MAGAZINE OF THE EAST GERMAN ACADEMY OF SCIENCES, VOLUMES 1/2/3 AND 4/5

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Document Number (FOIA) /ESDN (CREST): 
CIA-RDP81-01043R002900200003-1
Release Decision: 
RIPPUB
Original Classification: 
C
Document Page Count: 
65
Document Creation Date: 
December 23, 2016
Document Release Date: 
May 28, 2014
Sequence Number: 
3
Case Number: 
Publication Date: 
January 1, 1958
Content Type: 
REPORT
File: 
AttachmentSize
PDF icon CIA-RDP81-01043R002900200003-1.pdf14.72 MB
Body: 
Declassified in Part- Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 INFORMATION REPORT INFORMATION REPORT CENTRAL INTELLIGENCE AGENCY This material contains information affecting the National Defense of the United States within the meaning of the Espionage we, Tito: 18, U.S.C. Secs. 793 and 794, the transmission or revelation of which in any manner to an unauthorised person is prohibited by law. C-0-N-F-I-D-E-N-T-I-A-L COUNTRY East Germany REPORT SUBJECT Magazine of the East German Academy of DATE DISTR. ; fl$ Sciences, Volumes .71/2/3 and 415 NO. PAGES 1 REFERENCES RD DATE OF INFO. PLACE & DATE ACQ 50X1-HUM 50X1-HUM SOURCt hYALUAIIUDIJ AKE Ill.. 1111i ? ? WSW Copies of the magazine published by the East German Academy of' Sciences, 50X1-HUM MIttellungsblatt fuer die Mitarbeiter der Deutschen Ahad.emie der Wissenschaften zu Berlin, Volume 1/77January, -. r March 1956) and Vo1ume7/5 (April, May 1958) The publication contains articles by members oi he Academy on various scientific topics. 50X1-HUM NOTE: The attachment is Unclassified when detached. C-0-N-F-I-D-E-N-T-I-A-L 50X1-HUM STATE X IARMY it. N AVY X Al! X Fel SEC DC (Note: Washington distribution indkated by "X"; field distribvtion by "*".) INFORMATION REPORT INFORMATION REPORT ? ' "-ni"P'rr- ? . .? - ..? 50X1-HUM -? Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release 50-Yr 2014/05/28 : CIA-RDP81-01043R00290o7nonrn_1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 ? FUR DIE MI,TARBE1TE4 DER DEUTSCHEN AKA2DEMIE DER!IVISSENSCHAFTEN Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Akademiemitglied Prof. Dr. E. Correns Akademiemitglied Prof. Dr. H. H. Franck Vizeprasident Prof. Dr. H. Friihauf K.-H. Schmidt ? Prof. Dr. H. Philipps Dr. G. Skeib Dr. F. Ludwig Dr. W. Girnus Dr. J. Bunge Prof. Dr. P. Kokkalis Prof. Dr. R. Ritschl Dr. 0. Selisko Dr. J. Wiegmann Prof. Dr. W. Fischer Dr. F. Klein Dr. 0. Wenig Dr. G. Dunst Dr. IC-H. Segel Akademiemitglied Prof. Dr. Th. Brugsch Prof. Dr. W. Radig Prof. Dr. E.-J. Giel3mann Dr. G:Dunken E. GeiBler G. Henckel G. L. ? G. Schumann Akademiemitglied Prof. Dr. P. A. ThieBen Deutschland soli frei von Atomwaffen sein! 1 Verstarkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis Die erzieherische Arbeit der Naticknalen Front 5 Wissenschaft und Produktion- Das Parteiaktiv der Berliner Institute der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin Einige Eindrilcke und Lehren der 3. Hochschulkonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ' Die Forschungsgemeinschaft Der Wissenschaft und der verantwortungsbewuBten Anwendung ihrer Ergeb- nisse kommt eine vorrangige Bedeutung zu Mitteilungen Vereinbarungen ilber die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit uus- landischen Akademien - Akademie der Wissenschaften der UdSSR Polnische Akademie der Wissenschaften 5 5 6 8 15 MITTEILUNGSBLATT FOR DIE MITARBEITER DER DEUTSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN 4. Jahrgang Januar/Februar/Marz 1958 Heft 1/2/3 Deutschland soil frei von Atoinwaffen sein ! 84 namhafte Gelehrte, die Mitglieder der Deutschen Akudemie der Wissenschaf ten zu Berlin sind, haben 15 in folgender tiff entlicher Erkliirung zu Lebensfragen 16 der Wissenschaft und der Menschheit Stellung ge- nommen: Aus wissenschaftlicher und ethischer Verantwortung bekunden wir unsere Meinung zu einem die Men- schen zutiefst bertihrenden Problem: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und eine neue Stufe in der Beherrschung der Naturgesetze eroffnen ungeahnte Moglichkeiten fur em n wtirdiges Leben Die optimistische Begeisterung einer Renaissance konnte die Menschheit ergreifen. Statt dessen sind heute in der Welt Unruhe und Sorge verbreitet. Aus der Wissenschaft erwuchs die Moglichkeit der Vernichtung der Menschheit. Die in der Welt be- stehenden Spannungen bewirken Furcht statt Opti- mismus. Mit der Verantwortung fur diese Spannungen sind heute zwar nicht die Wissenschaftler belastet, aber die Folgen empflnden sic schwer. Sic dtirfen nicht schweigen, ohne mitschuldig zu werden Die Wissenschaft hat einen Entwicklungsstand er- 43 - reicht, der eine weltweite Kooperation erfordert. Die Spannungen hindern die Kooperation. Das sittliche BewuBtsein verpflichtet den Wissen- schaftler, seine Erkenntnisse nur dem Wohle der Menschheit dienstbar zu machen. Die Spannungen bergen in sich die Gefahr des MiBbrauchs. 47 Daher wollen wir Wissenschaftler dazu beitragen, 48 die Bedrohlichkeit des bisherigen Zustandes zu min- dern und zu beenden. 50 Es ist unbedingt notwenig. die Atomwaffenversuche einzustellen und darnit eine sehr reale Gefahr ftir die 51 Menschheit zu beseitigen. Bei dem erreichten Stand 53 der Entwicklung erscheint dies moglich 54 Mitteleuropa und besonders Deutschland sind heute 55 em n Gebiet gefohrlicher Spannungen. Wir rntissen alles daran setzen, eine gegenseitige Annaherung zu fordern und eine friedliche Auseinandersetzung her- beizuftihren. Deutschland soil frei von Atomwaffen sem! Damit schaffen wir ein gutes Beispiel ftir die ganze Welt. GroBe Krafte und Mittel fur die allseitige Forderung von Wissenschaft und Kultur werden frei. Dann wiirde sich auch die Gefahrdung einer Zu- sammenarbeit der deutschen Wissenschaftler min- Das Internationale Geophysikalische Jahr Zusaminenarbeit am Satellitenprogramm 16 Erste Nordatlantik-Expedition mit der ?Lomonossow" 17 Aus der Arbeit der Institute_. Die Sorge urn den wissenschaftlichen Nachwuchs 18 Perspektiven der Germanistik 21 Vorausbemerkungen zu einer historisch-kritischen Ausgabe der Schriften Bertolt Brechts Tagungs- und Reiseberichte Jubildumskonferenzen ? -Herzoperationen ? Apparate 5. Arbeitstagung ?Spektroskopie" in Jena Eine wissenschaftliche Tagung von weittragender Bedeutuug Gemeinsame Tagung der britischen Clay Minerals Group und der Groupe Francaise des Argiles Jena ? Moskau ? Peking Erforschung der Vergangenheit als Dienst an Gegenwart und Zukunft Eindriicke von einer Bibliotheksreise nach Moskau, Leningrad und Kiew . Ober eine epigraphische Reise nach Samos 1957 Die Stirnme des Volksvertreters Meine Arbeit im Magistrat von GroB-Berlin Miszellen alle ihre Kenntnisse, Begabungen und Krafte fur die Gestaltung der sozialistischen Demokratie einzusetzen Als Gast auf dem V. Bu'ndestag des Kulturbundes zur demokratischen Er- neuerung Deutschlands ?Kultur, Technik, Humanitat" ,Gelehrter und Pat-riot Eine Beratung des Komitees zur Verhiltung des Krebses Und wieder eine Jahreshauptversammlung W. E. B. Dubois 93 30 32 33 34 35 38 40 42 , 45 46 47 Nachrufe, Ehrungen und Ernennungen Mitteilungen auslandischer Akademien Nachrichten aus dem Prasidium Nachrichten aus den Klassen Aus der Arbeit der Akademie-Bibliothek Der Schriftentausch der Akademie-Bibliothek ? Telegramm an den Bonner Bundestag Ansprache auf dem Marx-Engels-Platz in Berlin am 27. Marz 1958 50 58 60 60 Herausgeber: Vizepr5sident Prof. Dr. H. FrOhauf, Generalsekretar Prof. Dr. G..Rien5cker, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin W8, Otto-Nuschke-St 22/23. Redaktion ? Ch-istine Stempel. Korrektor: H.-J. Muller. Verlag: Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Mohrenstr. 39, Fernruf 20 03 80, Postscheckkonto Berlin 350 21, Das 5iitteilungsblatt erscheint unregelmaig und wird kostenlos an die Mitarbeiter der Akademie ab- gegeben. Ein Vertrieb Ober den Buchhandel erfolgt nicht. Lizenz-Nr. ZLN 5 83. Gesamtherstellung: 1V/2/14 - VEB Werkdruck Grafenhainichen - 695. Es wird gebeten, Beltr5ge, Vorschlage, Wfinsche und Kritiken an die Deutsche Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, Berlin W8, Otto-Nuschke-str 22,23, Pressestelle, Fernruf 20 04 81, App. 387, zu richten. dern. Diese Zusammenarbeit ist fill- die wissenschaft- lichen Akademien Deutschlands von hoher Bedeu- tung. Prof. Dr. Arthur Baumgarten, Berlin Prof. Dr. Friedrich Behrens, Berlin Prof. Dr. Heinrich Bertsch, Berlin Prof. Dr. Hans-Holm Bielfeldt, Berlin Prof. Dr. Georg Bilkenroth, Berlin Prof. Dr. Ludwig Binder, Dresden Prof. Dr. Wilhelm Blaschke, Hamburg Prof. Dr. Ernst Bloch, Leipzig Prof. Dr. Heinrich Brandweiner, Wien Prof. Dr. Theodor Brugsch, Berlin Prof. Dr. Max Burger, Leipzig Prof. Dr. Erich Correns, Berlin Prof. Dr. Fritz Deubel, Ilmenau (Thuringen) Prof. Dr. Johannes Dobberstein, Berlin Prof Dr. Carl von Eicken, Berlin Prof. Dr. Friedrich Eisenkolb, Dresden Prof Dr. Otto Emicke, Dresden Prof. Dr. Hans Ertel, Berlin Prof. Dr. Hans Falkenhagen, Rostock Prof Dr. Hans Faltin, Dresden Prof. Dr. Willi Felix, Berlin Prof. Dr. Hans Heinrich Franck, Berlin Prof. Dr Walter Frenzel, Dresden Prof. Dr. Walter Friedrich, Berlin Prof. Dr. Theodor Frings, Leipzig Prof. Dr. 1-Tans Frilhauf, Dresden Prof. Dr. Manfred Gersch, Jena Prof. Dr. Paul Gorlich, Jena Prof. Dr Kurt Gottschaldt, Berlin Prof. Dr. Richard Hamann, Berlin/Marburg Prof. Dr. Werner Hartke, Berlin Prof. Dr. Helmut Hasse, Hamburg Prof Dr. Hans Haussherr, Halle Prof Dr. Franz Hem, .Tena Prof. Alfred Jante, Dresden Prof. Dr. Gerhard Katsch, Greifswald Prof. Dr. Hans Friedrich Kautzsch, Berlin Prof. Dr. Karl Kegel, Freiberg Prof Dr. Gunther Klaffenbach, Berlin Prof. Dr. Victor Klemperer, Dresden, Prof. Dr. Hans Knoll, Jena Prof. Dr Gunther Kohler, Dresden Prof. Dr. Jurgen Kuczynski, Berlin Prof. Dr. Wolfgang Langenbeck, Rostock Prof. Dr. Eberhard Leibnitz, Leipzig Prof Dr. Anton Lissner, Freiberg Prof. Dr. Friedrich Leutwein, Freiberg Prof. Dr. Willibald Lichtenheldt, Dresden Prof Dr. Karl Lohmann, Berlin Prof. Dr. Eduard Maurer, Berlin Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 2 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 : CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Prof. Dr. Otto MeiBer, Berlin Prof. Dr. Alfred Meusel, Berlin Prof. Dr. Kurt Mothes, Halle Prof. Dr. Johannes NeIles, Schkopau Prof. Dr. Fritz Obenaus, Dresden Prof. Fred Oelliner, Berlin Prof. Dr. Walther Pauer, Dresden Prof. Dr. Albrecht Peiper, Leipzig Prof. Dr. Asmus Petersen, Rostock Prof. Dr. Erich Rammler, Freiberg Prof. Dr. Alfred Rieche, Berlin Prof. Dr. Gunther Rienacker, Berlin Prof. Dr. Heinz Rohrer, Insel Riems Prof. Dr. Robert Rompe, Berlin Prof. Dr. Walter Ruben, Berlin Prof. Dr. Arno Schilller, Berlin Prof. Dr. Kurt Schwabe, Dresden VEB Textilkombinat Zittau Weberei ? Bleicherei ? Farberei Zittau, Karl-Marx-Platz 6 den 28.2.1958 An die Deutsche Akademie der Wissenschaf ten Berlin Sehr geehrte Herren Professoren! Wir Arbeiter, Angestellte und Angeharige der In- telligenz aus dem VEB Textilkombinat Zittau, haben die offentliche Erklarung der 84 Wissenschaftler zu Lebensfragen der Wissenschaft und der Menschheit mit tiefer Sympathie aufgenommen. Zur gleichen Zeit veraffentlichten 44 Universitats- und Hochschulprofessoren der Bundesrepublik einen Appell ftir die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone und gegen die Atomaufrtistung, der sich be- sonders an die westdeutschen Gewerkschaf ten wendet und sie zu gemeinsamen Aktionen aufruft. Wir filhlen uns vollkommen solidarisch mit der in Prof. Dr. Rudolf Seeliger, Greifswald Prof. Dr. Arthur Simon, Dresden Prof. Dr. Georg Spackeler, Freiberg Prof. Dr. Kurt Schrader, Berlin Prof. Dr. Robert Schrader, Leipzig Prof. Dr. Wolfgang Steinitz, Berlin Prof. Dr. Leo Stern, Halle Prof. Dr. Erwin Stresemann, Berlin Prof. Dr. Hans Stubbe, Gatersleben Prof. Dr. Wilhelm Treibs, Leipzig Prof. Dr. Peter Adolf ThieBen, Berlin Prof. Dr. Erich Thilo, Berlin Prof. Dr. Max Volmer, Potsdam, P'rof. Dr. Adolf Watznauer, Karl-Marx-Stadt, Prof. Dr. Eduard Winter, Berlin Prof. Dr. Maxim Zetkin, Berlin Prof. Dr. Friedrich Zucker, Jena. Ost und West erhobenen Forderung nach der atom- waffenfreien Zone vie sic der Plan des AuBen- ministers der Volksrepublik Polen, Rapacki, vor- sieht. Wir stehen vollinhaltlich hinter dem Angebot unseres Bundesvorstandes des FDGB an den DGB-Vorstand auf gemeinsamen Kampf filr die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa. Wir sind tiberzeugt, daB die Aktionseinheit aller Arbeiter, aller Bauern, aller Wissenschaftler, aller friedliebenden Menschen, die Forderung verwirk- lichen wird ?Deutschland soli frei von Atomwaffen sein". In Verbundenheit mit Ihnen 200 Betriebsfunktionare des VEB Textilkombinat Zittau VEB Textilkombinat Zittau Betriebsgewerkschaftsleitung gez. Bretschneider gez. Schuster gez. Knornschild Kombinatsdirektor Stellungnahme der Mitarbeiter des Instituts fiir Wirtschaftswissenschaften zur atomwaffenfreien Zone Auf einer Beratung Ober die vom Audenminister der Volksrepublik Polen, Rapacki, gemachten Vorschlage zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mittel- europa sind wir zu folgender Auffassung gelangt: Die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mittel- europa entspricht den Wiinschen vieler Millionen friedliebender Menschen In der Verwirklichung des Rapacki-Planes sehen wir einen auBerordentlich bedeutungsvollen Schritt zur Entspannung der inter- nationalen Lage. Die Bildung einer atomwaffenfreien Zone vermindert die unmittelbar drohende Gefahr eines Atomkrieges in Europa und bildet zugleich die beste Voraussetzung cigar, daB die Atom- und Wasserstoffwaffen geachtet werden. Mit der Weigerung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der anderen imperialistischen Mach- te, den Rapacki-Plan anzunehmen, sind wir auf Icei- nen Fall einverstanden. Urn unseren Willen eindeutig Ausdruck geben zu 'carmen, fordern wir die Durch- ftihrung einer Volksbefragung, wie sic von unserem Ministerprasidenten, Herrn Otto Grotewoia, filr ganz Deutschland vorgeschlagen wurde. Die Imperialisten sollen wissen, daB ihre Kriegspolitik auf einen immer starker wachsenden Widerstand stoBt und daB das deutsche Volk nicht gewillt ist, sich em n drittes Mal ftir ihre Profitinteressen miBbrauchen zu lassen. Wir stimmen einer von den Mitarbeitern der wirt- schaftswissenschaftlichen Fakultat der Humboldt- Universitat veraffentlichten Entschliel3ung zu, in der es heiI3t: ?Wir konnen weder die Legitimation der Bundes- regierung noch die des Bundestages anerkennen, wenn sic ilber den Willen und die Lebensinteressen des deuttchen Volkes hinweg an der Politik des kalteir und der Vorbereitung des heif3en Krieges fest- halten. Die Entscheidung einer solchen Frage geh6rt vor das Forum des gesamten Volkes." 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGISBLATT 3 Gemeinsam mit den Angeh6rigen der wirtschafts- wissenschaftlichen Fakultat der Humboldt-Universi- tat rufen wir alle Wissenschaftler und Mitarbeiter der Deutschen .Akademie der Wissenschaf ten auf: ?Fordert die Annahme des Rapacki-Planes! Vereinigt Euch mit der Arbeiterklasse zu gemein- samen Aktionen gegen die Atom- und Raketenriistung der Bundesrepublik!" gez. Kaiser gez. Seidel Vertrauensmann Vertrauensm an n d. Gew.Gr. 1/II d. Gew.Gr. 2/11 Institut fiir Slawistik der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin Angesichts der auBerordentlichen Gefahr, die emn Krieg mit Massenvernichtungswaffen fiir die ge- samte Menschheit bedeutet, stellen sich die Unter- zeichner dieser Erklarung einmiltig hinter die Forde- rung der Weltaffentlichkeit nach wirksamen Ab- rilstungsmaBnahmen. Unter besonderer Berticksichti- gung der Lage in Deutschland sehen die Unter- zeichner in den Vorschlagen des Polnischen AuBen- ministers Rapacki einen ersten erfolgversprechenden Schritt zur allmahlichen Verminderung der Kriegs- gefahr. Damit ist die Zustimmung zu alien Bemiihun- gen nach einer Gipfelkonferenz und eine Stellung- nahme gegen die Politik der Raketenbasen ver- bunden. gez. Akademiemitglied Akademiemitglied Dr. Bathe Dr. Ziegengeist Dr. Tetzner Dr. Schall Herr Gunther Herr Hinze Frau Werner Frl. Sander Frau Lorenz Herr Riegel Herr Rappich Fri. Jonas Prof. Dr. H.-H. Bielfeldt Prof. Dr. E. Winter Herr Lehmann Herr GraBhoff Fri. Eckert Frau Hammer Frau Schultze Fri. Spindler Fri. Stoss Herr Bamborschke Herr Grau Fri. Flentje Herr Pohrt Verstarkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis Die ersten Wochen dieses Jahres haben uns alle in Atem gehalten. Grof3e gemeinsame Aufgaben, in die die Plane und Ziele des einzelnen eingeschlossen sind, harren der Losung. Es mehren sich die Stimmen unci Taten derer, die ihre Erkenntnisse nur dem Wohle der Menschheit dienst bar machen wollen und die sich entschieden gegen die sehr reale Gefahr f?r die Menschheit wehren, die alles daran setzen wollen, die geflihrlichen politischen Spannungen zu mildern und die gegenseitige Anntiherung zu fordern. Die Erklarung von 84 namhaf ten Gelehrten ist em n Be- weis dafiir. Das vriechische Altertum pragte den Begriff des zoon politikon .Tratrixdv), ? em n Begriff, dessen wirk- lichen Inhalt uns unser, das neue Leben, demon- striert. Neu ist der Charaicter unseres Staates, neu das We- sen der Arbeit des einzelnen in diesem Staat der Arbeiter und Bauern. Neu ist die Atmosphiire am Arbeitsplatz, in den Parteien und den anderen gesell- schaftliclzen Organisationen. Dem aufstrebenden Neuen im Kampf gegen das ab- sterbende, hemmende Alte zum Siege zu verhel f en, das ist unsere Aufgabe. Die Deutsche Akademie der Wissenschaf ten zu Berlin, und die Forschungsgemeinschaft der naturwissen- schaftlichen, technischen und medizinischen Insti- tute vereinigen in sich die verschiedensten Diszi- plinen, und trotz aller Verschiedenheit gibt es die vereinende gemeinsame Zielsetzung: die Arbeiter- und-Bauern-Macht beim Aufbau des Sozialismus nach besten Kraf ten zu unterstiitzen. Fiihrende Personlichkeiten unseres Staates haben gerade denen,' die Wissenschaft betreiben und fiir 1* Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 die Anwendung ihrer Ergebnisse verantwortlich sind, wichtige Hinweise gegeben. Der nachstehende Auszug aus dem Ref erat des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Minister- rates, Walter Ulbricht, auf der 32. Plenar- sitzung der Volkskammer der Deutschen Demokra- tischen Republik am 11. 2. 1958 wird unter diesem Gesichtspunkt wiedergegeben. Trotz groBer Erfolge, die wir auf diesem Gebiet be- reits erzielt haben, sind in unserer Forschung und Entwicklung noch prinzipielle Mangel zu verzeich- nen. Sic liegen vor allem darin begriindet, daB die Forschung und Entwicklung in der Vergangenheit noch ungentigend im Zusammenhang mit den Be- diirfnissen unserer Volkswirtschaft betrieben wurde und daB die Ergebnisse der Forschung und Entwick- lung unbefriedigend in die Produktion eingefiihrt wurden. Die Grundfrage ist dabei die auf sozialisti- sche Weise organisierte Zusammenarbeit von For- schern, Wissenschaftlern, Konstrukteuren und Tech- nologen. Von seiten der Produktion und der staatlichen Or- gane aber wurde die Aufgabenstellung der Forschung und Entwicklung in viel zu geringem Umfange be- stimmt. Obwohl im MinisterratsbeschluB fiber die MaBnahmen zur Forderung des wissenschaftlich- technischen Fortschritts in der Deutschen Demokra- tischen Republik vom 21. Juli 1255 gefordert wird, daB die Staatliche Plankommission Schwerpunkte ftir die Hebung des Standes von Forschung und Ent- wicklung festzulegen hat und die Ministerien und Hauptverwaltungen entsprechende Hauptaufgaben auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung be- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 4 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 stimmen sollten, ist dieser Forderung in ungentigen- dem Mane nachgekommen worden. Die vielseitigen Interessen der Wissenschaftler und Ingenieure in der Farschung und Entwicklung fiihr- ten zu einer Zersplitterung der Krafte. Sie nahmcn viel zuviel Einzelprobleme ohne Beziehunger unter- einander und zu den Aufgaben der Volkswi. schaft in Angriff. Das fiihrte dazu, daB die einzelnen Wissenschaftler und Ingenieure immer mehr Themen bearbeiten und der AbschluB der Arbeiten immer mehr hinausgezogert wurde. Die Verbindung mit der Produktion, insbesondere mit den Neuerern und Ra- tionalisatoren, ist ungentigend, und der EinfluB auf den technischen Fortschritt laBt zu wiinschen tibrig. Die Betriebe drangen nicht die Forschungs- und Ent- wicklungsstellen, ihre Ergebnisse zur Verfilgung zu stellen, veil vor Aufnahme der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten keine Abstimmung zwischen der Produktionssphare und der wissenschaftlichen Sphare erfolgte. Gute Ergebnisse in der Forschung linden in der Produktion und Industrie nur einen v?llig ungentigenden Niederschlag und das yolks- wirtschaftliche Ergebnis entspricht vielfach nicht dein hohen Aufwand. Die Ursachen daftir liegen meist nicht in der wissen- schaftlichen Qualifikation, sondem in erster Linie in der Organisation der Arbeit der Institute und in der Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Industrie. In Berlin besteht zum Beispiel bei der Akademie der Wissenschaf ten em n Institut fur Geratebau. Dieses Institut entwickelte eine ganze Anzahl ausgezeich- neter Instrumente, so zum Beispiel em n Quadranten- Elektrometer, das mit dem Prilfzeichen S ausgezeich- net wurde, em n Massenspektrometer, em n Kern-Re- sonanzspektrometer u. a. Ira Forschungs- und Ent- wicklungsplan des Instituts bestehen aber keine Vorstellungen dartiber, welche Betriebe diese Er- zeugnisse in die Produktion aufnehmen sollen. So kommt es, daB seit einem dreiviertel Jahr vergeblich versucht wird, den Quadranten-Elektrometer, zu dem fast alle Werkzeuge vorhanden sind, in die Serien- produktion zu tiberftihren. Ira Jahre 1958 wird dieses Institut aber weiterc.. 33 Themen abschlieBen, deren Produktion groBtenteils vom Ministerium filr All- gemeinen Masehinenbau tibernommen werden mtiBte. Ira Ministerium ftir Allgemeinen Maschinenbau ist aber der Wert der abgeschlossenen und nicht in die Produktion ilbergefiihrten Entwicklungen von 17,13 Millionen DM 1956 auf tlber 23 Millionen DM 1957 gestiegen, d. h., das Ministerium kann nicht einmal seine eigenen Entwicklungen in die Produk- tion ilberfiihren. Tinter diesen Umstanden konnen die Wissenschaftler und Konstrukteure des Instituts ftir Geratebau die Kosten ftir ihre Entwicklung nicht realisieren, der volkswirtschaftliche Nutzen ihrer Arbeit bleibt also aus, und f?r sie selbst ist der Zu- stand auBerst unbefriedigend. Das ist die Folge einer ungentigenden Abstimmung mit der Produktion. In vielen anderen Instituten ist die Lage ahnlich. Andererseits zeigt es sich, daB viele Betriebe allein mit der Ltisung schwieriger konstruktiver und wis- senschaftlicher Arbeiten nicht weiterkommen. Hier ware die Unterstiltzung der hochqualifizierten Wis- senschaftler und Konstrukteure aus den Instituten erforderlich. So gibt es zum Beispiel bis jetzt noch keine Regelung fiir Hoehdruckkesselanlagen, die voll befriedigt. Die Industrie muB zur Losung dieser Auf- gaben unbedingt die wissenschaftlichen Institute heranziehen, und es ist erforderlich, Forschungs- gemeinschaften zur Losung der wichtigsten Fragen zu bilden. Ebenso sollen die wissenschaftlichen Krafte der Institute herangezogen werden, um be- reits produzierte Erzeugnisse wissenschaftlich zu tiberarbeiten und auf den hochsten Stand der Tech- nik zu bringen. So ist es z. B. nicht zu vertreten, daB bei uns noch kein Thermostat filr Haushaltkilhl- schranke produziert wird, der einwandfrei arbeitet. Der unbefriedigende Zustand laBt sich schnell ver- bessern, wenn energisch zu der bereits vorgeschla- genen Vertragsforschung ilbergegangen wird. Da- durch wird gewahrleistet, daB in erster Linic die Themen -bearbeitet werden, die dringend benotigt werden und deren Produktionsaufnahme ge- sichert ist. Urn den neuen groBen Aufgaben der Forschung und Entwicklung gerecht zu werden, wurde bereits im September vorigen Jahres der Forschungsrat der Deutschen Demokratischen Republik gebildet. Er be- ginnt mit der Bildung von Forschungsgemeinschaften zur Bearbeitung komplexer Probleme, damit unnotige Doppelarbeiten vermieden werden und die Teil- arbeiten, die zur Losung dieser Probleme geleistet werden mtissen, termingerecht und aufeinander ab- gestimmt durchgefiihrt werden. Damit die Arbeiten der wissenschaftlichen Institute den Bediirfnissen der Volkswirtschaft entsprechen, ist das Prinzip der Auftragserftillung eingeftihrt worden, nachdem Be- triebe und staatliche Organe den Instituten Auftrage zur LOsung von Forschungs- und Entwicklungsauf- gaben erteilen. Ein weiterer Schritt der Forschungs- tatigkeit soil darin bestehen, daB die neugebildeten Vereinigungen Volkseigener Betriebe einen starken EinfluB auf die Aufgabenstellung der Forschung und Entwicklung nehmen. Deswegen ist es erforderlich, daB in der Regel jeder VVB em n Institut als Leit- institut zugeordnet wird, das die Forschungs- und Entwicklungsstellen der Betriebe der VVB anleitet und Verbindungen zu den iibrigen Forschungs- und Entwicklungsstellen, die fur die Aufgaben des In- dustriezweiges von Bedeutung sind, herstellt. Die VVB sollen mit Unterstiltzung der Leitinstitute die Auftragsforschung fiirdern. Sie sollen aber auch durch die Herstellung des unmittelbaren Kontaktes der Wissenschaftler in den Instituten, Akademien, Universitaten und Hochschulen mit den Betrieben daftir sorgen, daf3 die Forschungs- und Entwicklungs- aufgaben, die zur Erftillung der Produktionsplane gelost werden miissen, den Wissenschaftlern in alien Zusarnmenhangen bekannt werden und daB anderer- seits die Ergebnisse der Forschungs- und Entwick- lungsarbeiten von den Betrieben unverztiglich und in vollem Umfange nutzbar gemacht werden. Die Bildung der Vereinigungen volkseigener Betriebe und ihre Verantwortung ftir die Forschung und Ent- wicklung soli auch em n wesentlicher Schritt ftir eine bessere Auswertung und Anwendung der groBen Er- fahrungen und Kenntnisse der Arbeiter und der Funktionfire der Betriebe filr den wissenschaftlichen Fortschritt, insbesondere fiir die EinfLihrung tech- nischer Verbesserungen und neuer Produktions- verfahren sein. 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 5 In ihrer 32. P/enarsitzung verabschiedete die Volks- kammer der Deutschen Demokratischen Republik einstimmig das Gesetz fiber die Vervollkommnung und Vereinfachung des Staatsapparates in der Deut- schen Demokratischen Republik. In der Debatte sprachen u. a. die Herren Akademie- mitglieder Prof. Dr. E.Corrensund Prof. Dr. H. H. Franck. Die erzieherische Arbeit der Nationalen Front Die Entwicklung in unserer Republik hat tausend- fach bewiesen, daB es richtig ist, wenn gerade die Ausschtisse der Nationalen Front sich urn alles, was in den Volksvertretungen behandelt und beschlossen wird, standig kiimmern. Zum erstenmal wird jetzt die Verantwortlichkeit der Ausschilsse fiir die in ihrem jeweiligen Territorium zu losenden okono- mischen, gesellschaftlichen und kulturellen Auf- gaben feslgelegt. Das bedeutet, daB die Ausschtisse von sich aus selbst die Initiative in starkerem MaBe entwickeln, urn ihren Aufgaben in der erzieherischen Arbeit gerecht zu werden. Mehr Rechte ziehen auch neue und hohere Pflichten nach sich. Das bedeutet, daB wir auch in den Aus- schtissen der Nationalen Front einen neuen MaBstab fur die Arbeit flnden miissen. Wir Widen nicht nur feststellen, wieviele Menschen wir in unsere Ver- sammlungen gefiihrt haben. Die Frage, die zu beant- worten ist, mull vielmehr lauten: Wieviele Menschen haben wir durch unsere Tatigkeit fur die aktive Mit- arbeit beim Aufbau des Sozialismus gewonnen? Die Verbesserungen, die das uns vorliegende Gesetz anstrebt, bedingen, daB sie an der Wurzel unseres politischen Lebens beginnen, bei unseren Parteien und Massenorganisationen selbst. Eine hohere und bessere Arbeit unserer Staats- und Wirtschafts- funktionare kann nur herbeigefiihrt werden, wenn wir yam Politischen her mehr Einflui3 auf sie neh- men und wenn die Neigungen zum seelenlosen Ad- ministrieren bei den politischen Parteien und bei den Massenorganisationen auf unversohnliche Kritik stollen. Prof. Dr. Erich Correns Akademiemitglied Wissenschaft und Produktion Inn Namen der Fraktion des Kulturbundes gibt das Mitglied der Volkskammer Prof. Dr. Hans Heinrich Franck die Zustimmung zu dem neuen Gesetz. Als Prasident der Kammer der Technik spricht Prof. Franck seine Freude dartiber aus, daB der 'Entwurf des Gesetzes die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik berileksichtigte und zu einer wesentlich starkeren Einbeziehung der Wissenschaftler und Techniker in die Losung der wirtschaftlichen Auf- gaben der Republik f?hren werde. Die Verlagerung der wissenschaftlich-technischen Forschungstatigkeit vom Ministerium in die Leitinstitute der Vereinigun- gen Volkseigener Betriebe bedeute eine direkte Be- schleunigung des Fortschritts auf diesem Gebiet. Es sei sehr wesentlich, daB jetzt engere Beziehungen zwischen der Wissenschaft und der Produktion her- gestellt werden. (eat.: ND, 12. 