteten Schmet- terlingsweibchen (nach E i d m a n n 4). A. Fesistellungen am Kiefern- spanner- Begattete Kiefernspannerweibchen legen his zu ihrem nattirlichen Tode unter den auf S. 301 ange- gebenen Bedingungen im Mittel 89,1?1,15% ihres entwickelten Eivorrates ab, die unbegatteten 9? hingegen im Mittel nur 38,04 ? 2,46% (Tab. 11). 4 11..E i d m a n n, 3lorphologische and physiologische Untersuchungen am weiblichen Genitalapparat der Lepidopteren. II. Physiologischer Teil, Z. angew. Entomol. 18 [1931]. 5 15 25 35 45 55 65 75 85 95% I n M Max. Min. a in egattet abs. 0 ~ o - - 1 0,8 - 1 3 -0o8 2e3 3 2 2,3 1,5 7 53 14 10,5 102 76,6 133 1001 89,1 100 13,23 1,15 144 ??=33,1 11,6 ibegattet abs. 39 24 21 9 '16 ' 9 11 5 5 19 158 382 100 30 90246 0 ?/0 24,7 15,2 133'5,7 ']0,1 5,7 7,0 3,2 3,2 12,0 100;1 , 999=5,7 ) 8,99=5,1 Tab. 11. Zahl der abgelegten Eier in % der legereif entwickelten bei begatteten and unbegatteten Kiefern- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 KOPULATION UND EIPRODUKTION BEI SCHMETTERLINGEN 307 5 15 25 35 45 55 65 75 85 95 0/0 M v m Max. Min. ?/o ?/ ? abs. A 1?/ o 2-- 3,4 -- - - 3 5 2 5 8,6 1 3 5 ,2 1 1,7 11 19,0 33 58 56 9 100,0 82,1 ? 21,06 t 2,76 ? o 0-0- 100 -86 6,5 C abs. o / 43 ; 3 4 5,3 7,0 1 18 1 1,8 2 3,5 2 3,5 1 1 8 - - - 57 - 13: 13,2 1 ,2 ?1735?230 100 73,6 0 , , 184Q=31,6 Tab. 12. Zahl der abgelegten Eier in % der legereif entwickelten bei befruchteten (A) and unbefruchteten (C) Mehlmottenweibchen. Da begattete ?4, wie wir sahen, durchschnitt- lich mehr Eier produzieren als unbegattete, konnte man annehmen, dall die grolere Eizahl der be- gatteten Y4 den grolleren Prozentsatz an abge- legten Eiern herbeiftihrt. Es besteht aber beim Kiefernspanner keine Korrelation zwischen der Gesamteizahl and dem Prozentsatz der davon zur Ablage gekommenen Eier, and zwar weder bei den begatteten 4? (r= + 0,09 ? 0,86) noch bei den unbegatteten (r = - 0,06 ? 0,079). Eine geringe Korrelation (r = + 0,32 ? 0,078) zwischen Lebensdauer and Eiablage ist hingegen bei begatteten W insofern zu erkennen, als die linger lebenden I? einen etwas grolleren Teil des Eivorrates ablegen als die nach wenigen Tagen cterbenden, aber bei unbegatteten ?? ist diese Be- ziehung schon.nicht mehr deutlich (r = + 0,22 ? 0,076). Da im iibrigen die Lebensdauer begatteter and unbegatteter Kiefernspannerweibchen nicht verschieden ist (Tab. 8), ist diese Beziehung in unserem Zusammenhange auger acht zu lassen. B. Feststellungen an der Mehlmotte Die Verhaltuisse bei der Mehlmotte liegen iihn- lich wie beim Kiefernspanner; Auf den gruud- legenden Unterschied in der Eiablage begatteter and unbegatteter ?? wurde bereits hingewiesen. Erstere legen im Mittel 82,1 ? 2,76 % hires Vor- rates an . entwickelten Eiern ab, letztere nur 13,2 ? 2,30 (Tab. 12). Was die Beziehungen von Eizahl and Eiablage angeht, so besteht bei begatteten ?? eine geringe Korrelation (r = + 0,38 ? 0,113). Diese beruht aber in erster Linie auf den wenigen ubernormal produktiven ? and ist bei unbegatteten ?Y (r= + 0,19 ? 0,087) nicht vorhanden. Sie reicht keinesfalls aus, um den erwahnten groflen Unter- schied in der Eiablage zu erklaren. Zwischen Lebensdauer and Eiablage kann bei begatteten Mehlmottenweibchen keine Beziehung festgestellt werden: r = + 0,20 ? 0,081. Bei unbe- gatteten ?? liegt allerdings eine deutliche Kor- relation vor: r = + 0,55 ? 0,092. Aber da, wie? beirn Kiefernspanner, die Lebensdauer begatteter and unbegatteter ?? der Mehlmotte nicht verschie- den ist (Tab. 6), kann diese Beziehung fur unsere Fragestellung ohne Berticksichtigung bleiben. C. Schluifolgerung Der frappante Unterschied in der Eiablage be- gatteter and unbegatteter Schmetterlingsweibchen hangt, wie nachgewiesen wurde, entweder iiber- haupt nicht mit der Lebensdauer der Y9 and der Zahl der von ihnen produzierten Eier zusammen oder kann doch in seineni Ausmafe keinesfalls durch eine gelegentlich zu erkennende Beziehung zwischen den genannten Momenten erklart wer- den. Es folgt, dali der Unterschied in der Eiablage durch einen spezifisehen, mit der Begattung wirk- sam werdenden Faktor hervorgerufen wird. Die Begattung bzw. die bei der Begattung in den weiblichen Organismus gelangenden mannlichen Produkte bewirken also wahrscheinlich nicht nur eine verstarkte Eibildung, sondern setzen auch die Eiablage in Gang, die bei Ausbleiben der Be- gattung erst spat and sparlich erfolgt. Ein schones Beispiel fiir diesen Einfluil -der Begat- lung ist bei M a e r c k s ? zu finden. Am 'ersten and zweiten Lebenstag begattete ?4 des bekreuzten Trau- benwicklers Polychrosis botrana Schiff. begannen am dritten odor vierten Tage mit der Eiablage, die sich; immer geringere Tagesleistungen zeitigend, bis zurn 20. bzw. 24. Lebenstag erstreckte. Ein Weibchen kam erst '15 Tage nach dem Schliipfen zur Begattung and begann am 17. Tage, also wiederum zwei Tage da- nach, mit der Eiablage, die his zu seinem am 32. Tage erfolgten Tode walirte. Hier mag noch ein in gewisser Weise analoger Vorgang bei einem systematisch weit entfernten 5 H. Maercks, Beobachtungen fiber Lebensdauer and tagliche Eimenge des bekreuzten Traubenwick- lers Polychrosis botrana Schiff, Anz. Schadlings- kunde 11 [1.935]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 308 R. KAPLAN Tiere erwahnt werden, namlich der bei dem Ka- ninchen beobachtete Eintritt der Ovulation erst ? nach erfolgter Kopulation. Aber gerade diese analoge Tatsache, die auch nach Begattung mit einem sterilen a' oder nach elektrischer Reizung ,ohne jegliche Begattung. in Erscheinung treten kann, Taft vorerst die Moglichkeit offen, dafi in unserem Falle der die Eiablage befordernde Kopu- lationseinflnB auch auf ein nervoses Phanomen zurUckzufiihren. ware, sei es in unmittelbarer Auswirkung des Kopulationsvorganges oder eher noch - da die Eiablage erst eine gewisse Zeit each der Kopulation einsetzt - als reflektorische Folge des Fiillungszustandes oder der entleeren- den Bewegungen von Bursa copulatrix oder Re- ceptaculum seminis. Die vorgesehenen Untersu- chungen werden such hierin vermutlich weitere Aufklarung geben. Spontane Mutabilitat bei Bacterium prodigiosum Von REINHARD KAPLAN Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut fur Zuchtungsforschung, Erwin - B a u r - Institut, Voldagsen (Z. Naturforschg. 2b, 308-312 [1947] ; eingegangen am 19. Marz 1947) Die biophysikalische Analyse des Mutationsprozesses ergibt eine Charakterisierung der Gene in I3insicht auf ihre stoffliche Natur, wahrend die Bastardanalyse lediglich die Lokalisation dieser ihr im Wesen unbekannt bleibenden Erbfaktoren gestattet. Darum kann jene Methode such bei nichtkreuzbaren Organismen eine Entscheidung dariiber? herbeifuhren, ob die fur Erbvariationen verantwortlichen Faktoren dieselbe stoffliche Natur besitzen wie die Gene der hoheren sexuellen Organismen. Die spontanen Erb- variationen von Bact. prodigiosum, die ein Umschlagen der Koloniefarbung erzeugen, er- wiesen sich als nach der Eintrefferfunktion von der Lagerzeit der Zellen abhangig and ergaben Temperaturquotienten, denen Aktivierungsenergien von etwa 0,6 eV entspre- chen. `Daraus and aus den Absolutgrolen der Mutationsraten lied sich weiterhin eine an- scheinend einfache Beziehung zwischen Aktivierungsenergie und -entropie finden, die such Vermutungen caber die Grollenordnung der beteiligten Genzahl gestattete. Danach scheint der untersuchte Variationsprozell durch relativ wenige Erbfaktoren (vielleicht nur einen) zustandezukommen, die den mutablen Genen hoherer Organismen entsprechen. D le Aufklarung des Mutationsprozesses bei hoheren Organismen hat uns Moglichkeiten geliefert, , die Gene direkt durch ihr stoffliches Wesen (ablesbar an den Besonderheiten der Mu- tationsentstehung) zu charakterisieren, ohne da- bei die Lokalisation in den Chromosomen (er- schlieBbar aus dem Erbgang nach Kreuzung) zu beriicksichtigen. Sehen wir diese Lage der Gene im Kern als weniger wesentlich an als ihre spe- zielle molekulare Struktur, so gibt uns die syste- matische quantitative Analyse erblicher Varia- tionen eine Handhabe,-die Frage nach dem Vor- handensein von Genen such fur solche Organis- men zu beantworten, die keine Sexualitat (Kopu- lation and Meiose) besitzen. Fur die Bakterien sind schon viele Tatsachen fiber Erbvariationen bekannt, die es aussichtsreich erscheinen lassen, mit den Methoden der Mutationsforschung diese Frage anzugehen. Dies erscheint wichtig, weil sie zum Teil Moglichkeiten der weiteren Aufklarung des Genbaues bieten konnten, die bei den hohe- ren Organismen nicht vorhanden sind. Eine Sich- tung der Literatur ergab, dali sprunghafte Erb- variationen der Bakterien (,,Dissoziation" usw.) durch die gleichen Agentien erhalten wurden, die such bei hoheren Organismen'Mutatiorien erzeu- gen (Alterung, Strahlen, Chemikalien). Unter den wenigen quantitativen Ergebnissen erscheint am wichtigsten der Nachweis exponentieller Wirkung der Rontgenstrahlendosis auf die Va.riantenrate1. Dies zeigt, dal zumindest gewisse Varianten sehr wohl echte Genmutationen sein konnen. Die Er- gebnisse fiber die Strahlentotung der Bakterien hatten schon seit langerem ihre Erklarung durch Annahme letalmutationsahnlicher Vorgange nahe- gelegt2. Die Lage and Zusammenfassung der be- treffenden Gene in Chromosomen bzw. Kernen ist nattirlich fur diese Fragestellung von sekundarer Bedeutung. Die Bakteriengene brauchen u. U. weder in Chromosomen aggregiert zu sein, noch 1 Ralph E. Lincoln, Genetics 25,125 [19401. 2 P. Jordan, Protoplasma 32, 464 [1939]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 SPONTANE MUTABILITAT BEI BACTERIUM PRODIGIOSUM evil. diese in echten Kernen (mit Membran, Spin- delmechanismus, Nukleolen usw.) zu liegen. Zur Aufhellung des bakteriellen Erbvariations- mechanismus ist eine Methode notig, die an einer groflen Anzahl von Einzelzellen die Haufigkeit von Erbvariationen, die in ihnen entstanden sind and sich an den daraus hervorgehenden Nach- kommenschaften (Einzelkolonien) manifestieren, festzustellen gestattet. Denn die quantitative Ab- hangigkeit des Prozentsatzes der mutierten unter einer gro.tlen Zahl gepriifter Zellen, der Muta- tionsrate, von den einwirkenden Agentien ist es ja, was uns erst die intimen Zuge des Mutations- prozesses and des Gens (Monomolekularitat, Grofle des Strahlentreffbereichs, Aktivierungs- energie usw.) erkennen lIUUt. Die ein,achste Me- thode besteht darin, nach Einwirkung des Agens auf die Zellen eine Suspension von moglichst hohem Prozentsatz an Einzelzellen, z. B. durch Schiitteln, herzustellen and von dieser kleine Mengen zur ,Aussaat" auf Agarplatten breitzu- streichen. Praktisch jede der daraus hervor- gehenden Kolonien stellt dann die Nachkommen- schaft einer Zelle der Suspension dar and kann deren erbliche Konstitution anzeigen. Als ein hierzu (beziiglich Einzelligkeit u. a. Eigenschaf- ten) geeigneter Organismus erwies sich Bacte- rium prodigiosum (= Serratia marcescens). Da bei ihm das spontane Umschlagen eines Bruch- teils der Zellen zu abgeanderten. Kolonien (z. B. rot nach weiul and umgekehrt) haufig vorkommt and die Erblichkeit dieser Variation nachgewie- sen ist3, lag es nahe, diese spontanen Anderungen mit den bei hoheren Organismen bekannten spon- tanen Mutationen zu vergleichen. Vber ein erstes Ergebnis dieses Vergleichs sei hier berichtet. Die Versuchsnzethode bestand darin, aus einer Ein- zelkolonie einer Petrischalenkultur (,,Stammplatte' ) eine Zellensuspension herzustellen, von der dann eine Impfose voll auf eine weitere Petrischale mit synthe- tischem Nahragar (Glycerin - Zitronensaure - Am- monphosphat, pH 7,0) ausgespatelt wurde. bie so er- haltene ,Zahlplatte" wurde bei 300 C bebrutet and die angewaclisenen roten (r) and weilien (w) Kolo- nien (insgesamt moist mehrere hundert je Platte) ausgezahlt. Das Verhaltnis der r- bzw. w-Kolonien zur Gesamtzahl der gepruften entspricht dann der Mutationsrate der Zellen der Stammkolonie. Als von mutierten Zellen abstammend wurden nur die total umgeschlagenen Kolonien gezahlt, solche mit Sek- toren dagegen als unmutiert gewertet, da die sektor- erzeugende Mutation erst im Verlauf der Kolonie- entwicklung entstanden sein mutate. 3 M. I. Bunting, J. Bacteriology 40, 57 [1940]. Kolonienflache (mm!) 0,27 0,27 0,35 0,49 0,99 1,22 1,40 2,17 2,85 Durchschnitt: ,,88=12,0 9/43 = 20,9^/, 34/180 = 18,9 ? 26/146 = 17,8 12/52 = 23,1 71/361 = 19,6 52/272 = 19,1 43/190 = 22,6 ? 71/432 = 16,5 ,, 77/419 = 18,4 395/2095 = 18,9 0/0 PHom. = 0,15 309 'Cab. Mutationsraten von 9 r-Kolonien gleichen Alters (10 Tage bei 30? C), aber verschiedener Zellzahl (Flache). Als erste Frage garde gepriift, ob das l: nr schlagen der Koloniefarbe, z. B. von r nach w, durch den Ablauf der Zellteilung induziert wird (durch zufallige Entmischung von frei im Plasma liegenden Erbpartikeln o. a.) oder unabhangig von dieser geschieht. Sie wurde entschieden durch Feststellung der Mutationsrate in gleich alters, aber vetschieden grolen Kolonien einer Stamm- platte, bei denen also i n gleichen Zeitraum ver- schieden viele Zellteilungen, wohl durch zufallige Nahrstoffunterschiede, stattgefunden hatten. Wie die Tabelle zeigi, 1st trotz eines Unterschiedes des Flacheninhaltes der Kolonien von etwa 110, dem ein wahrscheinlich noch groderer Zellzahlen- unterschied entsppicht, kein Unterschied der Mu- 1ationsra.te nachweisbar. Hierdurch wird fur die gepriifte Zeitspanne eine weitgehende Unabhan- gigkeit des Erbvariationsvorgangs von der Zell- teilung angezeigt, wie wir es von den Genmutatio- nen hoherer Organismen gewohnt sind. Das zweite angeschnittene Problem war die Ab- hangigkeit der Mutationsrate von der Zeitdauer, wahrend der die Mutationen stattfinden konnen. Von den Mutationen hoherer Organismen wis- sen wir, dad sie Umlagerungen molekiilartiger Atomverbande durch einzelne uberschwellige Warmeschwingungen, analog den monomolekula- ren chemischen Reaktionen, sind. Fur derartige Prozesse ist eine exponenfielle Zeitabhangigkeit typisch, falls diese Funktion nicht von sekunda- ren Faktoren verformt wird. Zur Feststellung der Abhangigkeit der Mutationsrate von der Zeit wurde die Beobachtung ausgenutzt, dad die Kolo- nien nach etwa zwei Tagen ihr. Wachstum wegen Nahrstoffmangels einstellen and die Zellen sich Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 310. it. KA111:1AAN each Eintreten dieses Ruhestadiums noch eine Zeitlang lebend and walirscheinlich ungeteilt hal- ten. Es wurden also r- and w-Stammplatten (ins- gesamt 28 r, 22 w) im Brutschrank weiter aufbe- wahrt and von ihnen nach gewissen Zeiten aus Einzelkolonien Zahlplatten abgeimpft. Durch Aus- zahlung dieser wurden die Mutationsraten in den Kolonien der Stammplatte erhalten. Ein Teil der Zahlplatten wurde als Stammplatten fur weitere gleichartige Versuche verwendet. Die Ergebnisse der Abimpfungen von r-Kolonien aus den Stamm- platten ist in Abb. 1, die von w-Kolonien in Abb. 2 r- -w }' 1 I 315 / i ~ j=0,010 / i 0 - -- 5 10 t = 15 Tage oath .Jmplang der Stammp/alle Abb. 1. Abhangigkeit der Mutationsrate r - w (% weille Kolonien) vom Alter rotor Stammkolonien, dergestellt. Die eingezeichneten Fehlerspannen der Prozentsatze sind each der Naherungsformel P. q / n berechnet (p = % mutierte, q = % un- mutierte Kolonien, n = Gesamtzahl ausgewerte- ter Kolonien der Platte). Die Versuche Writ r-Kolonien ergaben zunachst eine deutliche Zeitproportionalitat (Abb.1: voile Kurvenpunkte ? , v.3, = 0,019), die dem unteren Teil einer Exponentialfunktion entspricht. Das bei langerer Aufbewahrung stattfindende Aus- trocknen and Absterberr der Kolonien begrenzte die Versuchsdauer. Inr Verlaufe der Versuche, bei denen die Mutationsraten von 57r-Kolonien (aus 10 Stammplatten) verschiedenen Alters festgestellt wurden (in Abb.1 sind in einigen Kurvenpunk- ten die nahe beieinander liegenden Raten mehre- rer Kolonien zusammengezogen), fanden sich auch insgesamt 7 Kolonien (Doppelkreise o ), die aus der gefundenen Zeitkurve herausfielen, also stabiler oder mutabler waren als der ?Nor- nralstamm``. Wiederholte Versuche, sie als stabi- lere oder labilere Stamme zu isolieren, schlugen fehl, da ihre Nachkommenschaften (einfache Kreise o ) nicht konstant beziiglich der Zugehorigkeit zu einer ,Mutabilitiitslinie" waren. Sie ergaben z. T. uneinheitliche Mutationsraten, die oft fiber oder tinter den jeweiligen Elternstamrnen lagers. Wie Abb.1 zeigt, lassen sich diese ?inkonstanten" Kolonien etwa 5 Mutabilitatszeitfunktionen (---) zuordnen. Das beobachtete Entstehen dieser ,Ne- benlinien" aus der ,Norinallinie" mit einer Hau- figkeit von 7/57 zeigt jedoch, dali der Unter- schied beider Typen our graduell ist and darin besteht, daB der Normalstanrm han- figer Nachkommen seiner