2. 1958) Das Parteiaktiv der Berliner Institute der Deutschen AkaelPhile der Wissenschaften zu Berlin Das Parteiaktiv der Berliner Institute der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin nahm auf seiner Beratung vom 18. 2. 1958 zu den Beschltissen des 35. ZK-Plenums Stellung. Als Ergebnis dieser Be- ratung geben die Genossen des Parteiaktivs den Be- sehliissen des 35. ZK-Plenums die voile Zustimmung und versiehern dem ZK und seinem Politburo mit dem Genossen Walter Ulbricht an der Spitze, daB sie ein- mtitig und gesehlossen hinter der Politik und den Beschltissen unserer Parteifiihrung stehen. Dabei sttitzen wir uns auf die nberzeugung von der Richtigkeit der Politik unserer Partei, die sich in der Praxis und insbesondere in der Durchftihrung der Beschltisse seit dem 30. ZK-Plenum vielfach be- statigt hat. Wir verurteilen entschieden die fraktionelle Tatig- keit der Gruppe Schirdewan, Wollweber und an- derer. Unsere Antwort darauf ist der noch konse- quentere Kampf gegen alle revisionistischen und opportunistischen Erseheinungen und die Festigung der Einheit und Geschlossenheit sowie die Erhohung der Kampfkraft der Grundorganisationen. Dazu ist die Verstarkung der Parteierziehungsarbeit, die systematische Aneignung und bewuBte Ani.vendung des Marxismus-Leninismus, insbesondere des dialek- tischen Materialismus notwendig. Die Parteiorgani- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 CIA RDP81 010 1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 6 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 sationen an der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin haben die politisch-ideologische und erzieherische Arbeit zusammen mit der Losung der wissenschaftlichen Aufgaben zu ihrer wichtig- sten politischen Aufgabe zu machen. Der Marxismus-Leninismus, insbesondere der dialek- tische Materialismus ist systematisch unter alien Mitarbeitern zu verbreiten und es ist ihnen zu he!- fen, sich im Selbststudium unsere Weltanschauung anzueignen. Das ist die Voraussetzung, die Wissen- schaft auf der philosophischen Grundlage des Mar- xismus-Leninismus weiterzuentwickeln und zu be- reichern und die biirgerliche durch die sozialistische Ideologie zu ersetzen. Die EiniluBnahme der Grundorganisationen auf den Inhalt und die Leitung der wissenschaftlichen Arbeit ist zu vergroBern und damit ihre fiihrende Rolle zu erringen und zu festigen. Die begonnene politische Orientierung und Arbeit zur bewuBten Einbeziehung der Institutskollektive in den sozialistischen Aufbau muB konsequenter fort- gesetzt werden. Im Bereich der Forschungsgemeinschaft und der ge- sellschaftswissenschaftlichen Institute ist bis Mitte April je eine Konferenz der Institutsdirektoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter durchzufiihren, die sich in Auswertung der Anfang Mfirz stattflndenden III. Hochschulkonferenz und mit den grundsfitzlichen politisch-ideologischen und wissenschaftlich-organi- satorischen Aufgaben zur Weiterentwicklung der Forschungsgemeinschaft bzw. der gesellschafts- wissenschaftlichen Institute beschaftigen sollen. Diese Konferenz ist durch die verantwortlichen Ge- nossen in den betreffenden Gremien, die Partei- gruppe des Kuratoriums und die Aktivtagung der Forschungsgemeinschaft bzw. durch die zwei Grund- organisationen des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs vorzubereiten. Urn die Gewerkschaftsorganisationen in die Losung der gesellschaftspolitischen Arbeiten mehr einzu- beziehen, schlagen wir vor, bis April in beiden Be- reichen je eine Gewerkschaftsaktivtagung durchzu- Iiihren. Diese Tagungen sind parteirnaBig vorzu- bereiten. Die Arbeit der Genossen in den Gewerk- schaftsleitungen muB von den zustandigen Partei- leitungen besser angeleitet, koordiniert und icon- trolliert werden. Alle Genossen miissen aktive Gewerkschaftsmitglieder sein und sich eng mit den parteilosen Kollegen verbinden. Einige Eindriicke und Lehren der 3. llochschulkonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (28. 2. bis 2. 3. 1958) Str. Als am SchluB der 3. Hochschulkonferenz die Internationale erklang, war wohl keiner unter den 900 Delegierten, der nicht bei den Worten des Kampfliedes der internationalen Arbeiterbewegung ?wir sind die stiirkste der Parteien" sptirte: in diesen Worten kommt der Geist zum Ausdruck, der den Beratungen dieser Konferenz zugrunde lag. Den Problemen der weiteren sozialistischen Urn- gestaltung unseres Hochschulwesens war das Referat des Sekretars des ZK der SED, Prof Kurt Hager, gewidmet. Ihnen galten auch die fiber 40 Diskus- sionsbeitrage, die auf der Konferenz vorgetragen wurden ? em n Mehrfaches an Wortmeldungen konnte aus Zeitmangel nicht berticksichtigt werden flail diese Probleme des grundlegenden Umschwunges im Inhalt und in den Methoden der Forschung, Ausbildung und Erziehung an Universitaten, Hochschulen und In- stituten in einer solchen Atmosphare der Zuversicht behandelt wurden, ist alles andere als eine bloBe Stimmungsangelegenheit. Kritisch und optimistisch zugleich war diese Konferenz eben deshalb, veil sich die Delegierten kampferisch und offen zu dem Entwicklungsprozel3 bekannten, den die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands in den letzten Jahren durchlief, und dem die Beschlusse der 30. bis 35. Ple- nartagungen des ZK der SED die Richtung wiesen. Dieser EntwicklungsprozeB entspricht den Aufgaben, die beim Aufbau des Sozialismus in der Deutschen De- mokratischen Republik entstanden sind. Das Wachs- turn an ideologischer Klarheit, marxistisch-leninisti- scher Prinzipienfestigkeit und innerer Einheit befahi- gen die Partei, die Arbeiterklasse und die mit ihr eng verbundenen Werktatigen bei der L6sung dieser Auf- gaben zu f?hren und damit nicht nur der Deutschen Demokratischen Republik, sondern ganz Deutsch- land den Weg zu weisen. Diese Geschlossenheit der Auffassung zeigte sich bereits in der Vorbereitung der Konferenz und gab ihren Beratungen das Ge- prage. Jetzt kommt es darauf an, die einzelnen Auf- gaben zu losen. Der Aufbau des Sozialismus ? darauf vies auch Prof. Hager in seinem Referat hin ? ist in erster Linie eine Frage der Erziehung der Menschen. Den gleichen Gedanken formulierte auch W. A. Kirillin, Leiter der Delegation des ZK der KPdSU, in seiner BegrtiBungsansprache. Er erklarte, daB es Aufgabe der Wissenschaftler ist, nicht nur Kenntnisse zu ver- mitteln, sondern zu erziehen. Ftir den Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist die Forderung der Wis- senschaft von entscheidenderBedeutung. Wissenschaft und Technik gehen in unserer Republik einer neuen Blilte entgegen Diejenigen aber, die Wissenschaft be- treiben oder betreiben werden und ? es sei hier noch einmal wiederholt ? fur die Anwendung ihrer Er- gebnisse verantwortlich sind, konnen nur da erfolg- reich lernen, wo veraltete, tiberholte Anschauungen, Lehrmeinungen und Lehrmethoden kOmpferisch Ober- wunden werden und zu neuen Erkenntnissen vor- gedrungen wird. Deshalb ist die weitere sozialistische Umgestaltung der Universitaten, Hochschulen und Institute em n Erfordernis des Aufbaus des Sozialis- mus, der sozialistischen Entwicklung. Mit der so- zialistischen Umgestaltung der Bildungsstatten in der Deutschen Demokratischen Republik kann auch der Widerspruch zwischen dem raschen Aufschwung der sozialistischen Praxis und dem Zurtickbleiben der Universitaten und Hochschulen, an denen noch 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 7 die Trennung der fachlichen Ausbildung von der weltanschaulich-politischen Erziehung herrscht, iiber- wunden werden. Das sozialistische Prinzip sieht For- schung, Lehre, Erziehung und Praxis als eine Ein- heit. Der 1. Sekretfir des ZK der SED, Walter Ul- bricht, vies darauf hin, daB unter sozialistischer Urn- gestaltung die planmfiBige Erziehung von wissen- schaftlich-technischen Fachkraften verstanden wird, die dem Arbeiter-und-Bauern-Staat treu ergeben sind und sich in ihrer Arbeit von den groBen Ideen des Sozialismus leiten lassen. ?Die sozialistische Um- gestaltung" ? so erlauterte Prof. Kurt Hager ? ?ist keine einmalige Aktion, sondern em n langwieriger ProzeB der Erziehung und Umerziehung der Men- schen, des standigen Meinungsstreites, der Verbesse- rung der Organisation und Arbeitsweise in den Parteiorganisationen, den leitenden staatlichen Or- ganen, in der Forschung und im Studium". Deshalb bezeichnete der Referent als die wichtigsten Auf- gaben fur die sozialistische Umgestaltung der Hoch- schulen und Universitaten: 1. Die Aneignung des dialektischen Materialismus durch die Lehrkrafte und Studierenden auf der Grundlage der Erfahrungen und Probleme des sozialistischen Aufbaus in der Deutschen Demo- kratischen Republik. 2. Die Anwendung sozialistischer Prinzipien in der Forschung. 3. Die sozialistische Orientierung in Lehre, Ausbil- dung und Erziehung. 4. Die Schaffung neuer Grundlagen ftir die. Auswahl und die Zulassung zum Studium. 5. Die Sicherung einer einheitlichen unbilrokra- tischen Leitung des Hochschulwesens. Urn aber die Notwendigkeit der weiteren sozialisti- schen Umgestaltung der Universitaten und Hoch- schulen verstehen zu konnen, mull sich jeder Wissen- schaftler und Studierende, jeder Mitarbeiter eines Instituts oder einer Hochschulverwaltung em n klares Bild Ober die sozialistische Perspektive der gesell- schaftlichen Entwicklung erwerben. Die Erweiterung vorhandener Kenntnisse und Er- kenntnisse, die Gewinnung neuer Kenntnisse und Er- kenntnisse, besonders das Studium des dialektischen Materialismus, werden die Aufgaben Ibsen helfen und die Perspektive unserer Entwicklung begreifen lassen. Es ist selbstverstandlich, daB sich die Diskussion auf der 3. Hochschulkonferenz zuerst und vor allem urn die weitere Entwicklung der Parteiorganisationen an den Universitaten und Hochschulen zu mar- xistisch-leninistischen Kampforganisationen bewegte. Dieser Frozen kann nur dann erfolgreich vor sich gehen, wenn revisionistische und opportunistische Auffassungen, d. h Entstellungen der marxistisch- leninistischen Theorie, unversohnlich bekampft und iiberwunden werden Dabei geht es nicht alien.' darum, sich mit den Auf- fassungen einzelner Parteimitglieder auseinanderzu- setzen, sondem das ideologische Niveau der gesam- ten Partei zu erh?hen. Die Wege zu solchen Ausein- andersetzungen konnen verschiedenartig sein. Der Sekretar der Parteiorganisation der Humboldt-Uni- versitat, H. Singer, berichtete, vie in verschiedenen Grundeinheiten der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands an der Universitat, so zum Beispiel bei den Germanisten, Thesen zu aktuellen Problemen der betreiTenden Wissenschaft erarbeitet und nach einer Beratung zwischen den Mitgliedern offentlich zur Diskussion gestellt wurden. An diesem Beispiel zeigt sich auch bereits, vie die theoretisch-ideologischen Auseinandersetzungen in den Parteiorganisationen nicht Selbstzweck sind, sondern der sozialistischen Umgestaltung der Uni- versitaten, Hochschulen und Institute dienen. Sic bringen eine breite Auseinandersetzung in den be- treffenden Fachgebieten in Gang, in denen ja nicht nur Mitglieder der SED, sondern auch zahlreiche andere Wissenschaftler tatig sind. Auch dadurch wer- den die Wissenschaftler und Studenten ftir die so- zialistische Umgestaltung gewonnen werden. In seinem SchluBwort bezeichnete Prof. Hager diesen Fragenkomplex als das zweite Hauptproblem der Diskussion. Er hob nachdrticklich und unmifiver- stiindlich hervor, daB der Sozialismus keine Partei- angelegenheit ist, sondern Sache aller, die nach einer hoheren Gesellschaftsordnung streben. Der Sozialis- mus ist auch nicht nur eine vortibergehende Sache, sondern die Zukunft ganz Deutschlands. Die Dis- kussionsbeitrage von zwei der parteilosen Gaste, die an der Konferenz teilnahmen, namlich Prof. Werlie, Greifswald, und Prof. Schroter, Humboldt-Univer- sitat zu Berlin, bewiesen, daB die Zahl derjenigen Ge- lehrten wachst, die diesen Auffassungen zustimmen. Das Studium und die Aneignung des dialektischen und historischen Materialismus ist von unmittelbarer Bedeutung ftir bessere wissenschaftliche Ergebnisse in 'jedem Fachgebiet. In diesem Zusammenhang sei einer der interessantesten Diskussionsbeitrage er- wahnt. Annemarie Podrabski, Halle, eine junge Land- wirtschaftswissenschaftlerin, bewies an Beispielen aus ihrem Fachgebiet die Richtigkeit dieser Feststel- lung. Ihre fundierte Kritik an btirgerlichen und revi- sionistischen Auffassungen einzelner Gelehrter lehrte von neuem, daB auch jtingere Krafte des wissen- schaftlichen Nachwuchses gewichtige Beitrage in diesen Auseinandersetzungen liefern konnen. Zahlreiche Diskussionsbeitrage beschaftigten sich mit der Verbindung zwischen Wissenschaft und Produk- tion als einer Voraussetzung der sozialistischen Urn- gestaltung. ?Die Wissenschaft von heute ist die Pro- duktion von morgen", sagte Franz Dahlem, stell- vertretender Staatssekretar fur das Hoch- und Fach- schulwesen Er erlauterte, clan Hochschulen und Betriebe zusammenarbeiten miissen. damit einerseits die Wissenschaftler die Bedilrfnisse des sozialisti- schen Aufbaus kennenlernen, andererseits die Ten- denz der Unterschatzung der Wissenschaft in den Betrieben iiberwunden wird. So schlug Prof. Dr H. Friihauf, Vizeprasident der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und Vorsitzender der Forschungsgemeinschaft der naturwissenschaftlichen, technischen unci medizimschen Institute der DAW, vor, Hochschullehrer in den neuen Vereinigungen volkseigener Betriebe als Berater hinzuzuziehen Die sozialistische Umgestaltung der Universitaten und Hochschulen starkt die Deutsche Demokratische Republik und tragt damit zu einer fortschrittlichen Ent- wicklung ganz Deutschlands bei. Das war der dritte Fragenkomplex der Diskussion. Die Existenz zweier deutscher Staaten ist eine Tatsache, und nur durch eine Konfoderation dieser beiden Staaten kann der Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 8 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Weg zur Einheit Deutschlands geebnet werden. Mit groBem Ernst wiesen der Referent und zahl- reiche Diskussionsredner darauf hin, daB es daher ftir die Wissenschaftler der Deutschen Demokra- tischen Republik keine Verbindung zu den Vertretei n imperialistischer Ideologien, auch wenn sic an Uni- versitaten und Hochschulen tatig sind, geben darf. Im Interesse der deutschen Wissenschaft und des deutschen Volkes .liegt es, daB wir uns nicht mit imperialistischen Kreisen in Westdeutschland, son- dern mit denienigen, die auch in Westdeutschland fill. den Frieden eintreten, verbunden Millen. Prof. Hager erklarte, daB die sozialistische Umgestaltung der Hochschulen nicht zur Folge haben wird, claf3 Vertretei unserer Republik sich von wissenschaft- lichen Tagungen in Westdeutschland fernhaltei, wer- den. Es ist viclmehr die Aufgabe eines Wissen- schaftlers, der in der Deutschen Demokratischen Republik arbeitet und als ihr Staatsburger einen KongreB in einem anderen Staat besucht, diesen seinen Stant dort zu vertrete.n. Auch damit wird die sozialistische Umgestaltung der Hochschulen zur Grundlage f Lir die Entwicklung eines fortschritt- lichen llochschulwesens in ganz Deutschland werden. Die PrObleme, die auf der 3. Hochschulkonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands be- handelt wurden, bertihren auch unmittelbar die Tatigkeit und die weitere Perspektive der Institute und Einrichtungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die Redaktion des Mitteilungsblattes beabsichtigt daher,-eine Diskussion fiber die Aufgaben und die Umgestaltung der Institute und Einrichtungen der Deutschen Akademie der Wissenschaf ten zu Berlin fiir den sozialistischen Aufbau zu eroffnen. Die Parteiorganisationen der SED und die anderen gesellschaftlichen Organisationen, die in unserem Bereich tatig sind, die Leiter der Institute und Ein- richtungen und ihre Mitarbeiter werden auf- gefordert, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Die Forschungsgemeinschaft Der Wissenschaft und der verantwortungsbewuf3ten Anwendung ihrer Ergebnisse kommt eine vorrangige Bedeutung zu Der Vorsitzende der Forschungsgemeinschaft der naturwissenschaftlichen, technischen und medizi- nischen Institute der Deutschen Akademie der Wissenschaf ten zu Berlin, Vizeprasident Prof. Dr. H.Frilhauf, gab auf der 2. Konferenz der Direk- toren der Institute der Forschungsgemeinschaft am 22. I. 1958 den Arbeitsbericht. Nachstehend bringen wir diesen Bericht zur Kenntnis: Meine sehr verehrten Kolleginncn und Kollegen! Gestatten Sie mir, daB ich unserer heutigen 2. Be- ratung einige Worte vorausschicke, die aus dem Munde eines der bedeutendsten Forscher und Ge- lehrten, aus dem Munde von Frederic Joliot-Curie, korrespondierendes Mitglied der Deutschen Aka- demie der Wissenschaften zu Berlin, stammen: ?Mit jedem Tage erkennen immer mehr Menschen, daf3 ihr Schicksal und ihr Fortschritt davon ab- hdngen, wie jeder von ihnen denkt und handelt. Sie fiihlen sich nicht mehr als machtlose Zeugen eines von dem Willen und den Launen h?herer Krafte in Gestalt privilegierter Minderheiten oder Cotter, der Natur oder von Menschen bestimmten Geschehens. Daf3 jeder sich seiner eigenen Verant- wortung und demzufolge seines Einflusses auf den Gang der Ereignisse bewuf3t gewOrden ist, scheint das charakteristische Merkmal wahrer und unzer- storbarer Zivilisation zu sem." Ich habe meinen Ausfiihrungen diese Worte eines groBen, eines erfahrenen und erfolgreichen, eines mutigen Forschers vorangestellt, veil ich glaube, daB sic in bemerkenswerter, in der dem Wissen- schaftler eigenen klaren Sprache die Lage und die Entwicklungsrichtung unserer Gesellschaft, in die wir nun einmal gestellt sind, kennzeichnen. Dieses Mare Bekenntnis eines groBen Forschers macht eindringlich die in immer weiteren Kreisen der gesamten Menschheit bewuBt oder manchmal auch noch unbewuf3t sich durchsetzende Auffassung deut- lich, daB in dem Ringen um eine wahre und un- zerstorbare Zivilisation, urn die Worte Joliot-Curies zu benutzen, der Wissenschaft und der verant- wortungsbewuBten Anwendung ihrer Ergebnisse eine vorrangige Bedeutung zukommt. Es mull sich also ftir uns, die wir unsere Arbeit und unser Leben der Wissenschaft und der Erfor- schung der Gesetze der Natur verschrieben haben mit dem klaren Ziel, die menschliche Gesellschaft in Richtung auf diese wahre und unzerstorbare Zivilisation welter zu entwickeln, die SchluBfolge- rung ergeben, daB wir an der Seite derer stehen, die diesem edlen Ziel zustreben; und es scheinen mir Zweifel unzulassig, daB der wahrhaft wissen- schaf tlich und somit auch folgerichtig denkende Forscher und Gelehrte sich ftir den Frieden und fur die Weiterentwicklung der Menschheit ent- scheiden mull und nicht ftir die Zerstorung, ftir den Irrglauben und fur den U."..?ergang der Mensch- heit. Wenn ich in unserer heutigen Beratung nunmehr fiber die Aufgaben und Ober die Arbeit des Vor- standes im hinter uns liegenden letzten halben Jahr berichte,- so mochte ich Sie bitten, diese Arbeit unter dem dargelegten Aspekt zu betrachten. In seiner Arbeit muBte sich der Vorstand der For- schungsgemeinschaft der naturwissenschaftlichcn, technischen und medizinischen Institute der Deut- schen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zu- nachst einmal mit einer Reihe von verwaltungs- technischen Fragen befassen, die mit der Grtindung der Forschungsgemeinschaft zusammenhingen. 4. Jahrgang, Heft 1/2f3 MITTEILUNGSBLATT Der Vorstand sieht es als eine der wichtigsten Vor- aussetzungen fur die folgerichtige Durchfilhrung seiner Arbeit an, eine enge und lebendige Verbin- dung zu unseren Instituten und Arbeitsstellen her- beizuftihren. Urn die hierftir notwendigen Voratts- setzungen zu schaffen, beschloB der Vorstand, die einzelnen Vorstandsmitglieder f?r bestimmte Ein- richtungen der Forschungsgemeinschaft speziell ver- antwortlich zu machen. Danach ist Prof. Dr. R. Rompe fiir die physikalischen Institute, Prof. Dr. K. Schr?der fur die mathematischen und geophysikalischen Institute, Prof. Dr. E. Thilo fur die chemischen Institute, Prof. Dr. H. Gummel fur die medizinisch-biologischen Institute und Dr. H. Neels filr die physikalisch-chemischen und geolo- gischen Institute verantwortlich. Es erschien auf3erdem zweckmaBig, in den Verantwortungsbereich des Vorsitzenden des Vorstandes der Forschungsgemeinschaft diejenigen Institute einzubezichen, die durch ihre Grof3e, ihre speziflsche Bedeutung oder besonderer Umstande wegen auBerhalb eines durchschnittlichen Instituts- rahmens liegen. Es sind dies: das Institut fur Technologie der Fasern, das Institut filr Geratebau, das Institut ftir Kulturpflanzenforschung und das Institut ftir Dokumentation. Diese Aufteilung hat sich gut bewahrt. Zahlreiche Kollegen nahmen bereits die Moglichkeit wahr, mit ihrem zustandigen Vorstandsmitglied tiber Pro- bleme ihres Instituts zu sprechen. Leider war es dem Vorstand wegen der Mille vorliegencler Grund- satzfragen noch nicht moglich, Vorstandssitzungen direkt in den einzelnen Instituten durchzuftihren. Am 31. Oktober 1957 fand die zweite Sitzung des Kuratoriums der Forschungsgemeinschaft statt, auf der der Vorstand ebenfalls tiber seine bisherige Tatigkeit berichtete. Auf dieser Sitzung wurden die Geschaftsordnung des Kuratoriums verabschiedet, die Berichte tiber den Investitionsplan 1958 und die vorgesehenen Investitionen ftir das Jahr 1359 und 1960 entgegengenommen sowie Vorschlage und grundsatzliche Richtlinien beraten Prof. Dr R. Rompe unterrichtete das Kuratorium Ober den Zentralen Plan Forschung und Technik Das Kuratorium billigte diese Berichte und die bis- herige Tatigkeit des Vorstandes. Die Diskussionen und Beratungen im Kuratorium sind eine groBe Hilfe ftir die Arbeit der Forschungs- gemeinschaft. Sie tragen mit dazu bei, die Verbin- dungen zu den produzierenden Betrieben, zu den Ministerien, zu zentralen Institutionen und leiten- den Personlichkeiten unserer Regierung zu ver- bessern und zu festigen und das gegenseitige Ver- standnis fur vorhandene und sich entwickelnde Probleme zu fordern. So hat z. B. die Empfehlung des Kuratoriums an die Staatliche Plankommission, Mittel ftir das 2 m-Spiegel-Objekt in Tautenburg bei Jena und das Institut ftir Regelungstechnik in 9 Dresden auBerhalb des urspriinglichen Planes bereit- zustellen, dazu gefiihrt, daB die Investitionsmittel der Akademie entsprechend erhoht wurden. Der Vorstand beschaftigte sich auch mit dem Pro- blem der Republikflucht, die in besonders krasser Form bei Prof. Dr. H.-J. Born vorlag. Es ist Ihnen bekannt, daB Prof. Dr. Born, als er vor einigen Jahren aus der Sowjetunion zurtickkehrte, v?llig freiwillig einen Vertrag mit der Akademie abschloB. Sie wissen auch, daB eine Reihe seiner damaligen Kol- legen ungehindert nach der Deutschen Bundesrepu- blik gingen. Der Einzelvertrag des Herrn Prof. Born war sehr 'loch dotiert und die Akademie gewahrte Prof. Born jegliche Unterstiltzung ftir seine wissen- schaftliche Tatigkeit. Sein Laboratorium war das erste in der Deutschen Demokratischen Republik, in dem in groBerem Umfang mit radioaktiven Isotopen gearbeitet werden konnte. Ungeachtet dieser auBer- gewiihnlichen Anerkennung und Forderung seiner Arbeiten und seiner personlichen Wilnsche verlieB Herr Born im November vorigen Jahres ohne Kiln- digung, unter Verletzung seines Vertrages, seinen Arbeitsplatz und lief3 seine Kollegen im Stich, um mit seiner Familie illegal die Deutsche Demokra- tische Republik zu verlassen. Angesichts dieser, das Ansehen und die Ehre eines Wissenschaftlers verletzenden Handlungsweise, be- Het der Vorstand allgemein die Fragen des illegalen Abgangs von Wissenschaftlern und Technikern und beschlo13, hierfiber Aussprachen mit den Instituts- direktoren und den Mitarbeitern durchzuftihren. Ihr Ziel ist, derartig entehrende und degradierende Handlungen zu vermeiden. An Herrn Born richtete der Vorstand em n Schreiben, das im Mitteilungsblatt Heft 11/12 1957 abgedruckt wurde. Das Problem des illegalen Abgangs unserer Mit- arbeiter ist sehr ernst. Unsere Regierung ivies nach- driicklich und vielfach auf die politische Seite dieser Angelegenheit hin. Die Frage ist einfach die, ob wir Wissenschaftler fur den Frieden arbeiten wollen, ftir das Wohl unseres Volkes, filr die Starkung und das Ansehen unseres Staates, in dem der Wissen- schaft und Hirer friedlichen Anwendung alle Moglich- lceiten offenstehen oder filr den Tell Deutschlands, in dem die Krafte, die unser Vaterland schon zwei- mal in eine unermeBliche Katastrophe gefilhrt haben, wieder an der Macht sind. Ich mull in diesem Zusammenhang daran erinnern, daB unsere Regie- rung auch die Beihilfe zum illegalen Verlassen un- seres Staatsgebietes unter Strafe gestellt hat. Es ist meine Pflicht, Sie aufzufordern, Ihren ganzen Ein- fluf3 als aufrechte Wissenschaftler geltend zu ma- chen. Es bedarf Ihrer Aufklarung und Mithilfe, alien Mitarbeitern das Schandliche und Niedertrachtige des Wegschleichens aus selbstilbernommenen Ver- pflichtungen begreiflich zu machen. Ich mochte an dieser Stelle mit eller Bestimmtheit aber auch noch auf etwas anderes aufmerksam machen. Wir sind der Meinung, daB kein Leiter eines Instituts es zulassen kann und darf, daB in Akademie-Einrichtungen Doktoranden arbeiten, von denen es beinahe zum Tagesgesprach geworden ist, daf3 sic nach AbschluB ihrer Promotion die Deutsche Demokratische Republik fluchtartig verlassen wer- den, vorher aber alle ihnen hier gebotene wissen- schaftliche und materielle Hilfe ausgenutzt haben Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 10 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Es ist unbedingt erforderlich, daB Institutsdirek- toren und leitende Mitarbeiter auf Grund derartiger Vorkommnisse mehr als bisher der Kaderpolitik ihre Aufmerksamkeit schenken. Bei der Auswahl ktinftiger Mitarbeiter durfen sie sich nicht nur von ausgezeichneten fachlichen Leistungen leiten lassen, sondern mtissen in starkerem Ma6e auch die poli- tisch-moralische Haltung berticksichtigen. Der Besuch von Tagungen und Kongressen zum Beispiel in der Deutschen Bundesrepublik muf3 lcri- tischer bewertet und ausgewertet werden. Auf der Ausstellungstagung fur chemisches Apparatewesen (ACHEMA) z. B. ist bekannt geworden, daB sic von einer starken Abwerbettitigkeit charakterisiert war. Ich darf Sic nun fiber die weitere Behandlung des Planes Forschung und Technik 1958 informieren. Auf der ersten Direktorenkonferenz am 25. 7. 