eigenen Mutabili- tat ergibt als die Nebenstannne. Das unvorhergesehene ,Springen" der Mutationsrate zeigten auch analog den r-Nebenlinien alle untersuchten w-Kolonien bezuglich des Vbergangs w Hach r. Ein rela- tiv stabilerer ?Normalstanrm" war hier nicht deutlich nachweisbar. Sehr wahrscheinlich bestehen aber auch hier Unterschiede in der ?Intraphanmutabilitat" (s. u.) der einzelnen Linien, doch offenbaren sich diese nicht so deutlich wegen des kleinen Versuchs- umfangs and wohl auch wegen ihrer ge- ringeren reellen Gro!en. Die gefundenen Punkte ordnen sich etwa 4 Zeitlinien ein. Moglicherweise batten sich bei weiterem Suchen in beiden Phanotypen r and w noch nnehr solche Linien auffinden lassen. Da die Aufbewahrung der Stammplatten die Zellen allmahlich absterben Bell, vielleicht aber auch nach Abschlull des Koloniewachstums noch Zellteilungen stattfinden, war zu priifen, ob nicht die gefundene Zeitfunktion durch unterschied- liches Absterberr oder Vermehren der r- and w- Zellen entstehen konnte. Bezeichnen wir mit t die Zeit, AO das Ausgangsverhaltnis der r- and w- Zellen and mit S die Differenz der Sterbe- bzw. Wachstumsraten beider Zelltvpen, so gilt unter Annahme des bei Bakterien weit verbreiteten ex- ponentiellen Wa'chstums bzw. Absterbens fur die Mutaiitenratem=1/1+Ao?e?d`,~1/1+A0 (1? t). Die Zeitfunktion miilte dann also im Anfangsteil nach oben hyperbelahnlich konkav sein. Der gegenteilige exper?irnentelle Kur?venverlauf zeigt demnach, dal Sterbe- oder Wachstumsvorginge am Zustandekommen der gefundenen Zeitfunk- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 SPONTANE MUTABILITAT BET BACTERIUM PRODIGIOSUM 311 tion nicht wesentlich beteiligt sein konnen, son- dern dali these durch Ansammeln von Mutationen, (lie im Laufe der Zeit entstehen, erzeagt wird. Wenn wir den beiden Phanotypen r and w nur je einen Genotyp zuordnen konnten, so miiite die Mutationsrate in im Laufe der Zeit durch das Hin- and Rtickmutieren (r F w) einem Gleichgewichts- zastand, analog einer reversiblen chemischen Re- aktion, zustreben, der nur von den beiden Muta- durch Anderung der Mutationskonstante kund- geben. Wir wollen sie ?Intraphanmutationen" nennen. Das im Experiment zu findende End- gleichgewicht in wurde daher von einer sehr grolen Zahl Reaktions-(= Mutations-)Konstan- ten abhangen, die im einzelnen kaum bestimmbar sind. Aus den gleichen Griinden entsprechen die den Kurven angeschriebenen Mutationskonstan- ten ?^o nur denjenigen Ubergangen, die zu einem Umschlag der Koloniefarbung fiihren; die Intra- phanmutationen kommen darin nicht zum Aus- druck. Die Frage, ob die &efundenen Genotypen inehreren verschiedenen Genen oder verschiede- nen Allelen eines Gens entsprechen, lafit sich auf dem sonst iiblichen Wege der Bastardanalyse mangels der Sexualitat nicht entscheiden. Vorerst durfen wir auf Grund der gefundenen Form der Zeitfunktion wohl mit ziemlicher Sicherheit an- nehmen, data die untersuchten Erbvariationen des Bact. prodigiosum Prozesse von der gleichen Art darstellen, wie wir sie als Genmutationen von del hoheren Organismen her kennen. Ihre relativ groie spontane Haufigkeit im vorliegenden Falle. auch enter den Bakterien keine Normalerschei- nung, 1a13t sie nicht den normal stabilen, sondern den mutablen Genen zuordnen. Ein drittes Problem wurde durch die Abhan- gigkeit der Zeitfunktion von der Temperatur an- geschnitten. Es wurden r- and w-Stammplatteii aus den Linien (r)?, = 0,11 zu- = 0,019 bzw. (r)?3 0 0 t=15T e naehst bei 30 ? C 2 bzw. 1,5 Tage bebrutet, damn Abb. 2. Abhangigkeit der Mutationsrate w-)? aber bei 15 ? C weitergehalten. Die tiefere Tern- (% rote Kolonien) vom Alter weif3er Stammkolonien. peratur bewirkte eine. Senkung der Mutationskou- tionskonstanten ?,, and ?j, bestimmt wiirde: in = in., - (mom - m0) . e -(tt.+,(",,)t , mit 9n0 = Ausgangsmutationsrate and M. = ?r / ?,- + ? Zr = Endmutationsrate. Setzen wir, was dem Fall der Versuche entsprache, m0 = 0 and e-x __ 1- x . also m ?ry, ? t, so lieien sich die Mutationskon- stanten ?r and aus dem Anstieg der Kurven inr Nullpunkt bestimmen. In unserem Falle mus- sen wir aber jeder gefundenen Zeitfunktion einen anderen Genotyp zuordnen, da ein bestimmter Genotyp (Gen, Allel) ja nicht nur durch sein von ilun erzeugtes Phan (hier also Koloniefarbe), sondern auch durch seine Mutabilitat ckarakteri- siert ist. Ferner hatten wir gesehen, dali zwischen den ,Zeitlinien" innerhalb eines Phans mutative Ubergange stattfinden, die sich also nicht durch Umschlagen der Koloniefarbung, sondern nur stanten ( X =empirische Punkte, -.-.- . - Zeit- funktion), jedoch konnten bei dem w-Typ die zwei gefundenen 15? - Linien wegen dessen haufigerer Intraphanmutationen nicht sicher bestimrnten 30 ?- Linien zugeordnet werden. Am wahrscheinlich- sten, auf Grund der bisher beobachteten Vber- gange, ist die Zuordnung von (eri)?15 = 0,038 zu (W1114L30 = 0,11 and 0r%)?15 = 0,020 zu (r)?,0 = 0,065. Fur die Gene von Drosophila" konnte unter An- wendung des van 't Hoff schen Gesetzes aus der Temperatttrabhangigkeit der Miutabilitat die Akti- vierungsenergie U = 1,98.10-4 (T 1 ? T 2 / T 1 - T) lg (?l/?2) eV errechnet werden, die eine Warme- schwingung des Genmolekuls zur Entstehung einer Mutation iiberschreiten muli. Nach 5 ergiht n N. W. Timof6eff-Ressovsky u. K. G. Z i in m e r, Z. Vererbungsl. 79, 530 [1941]. 5 K. Pat au u. N. W.Timof6cff-Ressovsl:y, Z. Vererbungsl. 81, 62 [1943]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 312 SPONTANE MUTABILITAT BEI?BACTERIUM PRODIGIOSUM sich fur die CIB-Letalgene 1,35 eV, fur ein relativ mutables bb-Allel 0,95 eV. Die gleiche Rechnung fur unsere r - w-Mutation mit lr>t'30 = 0,019 und (r)tL15 = 0,0060 Mut./Tag liefert U,. = 0,58 eV. Ord- net man den beiden 15?-w-Linien die beiden oben erwahnten 30?-Linien zu, so erhalt man J.iir these Gene oder Allele U,,, = 0,53 eV und U,,, = 0,59 eV. Die gefundenen niederen Aktivierungsenergien der Prodigiosum-Gene entsprechen also den Er- wartungen, die man auf Grund der Befunde an den stabileren Drosophila-Genen haben kann. ? Das Temperaturgesetz monomolekularer Reak- tionen erlaubt eine noch etwas weitergehende Analyse der Befunde. Bei bekannter Aktivierungs- energie U ergibt sich danach fur die Mutations- konstante t.L = n C ? e-u1 T; dabei ist n die Ge- samtzahl der Allele aller beteiligten Gene, Ic = 0,86.10-4 eV und C eine Zahl, die von der Molekul- struktur bestimmt ist und fur normale Molekule DO hochstens 5'.1017 ? Tag-1 gesehatzt wird r. Setzen wir die bekannten Werte fur die 01B-Gene (p'2o =1,0.10-4 ? Tag-', U =1,35 eV) ein, so er- halten wir n C = 2.1019 ? Tag-'. Die in Frage kom- mende Allelenzahl n im X-Chromosom wird? auf etwa 104. gesehatzt, so dalI sich fur C etwa 1015 ergibt, was der erwahnten Schatzung nicht wider- sprechen wurde. Fur das besagte bb-Gen erhalt man auf gleiche Weise (p'2o = 6,5.10-6, U = 0,95) fur nC = 1,6.1011. Da die Allelenzahl von bb wahrscheinlich innerhalb einer Zehnerpotenz liegt, diirfte C urn 1011 betragen. Dies liegt aber trotz der groien Ungenauigkeit der Bestimmungen enter dem Wert der normalen ClB-Gene. Fur unsere Prodigiosum - Mutationen erhalten wir nC = 8.107 (r), 6.107 (w,) und 4.108 (w2). Diese Werte liegen also wiederum unterhalb von bb. Tragen wir die Aktivierungsenergie U gegen den deh Aktivierungsentropie proportionalen Aus- druck log (n C)- auf (siehe Abb. 3), so scheinen sich die Werte aller behandelten Gene einer Ge- raden einzuordnen. Insbesondere liegen die Pro- digiosum-Punkte etwa auf der Geraden dutch die beiden fur Einzelgene von Drosophila geltenden Punkte. Der fur die CIB-?Gensummen"-Muta- tionsraten geltende Punkt fallt dagegen deutlich heraus. Man kann somit vermuten, dali bei den untersuchten Prodigiosum-Mutationen zumindest nicht sehr viele Gene im Spiele sind, moglicher- weise nur eines,. Diese Vermutung wird gestUtzt durch denmachst zu veroffentlichende Ergebnisse von UV-Bestrahlungen: Eine Dosis, welehe ein D"berlebendenverhaltnis von 10-5 ergibt, erzeugt eine ?Gensummen"-Mutationsrate verschiedenarti- ger Mutanten von 10%, wdhrend die Mutations- t 7B(71C) 15 0 CZB CZB/ ~ n bb, wz?i w, ,rr 11 Abb. 3. Zusammenhang zwischen Aktivierungsenergie (U) und -entropie (lg C) bei Genen von Drosophila melanogaster (Cl B, bb) and Bacterium Prodigiosum (r, w~, w2). rate r --). w nicht nachweisbar erhoht ist und dem- nach enter 1% liegt. Die Zahl der r-*w-Gene ent- spricht also hochstens 1/10 der an der Gensummen- rate beteiligten Gene. Wegen der groilen Fehler in der Bestimmung der b'eiden Konstanten U und C erscheint es unsicher, dall der gefundene Zusammenhang real ist. Mog- licherweise ist die Zahl der CIB-Gene wesentlich unterschatzt, sind die Temper aturkoeffi zienten sehr ungenau bestimmt und die p. fur Prodigio- sum wegen der (nicht gezahlten) Intraphan- mutationen zu niedrig eingesetzt. Dadurch wur- den Bich die C-Werte vielleicht delien von bb nahern, wenn auch eine solche Verschiebung kaum eine Konstanz von C gegeniiber U ergeben dtirfte. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Ober morphologische Geschlechtsunterschiede bei Valeriana dioica Von FRANZ MOEWUS Aus deco Kaiser-Wilhelm-Institut fur medizinische Forschung in Heidelberg (Z. Taturforscbg. 2b, 313-316 [1947]; eingegangen am 27. Mai 1947) In der Umgebung von Heidelberg ist Valeriana dioica L. streng diozisch. Zahlungen am Standort ergaben 20,65% 3S, Aussaatversuche fiihrten gleichfalls zum t7berwiegen der ~T, wahrend im Bayrischen Wald 91,2 % d01 gefunden wurden. Durch 3lessungen wurden folgende morphologische Geschlechtsunterschiede erfailt: 1. Die ?? sind etwa doppelt so lang wie die SS. 2. Die ~? haben 3, selten 4, die 43 2, selten 1 oder 3 Inter- nodien. 3. Der Unterschied in der Sprodlange kommt erst durch das 3. Internodium der ~T zustande, da die 1. and 2. Internodien bei W and S' gleich lang sind. 4. Die Sprosse der ?? sind etwa 1,5-mal dicker als die der 013. 5. Die Blatter der Y? sind durchschnitt- lich doppelt so lang wie die der 33. Es ist zu vermuten, dale alle these Grolienunter- schiede auf verschiedene Wuchsstoff- bzw. Hemmstoffproduktion zurtickzufiihren sind. 1. Zahlenverhaltnis der Geschlechter Nach C o r r e n s 1 ist Valeriana dioica L. sub- diozisch. In Koch s Synopsis s wird eine T. sil- vatica von V. dioica angegeben, deren Bliiten alle oder grolitenteils zwittrig sein sollen. Die bei Hei- delberg in den Jahren 1941 and 1942 untersuchten Pflanzen waren. ausnahmslos rein weiblich oder rein mannlich. Auch bei Waldmiinchen (Bayr. Wald) im Jahre 1943 gesammelte Exemplare wie- sen eine rein dioziSche Geschlechtsverteilung auf. Tab. 1 gibt die Auszahlung von 5806 Pflanzen wie- der. Die an acht verschiedenen Stellen (1-8) bei Heidelberg gemachten Zahlungen ergeben ein deut- liches 17berwiegen der l?: 79,35%. Die ungleiche Augenfalligkeit . der beiden Geschlechter kann nicht die Ursache sein. 3 ?? and 3 33, deren Bliiten im Friihjahr 1941 noch geschlossen waren, wurden gun Standort ausgegraben and weiter kultiviert. JedesW wurde mit dem Pollen eines d3' belegt; die Sanlen der 3 Pflanzen wurden getrennt geerntet. Die Aussaatversuche (Tab. 1, Reihe 9-11) lie- ferten wieder eine Minderzahl an 3'd; auch die Aussaat der Samen von im Freien abgebliihten ~? gab 25,6 % 33, trotz wesentlich ungiinstigerer Bodenverhaltnisse als am Standort (Tab. 1, Zif- fer 12). Bei den im Friihjahr 1943 in Herzogau bei Waldmiinchen gesammelten Pflanzen wurden 91,2% dd gefunden. Hier ist also das Zahlenver- haltnis gerade in das andere Extrem verschoben. Da nach M e u r m a n 3 bei V. dioica das lnann- 1 C. C o r r e n s, Handworterb. Naturwiss.1913, Bd. 4, S. 975; Handb. Vererbungswiss. 1928, Bd. II C. =' W. D. J. K o c h s Synopsis der Deutschen and Schweizer Flora. 3. Aufl. 1902, Bd. II, S. 1206. liche Geschlecht das heterogametische ist, ware zu priifen, ob sich weiblich bestimmender and nlannlich bestimmender Pollen unter verschiede- nen Auienbedingungen verschieden verhalt oder ob spezifische genotypische Ursachen fur das Zu- standekommen der Zahlenverhaltnisse an den verschiedenen Standorten verantwortlich sind. ' ?pQ davon r q'v cpd 0/0 Cr Naval 1. SchriesheimerTal A 1125 879 2. Schri esheimer Tal B 422 351 71 i 16,82 3. ScbriesheimerTal C 1612 1284 328 20,35 4. Kreuzgrund A 48 32 16 33,33 5. Kreuzgrund B 234 177 57 24,36 6. Kreuzgrund C 1222 978 244 19,97 7. Mausbacbtal A 43 30 13 30,23 l 8. Mausbachtal B 30 27 3 10,00 4736 3758 978 20,65 9. Aussaat Pflanze 1 112 87 25 22,32 10. Aussaat Pflanze 2 136 118 18 13,24 11. Aussaat Pflanze 3 78 56 22 28,20 12. Aussaat. 234 174 60 25,60 13. Waldmiinchen (Bayr. Wald) 510 45 465 91,20 1,82 1,00 6,80 81 2 , 1,14 7,00 5,48 0,59 3,93 2,91 5,09 2,85 1,25 Tab. 1. Zahlenverhaltnis der Geschlechter bei Valeriana dioica. II. i'tlorphologische Geschlechtsunterschiede 1. Unterschiede im Bereich der Bliite Seit langem? ist bekannt, dafi die Blumenkrone der mannlichen Bliiten von V. dioica groler ist als die der weiblichen Bliiten, and zwar ist die der ma.nnlichen etwa 3 mm, dip der weiblichen 3 Al e u r in an, Soc. Sci. Fenn. Comment. biol. 11. 3 [1925]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 F. MMOLWUS Bluten nur 1 mm lang. Wahrend die weiblichen Blutenblatter in der Regel wei1 gefarbt sind, ha ben die mannlichen eine rosa his rotlicheFarbe. Wieweit die Verschiederiheiten in der Bltitenfarbe konstant sind, lafit sich nicht sagen. An manchen Standorten waren sowohl die weiblichen als auch die mannlichen Bluten rein weifi gefarbt, an ande- ren rosa (unabhangig vom Alter der Bltite). Be- achtenswert ist weiter, daB die weiblichen Bluten viel dichter zusammengedrangt stehen als die mannlichen. Kreuzgrund C) von 250 ?4 and 250 33 zur Bliite- und zur Fruktifikationszeit ist in Abb.1 wieder- gegeben. Die Lange der W (28-62 cm) variiert starker als die der 33 (9-26 cm). Die beiden Variationskurven unterscheiden sich zur Frukti- fikationszeit deutlich. Der Quotient Lange W : Lange 33 ist fast 2,3. Vergleicht man these Mes- sungen mit den zur Blutezeit vorgenommenen, dann sieht man, daB die Y4 im Durchschnitt 5,6 cm kiirzer sind. Die Infloreszenzen der ?? strecken rich also nach der Blute um fast 20%. Der Quo w rB/u/eze// p ie zu it I 1 1. V ~ I 6~7D N6 ' 2 2%6 31 Y,9 y/YO 52 w an gbh. 1. Langemnessung von 250 ? and 250 33 zur Blifte- zeit (---) and zur Fruktifikationszeit (--). Alittelwert der 33 17,8 bzw. 18,0 cm, der Q? 35,6 bzw. 41,2 cm. 2. Unterschiede in der SproBlange Bereits G o e b e 14 erwahnt, daB die 33 von V. dioica unter denselben Vegetationshedingungen kleiner sind als die W. S t e c k h a n, fand da- gegen keinen GroBenunterschied. Die bei Heidel- berg ausgemessenen Pflanzen wiesen aber einen deutlichen GroBenunterschied auf. Die Messun- gen wurden zur Blutezeit and zur Fruktifikations- zeit vorgenommen. Zur Fruktifikationszeit werden die Unterschiede noch grofier, da sich die weib- lichen Infloreszenzen Burch postflorales Wachs- tum stark strecken. Die Hohe der Pflanzen wird gemessen vom obersten Grundblatt his zum ober- sten Ende des Bliitenstandes. Zur Bltitezeit wur- den 3696, zur Fruktifikationszeit 3884, Pflanzen gemessen. Nur Pflanzen mit geoffneten Bluten warden verwendet. Fine Messung (vom Standort a K. G o e b e 1, Organographie der Pflanze, 3. Aufl. 1928, 1. TI., S. 190: Ii. Ste c k h a n, Z. ind. Abst. Vererbungsl. 73, ).98 [1937]. tient Lange W: Lange 33 zur Blutezeit ist gerade 2,0. Die ~? sind demnach bereits zur Bltiilezeit durchschnittlich doppelt so lang wie die 33? Lingebeutelte ?7 wachsen nach der Bliite nicht weiter, da die Befruchtung ausgehlieben ist. Zur Blutezeit war der niedrigste Quotient 1,50, der hochste 2,79: zur Fruktifikationszeit sind die Werte 1,67 bzw. 3,10. Damit ist Bas Ausgangsmaterial zur weiteren Analyse dieses morphologi- schon Gesehlechtsunterschiedes (Sprofi- lange) gegeben. Geplant sind Wuchsstoff- und Hemmstoffbestimmungen. 3. Zahl der Internodien Die Sprosse der ? and 33 von V. dioica unterscheiden sich nicht nur in ihrer .Lange, sondern arch in der Zahl der Inter- nodien bzw. in der Zahl der Blattpaare. In Tah. 2 ist die Zahl der Internodien von W rind 33 zweier Standorte wiedergegeben. 4? mit 1 oder 2 Internodien wurden nicht beobachtet. Die W haben meist 3, selten 4, die 33 meist 2, selten 1 oder 3 Internodien. Da sich die Zahl der Inter- nodien schon friihzeitig erkennen lafit, kann man an diesern Merkmal bereits an noch niche bliihenden Pflanzen in der Regel unterscheiden, ob sie W oder 33 sind. Zwischen Sprofhohe and Internodienzahl be~tehen relationen. ? , die Langer als 59 folgende Kor- cm sind, haben Zahl der Zahl der I enter- Internodien snchten Pflanzen 4 ! 3 2 j 1 Schriesheimer Tal A Schriesheimer Tal A Apr Kreuzgrund C Kreuzgrund C 172 59 367 109 162 1 349 1 58 104 Tab. 2. Z.dhl der Internodien von Valeriana dioiea. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 4 Internodien. Unter den Pflanzen von 55-59 crn Lange befanden sich 12, die 41nternodien besallen, 17 hatten 3. Alle W unter 55 cm setzten sich aus 3 Internodien zusammen. Die 23'' mit 3 Inter- nodien waren 30 bzw. 31,5 cm lang, die'4 SS mit 1 Internodium unter 10 cm. An einer Anzahl Pflanzen wurde auch die Lange der Internodien be- stimmt. Das 1. Internodium wurde gerechnet vom obersten Grundblatt his zum 1. Blattpaar. Fiir these Messungen wurden 400 W mit 3 mid 400 3'3 mit 2 Internodien ver- wendet. Die Ergebnisse sind in !ebb. 2 veranschaulicht. Vergleichen wir die- Internodienlangen der W - 5,5 cm das 1., 10,9 cm das 2., 16,5 cm das 3. - and die der 3'a - 5,2 cm das 1., 10,2 cm das 2. -, data fallt auf, daft bei den W and den 33 die 1. Internodien gleich ungefahr gleicher Hohe fiber dem obersten Grund- blatt, 1,6-1,7-mal dicker als die Sprosse der 3S. 6. Blattlangen Als letztes Unterscheidungsmerkmal wurde die Blattlange untersucht, and zwar auch wieder an 1371efrlvin /A 29ntemo dium , ' 3.7m mi'ium I ' ' \\ l I tL_ Abb. 2. Messung der Internodienlange von 400 ?7 and 400 33'. -- = 1. Internodium (M ?? = 5,5 cm, M as = 5,2 cm), --- = 2. Internodium (M ?Q = 10,9 cm, MSS = 10,2 cm), - - - = 3. In- ternodium (M ?? = 16,5 cm). lang sind: 5,5 bzw. 5,2 cm. Dasselbe gilt fur die 2. Internodien: 10,9 bzw. 10,2 cm. Der Unterschied in der Spro%flange kommt erst durch das 3. Inter- nodium der 44 zustande; es ist durchschnittlich 16,5 cm lang. Weiterhin ergibt sich aus den Mes- sangen, dali sich die Internodienlangen der ? wie 1 : 2 : 3 verhalten. Ob diese Verhaltniszahlen reell sind, kann wegen der geringen Gr6fie des Beobachtungsmaterials noch nicht gesagt werden. Jedenfalls miiflten auch hier Wuchsstoffbestim- mungen an den verschiedenen Internodien zu interessanten Feststellungen ffihren. 5. Stengeldurchmesser Da sich herausgestellt hat, daft die 1. and 2. In- ternodien der W and J3' durchschnittlich gleich lang sind, kann man vergleichbare Werte erhal- ten, wenn der Durchmesser des Sprosses kurz unterhalb der Blattpaare bestimmt wird. Die Mes- sungen wurden mit einem Mikrometer (shoo mm) vorgenommen. In Abb. 3 ist eine Messungsreihe wiedergegeben. Danach unterscheiden sich die ? and 33 deutlich im Sprofldurchmesser. Die Quo- tienten Durchmesser W : Durchmesser SS sind unterhalb des 1. Blattpaares 1,6, unterhalb des 2. Blattpaares 1.7. Die Sprosse der ?? sind dem- nach unterhalb des 1. and 2. Blattpaares, also in x \,,I l_- -11 -17 -213 -2,8 -45 41 -Y7 mrn -53 Abb. 3. Messung des Stengeldurchmessers von 151 2 and 145 SS unterhalh des 1., 2. and 3. Internodiums.- W: 1. Internodium -?-?- (A1=3,8 mm) ; 2. Interno- dium ___ (AI=2,7 mm); 3. Internodium - (M = 1,8 mm). Sol: 1. Internodium --- (M = 2,4 mm) ; 2. Internodium - (M = 1,6 mm). W mit 3 and 3J mit 2 Internodien bzw. Blattpaa- ren. In Abb.4 ist eine Messungsreihe dargestellt. Die Blattlangen der ?, in der Reihenfolge 1., 2., 3. Blattpaar, verhalten sich wie 1 : 2 : 3, die der d' wie 1 :2. Die Quotienten Blattlange ? : Blatt- lange dd sind fur das 1. Blattpaar 2,0, fiir das 2. Blattpaar 2,2. Die Blotter der ?? sind demnach durchschnittlich doppelt so lang wie die der'SS. Wahrend sich die Variationskurven der Blatt- langen vom 1. Paar noch etwas fiberschneiden, ist das bei den Langen vom 2. Blattpaar nicht mehr Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 der Fall. Daraus konnen wir. den Schlull ziehen, daB wir an den Blattlangen des 2.Blattpaares ?? and 3'd' gut unterscheiden konnen. DaB dies moglich ist, zeigten zahl- reiche daraufhin unternommene Stichproben an Pflanzen anderer Standorte. Jedoch nn 6 noch gepriift werden, wie sick die Blattlan- gen im Laufe der Entwickhing his zur Bliitezeit andern. Dies gilt auch fiir die Internodienlange, die ja auch eine deutliche Unterscheidung beiderlei Geschlechier er- moglicht, ehe zu erkennen ist, ob weibliche oder mannliche Millen entstehen. Dem- gegentiber erlaubt die Internodienzahl ziem- lieh eindeutig die Feststellung, ob es sich um TY oder urn M handell. 7. Kurze Besprechung der Ergeb- nisse Die an Valeriana dioica genauer untersuchten Merkmale sind sekundare Geschlechtsmerkmale, die mit der geschlechtlichen Fortpflanzung selbst nichts zu tun haben. Eine Zusammenstellung von sekundaren Geschlechtsmerkmalen bringen C o r - r e n s 1 and S t e c k h an auf die verwiesen sei. Besonderer Wert wurde auf die Erfassung von Grouenunterschieden gelegt (SproBlange, Inter- nodienlange, Stengeldurchmesser, Blattlange) , denn diese sollten es erlauben, mit Hilfe physiolo- gischer Methoden die Versehiedenheiten genauer zu analysieren. Letzten Endes miissen ja GrOBen- ' tea ,, X i ZI I i I I ahb.4. Mlessung der Blattlangen von 151 ~? and 145 33. ~?: 1. lnternodium (Al = 45,5 min) ; 2. Internodium --- (1I = 30,3 mm); 3. Internodium -- (M = 15,2 mm). 3S: 1. Internodium --- (11=27,7 min), 2. Internodium -- (M = 13,6 man). unterschiede durchWachstumsregulatoren,Wuchs- stoffe and Hemmstoffe, zustande kommen. Der Kausalzusammenhang ware folgendermaBen vor- stellbar: Durch ein Gen ist z. B. die. Blattlange festgelegt. Die Realisatoren wirken derart ein, dal bei den ? die Blatter doppelt so lang werden wie bei den 3S. Die Realisatoren sollten also irgendeinen EinfluB auf die Wuchsstoff- bzw. Hemmstoffproduktion haben. Entweder konnte bei gleichbleibender Wuchsstoffinenge die Hemmstof- bildung geandert werden oder bei gleichbleibender Hemmstoffinenge die Wuchsstoffbildung, oiler es andern sich beide Wachstumsregulatoren. Diese Veranderungen sollten mit Hilfe genauer Wuchs- stoff- and Hemmstoff-Teste erfallt werden konnen and damit.einen Einblick in die Wirkungsweise der Realisatoren erlauben. BERICHTE Ober die Struktur der bei Vogein vorkommenden Porphyrine In der Klasse der Vogel sind Porphyrine recht weit verbreitet. So ist Porphyrin ein regelmalliger Be- standteil der gefleckten Eischalen. Indessen beschrankt sich sein Vorkommen keineswegs nur auf diese, da auch bei einer Anzahl ungefleckter and selbst weilier Schalen Porphyrin spektroskopisch nachweisbar ist'. Weniger weft verbreitet and weniger auffallig als in den Schalenflecken der Eier ist das Porphyrin in Federn vorhanden. Immerhin sind his jetzt Porphy- rine in den Federn zahlreicher Vogelarten nachge- wiesen, die 13 verschiedenen Ordnungen des Systems angehoren2. Infolge der geringen Farb stoffinengen, um die es sich hier handelt, ist das Porphyrin in den weitaus meisten Fallen nur durch die Fluoreszenz- reaktion nachweisbar. Bezeichnenderweise beschrankt sich der Porphyringehalt der Federn in der Regel auf verborgene Gefiederregionen, also auf Federn and Federabschnitte, die weitgehend vor der Einwirkung des Lichtes geschtitzt sind. Uni so iiberraschender ist es daher, dali durch die reichliche Einlagerung von freiem Porphyrin in einem einzigen bisher bekannten Fall auch eine Gefiederfarbe (Schmuckfarbe) ent- stehen kann, wie die weinroten Genickfedern der Schopftrappe, Lophotis ruficrista, zeigen 3. Den am besten and langsten bekannten Fall der Federpigmentierung durch Porphyrin finden wir bei den Turakos (Musophagiden). Hier ist der haupt- sachlich in den Schwungfedern dieser Vogel auftre- 0. V o 1 k e r , J. Ornithol. 88, 604 [1940] ; Ioppe- Seyler's Z. physiol. Chem. 273, 277 [1942]. 2 0. Volker, Biol. Zbl. 64, 184 ['1944]. 0. 176 1 k e r, Ornithol. Mber. 46, 107 [1938]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Eischalen von: Larus ridibundus (Lachmowe) . . . . . . . Vanellus vanellus (Kiebitz) . Federn von: Lophotis r. ruficrista (Schopftrappe) . . . . Lophotis r. gindiana (Schopftrappe) . . Lissotis melanogaster (Schwarzbauchtrappe) Federn von: Tura ens corythaix . . . . leucolophus . . . . hartlaubi . 1. leucotis . . . 