1957 hatte ich Sic davon in Kenntnis gesetzt, daB durch eine Direktive der Regierung die ?Ordnung der Pla- nung Forschung und Technik 1958" neu festgelegt worden ist. An Hand dieser Direktive erklarte ich, daB es kfinftig solche Forschungsarbeiten gibt, die in einem Zentralen Plan der Deutsehen Demokra- tischen Republik, dem sogenannten Z-Plan, zu- sammengefaBt werden, und da6 die ilbrigen For- schungsarbeiten in den Plan Forschung und Tech- nik der Akademie, d. h. in den sogenannten ZO- Plan, aufgenommen werden. Ich ftigte damals hinzu, da6 die dritte Kategorie von Forschungsarbeiten, die die Direktive vorgesehen hat, z. Z. der For- schungsgemeinschaft in geringerem Umfang zufallen wurde; hier handelt es sich urn Entwicklungs- arbeiten, an deren Ergebnis nur einzelne Produk- tionsbetriebe em n spezielles Interesse nehmen wer- den. Da die Direktive zu einem Zeitpunkt herausgegeben wurde, in dem der Plan Forschung und Technik be- reits fertig vorlag, bestand zum Zeitpunkt unserer Beratung am 25. Juli vorigen Jahres noch nicht vollig Klarheit dartiber, in welcher Form wir die Auswahl der Themen fur den Z-Plan zu treffen hatten. Hierin bedurfte es im Vorstand reiflicher tberlegung und Beratung. Urspriinglich waren wir der Meinung, da6 wir uns im wesentlichen auf eine Oberprilfung der frilheren sogenannten D-Themen unter dem Gesichtspunkt beschranken sollten, inwieweit diese far den Z-Plan in Frage kamen. Wir haben uns jedoch dann ent- schlossen, den gesamten Plan Forschung und Tech- nik 1958 daraufhin durchzuarbeiten, welche Themen nach Meinung des Vorstandes ganz besonders yolks- wirtschaftliche oder wissenschaftlich-technische Be- deutung hatten. In der sehr kurzen uns zur Ver- ftigung stehenden Zeit war das eine stark in An- spruch nehmende und belastende Arbeit. Die Herren Vorstandsmitglieder tiberprtiften die Plane der von ihnen betreuten Institute und lichen sich dabei von folgender Gliederung leiten, die nach Meinung des Vorstandes die wichtigsten Problem- kreise, die in der Forschungsgemeinschaft behandelt werden, wiedergibt und die auch dem Forschungs- rat der Deutschen Demokratischen Republik bekannt gegeben wurden: 1. Kernphysik und Kernenergie, 2. Elektronik, Regelungs- und Steuerungs- technik, 3. Physik und Chemie neuer Werkstoffe, 4. Arodynamik hochster Geschwindigkeiten, Gasdynamik, Grenzschicht- und Turbu- lenzprobleme, 5. Anwendung der Statistik in Wissenschaft und Technik, 6. Grundlagen der Medizin: Krebsforschung, Ernahrungsforschung, Pharmazie, 7. Kulturpflanzenforschung, 8. Lagerstat ten forschun g, 9. Grundstoffchemie, 10. Arbeitspsychologie und 11. Geophysikalisches Jahr. Auf Grund der Empfehlungen der einzelnen Mit- glieder beschloB der Vorstand, 164 Themen von ins- gesamt 684 Themen, die der Plan Forschung und Technik der Forschungsgemeinschaft umfaBt, filr den Zentralen Plan vorzuschlagen, wahrend also 520 Themen auf den ZO-Plan entflelen. Alle Themen, die filr den Z-Plan vorgeschlagen wurden, lassen sich einem der von mir obengenannten Dispositions- punkte zuordnen. Der Forschungsrat der Deutschen Demokratischen Republik hat .sich unter dem Gesichtspunkt, daB nur die vordringlichsten und zentralen Probleme in den Z-Plan aufgenommen werden sollen, den Empfeh- lungen des Vorstandes der Forschungsgemeinschaft nicht in vollem Umfange angeschlossen; vielmehr hat auf Grund einer Empfehlung des Forschungs- rates der Stellvertreter des Vorsitzenden des Mi- nisterrates, Herr Seibmann, nur 68 der 164 vor- geschlagenen Themen ftir den Z-Plan bestatigt. So waren dann die nicht bestatigten 96 anderen Themen noch mit in den ZO-Plan aufzunehmen. Von 27 frtiheren D-Themen, die vom Vorstand filr den Z-Plan vorgeschlagen worden waren, fanden nur 11 Themen die Bestatigung fur diesen Plan. Das bedeutet offensichtlich, daf3 die Grundsatze, die fur die Klassifizierung der Themen entsprechend ihrer Bedeutung mafigeblich waren, verandert wurden. Inzwischen ist Ihnen auch schriftlich bekannt- gegeben worden, welche Themen Ihres Instituts in den Z-Plan und welche in den ZO-Plan gehoren. Bevor ich zu den Fragen tibergehe, die die Schaf- fung der Voraussetzungen ftir die Durchf tihrung des Planes Forschung und Technik 1958, also des Kernstticks unserer Plane, betreffen, d. h Fragen des Haushaltsplanes, des Arbeitskrafteplanes und der Assistentenordnung, mochte ich mich noch speziell an diejenigen Herren wenden, in deren Instituten Z-Plane bearbeitet werden, und einige Worte dar- ner sagen, welche besondere Verantwortung Ihnen, meine Herren Kollegen, bei der Durchfiihrung der im Z-Plan enthaltenen Themen obliegt. Die auBerordentliche Bedeutung, die unser Staat diesen Themen beimiBt, verpflichtet uns, ihre Be- arbeitung selbstverstandlich besonders zu fordern und standig zu tiberwachen. Ich bin sicher, daB in Ktirze noch Richtlinien fiber die Berichterstattung zu diesen Themen und fiber die Abrechnung der ftir sic verbrauchten Haushaltsmittel vom For- schungsrat der Deutschen Demokratischen Republik herausgegeben werden Aber unabhangig davon mull ich schon heute eindeutig darauf hinweisen, daf3 jedes Thema des ZO-Planes eher Sparsamkeitsmaf3- nahmen unterworfen werden kann und soil als emn Thema des Z-Planes. Falls sich bei der Bearbeitung 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 11 der im Z-Plan enthaltenen Themen Schwierigkeiten herausstellen, die im Institut selbst nicht behoben werden k6nnen, bitte ich, den Vorstand davon schnellstens in Kenntnis zu setzen, damit entweder wir innerhalb der Forschungsgemeinschaft durch Ausgleich zu helfen versuchen oder, falls dies nicht moglich 1st, den Forschungsrat urn die erforderliche Unterstiitzung ersuchen. Seien Sic sich bitte dar- tiber im klaren, daB die Institute unserer For- schungsgemeinschaft und die Arbeit jedes Instituts- direktors am Ende dieses Jahres wesentlich danach beurteilt werden wird, vie Sic die in dem Zentralen Forschungsplan enthaltenen Themen bearbeitet und gelost haben. Wollen Sic sich bitte diese Uberlegung zu eigen machen und lassen Sic sich in Ihrer Arbeit von ihr leiten. Eng mit der Aufgabenstellung der Institute und der Durchfuhrung der Arbeiten hangt selbstverstand- lich die Finanzierung der Themen zusammen. In den ersten Tagen dieses Monats wurde Ihnen der Etat 1958 und die Gesamtzahl der Beschaftigten durch das Wissenschaftliche Sekretariat der For- schungsgemeinschaft mitgeteilt. Nattirlich wird hier- fiber noch einiges von alien Beteiligten zu sagen sem. Ich darf aber feststellen, daB es erstmalig moglich war, Ihnen bereits zu Beginn des Jahres diese Zahlen schriftlich in die Hand zu geben. Damit wurde recht- zeitig die Moglichkeit geschaffen, Ma6nahmen zu beraten, die dazu dienen, die uns iibertragenen Auf- gaben mit den uns zur Verftigung stehenden Mitteln clurchzufahren. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, zu- nachst allgemein auf die Ziele des Staatshaushaltes 1958 einzugehen. Sic sind in der Direktive des Mi- nisteriums der Finanzen fur die Aufstellung des Staatshaushaltsplanes 1958 dargelegt. Bei meinen Bemerkungen setze ich voraus, daB Ihnen das Ge- setz fiber den zweiten Fiinfjahrplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft fur die Jahre 1956 bis 1360 vom 9. Januar 1958 bekannt ist; es ist als Sonderbeilage in der Tagespresse, z. B. im ?Neuen Deutschland" vom 10. 2. 1958 erschienen. Dort wird unter ? 9, der sich besonders mit den Problemen Forschung und Technik befaBt, folgendes wortlich ausgefiihrt: ?(1) Auf dem Gebiete der Forschung und Technik ist die mit der Bildung des Forschungsrates der Deutschen Demokratischen Republik begonnene Neuorganisation der wissenschaftlich-techni- schen Forschung und Entwicklung fortzusetzen. Vom Forschungsrat ist unter Beteiligung der zentralen Arbeitskreise fur Forschung und Tech- nik die Intensivierung der Grundlagenforschung und die breite Mitwirkung der Wissenschaftler und Techniker an der Losung volkswirtschaf t- licher Schwerpunktfragen zu organisieren. Da- bei ist besonders die Forschungsarbeit der In- stitute an den Universitaten und Hochschulen auf diese Schwerpunkte zu orientieren und voll auszunutzen Zur Bearbeitung komplexer Pro- bleme sind vom Forschungsrat Forschungs- gemeinschaften zu bilden, die ihre Aufgaben vom Forschungsrat aus dem von ihm aufzu- stellenden Perspektiven erhalten. Zur Verbesse- rung der Verbindung zwischen der wissen- schaftlich-technischen Forschung und Entwick- lung mit der Produktion und zur Verbesserung der Einffihrung der Forschungs- und Entwick- lungsergebnisse in die Produktion ist das System der Auftragsforschung auszubauen." Hier sind die Richtlinien ftir die einzelnen Wissen- schafts- und Produktionsgebiete gegeben. Dabei ist der Grundgedanke von Bedeutung, daB die schnelle Entwicklung auf alien Gebieten unserer Volkswirt- schaft an den Staatshaushalt fiir das Jahr 1958 be- sondere und gesteigerte Anforderungen in der Mo- bilisierung und Bereitstellung staatlicher Finanz- mittel stellt. Hauptaufgaben des Staatshaushaltes 1958 sind: 1. alle Manahmen fordern und finanzieren, die zu einer Steigerung der industriellen und land- wirtschaftlichen Produktion und damit des AuBenhandels f?hren, 2. die gegentiber 1957 weiter ansteigenden Investi- tionen flnanzieren, wobei die Investitionen fiir das Kohle- und Energieprogramm sowie far den Wohnungsbau besonders bevorzugt werden, 3. die kulturellen, sozialen und gesundheitlichen Leistungen weiter steigern, ohne daB hierzu zu- satzliche Mittel bereitgestellt werden konnen, 4. alle Ma6nahmen zu untersttitzen, die zur Ver- einfachung der Verwaltung und Verminderung des Verwaltungsapparates fiihren. Es kommt darauf an, durch Ausnutzung aller Be- dingungen und Moglichkeiten neue Wege aufzu- decken, urn unsere Mittel rationell einzusetzen. Auch in den Instituten der Forschungsgemeinschaft gibt es eine Mille unausgeschopfter Moglichkeiten, mit den gleichen Mitteln wie im Vorjahr groBere Auf- gaben zu erftillen. Selbstredend bedarf es dazu be- sonderer Uberlegungen und besonderer Konzentra- tion ftir die Durchffihrung der Arbeiten. Es wird z. B. notwendig sem, die Themenzahl der Institute zu tiberprOfen und gegebenenfalls nochmals zu fiber- legen, auf welche Aufgaben sich die Forschung zu konzentrieren hat und welche Aufgaben als nicht vordringlich zurackzustellen sind. Ich mochte mir an dieser Stelle die Freiheit nehmen, auf Grund der Kenntnis eines mir vorliegenden Protokolles des Direktoriums des Instituts ftir Me- dizin und Biologie auf die in bezug auf das vor- liegende Problem ausgezeichnete Leitungsarbeit hinzuweisen. Nachdem in einer Beratung des Direktoriums des Instituts fur Medizin und Biologie zunachst die vor- liegenden Zahlen des neuen Haushaltsplanes zur Kenntnis genommen worden waren, wurde em n ins einzelne gehender Plan ausgearbeitet, der festlegt, vie notwendig gewordene Einsparungen auf die verschiedenen Bereiche, z B. beziiglich des Lohn- fonds, sachlich und insgesamt zu verteilen sind. Es wurden interne MaBnahmen vorgeschlagen, die effek- tive Einsparungen gewahrleisten. Diese MaBnahmen bestim.men aber auch die Verantwortlichen. Ich hoffe, daB mir das Direktorium es nicht allzu- sehr verargt, wenn ich heute mitteile, daB ich dieses Protokoll als Beispiel einer ausgezeichneten Arbeit anlal3lich eines Besuches bei dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates, Herrn Fritz Selb- mann, vorgelegt habe und Herr Selbmann sich an dieser Art zu arbeiten sehr interessiert zeigte. Wie auch bereits in der Direktive der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zum Haus- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release @ 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 12 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 haltsplan 1958 zum Ausdruck gebracht wurde, sind die Institute und Einrichtungen der Akademie in den vorangegangenen Jahren von der Regierung unserer Republik in groBztigiger Weise untersttitzt und mit den erforderlichen finanziellen Mitteln aus- gestattet worden. Das beweist der Haushalt 1958 erneut, der far die Institutionen der Forschungs- gemeinschaft von 60,7 Mio DM auf 66,4 Mio DM angestiegen ist. Das gilt auch hinsichtlich des Lohnfonds, dessen Summe von 37,9 Mio DM auf 39,3 Mio DM anwuchs. Ich darf aber hier folgendes unmiBverstandlich aus- sprechen, worauf auch in der erwahnten Direktive bereits nachdrticklich hingewiesen wurde: Das Ziel far das Jahr 1958 muB sein ? abgesehen von der Notwendigkeit des Ausbaus spezieller neuer Ein- richtungen ? den Mitarbeiterstab nicht zu er- weitern, sondern die Krafte, die bisherigen Kapa- zitaten noch besser zu konzentrieren und einzu- setzen. Das Echo auf diesen Hinweis war allerdings in der Summe gesehen enttauschend. Der vorgesehenen Ist-Ausgabe des Lohnfonds von 37.9 Mio DM im Jahre 1957 standen Anforderungen der Institute von 44,1 Mio DM gegenaber. Deshalb kann ich feststellen, daB bei verschiedenen Insti- tuten ernsthafte Uberprilfungen und eine bewuBte Gestaltung der Lohnfonds im Sinne der staatlichen Direktive nicht vorgenommen wurden. Ihnen alien sind die Gesetze einer gesunden Volks- wirtschaft bekannt, Sic wissen, daB einer Steigerung des Lohnfonds auch eine Steigerung der Konsum- gaterproduktion gegentiberstehen muB. Die Staat- liche Plankommission hat streng darauf zu achten, daB kein sich fiir die gesamte Volkswirtschaft schad- lich auswirkender Kaufkraftaberhang entsteht. Des- halb konnten auch die vielfach dargelegten Wiinsche auf Erweiterung des Lohnfonds nicht voll bertick- sichtigt werden. Bei der Verteilung des Lohnfonds auf die einzelnen Institutionen muf3te die Haushalts- abteilung von den Istausgaben des Jahres 1957 aus- gehen. Dabei wurden unter Berticksichtigung der Ausgaben des ganzen Jahres besonders die Aus- gaben des Monats November zugrunde gelegt. Selbst- verstandlich ist es bei dieser Methode in vereinzelten Fallen moglich, daB geringftigig zu niedrige Betrage genannt worden sind. Der gesamte Lohnfonds weist jedoch eine Erhohung auf, so daB von den Instituten keine allgemeinen Einschrankungen vorgenommen zu werden brauchen; es konnen sogar kleine Er- hohungen des Lohnfonds, vie sic sich z. B. aus einem unterschiedlichen Krankenstand ergeben sowie aus der dem Vorstand noch zur Verftigung stehenden, wenn auch sehr bescheidenen Reserve, gedeckt wer- den. Um aber die Qualitat der Arbeit zu heben, ohne daB eine wesentliche Steigerung des Lohnfonds er- folgt, sind eine Reihe wichtiger kaderpolitischer MaBnahmen notwendig, die ich spater im einzelnen begranden werde. An dieser Stelle zeigte Prof. Dr. H. Frahauf zum besseren Verstandnis der Situation Lichtbilder- tabellen, aus denen zu ersehen war, dc46 sich die einzelnen Akademieinstitute in den letzten Jahren sprunghaft entwickelt haben. Al& Bezugszeit wtihlte er das Jahr 1954, das vorletzte Jahr des ersten Fiinf- 3altrplanes, aus. Das Anschauungsmaterial vermit- telt aber auch, daft der Etat der Akademie sick in den letzten vier Jahren verdoppelt hatte, tvlihrend die Zahl der Wissenschaftler nur urn den Faktor 1,6 anstieg. Bei dieser Erltiuterung bemerkte Prof. Dr. Frah- u f auflerdem, daft Angaben fiber die Zahl der Ver- off entlichungen im Jahre 1957 bei Ausarbeitung seines Berichtes noch nicht vorlagen. Deshalb, so fiigte er hinzu, kann zum gegebenen Zeitpunkt nicht fiber- sehen werden, ob mit der Steigerung des Haushaltes midi eine entsprechende Steigerung der Anzahl der Publikationen konform ging. Dann setzte Prof. Dr.Frahauf seinen Bericht fort. Es obliegt mir auch die Pflicht, auf die genaue Be- achtung der Termine zu verweisen, die der Vor- stand far die Einreichung der Institutsberichte fest- setzt. Der Vorstand der Forschungsgemeinschaft ist dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Minister- rates, Herrn Selbmann, gegenaber far die vollstan- dige termingerechte Herreichung dieser Unterlagen verantwortlich. Die fristgemaBe Ausarbeitung solch wichtiger Arbeitsunterlagen, aus denen sich SchluB- folgerungen far die weiteren Perspektiven der In- stitute ergeben, unterstiltzt unsere Arbeit und un- sere Bemahungen far die Weiterentwicklung und Forderung unserer Unternehmungen wesentlich. Es ist em n untragbarer Zustand, daB der Verwaltung der Akademie heute noch der Bericht eines Instituts filr das Jahr 1956 (!), eines Instituts, das heute zur Forschungsgemeinschaft gehort, fehlt. Der von mil: gegebene Uberblick beweist, daB die Entwicklung in dieser Form nicht weitergehen kann, wenn es nicht zu auBerordentlich storenden MiBverhaltnissen zwischen den wissenschaftlichen Forschungseinrich- tungen unseres Staates und der sic tragenden oko- nomischen Basis kommen soil. Gemeinsam mtissen wir far eine gesunde Relation Sorge tragen. Wir haben erstmalig auch die Gesamt-Beschaftigten- zahl bekanntgegeben. Die Akademie hat die Ge- samtzahl der Beschaftigten seit Jahren als Haupt- planzahl von der Staatlichen Plankommission er- halten. Diese Zahl ist bekanntlich Bestandteil des Arbeitskrafteplanes unserer Republik und wird, vie auch der Gesamthaushalt, von der Volkskammer unserer Republik bestatigt. Ich muB Sic davon unterrichten, daB der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission in einem Schreiben vom Mai 1957 daran erinnerte, den Beschaftigtenstand des Jahres 1957 nicht mehr zu tiberschreiten, die Bruttolohn- summe in den niedrigsten Grenzen zu halten und Erhithungen gegentiber dem Vorjahr in jedem Falle einzeln und stichhaltig zu begranden. In diesem Zusammenhang ist es tiberdies notwendig, darauf aufmerksam zu machen, daB bei der Beur- teilung jener Lohnmittel, die gegen Ende eines Jahres noch vorhanden sind, zu beachten, daB jede Neueinstellung oder Hohergruppierung beispiels- weise im letzten Quartal des vorhergegaogenen Jahres far das neue Planjahr nattirlich eine Be- lastung fiir 12 Monate bedeutet. Urn die uns ge- nehmigte Zahl der Beschaftigten einhalten zu k?n- nen, wurde in den vergangenen Jahren in der Aka- demie eine Zentralkartei aufgebaut, mit deren Hilfe eine Uberprtifung der Zahl der Gesamtbeschaftigten erfolgte. Es hat sich leider herausgestellt, daB von den einzelnen Kaderabteilungen der Institute die 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 13 Meldungen an die Zentralkartei nur unvollstandig erfolgten. Stellen Sic sich vor, daB dieses Zahlenrnaterial als Grundlage ftir Beratungen mit Staatsstellen dient und als g?ltig far die Neufestlegung der Beschaf- tigtenzahl anerkannt wird! Die Ihnen von uns Ober- mittelten Zahlen sind mit Hilfe der oben erwahnten Zentralkartei ausgearbeitet worden. Sic wurden erstmalig in diesem Jahre auch den Raten der Be- zirke mitgeteilt, damit diese innerhalb ihres Be- reiches die Arbeitskrafteverteilung vornehmen, be- urteilen und lenken konnen. Die Ihnen ilbermittel- ten Zahlen differieren in einigen Fallen. Bestehende Differenzen dart ich Sic bitten, uns sofort mitzu- teilen! Die Gesamtzahl der der Akademie zugebilligten Arbeitskrafte ist nahezu erreicht, so daB sic nur noch eine unwesentliche Steigerung erfahren kann. Der Bedeutung dieser Zahlen gemal3 ist die Abteilung Kader und Arbeit vom Vorstand beauftragt worden, diese Gesamtzahl der Beschaftigten der Forschungs- gemeinschaft standig genauestens zu kontrollieren UnregelmaBige und ltickenhafte Berichterstattungen massen dem Leiter des Wissenschaftlichen Sekre- tariats der Forschungsgemeinschaft unverzaglich zur Kenntnis gegeben werden. Dieses Verfahren erlaubt, durch Ausgleich die uns zur Verftigung stehende Gesamtzahl der Mitarbeiter voll auszuschopfen und den Einrichtungen, die sich noch im Aufbau be- linden, Erweiterungen zu gewahren. Aber auch in diesen Fragen HO die Disziplin leider sehr zu wan- schen abrig; einige Institute haben sich ilber die ihnen gegebenen Planzahlen in der Vergangenheit ohne Antrag und Genehmigung oftmals einfach hinweg- gesetzt. Da sich dies insbesondere far die im Aufbau befindlichen Institute hemmend auswirkt, muB un- bedingt die notwendige Racksicht erwartet werden. Ich bitte deshalb die Institutsdirektoren, ihre Ver- waltungsleiter und Haushaltsbearbeiter zu exaki;er und verantwortungsvoller Arbeit in der Fiihrung der Verwaltungsgeschafte anzuhalten. Bei den sachlichen Konten war es moglich, die Wansche der Institute im groBen ganzen zu berack- sichtigen Es muB aber auch hier ausdracklich gesagt werden, daB es volkwirtschaftlich nicht zu verantworten ist, wenn Mittel gebunden werden, deren Verwendung im laufenden Planjahr nicht zu erwarten ist. Das gilt far die gesamte Akademie, ftir die Forschungs- gemeinschaft und ftir jedes einzelne Institut. Wir milssen uns immer vergegemvartigen, daB diese Mittel far andere Aufgaben, vor allem zur Hebung des Lebensstandards unserer Bevolkerung sinnvoller verbraucht werden konnten. Die Haushaltsabteilung der Forschungsgemeinschaft ist beauftragt, in stan- digem Kontakt mit den Instituten zu stehen und die Entwicklung der Institutshaushalte laufend zu kontrollieren. Sic, meine Damen und Herren, konnen die Haushaltsabteilungen wesentlich unterstatzen, wenn Sic als Institutsdirektoren far eine stets spar- same Verwendung aller Mittel Sorge tragen und freiwerdende sofort der Haushaltsabteilung der For- schungsgemeinschaft melden. Sic helfen dadurch wiederum denjenigen Instituten, die durch unvor- hergesehene Aufgaben oder sonstige Umstande zu- satzliche Mittel benotigen Sicher wird es auch Falle geben, in denen Ihnen aus ahnlichen Quellen ge- ntitzt werden kann. Angesichts der verhaltnismaBig unterschiedlichen Zahlen des von uns geforderten Lohnfonds und den von der Staatlichen Plankommission bereitgestellten Mitteln hat der Vorstand auf Grund eingehender Beratungen erwogen, ob es nicht von Vorteil ware, in den Instituten und wissenschaftlichen Einrich- tungen der Forschungsgemeinschaft wieder feste Stellenplane einzufiihren. Der Vorstand hatte sich deshalb mit dem Entwurf eines entsprechenden, Ihnen vorliegenden, Be- schlusses befaBt. Ich darf bitten, daB Sic vor einer weiteren Beratung in der Diskussion zu dieser Frage sprechen. Die Einrichtung von festen Stellenplanen kann den Institutsdirektoren unter Umstanden die Moglichkeit geben, mit den Lohnfonds sparsamer umzugehen und die ben6tigten Fachkrafte besser und zweckentsprechender einzusetzen. Der Vorstand tibersieht aber auch keineswegs, daB mit der Ein- fahrung von festen Stellenplanen Schwierigkeiten verbunden sind. Urn eine starre und schematische Regelung zu vermeiden, war in der Beratung vor- geschlagen worden, daB bei Wissenschaftlern und dem wissenschaftlich-technischen Betriebspersonal bestimmte Besoldungsgruppen zusammengefaBt wer- den und nur die Zahl der Beschaftigten innerhalb dieser Besoldungsgruppen festgelegt werden. Far das Verwaltungs- und Wartungspersonal sollte da- gegen em n Stellenplan in der bisher ablichen Weise erarbeitet werden. Hierzu darf ich ebenfalls Ihre MeinungsauBerung erbitten. Bei der Festlegung des Stellenpla2es konnte man in zweifacher Weise vorgehen; Prof. Dr. G. Riendcker teilte der erwahnten Beratung z. B. mit: 1. Es ist richtig, far vollausgebaute Institute, deren Bestand an Wissenschaftlern die richtige Struk- tur und altersmaBige Abstufung zeigt (sowohl Lebensalter als auch Dienstalter) einen festen, far mehrere Jahre verbindlichen Stellenplan aufzustellen. 2. Far Institute, ftir die diese Voraussetzungen noch nicht zutreffen, gabe es meines Erachtens zwei Moglichkeiten: a) einen Idealstellenplan aufzustellen, der nach Stellenzahl und Einstufungsgruppen dem ent- spricht, was in der Perspektive endgilltig er- erreicht werden soil. Urn aber in den Zwischenjahren nicht Mittel unnotig zu blockieren, milf3te j?lich fest- gelegt werden, zu wieviel Prozent eben dieser Idealstellenplan in dem betreffenden Jahr in Anspruch genommen werden darf und wird. b) Von der Institutsleitung wird jeweils im Herbst em n nur ftir das kommende Jahr gal- tiger realer Stellenplan vorgelegt, dessen Be- statigung selbstverstandlich durch den Vor- stand vorgenommen wird. Er soll lediglich die Zahlen der Stellen und Einstufungen ent- halten, die in dem jeweils kommenden Jahre flnanziell und. personell moglich und real sind. Hr. Langenbeck und ich wandten diese Me- thode seit vielen Jahren erfolgreich im In- stitut far Katalyseforschung an. Wir halten dies far eine sehr gute Losung." Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 1 14 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Das Beratungsergebnis des Vorstandes entsprach etwa dem Vorschlag von Hrn.Rienticker. Alle Korrekturen, die dieser reale Stellenplan erfordert, sind im Herbst eines jeden Jahres entsprechend zu begrilnden. Ich darf auch Inerzu in der Diskussion mit Ihrer Stel- lungnahme rechnen. Vor jedem Institut steht nunmehr die dringende Aufgabe, die gesamte Arbeitsproduktivitat zu stei- gern, zu verbessern. Bei gleichem Aufwand mull emn grOBerer Nutzeffekt erzielt werden. Unsere Aufmerk- samkeit wird sich daher der inneren Situation unserer Institute zuwenden. Die Forderung nach Erhohung der wissenschaftlichen Leistungen ist nicht mehr identisch mit der Forderung der Erweiterung der Institute und der Erhohung Hirer Mitarbeiter- zahl. Eine Erhohung mull vielmehr die Qualitat der Arbeit erfahren sowie das Niveau der Koordinierung verschiedener Arbeiten. Der Reifegrad der in der Akademie vorhandenen gesellschaftlichen Potenzen gestattet, kaderpolitische MaBnahmen durchzufiihren, die diese Zielsetzung rechtfertigen und die selbstverstandlich auch dem ihnen vorliegenden Entwurf I zugrunde liegen. An dieser Stelle darf ich auf eine Statistik von Dr. F. Ludwig verweisen, die im Heft ano 1957 des Mit- teilungsblattes fiir die Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin veroffent- licht wurde. Ihr lallt sich entnehmen daB, nach Be- soldungsgruppen gegliedert, folgende Verteilung der wissenschaftlichen Mitarbeiter vorliegt: Von 748 Naturwissenschaftlern waren 266 Assistenten = 35,5 0/0 109 Oberassistenten = 14,5 0/0 222 Wissensch. Mitarbeiter = 30 'Vs 151 Leit. Mitarbeiter = 20 ?A 748 Von 397 Gesellschaftswissenschaftlern waren 266 Assistenten = 67 O/0 45 Oberassistenten = 11?/a 63 Wiss. Mitarbeiter = 16?/o 23 Leit. Mitarbeiter 6?/a 397 Es ist sicher falsch, im Hinblick auf das bessere Profil der naturwissenschaftlichen Institute gegen- fiber den gesellschaftswissenschaftlichen Instituten den Schluf3 zu ziehen, daB die wissenschaftliche Qualifikation unserer Mitarbeiter befriedigend ware. Der erhohte Anteil der Oberassistenten und der leitenden wissenschaftlichen Mitarbeiter ist eine Folge unserer bisherigen Gehaltspolitik und ent- hebt uns nicht des Nachdenkens, in welcher Weise die Qualifikation unserer Mitarbeiter zu betreiben ist. Der weitaus tiberwiegende Teil der Assistenten und teilweise auch der Oberassistenten hat nicht promo- viert, em n ernstes Signal ftir die verantwortlichen wissenschaftlichen Einrichtungen. Es wird also not- wendig sem, aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs diejenigen Krafte auszuwahlen und zu entwickeln, deren Qualiflkation wirk/ich den Oberassistenten ' Entwurf ?Ober die Tatigheit der wissenschaftlichen Assistenten in den in der Forschungsgemeinschaft zusammengeschlossrnm natur- wissensehaftlichen, technischen und medizinischen Instituten der Deutschen Ahademic der Wissenschaften zu Berlin". d. Red oder wissenschaftlichen Abteilungsleiter kenn- zeichnen. Die allgemeine Qualifikation unserer Kader ist nur mt)glich, wenn em n stlindiger Ausleseprozef3 'or sich geht und das Leistungsprinzip streng-ge- rechte Anwendung findet. Ftir die Forschungsarbeit ungeeignete oder nicht mehr leistungsfahige Krafte milssen durch befahigten Nachwuchs ersetzt werden. Dariiit wird bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl die Leistungsfahigkeit der Institute ansteigen. Hier lie- gen in den Instituten noch groBe Gebiete brach. Es wird vorgeschlagen, filr die Absolventen der Uni- versitaten und Hochschulen, die beabsichtigen, ihre Arbeit in einem Institut der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin aufzunehmen, in der Regel -ein einjahriges Forderungsverfahren einzu- f?hren, vie es bereits seit dem Jahre 1955 ftir die Hochschulabsolventen in den volkseigenen Betrieben besteht. Die Forderungsverfahren streben drei Ziele an: die Moglichkeit, auf Grund einer beiderseits verantwort- lichen Zusammenarbeit eine bessere Auswahl des wissenschaftlichen Nachwuchses zu treffen, clas wissenschaftliche Fundament der Absolventen vor- zubereiten und den jungen wissenschaftlichen Nach- wuchs im Sinne der bereits eingangs geschilderten Zielsetzung zur gesellschaftlichen, zur moralisch- politischen Verantwortung zu erziehen. Wir sind uns einig in der Auffassung, daB der junge Nachwuchs an unseren Instituten, filr die der Staat betrachtliche Mittel bereit stellt, nicht in jedem Fall diesen an sich selbstverstandlichen Forde- rungen in vollem Umfang gerecht wird. Dieses Forderungsverfahren setzt voraus, daB sich die Institutsleiter und ihre Mitarbeiter mehr als bis- her um den jungen wissenschaftlichen Nachwuchs bemiihen. Diese Forderung ist bereits in dem Be- schluB des Prasidiums vom 6. 9.1956 Ober die MaB- nahmen zur Forderung der wissenschaftlichen Mit- arbeiter an den Instituten und wissenschaftlichen Einrichtungen der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin aufgestellt. In den Instituten wird dieser BeschuB jedoch sehr unterschiedlich erftillt. Das hohe Mall an Belastung der Instituts- leiter macht es daher notwendig, in jedem Institut einen Mitarbeiter mit den Aufgaben der Organisie- rung der Weiterbildung zu betrauen. In einigen Instituten ist das bereits geschehen, und es gibt der- artige Beauftragte in den Instituten lily Gasent- ladungsphysik, ftir Bodendynamik und Erdbeben- forschung, ftir Medizin und Biologie, ftir Organische Chemie u. a. Es darf aber keinen Zweifel darner geben, daB letztlich hierftir der Institutsleiter die voile Verantwortung tragt. Die Formen der Weiterbildung innerhalb des Forth:- rungsverfahrens und dartiber hinaus auch der Assistenten und Oberassistenten mtissen in jedem Institut, den Besonderheiten des Fachgebietes und des Institutes angepaBt, entwickelt werden. Ledig- lich die fremdsprachliche und philosophische Weiter- bildung obliegt fur die gesamte Akademie dem Miro fur wissenschaftliche Aspirantur. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sic mir, meine Darstellungen noch einmal kurz zu restimieren: Die der Forschungsgemeinschaft zur Verftigung ste- henden flnanziellen Mittel entsprechen nicht den 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSI3LATT Wfinschen der Institute. Die dem Vorstand zur Ver- ffigung stehende Reserve ist nicht ausreichend, urn in der Regel den Haushalt der Institute zu erh?hen. Daher milssen insbesondere die groBen Institute MaBnahmen treffen, urn durch innere Veranderungen und Rationalisierung ihrer gesamten Be.triebsarbeit mit den zur Verftigung gestellten Mitteln auszu- kommen. In alien Instituten ist bei solchen Neudispositionen zu erwagen, ob es nicht zweckmaBig und im Sinne einer Unterstiltzung wichtiger Vorhaben notwendig ist, unfruchtbare Arbeiten einzustellen oder viel- leicht ganze Abteilungen aufzulosen. Es wird er- forderlich sem, die gesamte Arbeitsthematik noch einmal zu iiberpriffen und auf die filr das jeweilige Institut speziflsche Arbeitsrichtung zu konzentrieren. Dabei mull beachtet werden, daf3 die laufenden Ar- beiten auch wirklich akademiewilrdige neue inter- nationale Fortschritte versprechen und nicht nur Nacharbeiten bzw. unwesentliche Erganzungen zu bisher schon bekannten Erkenntnissen und Ergeb- nissen hinzugeftigt werden. Die Mitarbeiter miissen, in bezug auf ihre wissen- schaftliche Produktivitat, von neuem ilberprtift und beurteilt werden und bei einer ftir die Forschungs- tatigkeit fehlenden Eignung an andere Zweige un- serer Wirtschaft vermittelt werden. Eine Oberprtifung mull auch das technische Hills- personal und die gesamte Betriebstechnik, vor allem der groBen Institute, erfahren, wobei wir es als selbstverstandlich erachten, daB Routinearbeiten von weniger hochbezahlten und weniger qualiflzier- ten Mitarbeitern erledigt werden; es sollte das An- liegen eines jeden Institutsangehorigen sem, das Augenmerk auf sparsamsten Materialverbrauch zu lenken und durch Austausch von Geraten inner- halb der Abteilungen eine bessere Ausnutzung des Geratebestandes zu erreichen. Ftir die Pflege und 15 Wartung der Gerate, besonders der kostspieligen und wertvollen, sollten jeweils verantwortliche Mit- arbeiter benannt werden. Ich glaube nicht besonders betonen zu mfissen, daB die vorgeschlagenen MaBnahmen im engsten Ein- vernehmen mit den Gewerkschaften durchzufiihren sind. Der Vorstand selbst wird seine BeschluB- entwilrfe der Kommission Forschung und Lehre der Gewerkschaft zuleiten und sic dort zur Diskussion stellen. Wir wollen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit diesen Aussprachen erreichen, daB auf breiter Grundlage nicht nur Verstandnis ftir unsere MaBnahmen, die der Verbesserung der ge- samten Arbeit der Institute unserer Forschungs- gemeinschaft dienen, erzielt wird, sondern wir wollen erreichen, daB Vorstand, Institutsdirektoren und alle Mitarbeiter als em n groBes Kollektiv ge- meinsam an der ehrenvollen Aufgabe beteiligt sind, nicht schlechtweg Wissenschaft zu betreiben, son- dern htihere und akademiewtirdige wissenschaftliche Leistungen mit einem okonomisch vertretbaren Auf- wand zu erzielen im Dienste unseres Arbeiter-und- Bauern-Staates, der sich mit alien seinen Kraften ftir den Fortschritt und ftir den Frieden einsetzt. Gestatten Sic mir, daB ich zum SchluB meiner Aus- fiihrungen nochmals den groBen Forscher und Ge- lehrten Frederic Jollot-Curie zitiere, der seine Bot- schaft an die Bundeskonferenz des Departements Seine mit dem Satz beendete, dem auch wir uns anschlieBen sollten: ?Wir Arbeiter, wir Bauern und wir Angehorige der Intelligenz besitzen sehr grofie Fahigkeiten und werden diese, dessen bin ich sicher, filr das Wohl alter und fur den Frieden mit jenem schopferischen Elan einsetzen, der es erreicht, &ill eine Nation gliicklich und fiir die Welt von Nutzen ist." Mitteilungen Akademiemitglied Prof. Dr. H. Knoll, Direktor des Instituts fur Mikrobiologie und experimentelle Therapie, Jena, wurde zum Mitglied der BCG- Kommission der Union Internationale contre la Tuberculose gewahlt. Das Staatssekretariat fiir Hochschulwesen teilt mit, daB Dr. E. Kreappe, Institut ftir Mikrobiologie und experimentell& Therapie, Jena, zum Professor mit Lehrauftrag ftir das Fachgebiet Mikrochemie an der Fakultat Mathematik und Naturwissenschaften der TH Dresden ernannt wurde. Vereinbarungen iiber die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit auslandischen Akademien Akademie der Wissenschaften der UdSSR Vom 27. bis 30 Januar 1958 fanden in Moskau Ver- handlungen zwischen Delegationen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Akademie der Wissenschaften der UdSSR statt. Der deutschen Delegation gehorten an: Akademiemitglied H. Falkenhagen, R. Dewey, Stellvertreter des Generalsekretars, K.-H. Schmidt, Leiter des Bilros ftir gesamt- deutsche und Auslandsbeziehungen, 0. Blaffert, Hauptsachbearbeiterin fur Stidost- europa im Bilro ftir gesamtdeutsche und Aus- landsbeziehungen. Die Delegation der Akademie der Wissenschaften der UdSSR bestand aus: Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 16 NIITTEILUNGSBLATT - - ---------- Akademiker K. W. Ostrowitjanow, Vizeprasident, Korrespondierendes Mitglied M. I. Agoschkow, Stellvertreter des Generalsekretars, Akademiker N. N. Bogoljubow, Korrespondierendes Mitglied N. M. Shaworonkow, G. I. Rachmaninow, Stellvertretender Leiter des Auslandsbiiros. Nachdem in einer Plenarsitzung der Delegationen am 27. Januar 1958 Grundprinzipien ffir die Durch- fiihrung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit und den AbschluB einer entsprechenden Vereinbarung festgelegt wurden, nahm eine gemischte Kommission aus Mitgliedern beider Delegationen ihre Tatigkeit auf. Der von dieser Kommission ausgearbeitete Ent- wurf wurde von beiden Seiten genehmigt und die auf dieser Grundlage erzielte Vereinbarung am 30. Januar 1958 in feierlicher Form durch Akademie- mitglied H. Falkenhagen ftir das Prasidium der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und durch Vizeprasident Ostrowitjanow fiir das Prasidium der Akademie der Wissenschaf ten der UdSSR unterzeichnet. Die Unterzeichnung wurde vom Moskauer Rund- funk und Fernsehfunk iibertragen. Von besonderer Bedeutung ist, daB die vorliegende Vereinbarung erstmals f?r einen Zeitraum von drei Polnische Akademie In der Zeit vom 1. bis 3. Februar 1958 schlossen Delegationen der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin und der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau eine dreijahrige Vereinbarung iibler die wissenschaftliche Zusammen- arbeit ab. Nach eingehender Diskussion vorliegender Fragen wurde auf der Grundlage des tbereinkommens fiber die Grundsatze der wissenschaftlichen Zusammen- arbeit beider Akademien vom 27. Januar 1956 die Durchfiihrung der wissenschaftlichen Zusammen- arbeit fur die Zeit vom 1. Januar 1958 bis 31. De- zember 1960 festgelegt und eine entsprechende Ver- einbarung durch den Generalsekretar der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Akademie- mitglied Prof. Dr. G. Riendcker, und den Vize- prasidenten der Polnischen Akademie der Wissen- 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Jahren (1. Januar 1958 bis 31. Dezember 1960) ab- geschlossen wurde. Dadurch wird eine langfristige Planung der wissen- schaftlichen Zusammenarbeit und eine kontinuier- lichere Bearbeitung gemeinsamer Probleme erreicht. Beide Akademien haben eine Reihe von Vorschlagen air gemeinsame Forschungen ausgetauscht, die im einzelnen bis zum 15. Marz 1958 bestimmt werden sollen. Ferner wurden MaBnahmen zur Durchfiih- rung direkter Verbindungen der wissenschaftlichen Einrichtungen beider Seiten verabredet. Die Aka- demie der Wissenschaften der UdSSR erklarte sich bereit, die Aufnahme der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in internationale wissen- schaftliche Organisationen zu unterstiitzen. Beide Partner werden erforderlichenfalls die Zusammen- arbeit ihrer Vertreter in den internationalen Orga- sationen und auf internationalen Tagungen gewahr- leisten. Zur Durchfiihrung dieser Vereinbarung im Jahre 1958 wurde in einem Protokoll festgelegt, allein ffir dieses Jahr mindestens 55 Mitarbeiter zum Studium und zu Gastvortragen in Einrichtungen des Partners zu entsenden. Die Erhohung der Mit- arbeiterzahl zu einem spateren Zeitpunkt wurde vor- gesehen. der Wissenschaften schaf ten, Akademilcer J. Groszkowski, unter- zeichnet. Beide Akademien werden einander die notwendige Untersttitzung ffir die Bearbeitung beiderseitig inter- essierender Probleme auf wissenschaftlichem Gebiet gewahren. Zuniichst wurden 16 Forschungsthemen aus dem Gebiet der Gesellschaftswissenschaf ten, der Chemie, Physik und Medizin festgelegt, die beide Akademien gemeinsam bearbeiten werden. Beide Seiten werden im Jahre 1958 35 Mitarbeitern des Partners Moglichkeit zum Studium in wissenschaft- lichen Einrichtungen bieten. Karl-Heinz Schmidt Leiter der Abteilung Eir gesamtdeutsche und Auslandsbeziehungen Das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/58 Zusammenarbeit am Der Sekretar des Nationalen Komitees ftir das Inter- nationale Geophysikalische Jahr und Direktor des Meteorologischen und Hydrologischen Dienstes der Deutschen Demokratischen Republik, Prof. Dr. H. Philipps, auBerte sich in einem ADN-Interview zur Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik am Satel- litenprogramm. Gegenwartig seien es sieben Sta- tionen, darunter das Astrophyskalische Observato- rium Potsdam und die Sternwarte Sonneberg der Akademie der Wissenschaften, die auf dem Gebiet Satellitenprogramm der Deutschen Demokratischen Republik mit der Sowjetunion bei der exakten Festlegung der Bahn der Satelliten zusammenwirken. ?60 kleine Spezialfernrohre wurden uns zu diesem Zweck von unseren sowjetischen Kollegen zur Ver- ffigung gestellt", berichtete Prof. Dr. Philipps ?Die Beobachtungen erfolgen von all unseren Stationen sowohl visuell als auch photographisch." Entspre- chende Spezialkameras seien von den volkseigenen Zeif3-Werken in Jena geliefert worden. ?Wenn die berechnete Flugroute des Sputniks das Gebiet der 4 Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT Deutschen Demokratischen Republik bertihrt, wer- den aus Moskau vorher die Positionen mit genauen Zeitangaben an die Hauptwetterdienststelle Potsdam gegeben, von wo aus sic unter Ausnutzung der mo- dernsten Nachrichtenmittel sofort an die sieben Sta- tionen weitergeleitet werden." 17 Prof. Dr. Philipps betonte, die Zusammenarbeit mit den sowjetischen Instituten bei diesem bedeutungs- vollen Programm sei ausgezeichnet. Die gut organi- sierte Zusammenarbeit zwischen beiden nationalen Komitees sei von sowjetischen Wissenschaftlern wiederholt besonders hervorgehoben worden. Erste Nordatlantik-Expedition mit der ?Lomonossow" In der Zeit vom 12. 11. bis 5. 12. 1957 Eihrte das sowjetische Forschungsschiff ?Michail Lomonossow" seine erste MeBfahrt im Nordatlantik durch. Ihr werden mehrere Atlantikexpeditionen folgen, die von diesem Schiff im Rahmen des Internationalen Geo- physikalischen Jahres durchgefiihrt werden und die sich fiber em n Gebiet von 60? nordlicher Breite bis zu 5? sildlicher Breite erstrecken. Im Westen ist das Arbeitsgebiet der ?Michell Lomonossow" durch den 30. Meridian westlicher Lange begrenzt. Die Fahrtroute der ersten Reise fCthrte von Riga aus nach Rostock, durch den Sund, das Kattegat, an der stidnorwegischen 'Caste vorbei und zwischen den Orkney- und Shetland-Inseln in den Atlantik hinein. Den Hauptteil der Mef3fahrt bildete emn Rechteck, das sich von den Hebriden und der nord- irischen Ktiste bis nach Island erstreckte. Der nord- lichste Punkt der Reise lag auf der Breite 63? 39' Nord und der Lange 16? 25' West. der westlichste Punkt auf der Breite 61? 46' Nord und der Lange 21? 30' West. Auf dieser Strecke wurden in Ab- standen von ungefahr 30 Seemeilen regelmaBig Driftstationen durchgefiihrt, auf denen em n umfang- reiches komplexozeanographisches MeBprogramm durchgefiihrt wurde. Der Leiter der Expedition war Dr. A. A. Iwanow vom Hydrophysikalischen Meeresinstitut der Aka- demie der Wissenschaften der UdSSR. Als wissen- schaftliche Berater waren an Bord: die Meeres- geologin Prof. M. W. Klenowa, der Hydrobiologe Prof. W. I. Jaschnow und der Hydrochemiker Prof. B. Skopintzew. Das gesamte wissenschaftliche Personal war in 11 Arbeitsgruppen eingeteilt, die folgende Aufgaben hatten? 1. Meeresthermik 2. Welleiluntersuchungen 3. Meereshydrologie 4. Meeresmeteorologie und ? -aerologie 5. Meeresgeologie 6. Erdmagnetismus und elektrische Strome 7. Hydrochemie 8. Planktonforschung 9. Schiffsfestigkeit 10. Meteorologische Station 11. Warmehaushalt, Wellenmessungen, Gewitter- peilungen. Die 11. Arbeitsgruppe wurde von 6 deutschen Expeditionsteilnehmern gebildet. Ihr gehorten an: Dr. E. Bruns (Institut fiir Meereskunde, Warne- miinde), Dr. H. Hinz peter (Meteorologisches Haupt- observatorium Potsdam), Dipl.-Met. P. Hupfer (Uni- versitat -Leipzig), die Ingenieure H. Wankowski und H. Terp (Wissenschaftlich-Technisches Biiro fiir Ge- ratebau, Berlin) und der Verfasser dieses Be- richtes. 2 Die Arbeitsgruppe Meeresthermik befaf3te sich mit Fragen des Warmehaushaltes. Hierzu wurden Mns- sungen der Strahlungsbilanz im kurzwelligen und Im gesamten Spektralbereich der atmospharischen Strahlungsstrome, sowie Temperaturmessungen ober- halb und unterhalb der Wasseroberflache durch- geffihrt. Es wurde auch versucht, mit Halbleiter- Temperaturfiihlern die turbulenten Schwankungen der Wassertemperatur in den oberflachennahen Schichten zu registrieren und hieraus Austausch- koeffizienten zu bestimmen. Zur Durchfiihrung von Wellenuntersuchungen wa- ren Stereokameras mit einer mehrere Meter langen Basis an Bard vorhanden. Ferner wurden die gleich- falls photographisch arbeitenden Schlitzwellen- messer nach Iwanow benutzt. Von der Arbeitsgruppe Meereshydrologie wurden auf den Driftstationen Temperatur-, Salzgehalts- und Stromungsprofile bis in groBe Meerestiefen ver- messen. Hierzu wurden die bewahrten Kippthermo- meter und Wasserschopfer sowie Fliigelrad-Stro- mungsmesser verwendet.- Es liefen auch Versuche zur rein elektrischen Bestimmung der Stromungs- geschwindigkeit. Di den Aufgaben der Arbeitsgruppe Meeresmete- orologie mid -aerologie gehorte das Studium der atmospharischen Zirkulation fiber dem Nordatlantik. Taglich wurden Radiosondenaufstiege unter Ver- wendung des sowjetischen Radiotheodoliten ?Ma- lachit" durchgeffihrt. Von der Arbeitsgruppe Meeresgeologie wurden auf den Driftstationen Proben des Meeresuntergrundes mit Hilfe von SchlammstoBstangen und Greifern an die Oberflache befordert. Mehrere Echolotaniagen registrierten laufend das Profil des Meeresbodens und lieferten die notwendigen Tiefenangaben. Das Gebiet Erdmagnetismus und elektrische Strome wurde auf dieser ersten Reise nur in beschrank tem Umfange bearbeitet. Es wurden Versuche zur Mes- sung elektrischer Strome in den oberflachennahen Schichten des Meeres mit Hilfe spezieller Elektroden durchgefiihrt. Der Arbeitsgruppe Hydrochemie blag dfe laufende Analyse der auf den Stationen entnommenen Wasser- proben. Die Gruppe Planktonforschung benutzte zur Ent- nahme von Planktonproben Perlonnetze, die auf den MeBstationen mit Hilfe von Tiefseewinden ,in die jeweiligen Mef3tiefen versenkt und anschlieBend langsam wieder an die Oberflache gezogen wurden. Im Laboratorium zur Untersuchung der Schiff estigkeit wurden mit Hilfe elektrischer Verfahren die Verbiegungen. des Schiffskorpers registriert. Ferner wurden die Amplituden des Stampfwinkels (Drehbewegung urn eine horizontale Achse senk- recht zur Schiffslangsachse) und des Rollwinkels Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 18 (Drehbewegung urn die Schiffslangsachse) ge- messen. - Die meteorologische Station fiihrte einen regel- maBigen Beobachtungsdienst zu den tiblichen synop- tischen Terminen in Abstanden von 3 Stunden durch. Einmal taglich wurde eine Wetterkarte ge- zeichnet. Die deutsche Arbeitsgruppe Itihrte em n komplexes Beobachtungsprogramm durch. Zu diesem gehorten Messungen der Strahlungsbilanz im kurzwelligen und im gesamten Spektralbereich, Messungen von Temperatur- und Dampfdruckgradienten zwischen Wasseroberflache und 6 Meter Halle, Wellenmessun- gen mit Hilfe eines vom Wissenschaftlich-Tech- nischen Brim ftir .Geratebau entwickelten Hochsee- wellenschreibers und Gewitterpeilungen. Zur Ge- witterpeilung diente em n Kathodenstrahlpeiler mit Photoregistriereinrichtung, der zu denselben Ter- minen in Betrieb gesetzt wurde, an denen emn gleicher Peiler am Meteorologischen Hauptobser- vatorium in Potsdam arbeitete. Die Fahrt verlief ohne wesentliche Zwischenfalle unter zumeist giinstigen Wetterbedingungen. In der Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNG$.BLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Nordsee wurden Windstarken urn 4, im Seegebiet zwischen England und Island auch Windstarken bis 11" gemessen. Der Fortgang der Arbeiten wurde hier- durch nicht wesentlich behindert. Insgesamt wurden 51 MeBstationen durchgeftihrt. Neben der Gewin- nung Beobachtungsmaterials war eine der Hauptaufgaben dieser nur einen Monat dauernden Fahrt die Einarbeitung des wissenschaft- lichen Personals fiir die nachstfolgenden groBeren Expeditionen und die Sammlung praktischer Er- fahrungen mit Geraten und speziellen MeBmethoden. Die zweite Reise der ?Michail Lomonossow" beginnt Anfang Februar 1958. Sic wird sich Ober einen Zeit- raum von vier Monaten erstrecken und bis in das Seegebiet vor der nordwestafrikanischen Kiiste auf 50 stidlicher Breite f?hren. Wieder werden sich sechs deutsche Teilnehmer an Bord des Schiffes be- linden. Dr. Giinter Skeib Meteorologischer und Hydrologischer Dienst der Delitschen Demokratischen Republik in Potsdam, Leiter des Meteorologischen Hauptobservatoriums Aus der Arbeit der Institute Die Sorge urn den wissenschaftlichen Nachwuchs Die Erkenntnis, daB wirtschaftliche Leistung, Hine des Lebensstandards, abet.' auch politisches Gewicht eines Staates in entscheidendem MaBe vom Stand der Wissenschaft und Technik, in der Perspektive gesehen von der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses abhangt, ist heute Gemeingut in alien hochindustrialisierten Landern geworden. Fiir die Beurteilung der Kraft und Leistungsfahigkeit einer Nation sind Zahl und Qualitat des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht weniger Gradmesser als etwa der Umfang der Produktion oder die militarische Starke. Seitdem die sowjetische Wissenschaft und Technik durch die Entsendung der Erdtrabanten ihre 'Ober- legenheit, unwidersprochen zumindest auf bestimm- ten Forschungsgebieten, bewiesen hat, ist die Frage nach den Ursachen dieser wissenschaftlichen nber- rundung in der westlichen Welt nicht zur Ruhe ge- kommen. Als entscheidender Faktor daftir wird immer wieder die mehrfach h6here Zahl von Hoch- und Fachschulabsolventen in der Sowjetunion an- gefiihrt, die dort seit Jahren der Wissenschaft und Technik zugefiihrt werden und die em n auch in be- zug auf den Stand ihrer Ausbildung in den kapi- talistischen Landern unerreichtes Kraftereservoir darstellen. Damit ist ohne Zweifel eine wesentliche Ursache der tiberlegenen Entwicidung der Sowjetunion er- kannt, wenn auch keineswegs die einzige oder gar entscheidende. 1956 verlieBen in der Sowjetunion 71 000 Absolventen die Technischen Hochschulen, in den Vereinigten Staaten dagegen nur 25 000. Nach der sowjetischen Planung werden 1960 dreimal so- viel Ingenieure ausgebildet wie in den USA, sieben- mal soviel wie in GroBbritannien und sechsmal so- viel wie im tibrigen Westeuropa. (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. Dez. 1957) Die Diskussion dieser Frage hat in den kapitalisti- schen Landern angesichts ihrer unverkennbar poli- tischen Seite einen gereizten, zuweilen sogar hek- tischen Ton angenommen. Ganz Amerika spricht von seinen Schulen, Fach- und Hochschulen, stellt fest, daB der wissenschaftliche Nachwuchs viel zu diinn gesat ist, und ist entsetzt ilbee den Zustand seiner Bildungsstatten. Der Prasident der Handelskammer von Los Angeles, Dr. A. O. Beckmann, gibt an, daB die Zahl der zwi- schen 1950 und 1954 erworbenen Ingenieurdiplome in den USA von 52 732 auf 22 236, die Zahl der Diplome ilber em n beendetes naturwissenschaftliches Studium im gleichen Zeitraum von 61 000 auf 31 368 fiel ? trotz erhohter BeVolkerungsziffer und steigen- den Bedarfs. Em n Hochschulinstitut befragte kiirzlich die Schiller h?herer Lehranstalten, ob sic sich nach Schulab- schluB dem wissenschaftlichen Studium zuwenden wiirden. Die Antwort lautete bei 45 0/o, daB ihre Schulausbildung ftir em n Studium unzureichend sei, 30 0/0 erklarten, daB der wissenschaftliche Beruf nicht genuk Geld einbringe, 25 0/0 fanden Wissenschaftler zu sonderbar und hielten sic z. T. auch ftir ?schlechte und gefahrliche Subjekte" (Frankfurter Rundschau vom 15. 11.1957). Prasident Eisenhower rief in seiner groBen Rund- funkansprache Ober das amerikanische Raketen- programm am 7. November aus: ?Wir brauchen mehr Einsteins und mehr Steinmetzes", wobei notwendig -ist- zu bemerken, daf3 Steinmetz em n auf Grund des Bismarckschen Sozialistengesetzes aus Breslau emi- grierter Deutscher war, der als Begriinder der mo- dernen Elektrotechnik gilt und an der Grtindung des Elektrokonzerns ?General Electric" beteiligt 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT war. Offenbar meinte Eisenhower damit jedoch nicht, daB er beabsichtige, seine Wissenschaftler auch in Zukunft aus Deutschland zu beziehen, sondern wollte dem wissenschaftlicbm Nachwuchs mit diesen groBen Namen Leitbilder geben. Die amerikanische Kritik beginnt an der Grund- schulausbildung, die, wie zugegeben wird, allgemein klaglich ist. DaB Schiller nach drei- bis vierjah- rigem Unterricht noch nicht lesen konnen, ist eine welt verbrei tete Erscheinung, selbst Universitats- professoren klagen noch Ober mangelhafte Lese- fahigkeit ihrer Studenten in der Muttersprache. Die unablassige Experimentiersucht in den Schulen, das Bemilhen ?Lernen als Spiel" zu gestalten, die zu lernenden Buchstaben des Alphabets durch Tausende von Wortbildern zu ersetzen, das Einmal- eins durch Zahlenpyramiden, ohne hausliche Schul- arbei ten auszukommen, auf Unterrichtsfacher wie Grammatik, Rechtschreibung und Arithmetik zu verzichten, sind wesentliche Ursachen ftir den Tief- stand des Schulwesens. (Rheinischer Merkur vom 4. 1. 1957, ?Warum kann Jonny nicht lesen?") Statt der nach unserer Vorstellung selbstverstand- lichen Fertigkeit im Lesen, Rechnen und Schreiben lernen amerikanische Schulkinder beispielsweise Regeln des Straf3enverkehrs oder die Leitung von Sitzungen. Es gibt Studenten, die niemals eine Fremdsprache gelernt haben, aber ausgezeichnete ?Examen" ablegen in FuBball, Baseball, Autowaschen, Hotelfiihrung trail ?guteni Einkauf", die els %foil- wertige Unterrichtsfacher gelten. 82 ?/o aller ameri- kanischen Jugendlichen besuchen zwar eine Ober- schule, ihr Niveau erreicht jedoch vielfach nicht das Ziel unserer Grundschule. Wahrend die Schulen in tiberwiegendem MaBe von der offentlichen Hand erhalten werden, sind von den Hochschulen zwei Drittel private Unternehmen, meist von den Religionsgemeinschaften und Sekten gegriindet. Der Student bezahlt fur den Besuch ein- schlieBlich Kost und Logis j?lich 200.0 Dollar, in den staatlichen 1500 Dollar. Der Student ist hier Kunde, und wenn sich em n AuBenstehender dartiber wundert, daB der Student trotz mangelhafter Lei- stungen in das nachste Semester versetzt wird, er- halt er zur Antwort ,,He pays for it", ?Daftir bezahlt er ja" (?Der Tag" vom 5.1. 1958, ?Der Student be- zahlt und spielt"). Im Gegensatz zu den Schulen gibt es unter den amerikanischen Hochschulen Anstalten von hohem Niveau, z. B. Harvard, Columbia, Princeton, Yale, die samtlich private Grtindungen sind, jedoch den staatlichen tiberlegene. Wenn in einem Volke, das Wissen und Bildung an sich nicht besonders schatzt, der gute Industriezeichner em n Mehrfaches verdient von dem Gehalt eines Mathematikprofessors, so ist es nur zu verstandlich, daB die amerikanische Ju- gend nicht dem wissenschaftlichen Beruf zustrebt. Da das durchschnittliche Jahresgehalt eines ameri- kanischen Schullehrers unter dem Einkommen der meisten Industriearbeiter liegt, fehlen, wie die ?National Education Association" berechnet hat; 227 500 ausgebildete Lehrer, d. h. jede 5. Stelle ist unbesetzt. Daran wird auch die Studie nichts andern, die das Unterrichtsministerium in Washington fiber das sowjetische Erziehungswesen hat schreiben las- sen und die nunmehr eifrig erortert wird. DaB mittel- 2* Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 19 und westeuropaische Schulen den amerikanischen tiberlegen sind, ist der Durchschnittsamerikaner seit langem gewohnt zuzugeben, daB er die Uberlegen- heit der sowjetischen Schulen anerkennen mull, be- reitet ihm sichtlich Unbehagen (,,Rheinischer Mer- kur" Nr. 1/58 ?Amerika erschrickt Ober seine Schulen"). Die Deutsche Bundesrepublik, die heute unter den Industrielandern der Welt den 3. Platz einnimmt, sieht in bezug auf den wissenschaftlichen Nachwuchs ernste Gefahren heranreifen. Nach einer von den Siemens-Schuckert-Werken angestellten, sehr fun- dierten und 1956 veroffentlichten Untersuchung be- lauft sich der jahrliche Bedarf an Absolventen von Technischen Hochschulen und Ingenieurschulen auf 18 500. Zur VerfOgung stehen jedoch nur 13 500, jede dritte oder vierte Stelle kann also nicht besetzt werden. Ahnlich ist die Lage auf anderen natur- wissenschaftlichen Fachgebieten. Die Kritik an den Ursachen und die Losungsvorschlage sind mannig- faltig und widerspruchsvoll, einig nur in der Forde- rung, daB die Regierung der Bundesrepublik grofiere Mittel fiir die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zur Vernigung stellen mull. Auf der zur ?Mobilisierung der geistigen Krafte air die zweite industrielle Revolution" von der SPD im Dezember 1957 in D?sseldorf durchgeftihrten Konferenz berichtete der NOrnberger Professor Moller Ober die Ergebnisse einer Untersuchung, die er in Schleswig-Holstein durchfiihrte. Vun je 100 Kindern, we ais uneingeschrankt oberschulfahig gelten konnten, aber dennoch die Volksschule be- suchten, stammten ?4 aus der Oberschicht, 25 aus den Mittelschichten und 66 aus der Grundschicht". Abgesehen von der den Klassencharakter dieses Schulwesens schamhaft verbergenden Ausdrucks- weise, war nicht festzustellen, ob die SPD aus dieser Erkenntnis irgendwelche praktischen Folgerungen zog. Demgegenilber vertritt die ?Frankfurter Allgemeine Zeitung" (28. Dezember 1957) den Standpunkt, daB die nationalen Begabungsreserven in der Bundes- republik ausgeschopft seien und dal3 das Jahr- hundert der Industrialisierung die technischen Be- gabungen absorbiert habe, so daB andere Wege zur Deckung des vorhandenen Defizits an Wissenschaft- lern und Technikern beschritten werden mtiBten. Um den im vergangenen Jahre von der Studenten- schaft Westdetitschlands und einem Tell ihrer Pro- fessoren erbittert geftihrten Kampf urn Bereitstel- lung von Stipendien durch die Regierung, um die vom Broterwerb absorbierten Krafte dem Studium zu widmen, ist es ruhig geworden. Nachdem bislang 170/o der Studenten Voll- oder Teilstipendien er- halten hatten, einschlieBlich der Unterstiitzungen aus privaten Stiftungen, hat die Bundesregierung 33 Millionen Mark zur Verftigung gestellt. Da diese Summe zum groBen Tell nur als Darlehn an hohe Semester vergeben wird und die Gewahrung an Priifungen gebunden ist, wird sic von den Studenten trotz offizieller Aufforderungen nicht in vollem Urn- fang in Anspruch genommen. Die in der Offentlichkeit diskutierten und beklagten Folgen sind eine viel zu sehmale, ausschlieBlich auf den Berufszweck gerichtete Ausbildung, schlechte Examensergebnisse und em n zahlenmaBig ungenti- gender Nachwuchs. In der Bundesrepublik studieren 20 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNG SBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 0,21 0/0 der Bevolkerung gegentiber 0,45 ?fir in der Deutschen Demokratischen Republik und 1,85 0/o in der Sowjetunion. Ungeachtet seines Standpunktes, daB die FOrderung der Wissenschaft in erster Linie Sache des Staates ist, hat der ?Bundesverband der Deutschen Industrie" kiirzlich zur Unterstiltzung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf den Hoch- schulen den ?Gesprfichskreis Wissenschaft-Wirt- schrift" gegaindet, da ?man sich jetzt auch in der Industrie darilber klar sel, daB von privater Seite mehr als bisher fOr die Wissenschaft getan werden milsse". In der Entwicklung eines ausreichenden und gut ausgebildeten wissenschaftlichen Nachwuchses gibt es auch in der Deutschen Demokratischen Republik eine Reihe ungeloster Fragen, die allerdings ganz anderer Natur sind als in den Liindern der kapi- talistischen Gesellschaftsordnung. Der Aufstieg del Begabungen aus der Grund- Ober die Oberschule zur Hochsehule ist durch die demokratische Schulreform gesichert. An der Arbeit unserer Grund- und Ober- schulen gibt es Kritiken, die im allgemeinen aber nicht auf der Linie einer unzureichenden Wissens- vermittlung liegen, sondern eller den Vorwurf einer stofflichen Uberlastung auf Kosten der Vertiefung der Probleme erithalten. Das Bemiihen urn eine polytechnische Erziehung in den Grundschulen und das entschiedene Obergewicht des mathematisch- naturwissenschaftlichen Zweiges der Oberschule schaffen em n groBes Reservoir ausreichend aus- gebildeter Abiturienten ftir die nntilmiccancehnft- lich-technischen Studiengebiete. Im gegenwartigen Stand der Entwicklung