1. tivingstoni . . . Protoporphyrin Bemerkung Nach Entkupferung and Decarboxylierung des nativen Uroporphyrin- kupfersalzes (Turacin) Musophaga rossae Gallirex porphyreolophus Ruwenzorornis j. johnstoni tende, lichtbestandige rote Farbstoff, das Turacin, ge- radezu als systematisches Merkmal zu werten, da er nur dieser kleinen,.rein afrikanischen Gruppe von Vogeln eigen ist4. Da im Turacin nach H. F i s c h e r 5 das Porphyrin an Metall gebunden ist, so stellt der rote Federfarbstoff der Turakos gleichsam einen Son- derfall der Porphyrinablagerung in Federn dar. Auller in den Eischalen and den Federn vieler Vogel finden sich Porphyrine auch noch in den normalen Faces dieser Tiere. In den Exkrementen der Trap- pen and Eulen sind these ]edenfalls regelmallig nach- weisbar 6. Das Ooporphyrin, . wie der rote Farbstoff in den Schalenflecken der Eier zunachst genannt wurde, er- hieltenerstmalig H.Fischer u. F.K0g17 ausKie- bitz- and Moweneierschalen in kristallisiertem Zu- stand. Nach erfolgter Reindarstellung erwics sich dieser Farbstoff schlielllich als identisch mit Proto- porphyrin, also der eisenfreien Stammverbindung des Hamins. Das Protoporphyrin der Eischalen ist somit nur durch den Mangel an Eisen von der Farbkompo- nente des Hemoglobins unterschieden. Aus den rosenroten, lichtempfindlichen Federn der Trappen (vergl. Tab.), die als die porphyrinreichsten der Vogel zu gelten haben, konnte V o 1 k e r 8 nach weitgehender chromatographischer Reinigung ein Por- phyrin zur Kristallisation bringen and mit Kopro- porphyrin III identifizieren. Vas Koproporphyrin der Trappenfedern entspricht somit in seiner Struktur, d. h. der Stellung der Seitenketten am Porphinkern, 4 E. Stresemann, Handb. d. Zoologie (Ktiken- thal-Krumbach) 7.Bd., 2.Haifte, Aves, 1927 his 1934. 5 H. Fischer u. J.Hilger, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 138, 49 [1924]. 6 0. V o 1 k e r, J. Ornithol. 86, 436. [1938]. ebenfalls dem normalen Hamin bzw. dem Protopor- phyrin der Eischalen. Hinsichtlich seiner Struktur schien bisher das Por- phyrin des roten Federfarbstoffes der Turakos eine Ausnahme zu machen, da nach den Befunden von H. Fischer and J. H i i g e r 5 im Turacin das Uropor- phyrin-Kupfersalz der Isomerenreihe I vorliegen sollte. R i m i n g t o n 9, der in neuester Zeit die Frage nach der Struktur dieses Uroporphyrins erneut an einem umfangreichen Material prufte, machte dabei die uberraschende Feststellung, dale aus dem Turacin aller von ihm untersuchten 11 Turacus-Arten (vergl. Tab.) nach Entkupferung and Decarboxylierung aus- schliefllich Koproporphyrin III erhalten wird. Dabei ist hervorzuheben, dale der Abbau des Uropgrphyrins zum Koproporphyrin auch ?nach dem Urteile von Hans Fischer viel scharfere Unterscheidungsmoglich- keiten der Isomeren (Schmelzpunkte, Loslichkeit) ge- stattet, als dies bei den Uroporphyrinen moglich ist. H. Fischer muite seinerzeit infolge des wenigen ihm zur Verfiigung stehenden Materials auf diesen ent- scheidenden Abbau verzichten. Diese Ermittelung Rimingtons, wonach also auch das Porphyrin der Turakusvogel dem Typ III ange- hort (Uroporphyrin III als Kupferkomplexsalz), er- ganzt die Vorstellung, die man bisher von der Bio- genese der Porphyrine bei den Vogeln hatte, in wun schenswerter Weise. Denn nunmehr lassen sich alle bisher aus adulten Vogeln isolierten Porphyrine, das 7 H. Fischer u. F. K6 g l , Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 131, 241 [1923]; 138, 262 [1924]. 8 0. Vol k e r, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 258, 1 [1939]. 9 C. Remington, Proc. Roy: Soc. [London], Ser. B 127, 106 [19391; Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 259, 45 [1939]. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 BUCHBESPRECHUNGEN Protoporphyrin der Eischalen, das Koproporphyrin III der Trappenfedern and schlieBliclr das Uroporphy- rin III der Turakos, auf ihren gemeinsamen Grund- farbstoff, das Atioporphyrin III, zurkckfiihren. Die Entstehung von Porphyrinen des Typs III ist in der Masse der Vogel nach den vorliegenden Erfahrungen eine auffallend einseitige. Ist es doch bisher noch in keinem Falle gelungen, Porphyrine des Typs I vom Typ III abzutrennen and in Substanz zu fassen. Auch lassen die bei der Aufarbeitung der Porphyrine der Vogel gemachten Erfahrungen ein spurenweises Vor- kommen von Vertretern des Typs I neben solchen vom Typ III praktisch ausschlieBen. Lediglich wah- rend des embryonalen Lebens ist bei den Vogeln die Fahigkeit zur Synthese von Farbstoffen beider Iso- inerenreihen nebeneinander noch vorhanden, wie die Isolierung von Koproporphyrin I aus dem wachsen- den Huhnerembry o zeigt (vergi. S c h 0 n hey d e r 10). Dieses ist dort gleichzeitig mit -dem Auftreten von Htimoglobin (Porphyrin Typ III) nachweisbar. Eine weitere Bestatigung des ausschlieBlichen Vor- kommens von Porphyrinen der Isomerenreihe III bei den Vogeln di rfte noch von der Identifizierung jener Porphyrine zu erwarten sein, die sich regelmafig in den Faces der Trappen and der Eulen finden. Demgegeniiber ist fair den Menschen wie fir den hoheren Sauger der Dualismus der Porphyrine, d. h. die grundsatzliche Fahigkeit des Organismus zur Synthese isomerer Porphyrine nebeneinander, die Regel. Dieser ist im normalen wie im pathologischen Geschehen ffir eine grole Zahl von Fallen nachge- wiesen. Otto Volker. (lichen, Zoolog. Institut. io F. Schonheyder, J. biol. Chemistry 123. 491 [1938]. BUCHBESPRECHUNGEN Botanische Bakteriologie and Stickstoffhaushalt der Pflanzen auf neuer Grundlage von Hugo S c h a n - derl. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1946. 198 S., 46 Abb.; Preis karton. 7 RM. Die Untersuchungen von S c h a n d e r 1 fiber das Vorkommen von Bakterien in alien pfldnzlichen Ge- weben sowie die angebliche Symbiose beider, zusam- men mit seinen Behauptungen fiber die Aufnahme atmospharischen Stickstoffs durch viele hohere, griine Pflanzen sind ein neuartiger Beitrag auf einem Ge- biet, das zumindest in den Grundzti.gen durch viele Arbeiten bereits als weitgehend geklart angesehen wird. Die z. T1. schon aus frii`heren Veroffentlichun- gen bekannt gewordenen Anschauungen des Verfas- sers Sind daher, wie kaum anders zu erwarten, auf sehr groBes Mihtrauen gestoBen and konnten bisher auch in vieler Hinsicht nicht bestatigt werden. Dieses MiBtrauen wird nosh erholit durch eine viel zu gene- relie Ablehnung von sorgfaltig ausgefiihrten Kon- trollversuehen anderer Autoren. Alan vergleiche etwa die Ablehnung der Arbeit von K. R i p p e 1 seitens des Verfassers. Andererseits darf nicht verhehlt wer- den, dad die aus den Beobachtungen des Verfassers entwickelten Hypothesen neue Gesichtspunkte ent- halten, die die weitere Nachprufung der Beobachtun- gen als wichtig erscheinen lassen; es sei nur an manche noch nicht tiberwundenen Schwierigkeiten bei der Theorie der Knollehenbakterien erinnert. Die tberlegungen des Verfassers gruppieren sich im wesentlichen um zwei Beobachtungen: Nach sei- non Ausftihrungen gelang es ihm erstens, sowohl aus FrUchten and Samen als auch aus pflanzlichen Ge- weben der verschiedensten Herkunft, unter sterilen Bedingungen in neutralem his basischem Aledium, Bak- terien zu kultivieren. Und zweitens glaubt or, die Fahigkeit zur Assimilation von atmospharisehem Stickstoff bei den verschiedensten hoheren and niede- ren Pflanzen, insbesondere Nicht-Leguminosen, wie Buchweizen, Sonnenblumen, Kartoffeln oder Hafer, nachgewiesen zu habeas. Die Bakterien sollen sich als Symbionten im Plasma der Zellen in Form von Chmn- driosomen befinden, wo sie nichts anderes als Stand- ortsmodifikationen von Bakterien darstellen sollen, die durch geeignete Kulturmethoden wieder zu echteu Bakterien regeneriert werden konnen. Dagegen er- fahrt die bisherige, im wesentlichen aber nur fur die Leguminosen giiltige Theorie der Stickstoffversor- gung durch die Bakterien der Wurzelknollchen eine volIige Ablehnung. Die Knollchen seien MiBbildun- gen, ein Zeichen von N-Hypertrophie. Wie Sind these Ergebnisse S c h a n d e r l s nun zit hewerten? Was zunachst die Frage nach der Isolie- rung von Bakterien aus Samen and Frichten anhe- trifft, so konnte von verschiedener Seite bestatigt werden, dad im Inneren von gesunden, fleischigen Fruchten, allerdings nur in deren Hohlraum, sowie im lockeren Fruchtfleisch, Bakterien and Hefen vorkom- men (Marcus, Romwalter u. von Kiraly, M i e h e). In Getreidekornern lichen - sick, zwischen Fruclit- and Samenschale intrazellular wachsend, Pilze nachweisen (auger N i c t h a m xn e r vor allem Marcus). In beiden Fallen handelt es rich sogar z. Ti. um regelmadige Erscheinungen. Auf der anderen Seite aber gelang es bisher bei Nachprtifungen der Ergebnisse des Verf. nicht, Mikro- organismen aus dem festen Fruchtfleisch