der wissen- schaftlichen Ausbildung an unseren Hochschulen sind zwei Aufgaben zu Risen, die eng miteinander verschmolzen und nicht voneinander zu trennen sind: die Entwicklung des sozialistischen BewuBt- seins als unabdingbare Voraussetzung filr die mit unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat verbundene junge Intelligenz und die wissenschaftliche Forde- rung dieses Nachwuchses zu h6chster Leistungs- fahigkeit durch eine sorgffiltige Auslese und durch zweckmfiBige Methoden der wissenschfiftlichen Aus- und Weiterbildung auch Ober das Hochschul- studium hinaus in den Betrieben und in den Lehr- und Forschungsinstituten. In dem Komplex der sich daraus ergebenden Probleme hat das Verhaltnis von theoretischer Ausbildung und praktischer Arbeit eine besondere Bedeutung. Die im Februar 1958 statt- fIndende Hochschulkonferenz der SED dient vor allem der Klarung solcher entscheidender Fragen. Mit der seit 1951 im Bereich der Universitaten und Hochschulen bestehenden wissenschaftlichen Aspi- rantur war die L6sung dieser Aufgaben nur zum Teil moglich. Besonders erftillte sic im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Facher nicht die in sic gesetzten Erwartungen. Daher verlagert sich das Schwergewicht bei der Entwicklung des wissen- schaftlichen Nachwuchses in zunehmendem Mae auf die in Deutschland traclitionelle Form der Assistentur. Die im Bereich der Universitaten und Hochschulen tatigen etwa 6000 Assistenten und Oberassistenten stellen neben den 1350 wissenschaft- lichen Aspiranten das bedeutendste Reservoir ftir den wissenschaftlichen Nachwuchs dar. Die vom Staatssekretariat ftir Hochschulwesen er- lassene, seit dem 1. Januar 1958 wirksame Assistenten- ordnung schafft die Voraussetzungen fur die Ent- wicklung dieses wissenschaftlichen Nachwuchses auf breiter Grundlage. Die grundsatzliche Beschrfinkung der Assistentenzeit auf vier Jahre sichert eine stun- dige gesunde Fluktuation und damit die Aufnahme der befahigtsten Absolventen jedes Jahrgangs in den ProzeB der wissenschaftlichen Forderung auf diesem Wege. Die sehr elastisch gestaltete Entwick- lung darilber hinaus ermoglicht den Verbleib der bewahrten Krfifte in der wissenschaftlichen Arbeit und ihre Weiterbildung. Eine auf Grund der Ein- stellungsbedingungen zu treffende Auswahl, hohe Forderungen in der wissenschaftlichen Arbeit, an politischer Mitarbeit und erzieherischer Tiltigkeit im Sinne der sozialistischen Umgestaltung unserer Hochschulen werden den Typ des Hochschullehrers entwickeln helfen, in dem strenge und hohen An- spalchen gentigende Wissenschaftlichkeit sich mit tiefer Verbundenheit mit unserem Arbeiter-und- Bauern-Staat vereinigen, in dessen Arbeit, Lehre und Erziehung wieder zur Einheit verschmolzen sind. In den Forschungsinstituten der Deutschen Aka- demie der Wissenschaften zu Berlin konzentrieren sich die Teile des wissenschaftlichen Nachwuchses, die sich der reinen Forschungsarbeit widmen. Die Tatsache, daB mehr als 600 Assistenten in diesen Instituten tatig sind ? d. h. 50 bis 60 0/0 der wissen- schaftlichen Mitarbeiterschaft ? zwingt dazu, auch hier der Entwicklung des Nachwuchses starke Auf- merksarnkcit zu schenken. Den hohen Ansprtichen unserer Forschungsinstitute an ihre Mitarbeiter geniigen nur die besten Hoch- schulabsolventen. Ihre Eignung erweist sich in letzter Instanz erst in ihrer wissenschaftlichen Entwicklung am Arbeitsplatz selbst. So unterliegt der junge As- sistent einer standigen wissenschaftlichen Betreu- ung, Bewahrungsprobe und Kontrolle. Dieser per- manente Ausbildungs- und AusleseprozeB verlangt von den leitenden Mitarbeitern der Institute ein hohes Mali an verantwortlicher Erziehungsarbeit. Diese Arbeit ist keineswegs auf die im engeren Sinne fachliche F6rderung beschrankt. Wissen- schaftliche Arbeit ist heute planmfiBige Arbeit, und sic ist vor allem Gemeinschaftsarbeit. Die Erziehung dazu ftihrt den Assistenten notwendig in die Sphare gesellschaftlicher Verantwortung. Und diese Seite der Erziehung, die zur Erkenntnis gesellschaftlicher Verantwortung und zur bewuBten Mitarbeit am Aufbau des Sozialismus fiihren soli, gibt alien anderen Bemlihungen ihren letzten Sinn. Diese und andere Fragen der wissenschaftlichen Nachwuchsforderung stehen auf unserer Tagesord- nung. Ihre Losung ist zwingend, veil sic aufs engste mit den Aufgaben unserer Volkswirtschaftsplfine und dem Aufbau des Sozialismus tiberhaupt verknilpft sind. Sic konnen gelost werden, weil sich unsere junge Intelligenz in den wissenschaftlichen Insti- tuten, in den Laboratorien unserer Betriebe und auf unseren Hoch- und Fachschulen befindet. Dr. Fritz Ludwig Wissenschaftlicher Referent an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 21 Perspektiven der Germanistik Wir drucken den Aufsatz von Dr. W. Girnus in unserem 1Vlitteilungsblatt nach, wail wir der Auf- fassung sind, daJJ er in den Diskussionen des In- stituts fiir deutsche Sprache und Literatur eine Rolle spielt. d. Red. Die Germanistik als die Wissenschaft von deutscher Sprache und Literatur ist em n Teil der sogenannten Geisteswissenschaften ? Philosophie, Geschichte, Asthetik, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft usw. ?, die sich mit Gegenstfinden vornehmlich ideologischer Natur befassen. Gemessen an den histo- rischen Aufgaben und verglichen mit dem Entwick- lungsstand der Naturwissenschaften sind die meisten Geisteswissenschaften zurtickgeblieben. Ihr Produk- tivitfitsgrad ist niedrig, quantitativ und qualitativ DaB die Quantitat der Veroffentlichungen allein nicht den Gradmesser produktiver Wissenschaft darstellt, claftir bietet Westdeutschland em n warnendes Beispiel. Gedruckt wird dort viel, aber von wissenschaftlicher Zielstrebigkeit auf dem Gebiet der Germanistik kann nicht die Bede sem; im Gegenteil: Es herrscht ein wahrhaft vorsintflutliches Tohuwabohu der unwahr- scheinlichsten Lehrmeinungen. Abgesehen von der Arbeit einiger ttichtiger Philologen machen sich der prinzipienloseste Eklektizismus, vornehm als ?fiber alien Einseitigkeiten stehend" aufgeputzt. absurdester Irrationalismus und in erschreckendem AusmaB ge- lehrtes Geschwfitz breit ? jiingstes Beispiel ist R. Brinkmanns Buch iiber den Realismus des 19. Jahrhunderts. Der vor zwei Jahren verstorbene Bonner Ordinarius Ernst Robert Curtius sah sich aus diesem Grunde zu der Feststellung veranlaBt? ?Die moderne Lite- raturwissenschaft ist em n Phantom." Wir Oberlassen es den Bewunderern chaotischer Zustande, diesen Mengel an wissenschaftlichem Orientierungsvermogen fur em n Symptom von Meinungsfreiheit zu halten. Die Krise der Germanistik in Westdeutschland hat gewiB auch eine materielle Seite: Von dem in Bonn wieder voll rehabilitierten preuBisch-deutschen Korn- millstiefel kann man schlechterdings keinen Respekt vor der geistigen Leistung der Nation erwarten. Aber primar handelt es sich bei dieser geistigen Wirrnis urn eine ideologische Krise, urn die Unfahigkeit, auf dem Boden bourgeoiser Vorstellungen einen einheit- lichen wissenschaftlichen Standpunkt zu gewinnen. Die Geisteswissenschaften besitzen in der westlichen Welt keine fundierte theoretische Grundlage; sic sind dunkel und dienen der geistigen Verdunkelung. Die Wiedergeburt der deutschen Germanistik im Geiste ihrer groBen Schopfer unter den Bedingungen unseres sozialistischen Zeitalters ist daher niemals von der Bundesrepublik zu erwarten. Urn so groBer ist die Verantwortung der germanistischen Wissen- schaft in der Deutschen Demokratischen Republ'ic. Sic ist verpflichtet, die groBen philologischen Tra- ditionen der Gebrtider Grimm auf h?herer Ebene fortzufiihren. Die Tradition der deutschen Literaturwissenschaft ist gespalten. Hochst selten nur waren amtlich be- stallte Universitatslehrer revolutionfire Bahnbrecher deutscher Literaturdeutung. An der Spitze stehen ? Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 hier vielmehr Namen vie Lessing, Herder, Gervinus, Heine, Marx, Engels, Mehring. Die universitatsamt- liche Literaturwissenschaft hat sich in Deutschland' allzu hating der Reaktion und deren militaristischer Blut-und-Boden-Mystik ausgeliefert. Es gentigt, Na- men vie Josef Nadler, Ernst Bertram, Julius Peter- sen, Heinz Kindermann, Franz Koch, Hermann Pongs oder Herbert Cysarz zu nennen. Die Tradition der Wolfgang Menzel und Josef Nadler .ist ftir uns un- annehmbar. Hat nun aber die Germanistik an den Universitaten der Deutschen Demokratischen Republik die Erwar- tungen, die die Arbeiter-und-Bauern-Macht in sic zu setzen berechtigt ist, im Sinne der fortschrittlichen Traditionen der deutschen Geistesgeschichte erfullt? Wir sprechen nicht von anerkennenswerten Benin- hungen einzelner, die vorhanden sind, sondern von der Germanistik als Ganzem. Leider muB man unter diesem Gesichtspunkt die Frage verneinen. Es ist noch nicht einmal em n grund- legendes Werk Ober diese Tradition und Ober die marxistische Entwicklungslinie in der deutschen Literaturwissenschaft in Angriff genommen. Mate- rielle Schwierigkeiten vie in Westdeutschland gibt es bei uns ftir diese Arbeit nicht. Folglich sind die Ursachen fur den unbefriedigenden Zustand aus- schliel3lich in der schlechten ideologischen Fuhrung dieser Wissenschaft und der ungentigenden ideologi- schen Reife des Nachwuchses zu suchen. Der schltissige Beweis ftir die Richtigkeit dieser Fest- stellung ist die Tatsache, daB bis zum heutigen Tag noch kein ausgearbeiteter Perspektivplan fur die in- haltliche Entwicklung der germanistischen Wissen- schaft vorliegt. Auch Handbilcher und literatur- wissenschaftliche Nachschlagewerke, die unseren Bedildnissen entsprechen, existieren nicht. Wissen- schaftler und Studenten benutzen f?r diese Zwecke ausschlieBlich westliche Erzeugnis9e. In der Ein- stellung vieler Studenten zur Literatur, insbesondere zum sozialistischen Realismus, sowie in Thematik und Inhalt von Doktorarbeiten offenbart sich haufig der Geist muffigen SpieBertums: Nur nicht Partei nehmen, nur nicht sich binden! Feststellen, dell die Hauptursache dieses Versagens in der ungentigenden Reife des BewuBtseins liegt, bedeutet aber nichts anderes, als daB die Stagnation in der Germanistik darin ihren tieferen Grund hat, daB der dialektische und historische Materialismus noch nicht entschlossen und systematisch zur aus- schliefilichen Grundlage dieser wichtigen Disziplin geworden ist. Dabei mull man betonen, daB es sich urn den systematischen Aufbau dieser Wissenschaft auf der genannten Grundlage handelt. Das feuilleto- nistische Kokettieren mit Brocken der marxistischen Terminologie, vie das bei manchen Literaturwissen- schaftlern tiblich ist. hat mit der Anwendung mar- xistisch-leninistischer Prinzipien in der Wissenschaft nichts zu tun. Ich hore bereits den Einwand: Aber haben wir nicht rund em n Jahrzehnt den dialektischen und histo- rischen Materialismus an unseren Universitaten ge- lehrt? Richtig! Aber was ist damit schon gesagt? Lehren und Anwenden sind zwei ganz verschiedene 22 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Dinge. Der dialektische und historische Materialis- mus wird nur in dem MaBe zur ReaMat, in dem er unmittelbar auf die Praxis angewandt wird, in diesem Falle also auf die wissenschaftliche Arbeit des Germanisten, in seinem Studium, in seiner Diplomarbeit, in seiner Doktorarbeit, in seinen Ver- offentlichungen und ganz allgemein in seinem Ver- halten zu den Fragen der Literatur. Das Nachbeten auswendig gelernter Formeln hat mit dem dialek- tischen und historischen Materialismus tiberhaupt nichts zu tun. Es geni3gt auch keineswegs, sich nur mit den An- fangsgainden des dialektischen und historischen Ma- terialismus zu befassen, vie das im gesellschafts- wissenschaftlichen Grundstudium geschieht. Wenn es seinerzeit eipige Leute gab, die vor einem Jahr pro- vokatorisch die Forderung stellten, das gesellschaftS- wissenschaftliche Grundstudium abzuschaffen, so be- weist im Gegenteil das Auftauchen dieser Forderung, daB an unseren Universitaten noch viel zuwenig dialektischer und historischer Materialismus ge- trieben wird. Notwendig ist vielmehr, daB der Stu- dent, der wissenschaftliche Nachwuchs und unsere Hochschullehrer der Germanistik sich vom ersten bis zum letzten Tage ihrer wissenschaftlichen Laufbahn grandlich mit dem dialektischen und historischen Materialismus und seiner Anwendung auf ihr Fach- gebiet beschaftigen. Ein Germanist, der nicht das philosophische Werk von Marx, Engels und Lenin beherrscht, ist auf3er- stande, selbstandig die Germanistik auf marxistisch- leninistischer Grundlage weiterzuentwickeln. Semi- nare Ober Marx' und Engels' Stellung zur deutschen Literatur, tiber Lenins philosophischen NachlaB usw. sollten fortan auch zum Grundbestand des germa- nistischen Studiums der hoheren Semester gehoren. Ein Germanist, der nicht in der Lage ist, den.dialek- tischen und historischen Materialismus auf seinFach schopferisch anzuwenden, ist kein Marxist. Das ist jetzt die Kernfrage: die Anwendung des dialektischen und historischen Materialismus auf das eigene Fach. Der Einwand, daB es doch auch darauf ankomme, zugleich ?wissenschaftlich exakt" und ?philologisch einwandfrei" zu arbeiten, zeugt von Naivitat. Die Meisterung des dialektischen und historischen Mate- rialismus schlief3t philologische Akribie und histo- risch-kritische Gewissenhaftigkeit nicht aus; im Gegenteil: Er schliat alle wissenschaftlichen Er- rungenschaften em, aber er laBt ihre Trennung nicht zu! Ideologische, kiinstlerische, sprachliche und text- kritische Wertung bilden far ihn eine unlosbare Einheit. Jetzt kann man einen lebhaften Meinungsstreit ilber die Frage f?hren, wie die deutsche Germanistik auf der Grundlage des dialektischen Materialismus weiterzuentwickeln ist. Dieses Problem bietet un- erschopflichen Stoff far fruchtbare Auseinander- setzungen. Es gilt, die Grundfragen der Methodologie der Literaturwissenschaften zu klaren und im Zu- sammenhang mit der Asthetik so prazise Begriffs- bildungen zu erarbeiten, vie sic z. B. die Physik oder die marxistische okonomie schon seit langem be- sitzen. Die Scheu vieler Geisteswissenschaftler vor klarer Begriffsbestimmung ist em n Zeichen des Zu- rtickbleibens dieser Wissenschaften. Auch das Pro- blem der Periodenbildung in der deutschen Literatur- geschichte ist zu klaren, die Frage der Entwicklung des Realismus in der deutschen Literatur und seiner 13esonderheiten usw. Vor allem aber stellt sich den Instituten far deutsche Sprache und Literatur an unseren Hochschulen die Aufgabe, zu Mittelpunkten der schopferischen Aus- einandersetzung Ober den sozialistischen Realismus zu werden. Germanisten der Humboldt-Universitat haben em n gutes Beispiel gegeben, indem sie Thesen Ober den sozialistischen Realismus formulierten, die einen Ansatz fiir die Aussprache ilber diese Pro- blematik bieten. Starker als bisher sollte man dazu abergehen, das Werk einzelner sozialistischer Dich- ter, vie z. B. Brecht, Seghers, Bredel, einer ausfiihr- lichen wissenschaftlichen Untersuchung zu unter- ziehen. Die kritische Auseinandersetzung mit den fehlerhaften Auffassungen des ungarischen Lite- raturphilosophen Georg Lukacs mtiBte eigentlich eine Selbstverstandlichkeit sem. Vonig fehlen Symposien und Kolloquien Ober Einzel- fragen, vie z. B. ethische Probleme in der neueren deutschen Literatur, Ober den Klassencharakter der Dichtung, tiber das Wesen der Dekadenz in der Lite- ratur, tiber die literarischen Auffassungen Franz Mehrings usf. An solchen Aussprachen warden sicherlich Wissenschaftler von internationalem Rang aus den sozialistischen Landern gem teilnehmen. Der Wissenschaftliche Beirat far Germanistik wird im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Per- spektivplans auch die Studienplane daraufhin Ober- prtifen mtissen, ob die bestehende Proportion des Studiums zwischen mittelalterlicher und neuerer Literatur unseren heutigen Bedarfnissen noch ent- spricht. In Deutschland herrscht seit den Tagen der Romantik eine tlberbetonung des Mittelalters im Studium der Philosophic, der Geschichte, der Kunst- geschichte und der Literatur. Wir schatzen Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach auf3erordentlich, aber man kann nicht tibersehen. daB ihre Sprache nicht mehr die unsrige ist; die religios- klerikale Gedanken- und Gefahlswelt des Mittel- alters vollends gehoren ins Museum vie Ketten- panzer und Lanze. Die Neuzeit beginnt in Kunst und Literatur dort, wo die Emanzipation des Men- schen aus den Fesseln religii3ser Vorstellungen ein- setzt. In der Deutschen Demokratischen Republik hat das Mittelalter endgaltig ausgespielt, und die Welt- anschauung unseres Jahrhunderts ist der dialektische Materialismus. Eine Germanistik, die sich nicht auf dieser Grundlage konstituiert, hat keine Zukunft. Fahigkeit und Bereitschaft, diesen Entwicklungs- prozef3 der Wissenschaften nach Kraften zu fordern, gehoren fortan zum Merkmal des seriosen Fach- wissenschaftlers. Es wird gelegentlich eingewandt, bei einer so ent- schiedenen Zielsetzung bleibe doch kaum noch Raum fiir den Meinungsstreit,Dieser Einwand geht von bour- geoisen Vorurteilen aber das Wesen des Meinungs- streites aus. Meinungsstreit ohne Sinn und Ziel ist wertlos. Das Ziel unseres wissenschaftlichen Mei- nungsstreites ist bedingt durch die objektiven histo- rischen Gesetze, die die Entwicklung unserer Ord- nung bestimmcn. Es wird weiter eingewandt, in diesem Meinungsstreit milBten auch falsche, ab- weichende, mithin unmarxistische Meinungen zu Worte kommen, sonst sei es kein echter Meinungs- streit. Das stimmt. Aber ebenso besteht das Recht, 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 23 Revisionismus als Revisionismus, Versohnlertum als Versohnlertum und Dekadenz als Dekadenz ,zu be- zeichnen. Wer der Meinung ist, daB em n Vorwurf ihn zu Un- recht treffe, besitzt die Moglichkeit, ihn zu wider- legen, falls er es vermag. Bei manchen jedoch hat man den Eindruck, als ob sic wohl das Recht far sich in Anspruch nehmen, ihre Meinung anderen gegenaber fret auszusprechen, sofort aber in eine Art Schweigestreik treten, wenn andere das gleiche Becht ihnen gegenaber geltend machen. Es ist wohl recht und billig, festzustellen, daB es in der Deut- schen Demokratischen Republik kein personliches Monopol filr die wissenschaftliche Wahrheit gibt, weder ftir Lehrstuhlinhaber, noch far Staatssekre- tare, noch far FDJ-Sekretare oder sonst jemand. Bei uns bestehen alle Voraussetzungen far einen uneingeschrankten Meinungsstreit auf wissenschaf t- licher Grundlage. Das schlieSt den rticksichtslosen Entzug der Publikationsfreiheit far die em, die be- wuBt darauf ausgehen, den dialektischen und histo- rischen Materialismus, die h6chste und umfassendste wissenschaftliche Denkweise, in welcher Form immer zu diskreditieren. Aus dem gleichen Grunde !carmen wir auch nicht zulassen, daB reaktionares Ge- dankengut aus der Bundesrepublik bei uns ein- geschleppt wird. Hingegen miissen wir mit allem Nachdruck dahin w.irken, daB alle Wissenschaftler der Deutschen Demokratischen Republik, die an Tagungen in Westdeutschland teilnehmen, sich auch In der Sitzung des Prtisidiums am 21. November 1957 trug Vizeprtisident Prof. Dr. W. Steinitz im Na- men vonFrauHelene Weigel die Bitte vor, eine historisch-kritische Ausgabe der Werke Bertolt Brechts durch die Deutsche Akademie der Wissen- schaf ten zu Berlin und die Deutsche Akademie der Kiinste zu veransta/ten. in wissenschaftlicher Hinsicht als bewuBte Repra- sentanten unseres Staates verhalten. Ideologie kann kein Gegenstand far Kompensationsgeschafte sem. Bei der sozialistischen Umgestaltung der Geistes- wissenschaften handelt es sich urn em n hartes Bingen zwischen bargerlicher und sozialistischer Ideologie. Es geht darum, welche Ideen herrschen sollen und welche ilberwunden werden massen. Sollen die so- zialistischen Ideen siegen, so gilt es auch an den Universitaten, Hochschulen und Instituten unter der Fahrung der Partei der Arbeiterklasse alle Krafte politisch, ideologisch und organisatorisch zusammen- zuschlieflen, urn diesen Kampf vor der ganzen fort- schrittlichen Welt in Ehren zu bestehen. Der Lei- stungseffekt der Arbeit unserer Germanisten wird ftir viele Menschen in der Welt em n Gradmesser da- ftir sem, welches System das leistungsfahigere ist, das sozialistische oder das kapitalistische; auch die Germanistik kann nur dann zu einem bedeutsamen geistigen Faktor des Fortschritts werden, wenn sic vorbehaltlos der Sache der Arbeiterklasse dient. Dr. Wilhelm Girnus Staatssekretar far Hoch- und Fachschulwesen, Mitglied des Kuratoriums der Forschungsgemein- schaft der naturwissenschaftlichen, technischen und mediZinischen Institute der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Nachdruck nus: ?Neues Deutschland" V. 18. 1. 1958) Am 13. Januar 1958 legte Dr. H.-J. Bung e, Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs, Berlin N 4, Chaussee- strafie 125, den. Mitarbeitern der Goethe-Ausgabe einige Gedanken dar, die er unter nachstehend an- gefiihrtem Thema zusammenf afite: Vorausbemerkungen zu einer historisch-kritischen Ausgabe der Schriften Bertolt Brechts I. Inhalt und Zustand des literarischen Nach- lasses Der literarische NachlaB Bertolt Brechts besteht aus rund 65 000 Seiten, die als Manuskripte von Schrif- ten, Notizen oder Briefe seiner Hand anzusprechen sind. Zu dieser Zahl kommen die Veroffentlichungen. Im Nachlaf3 beflnden sich auBerdem Materialsamm- lungen, die Brecht sich zu Studienzwecken far seine Arbeit anlegte, Manuskripte von Mitarbeitern, Map- pen mit Rezensionen und eine umfangreiche Bi- bliothek; weiterhin zahlreiche Fotos vor allem mit Aufnahmen aus Auffahrungen seiner Stacke, zum grof3en Teil zu ?Modellbachern" zusammengestellt, und Bahnenbildentwarfe fur Inszenierungen, die Brecht selbst leitete. Der Katalog des Nachlasses umfaBt ftir diesen Teil rund 50 000 Nummern. Man kann behaupten, daf3 im NachlaB nahezu voll- standig vorhanden ist, was von Brecht geschrieben und von ihm fiir aufhebenswert befunden wurde. Dazu muB man wissen, daB Brecht beinahe nie auch nur einen Zettel weggeworfen hat ? er hat schlimmstenfalls etwas verlegt und dann vergessen ? Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 und daff die Mitarbeiter der verschiedenen Perioden seines Lebens ebenso sorgsam mit den beschriebenen Blattern umgingen. Wieviele Manuskripte und Briefe sich dennoch in fremden Handen beflnden, laBt sich noch nicht abersehen, ihre Zahl wird nicht grof3 sem, und die jetzigen Besitzer sind im wesentlichen Freunde und Mitarbeiter Brechts, die an einzelnen Projekten beteiligt waren. Fast alle leben noch, und die Verwalter des Nachlasses stehen mit ihnen in Verbindung. Erhebliche Schwierigkeiten bei der Beschaffung dieses Materials werden vermutlich nicht auftreten. Der Dank ftir die ungewohnlich vollstandige Auf- bewahrung seiner schriftstellerischen Produktion ge- btihrt in erster Linie Helene Weigel und Elisabeth Hauptmann, die beide auf Wunsch Bertolt Brechts seinen literarischen NachlaB verwalten. Elisabeth Hauptmann sorgte dafar, daB nach Brechts Flucht aus Nazideutschland seine Manuskripte in Sicherheit gebracht und ihm schlieBlich in die Emigration nach- geschickt werden konnten. Helene Weigel ktimmerte sich nicht nur darum, dafs Brecht an jedem Aufent- ..401.11b Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 : CIA-RDP81-01043R002900200003-1 24 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 haltsort der groBen Reise beinahe ohne Unter- brechung weiterarbeiten konnte, sondern sie veran- laBte auch, daf3 vor ellen anderen Dingen die Manu- skripte verpackt, mitgenommen und wahrend der Fahrt sorgsam behtitet wurden. Beim Verlassen Schwedens MuBte em n Tell des Materials zurtick- bleiben. Ein Arbeiter im Stockholmer Vorort Li- dingo nahm es in Verwahrung und bei dessen Tode sein Sohn. Nachdem. Brecht wieder in Deutschland war, konnten auch die ?schwedischen Manuskripte" zurtickgeholt werden. Fur Brechts schriftstellerische Produktion war unter anderem eine bestimmte SchOnheit des Arbeitsvor- gangs wichtig. So schreibt er (am 12. 4. 1941) in sein Tagebuch: ?Merkwilrdig, vie das Manuskript wah- rend der Arbeit zum Fetisch wird! Ich bin ganz ab- hangig vom Aussehen meines Manuskriptes. in das ich immerfort einklebe und das ich asthetisch auf .der H?he halte." Dieses Prinzip wahrt Brecht nicht nur, wenn er ? vie er schreibt ? sich immer wieder dabei ertappt, da3 er ftir eine Anderung mit einer ganz bestimmten Anzahl von Versen auszukommen versucht, ?nur damit die Seite ausgeht". Er war auch abhangig von der Qualitat und Starke des Papiers, von dessen Format, ja selbst davon, ob das Farb- band seiner Schreibmaschine neu oder abgebraucht war. Heute allerdings sieht man den Manuskripten ihr wechselvolles Schicksal an. Die Notwendigkeit, sic zu verstecken, die Hast, mit der eine Reise oft vor- bereitet werden muBte und die raumlichen Schwie- rigkeiten wahrend der Fahrt oder auch an den Aufenthaltsorten sowie andere Fahrnisse haben sic gestempelt. Zu den Gedichten: EinschlieBlich der umfang- reichen Poeme ?Das Manifest", ?Die Erziehung der Hirse" und ?Herrnburger Bericht" befinden sich im NachlaB rund 4000 Blatt mit Notizen, Versuchen und Fassungen. Die ersten Zeugnisse stammen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Gedichte lessen sich fur alle Lebensphasen Brechts datieren und gehen bis zum Jahre 1956. Die Zahl der Manuskripte zu Stticken und Filmen ist auBergewohnlich gro13. Allein fiir die Stticke, die Brecht in den ?Versuche"-Heften drucken lieB. ?Dreigroschenoper", ?Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny", ?Die heilige Johanna der Schlacht- We", ?Die Mutter", ?SpItzkopfe und Rundkopfe" (mit den Arbeitstiteln ?Mal3 fur MaB" und ?Reich und Reich gesellt sich gem"), ?Mutter Courage und ihre Kinder", ?Herr .Puntila und sein Knecht Matti" .(mit dem frtiheren Titel ?Der Regen fallt immer nach unten"), ?Leben des Galilei", ?Der kaukasische Kreidekreis", ?Der gute Mensch von Sezuan" und t.Tage der 'Commune" zahlt der Archival. tiber 10 000 Nummern. Dazu kommen die zu Brechts Lebzeiten nicht ge- druckten Stlicke ?Happy End", ?Der aufhaltsame Algstieg des Arturo Ui", ?Die Gesichte der Simone Machard", ?Schweyk" und ?Turandot oder der Kongre13 der Weif3wascher" mit rund 2000 Nummern. Man sieht gut, da3 nach Inszenierung eines Sttickes die Anzahl seiner Manuskriptseiten auf das Dop- pelte anwachst ? so intensiv wurden die Stticke dab'ei bearheitet. Far die frilheren und kleineren Stticke sowie Ein- akter ?L-- ?Baal", ?Trommeln in der Nacht", ?Im Dickicht der Stadte", ?Leben Eduards des Zweiten von England", ?Flug der Lindberghs", ?Das Verhtir des_Lukullus" und ?Die Verurteilung des Lukullus", ?Die sieben Todstinden". ?Die Gewehre der Frau Carrar", ?Furcht und Elend des Dritten Belches", ?Die Ausnahme und die Regel", ?Horatier und Ku- riatier", ?Der Jasager und der Neinsager", ?Die MaBnahme", ?Das Badener Lehrstiick \rem Ein- verstandnis" sowie ?Die Hochzeit", ?Er treibt einen Teufel aus", ?Lux in tenebris", ?Der Bettler", ?Der Fischzug". ?Alle wissen alles" und ?Aus Nichts wird Nichts" ? werden rund 5000 Manuskriptseiten an- gegeben. Weiterhin die Bearbeitungen und Obersetzungen: ?Ich will em n Kind haben" nach Tretjakow, ,,The Duchess of Malf1" nach John Webster, ?Antigone" nach der Holderlinschen Ubertragung, ?Der Hof- meister" nach Lenz, ?Coriolan" nach Shakespeare, ?Biberpelz und Roter Hahn" nach Hauptmann, ?Der ProzeB der Jeanne d'Arc zu Rouen 1431" nach Anna Seghers ?Don Juan" nach Moliere, ?Pauken und Trompeten" nach Farquhar, ?Der Held der west- lichen Welt" nach Synge, Johannes R. Bechers ?Winterschlacht" sowie die Mitarbeit an Stritt- matters ?Katzgraben" umfassen ebenfalls rund 5000 registrierte Manuskriptseiten. Zu erwahnen sind ferner die Fragmente ?Fatzer", ?Der Brotladen", ?Der Wagen des Ares" und ?Die Reisen des Glticksgottes", ?Das wirkliche Leben des Jacob Geherda" und ?Dutch Schulz", ?Dansen", ,.Was kostet das Eisen", ?Dan Drew" und ?Die Darm- wascher", ?Das internationale Rote Kreuz" und ?Dunant", ?Leben des Konfutse" und ?Die Iden des Marz", ?Goliath", ?Hannibal", ?Baseler Fast- nacht", ?Salzburger Totentanz" und schlieBlich ? ohne Vollstandigkeit zu erreichen ? ?Rosa Luxem- burg". ?Hans Garbe" und ?Albert Einstein" mit bei- nahe 2000 Archivnummern. Und schlief3lich die Filme, Mitarbeit an Filmen und Filmentwilrfen ? wiederum ohne Anspruch auf Vollstandigkeit: ?Abendmahl der Krokodile", ?Der Brillantenfresser", ?Kuhle Wampe", ?Der Mantel", ,.Das Olfeld", ?Der grol3e Clown Emael" und ?Ulen- spiegel" sowie der ?Courage"- und der ?Puntila"- Film mit etwa 3500 Manuskriptseiten. In dieser nicht alle Themen erfassenden Aufstellung sind Ober 80 Titel genannt, und es wurden fast 30 000 Manuskriptseiten vom Arch iv registriert. An Prosadichtungen wurden auf3er dem ?Drei- groschenroman", dem Fragment ?Die Geschafte des Herrn Julius Caesar", den bekannten und unbekann- ten ?Keuner"-Aphorismen, zahlreichen verliffent- lichten und nicht veroffentlichten Kurzgeschichten eine Reihe erst zum Tell fertiggestellter Arbeiten aufgefunden: ?Fltichtlingsgesprache", der ?Tui- Roman", das ?Buch der Wendungen", die ?Me-Ti"- und die ?Lai-Tu"-Geschichten, der Entwurf ?Tel- lek-tuel-in", weiterhin essayistische Arbeiten und philosophische Schriften. Das Archly nennt dal& rund 5500 Manuskriptseiten. Wenn in der vorlaufigen Zusammenstellung des Nachlasses eine Abteilung ?Politische Schriften" ge- fiihrt wird. bedeutet das nicht, daB die anderen Abteilungen ?unpolitisches" Material enthielten. Aber Erklarungen zu tagespolitischen Fragen, etwa die ?Offenen Bride", die Aufsatze ?Ftinf Schwierig- keiten beim Schreiben der Wahrheit", ?Eine not- 1 I 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILONGSBLATT 25 wendige Bemerkung zum Kampf gegen Barbarei" und ?Ober die Wiederherstellung der Wahrheit", die ?Horst Wessel-Legende", Rundfunkkommentare ftir Sendungen nach Nazideutschland und andere poli- tische Arbeiten wahrend der Emigrationszeit haben doch so often pamphletischen Charakter, daB eine Sonderabteilung gebildet wurde. Sie umfat Manu- skripte mit rund 1000 Archivnummern. Bei den Schriften zur Literaturtheorie und zur Theatertheorie und bei den Aufsatzen fiber Theater- praxis wurden die ohnehin hohen Erwartungen noch tibertroffen. Aul3er den umfangreichen Komplexen ?Der Messingkauf" und ?Kleines Organon fUr das Theater", ?Theaterarbeit" und ?Dialektik auf dem Theater", den bekannten Veroffentlichungen tiber ?Episches Theater" und Ober die Methode der Ver- fremdung gibt es zahlreiche Notizen Ober Schau- spieler und Schauspielkunst, Ober das Theater Sta- nislawskis, das Shakespeareanische und das chine- sische Theater, aber auch Ober Literatur und bil- dende Kunst. Eine Zahlung der Manuskripte dieser Gruppe ergab iiber 3000 Seiten. Tagebticher hat Brecht nur wahrend der Emigration, zwischen 1938 (Dfinemark) und 1948 (Rtickkehr nach Berlin), verhaltnismaBig ltickenlos gefilhrt. Die Tagebticher enthalten kaum Aufzeichnungen pri- vaten Charakters, sondern dienen zur Selbstverstan- digung wahrend der Arbeit und zur Formulierung philosophischer sowie politischer Beobachtungen und Erkenntnisse. Es handelt sich um mehr als 450 Schreibmaschinenseiten. Aus anderen Lebensperio- den sind tagebuchartige Notizen nur sparlich vor- handen. Teilweise haben aber die fast 50 Hefte mit skizzenhaften Aufzeichnungen und Bemerkungen auf Ober 2000 Seiten Bedeutung als Arbeitsbticher. Sic stammen aus verschiedenen Jahren, auch aus ganz friiher Zeit. Entgegen alien Voraussagen fend sich im Nachla3 eine erstaunlich umfangreiche Korrespondenz an. Selbst wenn man die rund 16 000 Archivnummern unberticksichtigt laBt, die ftir geschaftliche Korre- spondenz, filr Vertrage, Rechnungen, Abrechnungen und Belege ahnlicher Art gezahlt wurden ? dieses Material, das zum groBten Teil nicht unmittelbar von Brecht stammt, ist deshalb keinesfalls unwich- tig ? so bleiben noch fiber 2000 Seiten mehr oder minder privater Korrespondenz; zur Halite Durch- schlage von Briefen Brechts oder Originale, die dem Archly zurtickgegeben wurden, zur anderen Halfte Antwortschreiben an Brecht oder auch unbeantwor- tete Schreiben an ihn. Im wesentlichen sind die Briefpartner langjahrige Freunde und Mitarbeiter. Fur die letzten Jahre wird auch eine Korrespondenz mit Mitgliedern der Regierung der Deutschen Demo- kratischen Republik und des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands verzeich- net. Daraus geht hervor, wie sehr Brecht neben seiner schriftstellerischen und praktischen Theater- arbeit Anteil an tagespolitischen Fragen nahm. Diese Aufstellung gibt nur einen Oberblick. Auf Ether 4000 Archivnummern sei abschliefiend ledig- lich hingewiesen Zeitungsausschnitte. Rezensionen und Belege; Sammelmappen von Mitarbeitern mit rund 1000 Nummern, bei denen noch keine Ent- scheidung tiber den Urheber der Manuskripte ge- werden konnte; Mappen mit etwa 1000 losen Blattern, deren Zuweisung in eine der Hauptabtei- lungen bisher nicht moglich war. Die Manuskripte wurden in der Regel mit Schreib- maschine geschrieben. Brecht bediente dieses ihm vertraute, im Gang etwas schwerfallige Arbeits- instrument grundsfitzlich selbst und machte beinahe immer Durchschlage. In den meisten Fallen ent- halten die Manuskripte handschriftliche Korrek- turen, im allgemeinen von Brecht, aber auch von Mitarbeitern, vie vor allem Elisabeth Hauptmann, Mar garete Steffin und Ruth Berlau. Bezeichnend ftir die Arbeitsweise Brechts, besonders beim Schreiben von Stiicken, sind zerschnittene und dann neu- montierte Manuskripte, die sauber zusammengeklebt wurden. Brecht bezeichnete sich als ?Meister der Klebeologie". Die nicht mehr verwendeten Ab- schnitte wurden ebenfalls aufbewahrt. Eine groBe Schwierigkeit beim Feststellen einer Reihenfolge der Arbeitsschichten wird sich daraus ergeben, da13 manchmal nicht am zuletzt fertiggestellten Menu- skript weitergearbeitet worden ist, sondern ? bei- spielsweise wenn die Arbeit eine Zeitlang geruht hatte ? frilhere Fassungen zum neuen Ausgangs- punkt wurden. Eine weitere Schwierigkeit bereitet der Umstand, daB Brecht die einzelnen Arbeiten oder gar Arbeitsphasen beinahe nie datierte, so dal) auch er selbst spater nur selten in der Lage war, genaue Angaben Ober den Zeitpunkt des Entstehens einer Arbeit zu machen. Nur bei den Notizen, die wahrend der praktischen Theaterarbeit gemacht wurden, achtete er auf das Datum auch in Nieder- schriften seiner Mitarbeiter ? beim Auswerten der Notate gleichsam vie bei einer historisch-kritischen Arbeit vorgehend. Den Hinweis, diese Methode auch fur seine eigene schriftstellerische Produktion zu tibernehmen. belachelte Brecht: ftir kiinftige Philo- logen solle doch etwas Arbeit bleiben. Trotz der tiberwiegenden Zahl von Schreibmaschi- nenmanuskripten ist die Zahl der handschriftlichen Notizen und auch umfangreicher handschriftlicher Aufzeichnungen nicht zu unterschatzen ? und auch nicht die Zeit, die filr ihre Entzifferung erforderlich ist. In Eile hingeworfen, sind diese Bemerkungen oft schwer lesbar. obwohl die Handschrift Brechts sich seit vielen Jahren kaum geandert hat. Die Arbeit, die bisher investiert wurde, den NachlaB nutzbar zu machen, erstreckte sich noch selten auf solche Transkriptionen. II. Das Bertolt Brecht-Archiv Allen, die urn Rat gebeten wurden, war es selbst- verstandlich, daB die letzte Wohnung Bertolt Brechts nicht zu einem Museum umgewandelt werden diirfe. Helene Weigel, als Bevollmachtigte der Erben- gemeinschaft, entschloB sich deshalb, in der Chausseestraf3e 125 ein Bertolt Brecht-Archiv ein- zurichten. Brechts Arbeitsraume werden als Arbeits- raume erhalten. Studenten, die Material ftir ihre Dissertation suchen, werden es dort flnden, wo Brecht es benutzt hat. Wissenschaftler, die tiber Brecht arbeiten, werden es in dem Raum tun Icon- nen, in dem Brecht gearbeitet hat. Ktinstler, die eine Anregung in Brechts Schriften fur ihre Arbeit zu linden hoffen. sollen sic dort bekommen, wo sic immer Anregungen bekamen. Nach dem endgilltigen AbschluB der Sichtung, Ordnung und Sicherung des literarischen Nachlasses soil das Archly f?r wissen- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part- Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 26 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 schaftliche und ktinstlerische Arbeiten allgemein zu- ganglich gemacht werden. Verstandlicherweise wollten sich die Bearbeiter, die ihre Tatigkeit am 1. Dezember 1956 aufnahmen, zu- nachst einen Einblick in den NachlaB verschaffen, urn dann- in Ruhe eine erste Ordnung herzustellen, und um nach der Ausarbeitung eines allseits ab- gesicherten Planes an die photographische Aufnahme des Nachlasses zu gehen. Bei einer ersten, nur fliich- tigen Durchsicht der nicht geordnet hinterlassenen Manuskripte wurde jedoch Mar, daB linter den gege- benen Voraussetzungen selbst bei gtinstigem Arbeits- verlauf mindestens em n Jahr notig gewesen ware, bevor auch nur das erste Blatt hatte photographiert werden konnen. Es gibt aber zuviele Beispiele empfindlicher Ver- luste von nicht kopierten Originalen wertvoller Nachlasse. Das sorgfaltig-systematische Vorgehen bei der Archivierung hatte sich unter Umstanden als Sorglosigkeit in bezug auf die Sicherung des Nachlasses erweisen konnen. Helene Weigel ordnete deshalb an, vordringlich Mikrofilme anzufertigen und vervielfaltigte Exemplare an verschiedene Orte auszulagern. Damit sei gewahrleistet, daB eine spater geplante Auswertung des Nachlasses niemals zu spat kommen k6nne. Die erforderlichen Arbeiten waren ? in diesem Aus- mall ? ftir die Leitung des Archivs zunachst un- iibersehbar. Es gab keinen Modellfall. Als mit zwei Mitarbeitern begonnen wurde, stellte sich heraus, daB die Mikrofilmierung von rund 100 000 Manu- skriptseiten bei Berticksichtigung auch nur der not- wendigsten Vor- und Nacharbeiten mit den zur Ver- ftigung stehenden Arbeitsmitteln mindestens vier Jahre gedauert hatte. Der Plan einer raschen Siche- rung des Nachlasses ware unter diesen Voraus- setzungen illusorisch. Helene Weigel entschloB sich deshalb zur Einstellung weiterer technischer Mit- arbeiter, so da3 etwa. sechs Wochen nach Beginn der Arbeit sieben und zeitweise acht Personen be- schaftigt wurden. Die Bildung eines so groBen Ar- beitsstabes wan f neue, organisatorische Fragen auf. Denn es war unumganglich, daB alle Manuskripte durch eine Hand in den ArchivierungsprozeB ge- langten, damit die Leitung des Archivs nicht den Oberblick tiber den Fortgang der Arbeiten und tiber das vorhandene Material verlore. Bei aller gebotenen Schnelligkeit durften die Mall- nehmen doch nicht tiberhastet werden. Folgende Re- geln wurden aus der Erfahrung gewonnen und ein- gehal ten: grundsatzlich sollte jederzeit die Ordnung ? beziehungsweise die Unordnung ? rekonstruier- bar bleiben, in der der Nachlaf3 vorgefunden worden war. Denn niemand kann vor intensiver Durcharbei- tung des Nachlasses tibersehen, welche Zusammen- stellung von Brecht willktirlich getroffen wurde und welche zufallig zustande kam. Schnelle Entschei- dungen konnten Fehlurteile flxieren. Zurtickhaltung Ha den Bearbeitern dagegen auch ftir spater die Moglichkeit, bestehende Zusammenhange zu er- schlieBen. Systematisch wurde von Schrank zu Schrank vorgegangen, innerhalb jedes Schrankes Fach fur Fach und innerhalb jedes Fachs Mappe ftir Mappe archivalisch aufgenommen. Nur dort, wo es sofort erkennbar war, daB zusammengehorige Blatter sich nicht in der richtigen Reihenfolge ? etwa einer vorhandenen Numerierung ? befanden, ?ar? wurde die von Brecht bestimmte Ordnung wieder- hergestellt. Aber auch in diesen Fallen waren die Feitstellungen eher vorsichtig als voreilig. Die Bearbeiter vermieden jedes Auswahlprinzip und merzten nichts-aus, was ? absichtlich oder zu- faliig ? von Brecht aufbewahrt worden war. Alle Manuskriptseiten, die zu einer bestimmten Arbeit geh8ren und geschlossen aufgefunden wurden, wur- den als geschlossener Komplex behandelt. Sie kamen zum Durchphotographieren in Archivierungsmappen, die jeweils den Titel der Arbeit Brechts oder ? wenn em n solcher nicht gegeben war ? eine ent- sprechende Kennzeichnung durch das Archly er- hielten,. Gemaf3 dem Fortgang der Arbeit wurden die Mappen laufend numeriert und gleichzeitig unter Angabe des Inhalts und der Blattzahl in eine Registrante eingetragen. Diese Obersicht hangt im Archiv auf Tafeln aus und ermoglicht das schnelle Auffinden jeder registrierten Mappe und der in ihr enthal- tenen Arbeit. Bei Einhaltung der Grundprinzipien ist folgerichtig die Anzahl der Manuskriptseiten in den -Archivierungsmappen verschieden groB. Im all- gemeinen wurde aber die Zahl 100 nicht gem n fiber- schritten, urn die MikrofIlme fur eine spatere Be- nutzung nicht zu unhandlich zu machen und da- durch der Gefahr einer Beschadigung auszusetzen. Ausnahmen wurden nur dann gemacht, wenn Manu- skripte gebunden waren. Entsprechend dem bereits Gesagten wurde in diesem Arbeitsstadium darauf verzichtet, die Entstehungs- folge von Fassungen festzulegen. Die Identiflzierung hatte zuviel Zeit gekostet und ohne eingehende Vor- arbeiten zu Irrtiimern f?hren konnen. Ebenfalls wurde zunachst auf das exakte Vergleichen der Ori- ginale mit den Abschriften verzichtet, die vie jede andere Archivalie behandelt wurden. Durchschlage von Arbeiten wurden nur dann nicht photographiert, wenn sic sich unmittelbar bei den Originalen be- fanden und identisch mit ihnen waren, d. h. keine Korrekturen enthielten. Es war dies die einzige Kon- zession zur Einschrankung von Doppelaufnahmen. Jeder spatere Bearbeiter des Nachlasses mull sich bei eventuellern Verlust der Originalmanuskripte darauf verlassen konnen, daB die Mikrofilme eine vollstandige Kopie des gesamten Nachlasses dar- stellen. Wie die Archivierungsmappen wurden auch die ein- zelnen Blatter innerhalb einer Mappe durchnume- riert, und zwar jede beschriebene Seite mit einer neuen Zahl. Die Nummern, mit einem Ziffernstempel auf einen Streifen Papier aufgedruckt, ? und zwar so groB, daf3 man sic mit bloBem Auge auf dem Mikrofilm erkennen kann ? wurden mit Zellophan- band vorsichtig an der rechten oberen Ecke des Ma- nuskriptes angebracht. Sic bestehen jeweils aus zwei Zahlen: vor einem Schragstrich die Mappen- zahl, dahinter die laufende Nummer innerhalb der Mappe. Die Registriernummern verbleiben auf den Originalen, die dadurch ebenso leicht aufzufinden sind 'vie jedes Duch in einer gut geordneten Biblio- thek. Von den Filmen angefertigte Photokopien ent- halten automatisch die Signatur. Beim Mikrofilmieren wurden zunachst 10 m-, dann 50 m-Rollen Sicherheitsffim verwendet, die Mappen ohne Unterbrechung photographiert und die Filme mit jeweils etwa 1000 Aufnahmen maschinell ent- t), 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 27 wickelt. Anfangs wurde jede Aufnahmeserie wieder- holt, spater wurden zwei Hochleistungsaufnahme- gerlite verwendet und bei guter Vorbereitung und technisch einwandfreien Manuskripten bis zu 2000 Aufnahmen taglich geschafft. Gleichzeitig ent- wickelte das Archly gemeinsam mit einer Photo- kopieranstalt em n Verfahren, mit dem schlief3lich von einem Originalfilm drei Duplikatfllme her- gestellt wurden, die annahernd von gleicher Qua- litat sind vie der Originalfilm und auf jeden Fall einwandfreie RfickvergroBerungen ermoglichen. Kopien dienen zur Sicherung des Nachlasses, sic k6nnen und sollen nicht grundsatzlich als vollwer- tiger Ersatz der Originale angesehen werden. Ftir wissenschaftliche Arbeiteh werden die Originale zur Verfiigung stehen. Dennoch konnen nicht von vorn- herein bestimmte Falle ausgeschlossen werden, in denen man sich nur mit Mikrofilmen behelfen mull. Sic mtissen dann so weit vie moglich Anforderungen erftillen, die bei Editionen gestellt werden. Zu- mindest sollten die Fehlerquellen ausgeschaltet werden, die bei routinemaBiger Registrierung er- fahrungsgemaB zahlreich sind. Bei insgesamt vier Oberprilfungen wahrend der gesamten Prozedur kann man wohl damit rechnen, daB kaum Fehler unentdeckt geblieben sind. Jede Filmrolle beginnt mit Aufnahmen ihres In- haltsverzeichnisses und eines Protokolls, das An- gaben fiber den Zeitpunkt, fiber Art und Weise der Herstellung, tiber die Ergebnisse der letzten Kon- trolle sowie Bestimmungen fiber die Benutzung der Mime enthalt. Im Friihjahr 1957 begann das Archiv eine Film- kartei anzulegen, in der mappenweise Blatt far Blatt der Manuskripte mit Angaben aber den Inhalt auf- geftihrt wird. Diese Kartei wird mikrofIlmiert den Filmserien beigegeben. Die Tresorraume mit den Duplikatffimen werden so mehr und mehr zur Ko- pie des gesamten Archivs. Sollten also an einem Aufbewahrungsort Verluste eintreten, konnte an anderer Stelle jedes einzelne Objekt des Nachlasses genau bezeichnet werden und ware sofort verffig- bar. Angefangene Arbeiten mtiBten dann nicht neu begonnen, sondern konnten weitergefiihrt werden. Die Kartei ist bereits jetzt eines der wichtigsten Hilfsmittel fur die laufende Archivarbeit. Das Su- chen und Auffinden beispielsweise eines Gedichts mit alien, an vielen Stellen des Nachlasses befind- lichen Bruchstticken, Entwtirfen, Notizen und an- deren Unterlagen macht heute kaum noch Mtihe. Spater bekommt jedes Manuskript eine besondere Karteikarte. Nach AbschluB der Katalogisierung soil jedes Objekt in verschiedenen Suchsystemen auffindbar sem. Von Beginn der Arbeit an war daran gedacht, die wertvollen Originalmanuskripte nicht ftir dauernd in einer Wohnung aufzubewahren, die vielerlei Ge- fahren ausgesetzt ist. An ihre Stelle sollten die Ko- pien treten. Deshalb wurden gleichzeitig mit den bisher beschriebenen Arbeiten RtickvergroBerungen von den Mikroffimen in einem modern ausgestatteten eigenen Labor hergestellt. Taglich konnen etwa 400 Photokopien als Ersatz ftir Originalblatter eingeord- net werden. Aus Raumgriinden und veil die bei Brecht vorherrschende Schreibmaschinenschrift im allgemeinen eine Verkleinerung der Originale ge- stattet, ohne daB sic dadurch an Lesbarkeit em- bilBen, wurde als Format der Kopien DIN A 5 festgelegt. Im November 195'7 begann die Auslage- rung der inzwischen registrierten Originalmanu- skripte in einen Tieftresor, soweit sic augenblicklich zu speziellen Arbeiten nicht benotigt werden und sobald Photokopien von ihnen existieren. F?r wissen- schaftliche Arbeiten stehen die Originale zur Ver- ffigung. Der teilweise sehr schlechte Zustand der Originale bot bei der Arbeit Schwierigkeiten besonderer Art. Aus dem Rahmen fallende Formate, unterschiedliche Schriftfarben, verschiedenfarbige und verschieden- starke Papiere, von Brecht bevorzugte haufig bei- nahe farblose Farbbander, doppelseitig beschriebene und durchscheinende Originale, Papiere mit Wasser- flecken und mit teilweise schweren Beschadigungen brachten standig neue Probleme. Hinzu kommt, daB das Bertolt-Brecht-Archiv kein totes Archiv ist. Standig wurde Material ftir die im Druck befind- lichen ?Stticke", fiir die Vorbereitung einer Gesamt- ausgabe der Gedichte und fur andere Veroffent- lichungen, aber auch fiir die Arbeit des Berliner Ensembles und andere Theater benotigt und aus- gezogen. Insofern war eine ungestorte Reihenarbeit nicht moglich, aber das Archiv trug so schon im Entstehungszustand Frtichte. ? Im Verlaufe eines Jahres wurden rund 1200 Archiv- mappen mit insgesamt etwa 120 000 Textseiten in der beschriebenen Weise bearbeitet. Dazu zahlen nun auch schon gedruckte Ausgaben, nicht nur ver- griffene, sondern teilweise auch gegenwartig erhalt- liche, sowie Korrekturfahnen aus den Verlagen Bei dem Streben nach Vollstandigkeit des Archivs wurde vorausgesetzt, daB dieses Material zu einem spateren Zeitpunkt ebenso wichtig werden kann, wie die hand- oder maschinenschriftlichen Archivalien. Fur die Arbeiten an der historisch-kritischen Gesamt- ausgabe steht ihre Bedeutung schon heute fest. Neben diesen als vordringlich behandelten Aufgaben wurden eine Reihe anderer Arbeiten durch Mit- arbeiter des Archivs erledigt: im Archiv wurden alle Schallplatten gesammelt, die mit Darbietungen aus Werken Brechts bespielt wurden. AuBerdem ist man berniiht, alle Rundfunksendungen mit Brecht- Programmen entweder selbst aufzunehmen oder Umschnitte aus den Rundfunkstudios zu besorgen. Wegen der Beschaffung fraherer Aufnahmen besteht Verbindung mit Schallarchiven in. beiden Teilen Deutschlands. Das Tonbandarchiv enthalt eine Kopie aller Aufnahmen, die im Berliner Ensemble hergestellt wurden. Darunter beflnden sich Mit- schnitte ganzer Auffiihrungen von Stticken Brechts unter seiner Regie in seinem Theater. Das Berliner Ensemble ist angeregt worden, weiterhin urkund- liches Material herzustellen. Denn hier vie auch bei alien anderen Vorha-ben des Bertolt-Brecht- Archivs wird der Plan verfolgt, die Sammlung von Material zur Wirkungsgeschichte der Arbeiten Brechts fortzusetzen. Ein besonders wertvoller Besitz des Archivs sind Tonbandaufnahmen von der Probenarbeit Bertolt Brechts bei seinen letzten beiden groBen Inszenie- rungen ?Der kaukasische Kreidekreis" und ?Leben des Galilei". Diese Art von Dokumentation, bei der Inszenierung des Sttickes ?Der kaukasische Kreide- kreis" zum ersten Male ausprobiert ? zum ersten Male vielleicht auch in der Geschichte des Thea- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 - 28 MITTEILUNGS13LATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 ters wurde bei der Inszenierung von ?Leben des Galilei" vervollkommnet. Mikrophone standen am Regietisch und atlf der Biihne, so daB der ganze Verlauf der Probe akustisch festgehalten wurde. Beim ?Leben des Galilei" hanen die Bander eine Laufzeit von insgesamt . rund 140 Stunden. In. zwischen ist nicht nur eine Kopie angefertigt wor- den, die getrennt vom Original aufbewahrt wird, sondern auch em n Umschnitt, wobei aus dem chro- nologischen Probenablauf eine Reihenfolge nach Akten und Szenen hergestellt wurde. Damit lessen sich Veranderung und Entwicklung einzelner Teile des Sttickes wahrend der Theaterarbeit verfolgen. Der praktische Wert hat sich bereits erwiesen, als Erich Engel die Regie tibernahm und sich exakt Ober die Arbeit Brechts orientieren konnte. Eine grol3e, kom- plizierte, aber nahezu fertiggestellte Arbeit ist die Transkription der Tonbander ? mehr als 1000 Schreibmaschinenseiten, wobei die schriftliche Fixie- rung sich auf Arbeitsanweisungen und Diskussionen beschrankt, Textstellen des Stackes aber nur an- merkt. In der Bibliothek wurde mit der Bestandsaufnahme und Registrierung eller Bacher begonnen, die sich in Brechts Besitz befanden. Auf den Karteikarten werden eventuell vorhandene Notizen Brechts ver- merkt, auch Angaben, wo sich Lesezeichen, haufig Bridle, befanden. Ihr Inhalt und besonders ihr Da- turn kann far die spatere Forschung unter Um- standen aufschltifireich sein. Eine besondere Arbeit ist der Aufbau einer Biblio- thek mit Originalbelegen eller gedruckten Brecht- Schriften. Er selbst hat leider nur eine unvollstan- dige Sammlung hinterlassen. Sie konnte erganzt werden, aber konsequent ist diese Abteilung noch nicht bearbeitet worden. Zeitungsausschnittbilros in der Deutschen Demo- kratischen Republik und in der Bundesrepublik schicken laufend Kritiken Ober Auffilhrungen Brechtscher Stacke, Rezensionen ilber erschienene Bucher und andere Aufsatze oder Notizen ilber Brecht. Veroffentlichungen in Tagesschriften geraten erfahrungsgemaB schnell in Vergessenheit und sind dann verhaltnismaBig schwer zu beschaffen. Diese Abteilung wird deshalb schon jetzt sorgfaltig be- arbeitet. Sobald die Mikrofllmierung der Schriften Brechts abgeschlossen ist. wird auch die Sekundar- literatur photographiert und ebenso behandelt wie alle anderen Archivalien. In der Abteilung Bibliographie wird ? im Augen- blick nur sporadisch ? an der Zusammenstellung des Amerikaners Walter Nubel gearbeitet, die im 2. Sonderheft ?Berton Brecht" der Zeitschrift ?Sinn und Form" 1957 veroffentlicht wurde. Spater soil eine direkte Zusammenarbeit angestrebt werden. Beim Aufbau der Photbabteilung hat sich das Archiv bisher hauptsachlich auf die im Nachlal3 vorhan- denen Bilder beschrankt. Unterstatzung erhalt es durch das groBe Photoarchiv des Berliner Ensembles, in dem jede Auffiihrung in Tausenden von Auf- nehmen festgehalten wird, und durch die Privet- archive der Mitarbeiterinnen Brechts, Ruth Berlau und Gerda Goedhard. Far die Sammlung von Unterlagen fiber die prak- tische Theaterarbeit an Stticken Brechts besteht Verbindung mit den Btihnenvertrieben im In- und Ausland und mit den Theatern, die Stacke von Brecht auffahren. Das Archiv laBt sich eingestri- chene Textbucher, Musikbearbeitungen, Programm- hefte, Plakate, Photos, Kritiken und anderes Ma- terial schicken, das Ober die Arbeit unterrichtet. Immer haufiger wird das Archly von Institutionen und Einzelpersonen far Ausktinfte in Anspruch ge- nommen. Obwohl das Archiv voraussichtlich erst Mitte 1958 far wissenschaftliche und ktinstlerische Arbeiten allgemein zuganglich gemacht werden kann, gibt es Ausnahmen doch schon jetzt. Verfasser von Arbeiten tiber.Bertolt Brecht arbeiten im Ar- chiv. Soweit moglich, wurden auch Staatsexamens- kandidaten und Doktoranden in den Kreis jener Personen eingeschlossen, denen eine Ausnahme- genehmigung erteilt wird, wenn Veroffentlichungen tiber Brecht durch Mitteilung von Fakten unter- stiltzt werden k6nnen. Selbstverstandlich bestehen enge arbeitsmal3ige Ver- bindungen mit dem Berliner Ensemble. Regisseure, Dramaturgen und Assistenten des Theaters konnen jetzt jederzeit Material oder Informationen aus dem Bertolt-Brecht-Archiv beschaffen. AuBerdem ist der Leiter des Archivs gleichzeitig Mitarbeiter des Ber- liner Ensembles. Erwahnenswert sind literatur- und theaterwissen- schaftliche Vortrage fiber Bertolt Brecht bei kul- turellen Veranstaltungen, in Universitaten, Schulen, Betrieben, vor Besucherraten der Theater, Theater- zirkeln und anderen Interessenten. Im Frahjahr 1957 wurden Vortrage und Kurse vor schwedischen, finnischen und norwegischen Studenten gehalten. Far 1958 liegt abermals eine Einladung aus Skan- dinavien vor. Viele Gaste aus dem Ausland, zum Beispiel aus der Sowjetunion und den Volksdemo- kratien, aus den skandinavischen Landern. den Ver- einigten Staaten, aus England, Frankreich, Holland und sogar aus Landern Stidamerikas, zeigten ihr Interesse an Brecht durch einen Besuch im Archiv. Der zusammenfassende Bericht fiber die Arbeit des Bertolt-Brecht-Archivs schlieSt mit dem 13. Januar 1958 ab, er umfaBt 13 1/..: Monate Arbeit. DaB am Ende dieser Arbeitsperiode em n so wichtiger und umfangreicher literarischer NachlaB der Forschung zur Verftigung gestellt werden kann ? eineinhalb Jahre nach dem Tode des Autors ? ist in der Ge- schichte der deutsch-sprachigen Literatur ohne Bei- spiel. III. Die Arbeitsgruppe ?Historisch-kritische Ausgabe' der Schriften Bertolts Brechts" Nach zahlreichen Vorbesprechungen hatte Helene Weigel Ende des vergangenen Jahres mit dem Mi- nisterium far Kultur der Deutschen Demokratischen Republik, der Deutschen Akademie der Ktinste, der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und dem Akademie-Verlag Ober eine historisch- kritische Ausgabe der Schriften Bertolt Brechts ver- hancielt. Gleichzeitig waren die Herren Professoren Beifiner, T?bingen, und Grumach, Berlin, gebeten worden, der groBen Aufgabe als editorische Berater zur Seite zu stehen. Brechts alter Verleger Peter Suhrkamp stellte uneigenntitzig seine Verlagsrechte in den Dienst der Sache. Professor Steinitz als Vizeprasident der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin und Professor Grumach ver- traten ? nachdem sie sich von den guten Voraus- setzungen fur eine solche Arbeit tiberzeugt hatten 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT das Vorhaben vor dem Prasidium der Akademie der Wissenschaften und vor dem Institut far deutsche Sprache und Literatur. Noch im Dezember 1957 lagen die Zusagen far Unterstiitzung und direkte Mithilfe an der Ausgabe vor. Es ist von historischer Bedeutung, daB anderthalb Jahre nach dem Tode eines Schriftstellers damit begonnen wird, einen historisch-kritischen Text her- zustellen und der Offentlichkeit zu ilbergeben. 