oder gar au., dem Inneren von Samen zu kuitivieren. Der vom Verf. besonders herangezogene Befund von S t ii h r k, der aus sterilisierten and dann steril zerquetschten Erbsen Bakterien ziichtete, laht Bich auch durch Nah- rungsmangel von zunachst nicht ausgewachsenen Kei- n,en odes durch anhaftende Luftsacke, die das Aus- keimen der Bakterien zunachst verhinderten, erkla- ren. Auch konnte bisher in Nachuntersuchungen unter Zugrundelegung der Schanderlschen Methodik das allgemeine Vorhandensein von Bakterien im Innern von aulerlich steril gemachtem Gewehe nicht festgestellt werden (vergl. die kritischen Nachunter- Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 BUCHBESPRECHUNGEN suchungen von B u r z i k, K. Rippe1 u. a.). Nur in einem Fall fand G e B n e r (nach Mar c u s) bei alien sonstigen negativen Priifungsergebnissen bei. Hon- lcenya im Mesophyll in 98 % der Falle Bakterien. Weitere Untersuchungen sind also notwendig: denn .,nicht gefunden" ist noch nicht mit ,nicht vorhan- den" gleichzusetzen, wie S c h a n d e r 1 einwenden kann. Auch andere Angaben, z. B. von S z i l v a s i uber das Vorkommen von derartigen Bakterien, zei- gen die Notwendigkeit der weiteren Arbeit. Die Vorstellung einer allgemeinen Symbiose sol- cher Bakterien, in der Form der Bakterioiden hzw. der Chondriosomen, soil durch den behaupteten Nach- weis der Assimilation des atmospharischen Stickstoffs bei den verschiedensten Pflanzen besonders nahe- gelegt werden. Diese Versuche wurden grollenteils mit Pflaiizen durchgefuhrt, the in Mitscherlich-Ge- fallen aufgewachsen waren. Es wurde der N-Gehalt des Bodens sowie der Samen and der des Pflanzen- materials vor and nach dem Versuch bestimmt and aus diesem Unterschied der oft erstaunlich hohe N- Gewinn solcher Kulturen, der dann aus der Luft auf- genommen sein muBte, festgestellt. Leider wurde der allergrofte Teil dieser Versuche mit nicht sterilen Kulturen durchgefuhrt, da es nach der Ansicht des Verfassers sterile Kulturen wegen des behaupteten Auswanderns der in der Pflanze selbst vorkommen- den Bakterien nicht gibt. Damit ist aUer der N- Gewinn durch Luftstickstoff assimilierende Boden- organismen nicht ausgeschaltet. Abgesehen von den unbepflanzten Vergleichskulturen zur Bestimmung ilires N-Gewinnes im Boden, diirften die Pflanzen selbst durch die wahrscheinliche Forderung des Mikroorganismuswachstums in der Umgebung ihrer Wurzeln (vergl. die Rhizosphare nach S t i ll e , auch A. Rippel-Baldes, nicht Rippel-Beh- r e n s, wie S c h a n c1 e r 1 schreibt) den N-Gewinn im {ioden in unkontrollierbarer Weise erhdhen. Zusatz- lich gegebener ,Startstickstoff", der vom Verf. fur einen besseren N-Gewinn aus der Luft als forderlich and oft als notwendig erachtet wird, kann ebenso gut auch fur die Vermehrung der Bodenorganismen wich- tig sein and deren N-Gewinn verbessern. Einige Ver- suche liegen aber auch mit sterilen Kulturen vor. Deren Ergebnisse waren besonders beweisend, befan- den rich nicht gerade unter diesen GefkOen mit Nicht- Leguminosen (soweit ich sehe, insgesamt nur 7 von etwa 200 arlgefuhrten vergleichbaren GefaBversu- chen) gerade die beiden einzigen Versuche, die einen N-Verlust bzw. annahernde Gleichheit des N-Gehaltes aufweisen. Schliefllich wird noch, als besonders ent- scheidend, ein steril durchgeftihrter ,Fruchtfolge- versuch ", der ebenfalls N-Gewinne ergab, dargesteilt. Dieser eine Versuch konnte in der Tat, falls er wirk- lich steril, ohne den Zutritt von Luftkeimen, durch- gefuhrt wurde, fur die behauptete Assimilation des Luftstickstoffs herangezogen werden. Die bisher bei solchen Versuchen selbstverstandlieh auch noch nak?n Versuchsende erforderliehe Sterilitat des Bodens - wurde these am Ende der einzelnen'Teilversuche uberpruft? - wird vom Verf. nun aber gerade wegen des behaupteten Auswanderns der Bakterien aus den Pflanzen fur unmoglich gehalten. Da weiterhin nile entgegenstehenden Versuche, soweit sic mit N-Mangel- kulturen durchgefuhrt wurden, vom Verf. wegen des moglicherweise zum Anlaufen benotigten Startstick- stoffs abgelehnt werden, sind auch her noch kritisehe Nachuntersuchungen eriorderlich. So ergibt sich also: Die Isolierung von Bakterien aus Samen and Frf chten erscheint gesichert. Eine exakte Bestatigung fur das regelmaBige Vorkommen von Bakterien in beliebigen pflanzlichen Geweben ist jedoch nicht vorhanden, gelegentliche Vorkommen scheint es aber zu geben. Der saubere Nachweis, .dal es sich bei solehem Vorkommen um eine echte Sym- biose handelt, wie der Verf. annimmt, ist, abgesehnn von Leguminosen and wenigen ahnlichen Fallen, his- her nicht gelungen. Der Nachweis der Assimilation des Luftstickstoffs durch griine, hohere Pflanzen er- scheint mir nach kritischer Durchsicht seiner Experi- mente, obwohl ein Versuch vielleicht dafiir sprechen konnte, nicht endgiiltig erbracht. Die Ergebnisse des V erfassers bedBrfen also weitgehend der Bestatigung, and es ist einstweilen, vor allem in Hinsicht auf die Praxis, nicht angebra.cht, bewahrte Anschauungen auf- zugeben. . Wilhelm Simonis. Schwermetalle als Wirkungsgruppin von Fermenten von 0 t t o War b u r g, Berlin-Dahlem. Arbeits- gemeinschaft Medizinischer Verlage G.m.b.IL, Verlag Dr. Werner Saenger, Berlin 1946. 195 S., Preis geh. 20 RM. Es ist sehr unwahrscheinlich, dal- sich die Arbeiten eines Forschers uber anderthalb Jahrzehnte hin so folgerichtig eine aus der anderen entwickeln, dark sie am Schlul3, in Gruppen unterteilt and chronologisch geordnet, die einzelnen Kapitel eines systematischen Lehrbuches uber ein fundamentales Forschungsgebiet darstellen. Solch unwahrscheinliches Buch erschien bei Springer 19281 Es war das Buch von 0 t t o War - b u r g ?-Ober die katalytischen Wirkungen der leben- digen Substanz". Es war das Jahr, mit dem die Ein- wendungen der fiihrenden Chemiker Wieland, W i l l s t a t t e r and von E u l e r gegen die Existenz and die sauerstoffaktivierenden Eigenschaften des Fermenteisens einschliefen. 35 Arbeiten in drei Ilaupt- abschnitten zeigten, darn die Katalyse anscheinend aller energetisch bedeutsamen Reaktionsketten der Schwermetalle hedurfe, and entwickelten die Gesetz- maBigkeiten, an denen man erkennt, dad das so ist: Empfindlichkeit der Reaktionsketten gegen Schwer- metallkomplexbildner, gegen CO and im ,Falle des Eisens" Lichtempfindlichkeit der CO-Vergiftung. Die heuristische Fruchtharkeit dieser Gesetzmallig- keiten brachte es mit sick, dal3 das dramatische Buch schon wahrend der Drucklegung iiberholt war: 19281 konnte 0 t t o War b u r g bereits das relative and absolute Wirkungsspektrum des sogenannten War- absolute Atmungs#ermentes mitteilen. In den nach- sten Jahren folgte die Zusammenordnung der Eison- fermente zu Reaktionsketten der Elektronendbertra- gung, die Zuordnung der Oxydationsgifte zu den bei- den Wertigkeitsstufen des Eisens, die Bestatigung 1 Naturforscher- and Arztetagung Hamburg 1928. Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415ROO0700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 BUCIf BES PRE CIf UNGEN der Wirkungsspektra Burch unmittelbare Messung der Absorptionsspektren auch des Atmungsfermentes bei Essigbakterien, Azotobakter and Herzmuskel in den Laboratorien von Otto Warburg and K e i l i n. Schliel3lich wurde der Geltungsbereich der so gefun- denen katalytischen Prinzipien erweitert durch die Entdeckung des wasserstoffentwickelnden Eisens der Buttersaurebakterien, des Schwermetalls der Hefe- zymohexase als Schwermetallfaktor der Hefegarung Ind des Schwermetalls der Chloroplasten als Schwer- metallfaktor der Photoreduktion der grtinen Pflanzen. Fugt man hinzu, dad gleichzeitig die GesetzmaBig- keiten dieser Vorgange durch zahlreiche neue Alodell- versuche caber photochemische Konstanten and Aus- heuten gesichert and in breiter Front an die allge- meine Photochemie angeschlossen warden, so wird man mit auflerordentlicher Spannung nach dem neuen Buch von Otto War b u r g greifen. Dieses Buch ist ganz anders aufgebaut als der Vor- ganger von 1928. Es ordnet ' in 20 Kapiteln die alten find die neuen Erkenntnisse zu einem strengen Lehr- gebaude. Es beginnt in Kapitel I mit dem Platin- modell von Davy and dem Palladiummodell von Wie- land and endet in Kapitel XV and XVI fiber das Atmungseisen mi.t der Diskussion der Haminformeln and der wahrscheinlichen ,chemischen Konstitution des