1795 hatte Goethe angeregt, durch Vergleichung der samtlichen Ausgaben Wielands ?allein aus den slufenweisen Korrekturen dieses unermtidet zum Bessern arbeitenden Schriftstellers die ganze Lehre des Geschmacks" zu entwickeln. Aber erst 90 Jahre spater nahm die Akademie kritische Editionen von Meisterwerken der neueren deutschen Literatur in ihr Programm auf, und Goethe selbst war mehr als fanfzig Jahre tot, als die bertihmte Weimarer Sophienausgabe begonnen wurde. Der erste Band der historisch-kritischen Wielandausgabe erschien sogar fast hundert Jahre nach Wielands Tod. Ahn- lich viel Zeit verging auch bei den meisten anderen kritischen Editionen. Die lenge Vorbereitungs- und Arbeitszeit beruht nicht nur darauf, daB das zu sich- tende Material von groBem AusmaB war, sondern eher, (la es verstreut worden, durch politische oder private Entscheidungen auseinandergerissen oder jedenfalls nicht zuganglich war und daB es groBer Mahe und langer Zeit bedurfte, bis die Bearbeiter es ilberliefert bekamen. Bei der Brecht-Edition tritt zum ersten Male der besondere Fall ein, daB die Bearbeiter seine Zeitgenossen, ja seine Mitarbeiter waren, so vor allem Elisabeth Hauptmann. Sic kannten ihn und seine Arbeitsweise, und sie wissen fiber Einzelheiten von Arbeiten Bescheid und Ober Zusammenhange, die spater unwiederbringlich ver- loren waren. Ein Versuch, die Entstehung eines Ge- dichtes zu datieren oder die Folge verschiedener Korrekturschichten festzulegen, wtirde eine Gene- ration spater leicht zur Spekulation ausarten. Es ist ein gliicklicher Umstand fiir die Ausgabe, daB mit Friedrich Beifiner und Ernst Grumach Fach- leute als editorische Berater gewonnen wurden, die sich von der friiheren positivistischen Editions- methode abgewandt haben und neue Wege gegangen sind. Gerade an den von ihnen betreuten historisch- kritischen Ausgaben der Werke Holderlins und Goethes kann man ablesen, daB zwar bestimmte Sigeln und Kennzeichen und die Art ihrer Anwen- dung abernommen werden konnen ? oder fiber- nommen werden sollten, urn nicht jede Edition zu einem neuen Geheimbuch zu machen ? daB aber doch jede Edition auch die Darstellung und Wieder- gabe des Werkes eines bestimmten Dichters und seiner Schaffensmethode sein muB. So wird die Brecht-Ausgabe sich der Erfahrungen Beifiners und Grumachs bedienen konnen und gleichzeitig den dialektischen Arbeitsproza Bertolt Brechts wieder- geben milssen. Die Herausgabe der Schriften Brechts, deren Urn- fang zunlichst auf 25 Bande geschatzt wird, sollen im Auftrage der Deutschen Akademie der Ktinste und der Deutschen Akademie der Wissenschaften Helene Weigel und Elisabeth Hauptmann besorgen. Eine Arbeitsgruppe junger Wissenschaftler und Re- dakteure wird unter Anleitung einzelne Projekte be- arbeiten. Die Akademie der Wissenschaften wird 29 auf3erdem Assistenten zur Verfilgung stellen konnen. Zweimal im Jahre findet eine eingehende Bespre- chung mit den editorischen Beratern statt. Zu diesen Beratungen werden auch die Verleger Brechts hinzu- gezogen. Freunde und Mitarbeiter Brechts werden um Unterstiitzung hinsichtlich der Lebensperioden Brechts, in denen sie zusammen mit ihm tatig waren, gebeten werden. Arbeitsort wird das Bertolt-Brecht- Archiv sein. Helene Weigel hat sich vorgenommen, die Arbeiten Brechts vor spateren Legendenbildungen und vor Falschungen zu schatzen und sie in einer Weise vorzulegen, die an Klarheit und Methode Brecht entspricht. Es 1st vorgesehen, im Verlaufe dieses Jahres ver- schiedene Modelle anzufertigen, urn praktikable Moglichkeiten filr die Form dieses komplizierten Unternehmens zu linden. Es ertibrigt sich deshalb, hier auf bisherige Vorschlage, seien sie noch so inten- siv begrandet, einzugehen. Ob und wie welt chro- nologisch aufgebaut werden kann ? vomit der histo- rische Werdegang und die gesellschaftlichen Ein- fltisse unterstrichen warden ob und wie welt nach Gattungen gegliedert werden muB ? well an- dere Einteilungen spekulativ warden ob es mog- lich ist, Peter Sultrkamps Vorschlag nachzugehen, der Brechts eigene Anordnung seiner Schriften in den ?Versuche"-Heften als Modell empflehlt, alles das muB praktisch erprobt werden und kann vor- aussichtlich in etwa einem Jahr beantwortet wer- den. Brecht pflegte, wenn Schauspieler beim Proben mit theoretischen Auseinandersetzungen begannen, zu sagen: ?Halt! Machen Sie's vor!" Die Grundlinie ist klar. Die Prinzipien der Anord- nung ? also die Form ? massen aus dem Inhalt entwickelt werden, namlich aus der Art und Weise Brechts, die Wirklichkeit zu sehen und zu be- schreiben. Die Notizen Brechts aber Fragen der Dar- stellung mtissen studiert werden, seine Arbeits- methode aus den Tonbandern seiner Probenarbeit abgeleitet werden und ahnliche Versuche dem Unter- nehmen vorausgehen. In Erinnerung an die Zu- sammenarbeit mit Brecht schreibt Lion Feucht- wanger: ?Brecht selber hielt alles, was er geschaffen hatte, far em n vorlaufiges, im Entstehen Begriffenes. Bucher, die er langst hatte drucken lessen, Stticke, die er unzahlige Male aufgefahrt hatte, waren ihm doch keineswegs fertig, und gerade jene Werke, die ihm die liebsten waren, Die heilige Johanna der Schlachthofe'?Der gute Mensch von Sezuan'?Der kaukasische Kreidekreis`, betrachtete er als Frag- mente." Diese Beobachtung Feuchtwangers, die von anderen Mitarbeitern bestatigt wird, ist nicht eine Fest- stellung der Bescheidenheit Brechts. Brechts Kenn- zeichnung seiner Arbeiten als ?Versuche" war eben- sowenig bescheiden wie etwa die Aufstellung von ?Modellen" anmaBend war. Hier handelte es qich lediglich um die faktische tbertragung eines be- wuBt dialektischen Denkvorgangs in die praktische Arbeit. Insofern kann die Anlage einer historisch- kritischen Ausgabe der Schriften Bertolt Brechts nicht einfach die Form anderer philologischer Ar- beiten kopieren. Es muB eine Form sein, mit der Brechts textliche Varianten als Prinzip des Andecns, des Andern-Konnens und des Andern-Wollens demon- striert werden. Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Cop Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 30 MITTEILUNGSBLATT 4. jahrgang, Heft 1/213 Dadurch, dal3 die BeaFbeiter der Brecht-Ausgabe mit Brecht zusammengearbeitet haben, daB sie an den Arbeitsprozessen teilgenommen haben und wis- sen, vie sie stattfanden, scheint es moglich, Ansatze zu gewinnen, die der Literaturwissenschaft neue Gesichtspunkte in bezug auf die Anwendung der dialektischen Methode bei historisch-kritischen Editionen geben konnen. Voraussetzungen filr das groBe Vorhaben sind: die tatkraftige Initiative Helene Weigels und vor allem- die grazilgige und uneingeschrankte Unterstiitzung aller Arbeiten durch die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Nur in einer sozialisti- schen Gesellschaftsordnung sind solche Voraus- setzungen, ideeller und materieller Art, gewahr- leistet. Anfang Dezember 1957 schrieb der Erste Sekretar des Zentralkomitees der Sozialistischen -Einheitspartei Deutschlands an Helene Weigel, ?Das Bertalt-Brecht-Archiv, dessen Einrichtung ich sehr begrilBe, hat eine groBe wissenschaftliche und kulturpolitische Aufgabe. Die Sammlung, Sichtung und Systematisierung des reichen literarischen Erbes des Genossen Bertolt Brecht mu6 letzten Endes da- zu dienen, die Werke dieses unermildlichen Streiters fur Frieden, Demokratie und Sozialismus dem deut- schen Volke immer mehr zuganglich zu machen. ? Ich wiinsche Ihnen personliches Wohlergehen und die besten Erfolge fiir die Arbeit des Bertolt-Brecht- Archivs. Mit sozialistischem GruB! gez. W. Ulbricht." Tagungs- und Reiseborichte Jubilaumskonferenzen ? Herioperationen ? Apparate Am .16. 11. 1957, als ich zu einer mehrwochigen Studienreise in Moskau eintraf, herrschte noch ilber- all die feierliche Stimmung des 40. Jahrestages der Grol3en Sozialistischen Oktoberrevolution. Der Hohe- punkt war die Verlaindung des Manifestes des Friedens der Vertreter von 64 kommunistischen und Arbeiterparteien, das so tief alle friedliebenden Men- schen beriihrte. In dieser Zeit veranstalteten alle wissenschaftlichen Institutionen, an der Spitze die Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Jubilaumskonferenzen und Versammlungen, die den Errungenschaften der sowjetischen Wissenschaft in den letzten 40 Jahren gewidmet waren. Im Mittelpunkt der Vortrage stan- den, neben einem historischert Uberblick, die aktu- ellsten Probleme jeder kulturellen, wissenschaft- lichen und technischen Fachrichtung. Bemerkens- wert war bei der sich jeweils anschlieBenden Dis- kussion der lebhafte Meinungsaustausch und die Festigkeit, mit welcher jiingere Wissenschaftler etwaige entgegengesetzte Meinungen vor alteren Professoren und Akademikern vertraten. Das habe ich selbst in den zwei Jubilaumskonferenzen des In- stituts fiir Chirurgie ?A. W. Wischnewski" und des von Prof. A. N. Bakulew geleiteten Instituts far Thoraxchirurgie, an denen ich teilgenommen habe, feststellen konnen. Diese Konferenzen, an denen sich die hervorragend- sten Chirurgen aus der Sowjetunion beteiligten, zeigten, welche Bedeutung dort der sich in voller Entwicldung befindenden Herzchirurgie beigemessen wird und welche Riesenfortschritte in den letzten Jahren erzielt wurden. Am 24. Januar 1958 zeigte Prof. A. W. Wischnewski in der Moskauer Chirur- gischen Gesellschaft einen. elfjahrigen Knaben, bei dem mit Hilfe des neuen sowjetischen Herz-Lungen- Apparates ?AIK" eine schwierige intracardiale Ope- ration am ?trockenen Herzen" mit ausgezeichnetem Ergebnis ausgefilhrt wurde. Kurz vor meiner Abreise wurde in den Kinotheatern von Moskau em n neuer Dokumentarfilm ?Filr das Leben der durch Krankheit zum Siechtum und Tod Geweihten" gezeigt, der die groBen Erfolge der Herz- chirurgie popularisiert. Dieser Film, der unter der Mitarbeit und der wissenschaftlichen Kontrolle der Leiter der drei grof3en Herzzentren der Sowjetunion (Bakulew, Wischnewski, Kuprijanow) gedreht wurde, zeigt nicht nur die hohen medizinischen Laistungen, sondern auch, mit welchem Verantwortungsgeffihl dnd Menschentum an die Ausfiihrung und Entwick- lung der Herzoperationen herangegangen wird. Weg- weiser ist auch hier, vie in jeder neuen Spezial- richtung der sowjetischen Medizin, die Ausarbeitung der physiologischen Grundlagen und die Achtung vor dem Leben des Einzelnen. Meine Studienreise hatte eine sehr konkrete und spezialisierte Aufgabe. Ich wollte die Hauptinstitute und Laboratorien besuchen, die im Rahmen ihrer Forschungstatigkeit ? direkt oder indirekt ? das Problem der chirurgischen Behandlung der In- suffizienz der KranzgefaBe des Herzens, das das zentrale Forschungsthema unserer Arbeitsstelle ist ? bearbeiten. Die Hauptaufmerksamkeit richtete sich dabei auf die Herstellung von personlichen Kontakten, die den Weg fur kiinftige Zusammen- arbeit und regelmaBigen Erfahrungsaustausch an- bahnen sollten. In glen groBen medizinischen Forschungszentren der Welt wird an dem Problem der Entstehung und .Behandlung der Coronarinsuffizienz, an der jahr- lich Hunderttausende Menschen ? oft im Hohe- punkt ihres Schaffens ? sterben, gearbeitet. Nach der letzten Aufstellung der Forschungsplane der Akademie der Medizinischen Wissenschaften und des Ministeriums filr Gesundheitsschutz der Sowjet- union sind 108 medizinische Forschungsstellen mit der Bearbeitung von Problemen fiber Atheroskle- rose, Bluthochdruck und Insuffizienz der Kranz- gefaBe planmaBig beauftragt. Die sowjetische Gastfreundschaft, die sich fiberall und in alien AuBerungen kundgibt, offnet jedem, der mit bestimmten Forschungsinteressen dieses auf Hochtouren schaffende Riesenland besucht, alle Tiiren und gibt ihm jede Moglichkeit, aus der Mlle und mit alien Details das zu sehen, was ihn inter- essiert. 4. Jahrgang, Heft 1/213 MITTEILUNGSBLATT 31 Man mull aber vorher gewissermaBen wissen, wo man suchen mull, was man speziell braucht. Sonst ist die Zeit ? wenn auch die Studienreise wie die meinige mehrere Wochen dauert und sich auf Mos- kau und Leningrad beschrankt, viel zu kurz. Vorher- gehende ausreichende Orientierung fiber die dies- beztigliche sowjetische Literatur erleichtert die ge- stellte Aufgabe sehr. Die ausfuhrliche Darlegung der Eindracke und der Ergebnisse meiner Studienreise gehort nicht in den Rahmen dieser kurzen Mitteilung. Hier will ich vor allem hervorheben, vie sich auch in den medizi- nischen Kreisen der Sowjetunion die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Offenherzigkeit bei der Besprechung von Forschungsthemata kundgibt. ?Wir zeigen Ihnen alles, was Sic interessiert." Das war das Motiv, mit welchem wir empfangen wurden. Und tiberall begegnete ich der gleichen freundlichen Aufnahme und der auBerordentlich verpflichtenden Bereitschaft, auf alle mich interessierenden Fragen einzugehen. Ein Beispiel dal& mbchte ich aus dem Forschungs- institut, das mit der Vervollkommnung, dem Ent- wurf und der Konstruktion der verschiedensten In- strumente und Apparate filr die gesamte experi- mentelle und klinische Medizin beauftragt ist, geben. Dieses Institut, in dem 450 Mediziner, Ingenieure und Techniker eng zusammenarbeiten, stellt in seiner Struktur und in seiner Leistung em n in der Welt einzigartiges Forschungszentrum dar. Sein Direktor, M. G. Ananjew, sagte uns charakteristisch: ?Hier entsteht aus der engen Zusammenarbeit des Mediziners und des Ingenieurs eine neue wissen- schaftliche ,Hybride`." Im Institut wird unter vielen anderen ? von den einfachsten blutstillenden Instrumenten bis zu den kompliziertesten Apparaten filr extrakorporalen Kreislauf, fiir Elektronarkose, ftir simultane intra- kardiale EKG und Blutdruckregistrierung usw. ? das letzte Modell (Al 625 und Al 635) eines GefaB- nahapparates entwickelt. Mit ihm kann man nach einer Vorbereitung, die bei einiger Ubung nicht langer als 1-2 Minuten dauert, durch einfache Be- dienung eines Hebels die vollkommen sichere Ver- einigung von Gefaf3en verschiedenen Kalibers mit haarfeinen (.er 0,1-0,2 mm) Tantalum-Klammerchen erreichen. Der Wert dieses GefaBnahapparates ist filr das Einsetzen von Gefalltransplantaten und Pro- thesen zur nberbrfickung von GefaBdefekten, die durch Trauma oder durch Erkrankungen entstanden sind, zur Blutumleitung bei Behinderung des Kreis- laufes und vor allem zur Transplantation von lebens- wichtigen Organen unschatzbar. Als der Direktor des Instituts von meinem Wunsch erfuhr, die Be- dienung des Apparates und. seine vielfaltige An- wendung genau kennenzulernen, ,gab er mir durch Tierexperiment die Mbglichkeit, mich mit der An- wendung vertraut zu machen. Ein anderes Beispiel filr die auBerordentlich freund- liche Aufnahme war der Empfang im Laboratorium fur Organtransplantationen des I. Medizinischen Instituts in Moskau. Leiter dieser Arbeitsstelle ist der bekannte sowjetische Experimentator W. P. De- michow, der. sich seit vielen Jahren besonders mit dem Problem der Herztransplantation an Hunden beschfiftigt. Ihm ist es gelungen, Hunde mit zwei arbeitenden Herzen ? dem eigenen und dem trans- plantierten ? bis zu 32 Tagen am Leben zu er- halten. Demichow gab mir die Moglichkeit, ihm bei der Ausfilhrung dieser hochst interessanten Ver- suche zu helfen und viele methodische und tech- nische Einzelheiten, die noch nicht veroffentlicht sind, kennenzulernen. Ich konnte viele solcher-Beispiele anfiihren. Im In- stitut fiir normale pathologische Physiologic (Leiter: Prof. Tschernigowski), f?r Pharmakologie und ex- perimentelle Chemotherapie (Leiter: Prof. Zakus- sow) im Institut fiir Therapie (Leiter: Prof. A. Mias- nikow), im Institut zur Wiederbelebung (Leiter: Prof. W. A. Negowski) und in vielen anderen In- stituten der Akademie der Medizinischen Wissen- schaften setzte man Experimente zur Demonstration spezieller Methodik 'lir die Bestimmung der Durch- blutung und der Reaktion der KranzgefaBe des Herzens bei verschiedenen Versuchsbedingungen an. Man mull in der Sowjetunion die groBe Anzahl der wissenschaftlichen Kader bewundern, die sich bei einer sehr grundlichen allgemeinen medizinisch- biologischen Ausbildung der Aneignung und Ent- wicklung ganz spezieller Methodik und experimen- teller Technik widmen. Infolge der hohen Ent- wicklung der apparativen GefaBnaht, die wir bereits erwahnten, der Konstruktion spezieller Apparate, wie des ?S B ?3" von S. S. Briuchonenko zur Blut- versorgung isolierter Organe wahrend mehrerer Tage, sind in der Sowjetunion alle technischen Vor- aussetzungen fiir die Transplantation lebenswich- tiger Organe und Extremitaten vollkommen aus- gearbeitet. Die praktischen Ergebnisse scheitern nur an den zur Zeit noch uniiberwindlichen Schwierig- keiten immunbiologischer Natur. Dieser kurze Bericht sollte an Hand einiger charak- teristischer Beispiele zeigen, welche ? meiner An- sicht nach bei weitem noch nicht vollig aus- genutzte ? Moglichkeiten fiir eine fruchtbare Zu- sammenarbeit mit unseren sowjetischen Freunden und Kollegen in den verschiedenen Fachrichtungen der Medizin vorhanden sind. Dabei glaube ich, daB es nicht ganz richtig ist, wenn man sich hier ledig- lich auf die Wege, die durch die offiziellen Ab- kommen zwischen den zustandigen Institutionen an- gebahnt werden, beschrankt. .Die perstinliche Ini- tiative und die Kontakte mit den einzelnen Grup- pen, die verwandte Probleme bearbeiten, sind emn ebenso wichtiger, ich mochte fast sagen, uner1513- licher Weg zur Verwirklichung konkreter, plan- maBiger Zusammenarbeit. So lernt man sich besser kennen und vertieft auf reeller Basis die gegen- seitige Hochschatzung und Freundschaft. Prof. Dr. Petro Kokkalis Arbeitsstelle fur Kreislaufforschung Leiter der Arbeitsgruppe fiir experimentelle Kreislaufchirurgie flrI ssifid in Part SanitizedC Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part- Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 In! , 1 32 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 5. Arbeitstagung ?Spektroskopie" in Jena Die Sektion ?Spektroskopie" der Physikalischen Ge- sellschaft in der Deutschen Demokratischen Repu- blik (Leiter: Prof. Dr. R. Ritsch/) fahrte vom 14. bis 16. November 1957 in Jena ihre 5. Arbeitstagung durch, die diesmal unter dem Hauptthema ?Optische Spektroskopie der Atome" stand. Die spektrosko- pischen ?Arbeitstagungen in der Deutschen Demo- kratischen Republik sind nun schon zu einer fest- stehenden Einrichtung in unserem wissenschaftlichen Leben geworden, und es hat sich auch bereits emn gewisser Besucherstamm dieser Tagungen ent- wickelt, der aber von Mal zu Mal groBer wird. Die sechs zusammenfassenden Vortrage wurden von Kollegen aus der Sowjetunion (Prof. Frisch, Lenin- grad, ?gbergangswahrscheinlichkeiten von Spektral- linien"), aus der Bundesrepublik (Prof. Kaiser, Dort- mund, ?Stand der direkten photoelektrischen Emis- sionsanalyse", Dr. Steudel, Heidelberg, ?Stand der Hyperfeinstrukturforschung in Atomspektren" und Dr. Holdt, Stuttgart, ?Statistische Bearbeitung spek- trochemischer ,Intensitatsmessungen") und aus der Deutschen Demokratischen Republik (Prof. Dr. Leutwein, Freiberg, ?Anregungsbedingungen und Lichtquellen filr die spektrochemische Emissions- analyse" und Prof. Jager, Potsdam, ?Spektroskopie solarer und stellarer Magnetfelder") gehalten. Neben diesen Themen aus der optischen Atomspektro- skopie einschlieBlich der Astrophysik wurden in den Einzelvortragen, der Einladung entsprechend, auch solche tiber Molektilspektroskopie im Ultraviolett, im Sichtbaren und im Infrarot, Ober Ramanspektro- skopie, Rontgenspektroskopie, Kristallspektroskopie, Mikrowellenspektroskopie und paramagnetische Elektronenresonanz vorgetragen. Von den insgesamt gehaltenen 35 Vortragen, unter denen Beitrage aus der UdSSR, aus Polen, der Tschechoslowakei, aus Ungarn und Bulgarien waren, stammten allein 7 aus dem Institut filr Optik und Spektroskopie der Deut- schenAkademie der Wissenschaften zu Berlin in BerlinAdlershof, das Anfang dieses Jahres auf sein 10jah- riges Bestehen zurtickblicken konnte. Diese Arbeiten betrafen u. a. Untersuchungen der Linienform und Intensitatsverteilung im Spektrum von Raman- brennern mit Hilfe eines der ersten optischen Plan- gitter aus der Produktion des VEB Carl ZeiB, Jena, das auf der vorigen Spektroskopie-Tagung dem In- stitut von Herrn Prof. Dr. P. Gorlich zur Benutzung ilbergeben worden war. Dieses Gitter zeigt in der 6. Ordnung em n Auflasungsvermagen von fast 200 000, so daI3 die Hyperfeinstruktur der untersuchten Quecksilberlinien bereits weitgehend aufgelost wer- den kann. Die untersuchten Ramanbrenner stellen eine Neuentwicklung des Instituts in Zusammen- arbeit mit der Firma Hopfel, Leipzig, dar. Sie zeichnen sich durch groBe Linienscharfe, hohen Lichtstrom und em vereinfachtes Zandsystem aus und erweckten bei ihrer Vorftihrung auf der Ta- gung lebhaftes Interesse der Wissenschaftler und Praktiker. Weitere Arbeiten aus dem Institut far Optik und Spektroskopie, die vorgetragen wurden, betrafen die Aufzehrung und Diffusion yon Helium durch Glas, eine Erscheinung, die bei der Spektral- analyse von Edelgasgemischen eine wichtige Rolle spielt und auch far die Physik des Glases von Be- deutung ist. Sto3vorgange in Edelgasgemischen bei der Glimmentladung wurden im Hinblick auf die Energietibertragung von angeregten Atomen spektro- skopisch untersucht. Mit dem neuen selbstregistrie- renden Infrarotspektrometer UR 10 des Instituts, das ebenfalls aus der ZeiB-Produktion stammt, wur- den Banden des OH-Radikals in LIF-Kristallen nach- gewiesen. Diese Kristalle wurden im Labor far Kristallspektroskopie des Instituts nach verschie- denen Ziichtungsverfahren in vorztiglicher Reinheit hergestellt. Die Aufklarung des Ursprungs dieser starenden Bande bei 2,8 it ftihrte zur Aufflndung von Methoden ihrer Vermeidung durch geeignete Zilch tu ngsb ed ingungen. ? Interessant waren auch Beitrage fiber Untersuchun- gen, die im Potsdamer Astrophysikalischen Obser- vatorium mit einem Beugungsgitter hergestellt wur- den, das aus dem Optischen Institut Leningrad stammt und der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin geschenkt worden ist. Mit ihm konnten u. a. Turbulenzvorgange der Sonne im Detail untersucht werden. Aus Platzmangel konnen hier nicht elle Vortrage referiert werden. Sic betrafen teils apparative, teils methodische Fortschritte der Spektroskopie, teils auch Ergebnisse der angewandten und der Grundlagen- forschung und zeigten die vielseitige Anwendung der Spektroskopie in Wissenschaft und Praxis. Die Tagung selbst hatte ihren Wert auBer in der Ver- mittlung der Forschungsergebnisse spektroskopischer Art ebensosehr in der Moglichkeit des personlichen Kontaktes zwischen den Fachkollegen der beteilig- ten Lander. Wahrend die Sitzungen in dem schonen neuen physikalischen Institut der Universitat Jena stattfanden und auch Gelegenheit geboten war, die Einrichtungen und Erzeugnisse der ortlichen op- tischen Industrie kennenzulernen, fand die Unter- bringung der Teilnehmer in Weimar statt, wo bessere Quartiermoglichkeiten vorhanden sind. Auch von dieser Stadt und ihren Kulturdenkmalern konnten die Tagungsteilnehmer einige Eindrticke mitnehmen, und am letzten Tag vereinte em n gemeinsamer Auto- bus-Ausflug deutsche und auslandische Kollegen zu einer anregenden Fahrt durch das Schwarzatal mit Besichtigung der Heidecksburg in Rudolstadt und der schonen Klosterruine Paulinzella. Prof. Dr. Rudolf Ritschl Institut fur Optik und Spektroskopie Stellvertretender Direktor 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEIL UN G SBLATT Eine wissenschaftliche Tagung von weittragender Bedeutung Das Institut far Ernahrung in Potsdam-Rehbrticke ist mit seinen Arbeiten auf dem Gebiet der Vitamine vor em n internationales Forum getreten. Die deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, der das Institut angehort, veranstaltete in der Zeit vom 20. bis 22. Januar em n Vitamin-Symposion, zu welchem Forscher aus ganz Deutschland, aus der UdSSR und aus den Volksrepubliken CSR, Polen und Rumanien geladen und erschienen waren. Unter ihnen befanden sich u. a. die Herren Prof. Dr. W. Stepp (M?nchen), Prof. Dr. J. Kiihnau (Hamburg), Prof. Dr. Glatzel (Dortmund), Prof. Bukin (Moskau), Prof. Jefremow (Moskau), Prof. Jakowlew (Leningrad), Prof. Tsclza- kowetz (Kiew), Dozent Dr. Malek (Prag), Prof. Dr. Janicki (Poznan) und Prof. Dr. Nitzescu (Bukarest). Aus der Deutschen Demokratischen Republik nah- men an dem Symposion etwa 120 Wissenschaftler aus Forschungsinstituten, Kliniken und aus der In- dustrie tell, von denen die Herren Prof. Dr. Neun- haler (Berlin), Prof. Dr. Weiss (Berlin), Prof. Dr. Keller (Leipzig), Prof. Dr. Hollmann (Potsdam), Prof. Dr. Ttiufel (Potsdam-Rehbriicke) und Prof. Dr. U/mann (Potsdam-Rehbriicke) genannt seien. Zu- sammen mit den Angehorigen des Instituts fiir Er- nahrung, die den GroBteil der Vortrage bestritten, war dieses Forum berufen, in gegenseitigem Er- fahrungsaustausch em n Bild des heutigen Standes der Vitaminforschung im Dienste der Volksgesund- heit zu geben. Die wissenschaftliche Leitung der Tagung lag in den Handen der Herren Prof. Dr. K. Lohmann, Sekretar der Klasse fiir Medizin der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und Prasident des Instituts filr Ernahrung und Dr. H. Gebauer, Institut fiir Ernahrung, Potsdam- Rehbriicke. Das Symposion wurde am 20. Januar im Plenarsaal der Deutschen Akademie der Wissenschaften durch Herrn Prof. Lohmann mit einer BegrilBungsansprache eroffnet, in welcher der volkerverbindende Geist der Wissenschaft zum Ausdruck kam. Ein kurzer Einfahrungsvortrag des Ersten Direktors des In- stituts far Ernahrung, Prof. Ttiufel, iiber Vitamine in Nahrung und Ernahrung umriB nicht nur Ziel und Zweck des Symposions, sondern unterstrich auch eindringlich die Wichtigkeit der Vitaminfor- schung far den Gesundheitszustand der Menschheit. Nun folgten die speziellen Vortrage des ersten Tages mit dem Hauptthema ?Vitaminhaushalt und Me- thodisches". In einem ausgezeichneten Referat be- handelte Herr Prof. Jefremow (Moskau) das Pro- blem der optimalen Vitaminversorgung von Ar- beitern in der Eisenhtittenindustrie. Diese Kategorie der Schwerstarbeiter bedarf einer besonders sorg- faltigen arztlichen Betreuung, wobei die richtige Ernahrung eine entscheidende Rolle spielt. In aus- gedehnten Reihenuntersuchungen wurden grund- legende Erkenntnisse daraber in der UdSSR ermittelt. Herr Dr. Haenel (Institut filr Ernahrung) sprach Ober die Synthese von Vitaminen durch Bakterien im Darm von Insekten und Wiederkauern und die SchluBfolgerungen, die sich daraus ftir den Vitamin- haushalt des menschlichen Organismus ergeben. Ober eine selten auftretende Erkrankung, die Sprue, sprach Herr Dr Gruschwitz (Institut ftir Ernahrung). 33 Da es sich primar um eine Dtinndarminsuffizienz, sekundar urn Vitaminmangelerscheinungen handelt, muB bei der Therapie auf zweckentsprechende Er- nahrung besonderer Wert gelegt werden. Herr Dr. Selisko (Institut fiir Ernahrung) behandelte das Ge- biet der Antivitamine im allgemeinen und der Anti- vitamine E im besonderen. Auf Grund eigener For- schungen widerlegte er die Anschauung einiger ita- lienischer und franzosischer Wissenschaftler, wonach gewisse phenolische Carbonsaureester Anti-E-Wirk- stoffe sein sollen. Herr Obermedizinalrat Dr. Abs (Mahlheim/Ruhr) berichtete tiber eine Massenver- giftung durch Lebern der Eismeerringelrobbe und Ober die Schaden, die durch eine Hypervitaminose A verursacht werden. Die Herren Dr. Gebauer, Dr. Gassmann und Dr. Haenel (samtlich Institut ftir Er- nahrung) erlauterten in Einzelvortragen die Vor- und Nachteile der biologischen, der chemischen und der mikrobiologischen Vitaminbestimmung. Die Vi- tamine, obwohl im Organismus nur in minimalen Mengen vorhanden, beeinflussen seine Funktionen doch in entscheidender Weise. Daher ist die Bestim- mung dieser Mengen, z. B. fiir diagnostische und therapeutische Zwecke, unerlaBlich. Die Schwierig- keit der Messung so kleiner Mengen erfordert die Heranziehung eller drei genannten Methoden. Im Institut far Ernahrung sind sowohl Verbesserungen dieser Methoden, sowie neue MeBmethoden ent- wickelt worden. Am Abend des ersten Symposion-Tages vereinte emn Essen die Vortragenden und die Gaste aus der Bundesrepublik und dem Ausland im Gastehaus der Regicrung der Deutschen Demokratischen Republik. Mehrere Trinksprtiche brachten die Verbundenheit der Teilnehmer aus Ost und West zum Ausdruck. Der Vormittag des zweiten Tages war den Vor- tragen tiber Vitaminversorgung vorbehalten. In diesem Rahmen sprach Herr Dr. Knapp (Institut far Ernahrung) aber den Vitamin Bo-Bedarf des gesun- den und kranken Menschen und kam allgemein zu dem SchluB, daB in der Ernahrungspraxis die B6- Zufuhr moglichst hoch zu halten sei. Wegen Er- krankung des Herrn Dr. Grtife (Institut ftir Ernah- rung) wurde dessen Vortrag verlesen. Er beinhaltete Fragen der Vitaminversorgung im Rahmen von Er- nahrungsbilanzen und stellt Vitaminbedarfsnormen auf im Sinne der vom Institut angestrebten Ver- besserung der Volksernahrung im allgemeinen und der Gemeinschaftsverpflegung im besonderen. Herr Dozent Dr. Malek (Prag) beleuchtete in aufschluB- reichen Ausfiihrungen die vielfach umstrittenen Pro- bleme der Erhaltung des Vitamin C in der Nahrung sowie der Vitamin-C-Bedarfsnormen. Auf Grund urn- fangreicher Untersuchungen gibt er den Tagesbedarf des gesunden, erwachsenen Menschen mit 80-100 mg an. Herr Dr. Dimitrowski (Moskau) konnte an dem Symposion nicht teilnehmen, hatte aber gleichwohl eine Arbeit eingesandt, die zur Vorlesung gebracht wurde. Sic behandelt den Vitamin A- und Vita- min D-Bedarf des Menschen. Am Nachmittag des zweiten Tages wurden spezielle Vitamin-Bestim- mungsmethoden besprochen. Alle Teilnehmer erhiel- ten dazu eine Broschtire, die eine Zusammenstellung der im Institut far Ernahrung ablichen Bestim- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 : CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 mungsmethoden (biologisch, mikrobiologisch und chemisch) der Vitamine A, D, E, B1, B2, Nikotin- sdureamid und einiger anderer Vitamine der B-Gruppe enthlilt. 