Fermenteisens". In den Kapiteln XVII bis XX werden dann die anderen oben erwahnten schwer- metallhaltigen Fermente erortert. In Kapitel XXI sind Versuche iiber den Quantenbedarf der Kohien- saureassimilation mehr aulerlich angehangt, da diese Versuche mit Schwermetallen nichts zu tun haben. Sonst ist in stranger Beschrankung auf das Thema des Buches alles weggelassen, was nicht unmittelbar mit Schwermetall zusammenhbngt: sogar die eigenen EiweiBkomponenten der Schwermetallprotelde selbst, die in Warburgschen Laboratorien so vielfaltig iso- liert and kristallisiert worden sind, and erst reeht alle die Fermente, die nicht selbst Schwermetalle enthal- ten, auch wenn metallfreies and Aletallferment Glie- der derselben Reaktionskette sind. Der materielle Inhalt des Buches geht fiir den Ken- ner der Originalarbeiten aus den angefuhrten Ent- deckungen hervor; er kann nicht in Kiirze referiert werden. Dies gilt nicht fur die letzten beiden Kapitel. Die in Kapitel XX behandelte Originalarbeit ist recht unzuganglich in den Berichten der Aloskauer Aka- demie der Wissenschaften veroffentlicht. Es handelt sich um ?die Reduktion von Chinon in griinen Zellen and Granula". Es gilt bei Belichtung grainer Prel3= safte die Summengleichung 2 Chinon + 2 H2O = 2 Hy- drochinon + 02 - 52 000 kal. Die Lichtahsorption er- folgt durch das Chlorophyll. Katalysator der Reduk- tion dfirfte Schwermetall sein. Denn der Komplex- bildner Phenanthrolin wirkt hemmend. CO hemmt nicht, Blausaure and Cystein werden durch Chinon oxydiert. Die volistandig hemmende Giftmenge wurde nur zur Bindung des Zinks der Granula ausreichen = nicht ihrer iibrigen Metalle. Die Reduktion ist an die Gegenwart von Chlorid - Bromid > Jodid - Ni- trat gebunden; die anderen Anionen and alle Kationen sind wirkungslos. Die bisher unveroffentlichten Versuche fiber Koh- lensaureassimilation (Kap. XXI) beschaftigen sich mit dem E m e r s o n - Effekt and fiihren zu dem Ergebnis, dad die photochemische Ausbeute von Chlorella- Susperlsionen, die keine toten Zellen enthalten, auch bei Berticksichtigung dieses Effektes 0,25 cp bleibt. Der minimale Quantenbedarf bei Reduktion eines 02- Molektils bliebe also 4. Wahrend der Aufbau des neuen Buches in seinem systematischen Fortschreiten vom Einfacheren zunl Komplizierteren beinahe lehrbuchmaBig streng ge- gliedert ist, bleibt ihm dock der erregende Reiz des dramatischen Kampfes zwischen dem Geist des For- schers and der sproden Verwickeltheit des Objektes erhalten. Das beruht auf der beinahe einzigartigen Fdhigkeit W a r b u r g s, von fremden wie eigenen klassischen Experimenten zur Induktion des Gesetzes and vom induzierten Gesetz zur Deduktion neuer Ex- perimente weiterzuschreiten. Es durfte in dem ganzen Buch wohl nicht eine Tatsache stehen, die nicht in den FluB dieses analytischen unsl synthetischen Denkens lebendig eingebaut ist. Diese Art der Diskussion ist auch auf falsche Experimente and Folgerungen i1ber- all da ausgedehnt, wo diese geeignet waren, das wie- der zu trtiben, was mit Aliihe experimentell geklart war" (S. 149). Die Pragnanz, mit der es geschieht, mag auf konziliante Naturen leicht etwas erbarmungs- los wirken. Obwohl diese Pragnanz amfisant ist, be- ruht sie nicht allein darauf, dad W a r b u r g des so- wieso nicht trockenen Tones allzu schnell satt ist. Einen wesentlichen Teil seiner Motive gibt. er anlaB- ?lich der alten Diskussion zwischen H o p p e - S e y 1 e r and Al a c Al u n n fiber die Histohamatine? an: ?fell fiihre diese Diskussion hier an, well sie lehrt, wie ge- fahrlich es ist, wenn man falsche Einwendungen auf sich beruhen lkBt. Mac M u n n schwieg. Die Folge davon war, dad in den nachsten 39 Jahren von den Histohamatinen nicht mehr die, Rede war" (S. 61). Das Buch ist so gesehlossen, dad es dadurch wie ein AbschluB aussieht; es ist so beziehungsreich und an- regend, dad es wie ein Anfang wirkt. Wir hoffen, dad es auch fur Warburg selbst den Anfang einer neuen Periode des Forschers bedeutet. Das Buch zu empfehlen, durfte iiberfliissig sein. H. H. Weber. Verantwortlich fur den Inhalt: H. Friedrich - Freksa and A. Klemm . Druck der Hoffmannschen Buchdruckerei Felix Krais Stuttgart Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 Herausgeber: H. Friedrich-Freksa and A. Klemm unter Mitwirkung verschiedener Fachgenossen. Einsendungen and Zuschriften sind zu rich4en, an die Redaktion der Zeitschrift fur Naturfoi Chung, Tubingen, Johannesweg 11. Die Zeitschrift soil 1947 in 2 Banden zu je 12 Heften erscheinen, von denen Band 2 a Astrophysik, Physik and physikalische Chemie, Band 2b anorganische, organische and biologische Chemie, Botanik, Zoologie u*d verwandte Gebiete enthalt. Es werden aufgenommen: 1. Originalarbeiten in knapper, sachlicher Darstellung; 2. Kurze Mitteilungen wichtiger Forschungsergebnisse, die unter der Rubrik ,,Notizen" beschleunigt erscheinen werden; 3. Berichte fiber wichtige, in Deutschland zur Zeit schwer zugangliche auslan- dische Arbeiten gegen Honorierung; 4. Mitteilungen fiber deutsche and auslandische Wissenschaftler, Hochsehulen and Institute; 5. Besprechungen eingehender Fachliteratur; 6. Anzeigen, die der Beschaffung von Forschungsmitteln dienen. Redaktionelle Anweisungen 1. Die Autoren werden auf Anordnung der amerikanischen Militarbehorde ge- beten, ihre Vornamen sowie Geburtstage and Geburtsorte mitzuteilen. 2. Der Ursprungsort der Arbeit ist am Kopf des Manuskripts anzugeben. 3. In Zweifelsfallen wird gebeten, bei der Einsendung des Manuskripts anzu- geben, ob die Aufnahme in Band 2a oder Band 2b erwunscht ist. 4. Eine Zusammenfassung soil der Arbeit vorangehen. 5. Zitate undAnmerkungen Sind durchlaufend numeriert aisFullnoten zu bringen. Die im Chemischen Zentralblatt festgelegten Zeitschriftenabktirzungen Sind moglichst zu bentitzen. 6. Es wird gebeten, die Abbildungen auf das Notwendigste zu heschranken and durch Strichatzung reproduzierbare zu bevorzugen. Den Autoren werden 2 Fahnenabztige iibersandt, von denen der eine korrigiert, mit dem Manuskript, umgehend an die Redaktion zurtickzusenden ist. Wird im Interesse des raschen Erscheinens, insbesondere bei kurzen Mitteilungen, das Lesen der Korrekturen durch die Redaktion gewiinscht, 'so ist dies bei der Ein- sendung des Manuskriptes zu vermerken. Von jeder Arbeit werden 75 Sonderabdrucke unentgeltlich geliefert. Werden weitere Sonderabdrucke gewtinscht, so Sind these bei der Einsendung des Manu- skripts oder der ersten Korrektur zu bestellen. Geschaftliehe Hinweise Der Preis des Heftes wird vorerst von Fall zu Fall bekanntgegeben. Das Heft 7/8 kostet RM. 5.-. Die Anzeigengebuhr betragt fur'/15 Seite (45 mm hoch, 57 mm breit) fur Teil a oder b RM. 40.-, fur die Gesamtausgabe RM. 70.-. Abonnenten erhalten die Hefte laufend unter Einzelberechnung geliefert. Bestellungen nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen, ebenso zur Weiter- leitung Redaktion and Verlag. Anzoigenauftrage bitten wir der Redaktion, (14b) Tubingen, Johannesweg 11, zu uberweisen. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Inhaber: W. Klemm, Wiesbaden, Spiegelgasse 9 Verotfentlicht unter der Zulassung Nr. 20 der Nachrichtenkontrolle der Militarregierung Auflagenhohe 7500. Ausgegeben im November 1947 Approved For Release 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040006-3 pye~~JJFpQr. . Iea~e 2002/08/14: CIA-RDP83-00415R000700040U 06- C H ~' //~~y,.~/ , Dr. pii.,Rrgantsator, 37 Jahre, politisch nicht belastet, mit guten Zeugnissen, Hochsch3 ulassistent and langjfihrigeTatigkeit in Forschung and Betrieb der Groftindustrie. Arbeitsgebiete (Veroffentlithungen and Patente): Steroide, Zellstoff, aliph. Alkohole and Kohlenwasserstoffe, Hochdrucksynthesen (Methanol), - an selbstandiges Arbeiten gewohnt, an ch t passe n d e n Wi r ku n g s k r e i s. Angeb. erbeten unt. Z.8 a. d. Zeitschrift f. Naturforschg., (14 b) Tubingen, Johannesweg 11 Fair Laboratorien stellen wir wieder her: Tiegel, Schalen Netz-Elektroden, Spiralanoden, ~chiffehen, Spatel u. dgl. aus Gertteplatin oder ails Goldplatin Oder Silber. - Ein- schmelzdrdhte aus Platin oder ale Manteldrllhte. - Silberapparate. - Thermoelemente aus PtRh-Pt oder Unedelmetallen. - Widerstands- thermometer mit Pt- oder Ni-Wick- lung. - Salze der Platin-Metalle. DEOUSSA-SIEBERT . (16) RANAU/M. 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