'Ober eine neue chromatographische Me- thode zur Bestimmung von Rutin (Vitamin P)- in Buchweizenbldttern sprach Herr Dr. Reinlzercs (Warschau). AnschlieBend berichtete Herr Dr. Pies- sing (Institut fiir Ernahrung) fiber die bekanntesten in der Praxis angewendeten Verfahren zur che- mischen Bestimmung von Vitamin A sowie fiber die eigene Arbeitsweise und stellte die gesamte Frage zur Diskussion. Ober Methoden zur chemischen Be- stimmung von Vitamin B2 sprach Herr Prof Janicki (Poznafi), fiber die chemische. Bestimmung von Vita- min B1, Vitamin B. und Nikotinsdureamid referierte Herr Dr. Gassmann (Institut fiir Ernahrung). Herr Dr. Feldheim (Institut f fir Ernahrung) besprach an- schlieBend die chemische Bestimmung von Vitamin E. Besonders betonenswert sind die Vortrage von Prof. Bukin (Moskau) und Prof. Jakowlew (Leningrad) fiber die Technik der Vitamin-D-Bestimmung im Serum und fiber den Vitamin C-Bedarf bei Sportlern. Nach SchluB der Diskussionen bildeten sich jeweils kleine Gruppen von Teilnehmern, welche die sie besonders interessierenden Fragen nochmals genau durchsprachen. Der dritte und letzte Tag des Symposions sah die tiberwiegende Mehrzahl der Teilnehmer im Horsaal des Instituts filr Ernahrung in Potsdam-Rehbriicke. Nach einleitenden Worten des Herrn Prof. Tituf el, die mit einer Ehrung des Institutsgriinders Prof. Scheunert ausklangen, besprach Herr Dipl.-Chem. Zobet, der Leiter der kochwissenschaftlichen Abtei- lung des Instituts, Fragen der Ausbildung des Per- sonals fur Gemeinschaftsverpflegung. Dabei wurde ilber die Kurse, die das Institut fiir diese Ausbil- dungszwecke regelmaBig veranstaltet, und fiber deren Erfolge berichtet sowie die Forderung auf- gestellt, die Verpflegung arbeitender Menschen aus Gemeinschaftskiichen miisse laufend und systema- tisch verbessert werden. Die Herren Tschapke und Dr. Ackermann (Institut filr Erndhrung) zeigten in einem Demonstrationsvorgang die chemische und die biologische Methode zur Vitamin-D-Bestimmung, die Herren Dr. Haenel und Dr. Knapp (Institut far Er- nahrung) die mikrobiologische Methode der Bestim- mung der Vitamin B-Gruppe mit praktischen Vor- fiihrungen der Testarten und der Auxanographie, woran sich wieder eine ausfiihrliche und anregende Diskussion schloB. In richtiger Erkenntnis des Wertes der Tagung filr alle Beteiligten wurde beschlossen, von nun an all- j?lich em n Vitamin-Symposion mit internationaler Beteiligung und wechselndem Tagungsort abzuhal- ten. Eine sofort gegriindete Kommission wird die Voraussetzungen deur schaffen. Informationszentrum ist das Institut filr Ernahrung in Potsdam-Rehbrucke. Den Vorsitz bei kiinftigen Tagungen wird jeweils das gastgebende Land f?hren. Fur 1959 wurde War- schau als Tagungsort vorgesehen. In jedem betei- ligten Land wird em n Schriftfuhrer die erforderlichen Geschafte wahrnehmen. Dai Hauptthema des nach- Sten Symposions lautet: Die Technologie der Vita- mine. Mit diesen Beschltissen wurden die wissen- schaftlichen Erfolge des Symposions gekront und eine groBangelegte Zusammenarbeit angebahnt, die dem Geist der Volkerfreundschaft und des Friedens sowie dem Wohl der Menschheit dienen soil. Diese Gedanken kamen auch in dem SchluBwort des Herrn Prof. Dr. Lohmann zum Ausdruck, das mit einem herzlichen ?Auf Wiedersehen" ausklang. Dr. Otto Selisko Institut fiir Ernahrung Leiter der chemisch-pharmakologischen Abteilung Gemeinsame Tagung der britischen Clay Minerals Group und der Groupe Francaise des Argiles Die Tonmineralforschung hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten vor allem durch den umfassenden Einsatz rontgenographischer differentialthermoana- lytischer und elektronenmikroskoPischer Untersu- chungsmethoden stark an Bedeutung gewonnen. Die Tonmineralien und ihre Eigenschaften sind dabei nicht nur vom mineralogischen oder silikatchemi- schen Standpunkt interessant, sondern von prak- tischer Bedeutung f?r Bodenkunde, Geologie, Kera- mik, Erdbau, Zementindustrie und filr verschiedene Gebiek der chemischen Industrie. Urn den Erfahrungsaustausch zwischen den auf diesem Gebiet tatigen Wissenschaftlern zu fordern, wurden von verschiedenen nationalen mineralo- gischen Gesellschaften besondere Arbeitsgruppen fiir Tonmineralfragen gebildet. Die dlteste unter diesen ist die britische Clay Minerals Group. Mit dem wachsenden Umfang der Kenntnisse ilber die Eigenschaften der Tonmineralien ergab sich ? allein schon wegen der Klarung von Nopenklaturfragen ? em n dringendes Bedilrfnis nach internationaler Zu- sammenarbeit. Ein erfreulicher Schritt in dieser Richtung war nun die gemeinsame Tagung der bri- tischen Clay Minerals Group und der Groupe Fran- caise des Argiles, die am 8. November 1957 in den Raumen der Geological Society of London im Bur- lington House stattfand. AuBer den Mitgliedern der beiden veranstaltenden Gremien waren zu der Ta- gung auch mehrere Vertreter der Tonmineralfor- scbung aus anderen europaischen Landern erschienen ? Der Chairman, Dr. A. F. Hallimond, ertiffnete die Tagung und begrilBte die Teilnehmer auf das herz- lichste. AnschlieBend wurde in zwolf Vortragen fiber neue Arbeiten auf dem Gebiet der Tonmineralien berichtet. nber die Einzelheiten der behandelten PrObleme ist an anderer Stelle schon berichtet wor- den. Hier sei auf die lebhaften Diskussionen hinge- wiesen, die sich jedem der Vortrage anschlossen. Da- bei zeigte sich deutlich, vie wichtig der personliche Kontakt zwischen den Wissenschaftlern einer ge- meinsamen Arbeitsrichtung zur Kldrung ihrer Pro- bleme ist. Es ist dabei em n Vorteil der Tagungen mit rechtzspezieller Thematik, daB sie, mehr als dies bei graen Kongressen mtiglich ist, zu einer engen Filh- lungnahme der Teilnehmer f?hren. lin in oar+ - nflltl7d CODV Aooroved for Release 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 35 Den Abschluf3 der Vortragssitzung bildete eine Dis- kussion iiber ?die Klassiflkation der Tonmineralien, wobei die Benennung einzelner Gruppen und die Zuordnung der verschiedenen Mineralien erortert wurden. Klassiflkationsvorschlage waren sowohl von der britischen vie auch von der,franzosischen Gruppe erarbeitet worden. Beide Vorschldge wurden zundchst erldutert. Die Unterschiede in den Ordnungssystemen wurden sodann nailer er6rtert und von den Ver- tretern der Gruppen begriindet. Eine endgilltige Einigung auf eine einheitliche Nomenklatur wurde jedoch einem internationalen KongreB vorbehalten. Filr eine internationale Zusammenkunft wurde das Jahr 1958 in Aussicht genommen. Nach den Vortragen trafen sich die Teilnehmer zu einem-gemeinsamen Abendessen im Regents Palace Hotel. Am 9. 11. 1957 fand im Zusammenhang mit der Ta- gung eine Exkursion zu den Tongruben in Surrey statt. Bei?lanfanglich gutem Wetter ging die Fahrt im Autobus von London aus iiber Croydon, Epsom nach Holmwood. Hier; wurden die Tongruben tind Fabrikationsanlagen der Holmwood Works der Sussex and Dorking United 'Brick Comp. Ltd. besichtigt. Das Werk produziert Mauersteine und Dachziegel in sehr verschiedenen Formaten. Besonders bei den Steinen fiir Kaminausmauerungen war em n groBer Formenreichtum zu verzeichnen. Dem englischen Geschmack entsprechend werden Steine mit ver- schiedenen Brennfarben hergestellt, so daB man in den Ausstellungsraumen des Werkes eine ganze Palette verschiedenfarbiger Steine.bewundernkonnte. Die Produktionsanlage des schon alten Werkes war nur teilweise modernisiert worden. So fand man neuzeitliche Tonaufbereitungsanlagen, Strangpressen und Tunneltrockner neben traditionellen Ringofen und einer Handformerei. Im Gegensatz hierzu arbeiten die Clockhouse Works der London Brick Comp. Ltd., die im Anschlul3 be- sichtigt wurden, nach modernsten Methoden. Die Clockhouse Works, die fiber sehr groBe Tongruben verfiigen, fertigen ausschlieBlich Hohlblocksteine. Der ProduktionsprozeB ist soweit vie moglich auto- matisiert. Filr die meist geologisch bzw. mineralogisch inter- essierten Exkursionsteilnehmer gaben einige Mit- arbeiter der besichtigten Werke Erlduterungen zu den geologischen Verhdltnissen des Gebietes. Nach der Besichtigung, die erst bei beginnender Dunkelheit beendet wurde, kehrten die Teilnehmer voll von neuen Eindriicken und Anregungen nach London zuriick. Insgesamt l?t sich sagen, daB die Tagung vorbild- lich organisiert war, waiUr vor allem den englischen Kollegen besonderer Dank gebiihrt. Besonders erfreulich war, daB durch die zwanglose Art des Zusammenseins sowohl wahrend des ge- meinsamen Abendessens als auch wahrend der Ex- kursion neben dem wissenschaftlichen Meinungs- austausch auch die personlic.he Fuhlungnahme zwi- schen den' Menschen der verschiedenen Nationali- taten gefordert wurde. Dipl.-Ing. Joachim Wiegmann Institut fur angewandte? Silikatforschung. Leiter der Physikalischeri Abteilung ?' Jena?Moskau--Peking V om 7. Oktober bis zum 23. November 1957 konnte ich mit dem Direkhor des Akademie-Instituts fiir Mikrobiologie und experimentelle Therapie in Jena, Akademiemitglied Prof. Dr. Hans Knoll, nach Ver- einbarung der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin mit der Akademie der Wissen- schaften der UdSSR und der Academia Sinica in Peking eine Studienreise nach Moskau und China unternehmen. Der Zweck dieser Studienreise war, insbesondere auf dem Gebiet der Mikrobiologie und BCG-Schutzimpfung gegen Tuberkulose, vie auf dem Gebiet der Geschwulstforschung (vor allem der experimentellen Geschwulstforschung) nabere Fiih- lung mit den entsprechenden Forschungsinstituten aufzunehmen, deren Einrichtungen und Arbeits- weisen nailer kennenzulernen und vor allem auch weiteren personlichen Kontakt mit den sowjetischen und chinesischen Forschern aufzunehmen. Diese Studienreise ist von den in Betracht kommen- den Organisationen, vor allem den oben genannten Akademien, gut vorbereitet und organisiert worden, so daB, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, die Durchfiihrung des Planes auf beste' erfolgen konnte. Die Aufnahme in Moskau und in China war tiberaus herzlich; es kam hinzu, daB zum Beispiel in Moskau, personliche Bekanntschaft mit einigen For- schern bestand, die zum Teil schon friiher das In- stitut' filr-Mikrobiologie und experimentelle Therapie in Jena besucht hatten. In China kam uns der Urn- 3* 4/05/28 ? CIA RDP81-01043R002900200003-1 stand sehr zugute, dal) in Peking, Hankau und Shanghai eine grof3ere Anzahl ehemaliger Absolven- ten der friiheren Tung-Chi-Universitat in Shanghai ? groBtentells sogar meine Schiller aus meiner frilheren Tatigkeit an dieser Universitat in Shanghai (1913 bis 1919 und 1935), jetzt in leitenden Stellun- gen an den Medizinischen Fachschulen tatig waren, die sich unserer in ganz' besonders herzlicher Weise annahmen. Wenn auch die' Verstandigung oft in mehreren Sprachen (besonders Englisch, aber auch manchmal in Franzosisch) erfolgte, so war doch in Moskau durch eine vorziiglich deutsch sprechende Dolmetscherin, in China durch eine englisch sprechende (die uns auf der ganzen Reise in China begleitete) die Verstandigung recht gut. In Moskau haben wir 9 Forschungsinstitute, die teils der Akademie der Wissenschaften, tells der Aka- demie der Medizinischen Wissenschaften oder dem staatlichen Gesundheitswesen unterstehen, besich- tigen konrien; vor allem die Institute fiir Mikro- biologie, fiir Antibiotika, vie auch das onkologische Institut, dem eine kleine klinische Abteilung an- gegliedert ist. Wenn ich unsere Eindriicke, die wir bei der Besichtigung dieser Institute und in manch- mal ausgedehnten Diskussionen mit den sowjeti- schen Kollegen gewonnen haben, ganz kurz zu-; sammenfassen darf, so' mochte ich sagen: Die verschiedenen von uns besichtigten Institute sind fast alle nicht allzu neuen Datums und im all- 36 Declassified in Part - Sanitized Copy Ap roved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 gemeinen alles andere als iippig eingerichtet, auch oft im Raume recht beschrankt: Aber wir konnten feststellen, daB vielfach mit einfachen Mitteln er- folgreich gearbeitet werden kann. Im Vergleich mit den Verhaltnissen in der Deutschen Demokratischen Republik fiel besonders die groBe Anzahl der wissen- schaftlichen Arbeiter, bei relativ geringer Anzahl der technischen Hilfskrafte, auf. In vielen Abtei- lungen werden die Aufgaben von durchschnittlich wohl viermal so viel akademisch ausgebildeten For- schern vie etwa im Institut fiir Mikrobiologie und experimentelle Therapie in Jena durchgefUhrt. Die Ausrtistung mit Apparaten, Instrumenten usw. ist fast durchweg gut; aber eine Ausstattung mit mo- dernsten und kostspieligen Apparaten, vie man sie beispielsweise in vielen Abteilungen des Karolinska Instituts in Stockholm flndet, ist nirgends vorhan- den. Wer etwa nach der Besichtigung der impo- santen Lomonossow-Universitat mit ihren prunk- vollen Raumen auch fur die Universitatsinstitute, zum Beispiel filr die Abteilung fiir allgemeine Mikro- biologie, iippigste Ausstattung der Arbeitsraume er- wartet hatte, ware wohl einigermaBen enttauscht gewesen! Der Raummangel hat tibrigens in einem der Forschungsinstitute sogar dazu gefiihrt, daB dort in zwei Schichten von den Forschern am Arbeitsplatz gearbeitet werden mufll Das ware bei uns in der Deutschen Demokratischen Republik kaum denkbar! Wir konnten bemerken, vie sehr die sowjetischen Kollegen an unseren Arbeitsmethoden und unseren Forschungsstellen interessiert waren, vie sich das besonders bei der Vorfiihrung von Farbffimen aus dem Institut fur Mikrobiologie und experimentelle Therapie, Jena, durch Prof. Knoll zeigte. Trotz der zum Teil etwas mangelhaften Projektionsapparate gelang es dem Geschick der Techniker, rasch mit den einfachsten Mitteln die Vorfilhrung von Klein- bild-Farbphotos zu improvisieren und iiberhaupt moglich zu machen. Wir dilrfen wohl sagen, daB der Besuch in Moskau uns vielerlei Anregung gegeben hat, nicht zum min- desten auch schon vorhandene personliche Be- ziehungen zu Kollegen intensiviert und manche neue ermoglicht hat, was kiinftig vermutlich zu langerem Studienaufenthalt einzelner Forscher hier und dort f?hren wird. Beim Vergleich etwa des Instituts f?r Mikrobiologie und experimentelle Therapie, Jena, mit entsprechenden sowjetischen In- stituten konnen wir sicher sagen, daB wir einem solchen Vergleich standhalten; aber bei uns wird der Mangel an Wissenschaftlern imer mehr das tatsach- lich Entscheidende ftir unsere Arbeit ? trotz der in mancher Hinsicht idealen Arbeitsmoglichkeiten! Der Flug-von Moskau nach China erfolgte mit dem groBen neuen Dilsen-Flugzeug T 104, das bei einer Geschwindigkeit von etwa 800 km pro Stunde (im allgemeinen in einer Mlle von 8000 Metern) die etwa 7000 km bis Peking mit Zwischenlandungen in Omsk und Irkutsk in weniger als 24 Stunden be- waltigt. Die Witterungsverhaltnisse gestatteten leider eine Landung in Omsk nicht, vielmehr muBten wir gleich hinter dem Ural in Swerdlowsk landen. Friih am nachsten Morgen flogen wir aber mit der glei- chen Maschine weiter bis Irkutsk. Am nachsten Tag iiberflogen wir den Baikal-See, nach kurzer Zwischenlandung in Ulan-Bator, der Hauptstadt der Mongolei, die Wilste Gobi, bis wir schlieBlich auf dem am FuBe der Westberge, nahe dem bertihmten Sommerpalast und der Edelsteinpagode gelegenen Fl-ugplatz von Peking landeten. Bei unserem Aufenthalt in China verbrachten wir 17 -Tage in Peking, 3 in Wuchang (= Hankau), 8 in Shanghai und einen Tag in Hangtschau. In den erst- genannten drei GroBstiidten haben wir insgesamt 15 Institute besichtigen konnen. Nach mehrfachen Vortragen und Filmvorfiihrungen von Prof. Knoll und mir ergaben sich oft ausgedehnte anregende Diskussionen und Besprechungen mit Akademiemit- _ gliedern, mit Fachkollegen und insbesondere auch mit meinen ehemaligen Schillern. Ich will ver- suchen, das, was sich uns als wichtigstes Ergebnis des Besuchs in China darstellte, hier kurz anzu- deuten. Ohne die Bedeutung des vielen Wertvollen, das in China seit der Revolution von 1912 auf dem Gebiet der Medizin geleistet warden ist, zu unterschatzen, kann man sagen, daB die moderne Medizin in For- schung und Praxis in China erst vom Jahre 1948, dem Jahr der Befreiung, dem Jahre der Kommu- nistischen Verfassung und man darf wohl sagen, auch der Einigung Chinas, datiert. Das heutige China mit seinen 620 Millionen Einwohnern hat etwa 70 000 in moderner Medizin ausgebildete Arzte ? das ware etwa em n Arzt fiir 9000 Einwohner. Das ist ungefahr nur 1/15 dessen, was wir in Deutschland filr erforderlich halten. F?r deren Ausbildung sic- hen zur Zeit 38 ?medical colleges" zur Verftigung. Das ist langst nicht gentigend. (Bedenken wir, daB uns in der Deutschen Demokratischen Republik mit fast 18 Millionen Einwohnern insgesamt 9 Medizi- nische Fakultaten zur Verfilgung stehen, also dreiBigmal mehr als in China.) Der jahrliche Zu- gang an Medizinstudierenden ? unter denen das weibliche Geschlecht nicht ganz so stark vertreten ist vie bei uns, in Peking mit 40 ?/0, in Jena sind es z. Z. 470/s Medizinerinnen ? betr? an den gra- Beren Hochschulen 600-800; die Zahl der quali- flzierten Lehrer und Professoren sowie Dozenten ist langst nicht ausreichend, so daB zum Beispiel in Kanton der Unterricht in drei Parallelvorlesungen und Kursen erfolgen muB, was nattirlich eine un- geheure Belastung der Professoren durch die Unter- richtsaufgaben bedeutet und die Forschungstatigkeit dieser Dozenten auBerst erschwert. Es existieren in China eine Menge ganz neuer, mo- derner und gut ausgerilsteter Krankenhauser, Kli- niken, Universitats- und Forschungsinstitute. Viele schon etwas altere Institute sind neuerdings er- weitert und Neubauten teils schon begonnen, teils geplant. Hier bleibt die Medizin, mindestens in Pe- king, doch einigermaBen zuriick hinter dem, was an Instituten far Land- und Forstwirtschaft und Technik im weitesten Sinn geschaffen ist, Riesen- komplexe, die zum Teil noch gar nicht von ge- schulten Fachkraften betreut werden k6nnen. Die Einrichtung in den alteren vie den neuen medi- zinischen Instituten ist tiberall gut, mindestens den wichtigsten Anforderungen durchaus entsprechend; auch Instrumente und Apparate deutscher Herkunft sind reichlich vertreten. Aber vie in Moskau, so konnten wir auch hier sehen, daB mit relativ ein- fachen Methoden Gutes geleistet werden kann. In China ist die Zahl der wissenschaftlichen, akade- misch gebildeten Arbeitskrafte im Verhaltnis zum 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT technischen Arbeitspersonal ebenfalls recht erheb- lick Ganz ausgezeichnet sind offenbar die Instituts- bibliotheken: daB in einer solchen 1000 und mehr Zeitschriften aus aller Welt bezogen werden, ist keine Ausnahme. Uberall in den Bibliotheksraumen wurde eifrig gearbeitet, wohingegen die Laborato- riumsraume oft etwas verodet schienen. Die allgemeine hygienische Erziehung der Bevol- kerung hat ungeahnte Fortschritte gemacht, nicht zum wenigsten dank einer wirklich vorbildlichen Propaganda in Wort und Bild. Der Kampf gegen die Tuberkulose und gegen das Spucken mag hier erwahnt sem, der Kampf gegen die ?vier Ubel" (Ratten, Spatzen, Stubenfliegen, Moskitos) hat dank der verstandnisvollen Zusammenarbeit der Haus- und Wohngemeinschaften solche Erfolge erzielt, daB zum Beispiel das Erscheinen einer Fliege im Speise- saal des groBen Peking-Hotels die stiirmischsten GegenmaBnahmen ausloste! Die Bekampfung der wichtigsten Volksseuchen, spe- ziell auch der Tuberkulose, ist ungemein erfolgreich gewesen; Schutzimpfungen werden in groBtem Ma13- stab durchgeftihrt. So werden zum Beispiel gegen die Tuberkulose in Peking fiber 90 0/0 der Sauglinge mit BCG-Impfstoff geimpft. Der ungeheure Fortschritt des neuen China, eigent- lich auf alien Gebieten, der nur mit groBter Be- wunderung anerkannt werden muB, hat zum Gluck nicht dazu gefart, daB das viele GroBe, Gute und Sch6ne der alten chinesischen Kultur und Tradition aufgegeben oder zerstort worden ware. Das ist schon rein auBerlich daran zu erkennen, daB zum Beispiel die schonen alien Tempel, Kaiserpalaste usw. in wirklich vorbildlicher Weise renoviert und gepflegt werden. Auch die groBe Stadtmauer in Peking ist nicht niedergerissen und nur da, wo es der Verkehr unbedingt erfordert, wurde neben den Stadttoren eine kleine Bresche in die Mauer geschlagen; und selbst in der Medizin ist man bestrebt, das wirklich Gute und Brauchbare der alten chinesischen Medizin auf seine Wirksamkeit und therapeutische Anwendung mit den Methoden der modernen Medizin zu prilfen und zu vergleichen. In sehr verstandiger Weise wird auch durch Zu- sammenarbeit der Gesundheitsbehorden mit den Arzten und Forschern eine gewisse Planung der dringendsten medizinischen Forschungsaufgaben durchgefiihrt, zur Zeit beispielsweise Untersuchun- gen ilber die Arteriosklerose, Ober das Magen- und Zwolf fingerdarmgeschwiir, iiber die in China sehr verbreitete Infektion mit einem in Darm und Leber lebenden Egel (Schistosomum japonicum). Speziell die Erforschung dieser letztgenannten parasitaren Erkrankung schien uns im Parasitologischen Institut in Shanghai in groBztigiger und vorbildlicher Weise nach den verschiedensten Gesichtspunkten (Biologie der Parasitenilbertragung durch Schnecken im Wasser, Versuch der Immunisierung von Affen) durchgefiihrt zu werden. Grip& Bedeutung kommt auch dem Problem der b6sartigen Geschwiilste in China zu. Ein erster tastender Versuch zu einer umfassenden Krebs- statistik ist jetzt durch Zusammenarbeit von 33 pathologischen Instituten aus ganz China gemacht. Es war mir eine besondere Genugtuung, fiber diese Probleme auf Grund der eigenen Erfahrungen spe- ziell in Thiiringen mit den Fachkollegen zu sprechen z 37 und in Vortragen in verschiedenen Orten berichten zu k6nnen. Dem, der die friiheren Zustande in China karmic, wird, allermindestens in den Grofistadten, auffallen, vie viel besser die Bevolkerung jetzt gekleidet ist als fr?her. Zwar ist beim mannlichen Geschlecht fiir die jiingere Generation eine gewisse Uniformie- rung der Kleidung in die Augen fallend, nicht ganz so beim weiblichen Geschlecht; und die altere Ge- neration ist wohl durchweg der traditionellen Klei- dung treu geblieben. Da3 das Analphabetentum stark zurtickgegangen ist und in wenigen Jahren wohl ganz verschwunden sein wird, ist beim mann- lichen Geschlecht ohne weiteres an dem sichtbar in der Brusttasche getragenen Fillifederhalter (emn einem amerikanischen Modell nachgebildeter sehr preiswerter und brauchbarer Gegenstand) erkenn- bar; die individuelle Note kommt bei den jiingeren Mannern, der Uniformitat zum Trotz, in der er- staunlichen Buntfarbigkeit und Musterung der Socken zum Ausdruck. GroBartig wirkt die Diszi- plin, aber auch die freundliche Unbefangenheit der Schulkinder, die man ilberall klassenweise in den zahlreichen Parkanlagen der Stadte, wohlwollend betreut, beobachten kann. Der StraBenverkehr in den GroBstadten ist vorziig- lich geregelt, aber auch die Verkehrsdisziplin ge- radezu vorbildlich. Wenn man erwagt, daB Peking mit seinen 3 Millionen Einwohnern immerhin 430 000 Fahrrader besitzt, dazu die auf Fahrradbetrieb um- gewandelten alten 40 000 Rikschas, ?pedicab" ge- nannt, und dazu noch etwa 5000 Autos, so ist das eine beachtliche Leistung. Personenkraftwagen eige- ner chinesischer Produktion sind wohl erst Ende dieses Jahres zu erwarten; uns stand in Peking und Shanghai zumeist das 1956er Modell des groBen Mer- cedes zur Verfilgung. Dank der Zunahme der Agrarproduktion um ca. 23 0/0 ist die Ernahrung far ganz China aus der Eigenproduktion unbedingt gesichert. Rationiert sind meines Wissens zur Zeit nur noch Schweine- fleisch und (SI, sowie in gewissem Umfang Baum- wollstoffe und Getreide. Die Einwohnerzahl des Landes nimmt infolge der wirksamen Bekampfung der groBen Volksseuchen, aber auch infolge des Riickgangs der Kindersterblichkeit, rasch und stetig zu, nach den mir gemachten Angaben um min- destens 16 Millionen pro Jahr! Wenn wir das sozusagen dienstliche wissenschaft- liche Programm unserer Reises so erfreulich er- ledigen konnten und dazu, stets begiinstigt vom schonsten Sonnenschein und milder Temperatur, die Stadte mit all ihren Kunstschatzen em n wenig kennenlernten (oder in meinem Fall em n Wieder- sehen mit ihnen feierten), stets aufs freundlichste betreut, so wird man verstehen, daB die Erinnerung gerade an die Zeit in China uns unvergef3lich sein wird. Prof. Dr. Walther Fischer Institut filr Mikrobiologie und experimentelle Therapie Leiter der Abteilung fiir Krebsforschung Korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin T d in Part Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28 ? CIA-RDP81-01043R002900200003-1 -11 38 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Erforschung der Vergangenheit als Dienst an Gegenwart und Zukunft Vom 25.-30. November 1957 veranstaltete die seit Fefiruar 1957 bestehendc Kommission der Historiker der Deutschen Demokratischen Republik und der UdSSR in Leipzig ihre erste wissenschaftliche Kon- ferenz. ?Der Einfluf3 der GroBen Sozialistischen Ok- toberrevolution auf Deutschland" und ?Die wich- tigsten Richtungen der reaktionaren Geschichts- schreibung Ober den zweiten Weltkrieg" ? das waren die beiden groBen Themen der Tagung. Anwesend waren etwa 350 Teilnehmer aus der Deutschen Demokratischen :Republik und etwa 50 auslandische Gaste: Historiker aus der Sowjetunion, aus Volkspolen, aus der CSR, aus Ungarn, Ruma- nien; Bulgarien, Albanien, Italien, Frankreich; Japan und Osterreich. Durch die Teilnahme einer so betrachtlichen Zahl auslandischer marxistischer Wissenschaftler, die nicht nur zuhorende Gaste waren, sondern die Be- ratungen der Konferenz durch instruktive Referate und Diskussionsbeitrage bereicherten, verwandelte sich die Konferenz aus einer deutsch-sowjetischen Tagung in eine kameradschaftliche Diskussion mar- xistischer Historiker aus vielen Landern ? sozia- listischen und kapitalistischen. Si'e wurde, vie die beiden Vorsitzenden der Kommission, Prof. Dr. L. Stern (Halle) und Prof. Dr. A. S. Jerussalimski (Moskau) in ihren Schluf3ansprachen iibereinstim- mend und mit berechtigter Freude feststellten, zu einer Demonstration des sozialistischen Internatio- nalismus. Es entsprach dem echten Bediirfnis aller Teilnehmer und ergab sich aus dem Geist der wis- senschaftlichen Diskussionen, die in Leipzig gefiihrt wurden, daB die Konferenz einmiltig einer Erlda- rung zum Moskauer Friedensmanifest der Kom- munistischen und Arbeiterparteien zustimmten, in der alle fortschrittlichen Historiker aufgerufen wer- den, in Wort und Tat den Volksmassen die Geheim- nisse der Entstehung von Kriegen zu erklaren und in, ihnen das BewuBtsein zu starken, daB sie die entscheidende Kraft sind, Kriege zu verhindern. Programmatischen Charakter trug ferner em n Schrei- ben, das die deutsch-sowjetische Historikerkommis- sion an die Zentralkomitees der SED und der KPdSU richtete und in dem sie versicherte: ?Wir sind fest entschlossen, in unserer weiteren wissen- schaftlichen Arbeit uns von den unbesiegbaren Ideen des Marxismus-Leninismus leiten zu lessen und viele neue Beitrage im ideologischen Kampf fiir Frieden und Sozialismus zu leisten." Die Historiker begniigten sich aber nicht mit De- klarationen und Versicherungen, sondern gestalteten die Konferenz durch eine Fiille interessanter und gehaltvoller Beitrage zu einem wichtigen Ereignis in der Entwicklung der marxistischen Geschichts- forschung, sowohl hinsichtlich ihres wissenschaf t- lichen Niveaus als auch hinsichtlich der Scharfe und Uberzeugungskraft der ideologischen Aussage. Das erste Hauptreferat der Tagung hielt Prof. Dr. A. Schreiner (Berlin) Ober das Thema ?Der EinfluB der Gro3en Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutschland". Nach einer eindrucksvollen Wiirdigung der weltgeschichtlichen Bedeutung der Oktober- revolution schilderte Prof. Schreiner den EinflUB der -russischen Februarrevolution auf Deutschland und verglich damit den EinfluB der Oktoberrevo- lution, der sich besonders in dem machtvollen Ja- nuarstreik 1918, in der auBerordentlich raschen Ver- breitung der bolschewistischen Agitation unter den deutschen Truppen, im Kieler Matrosenaufstand und schlieBlich in der Novemberrevolution ausdriickte. In einem bedeutenden Teil seines Referates be- schliftigte sich Prof. Schreiner mit dem Charakter der deutschen Novemberrevolution, einem Thema, Ober das seit einiger Zeit unter deutschen und sowje- tischen Historikern diskutiert wird. Seiner Meinung nach war die Diskussion Ober diesen Gegenstand frilher durch die Feststellung im Kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU (B) behindert, wonach die deutsche Novemberrevolution eine biirgerliche Revolution gewesen sei. Demgegenilber vertrat der Redner die A,uffassung, daB man dem hero,ischen Kampf der deutschen Arbeiterklasse am Ende des ersten Weltkrieges nur gerecht werden Winne, wenn die Novemberrevolution als eine blutig erstickte proletarische Revolution charakterisiert werde. Als zweiter Hauptreferent sprach das korrespondie- rende Mitglied unserer Akademie, Prof. Dr. A. S. Jerussalimski (Moskau), Ober .?Die Grofle Sozialisti- sche Oktoberrevolution und ,das Problem der deutsch-sowjetischen Beziehungen", Er ging in sei- nem grundsatzlichen Referat von der Tatsache aus, daB die Oktoberrevolution auch filr die Gestaltung der AuBenpolitik prinzipiell neue Bedingungen-ge- schaffen hat, da der sozialistische Staat seinem We sen nach eine. Politik des Friedens fiihrt. Die Be- zi ehungen zwischen dem imperialistischen Deutsch- land und der Sowjetunion charakterisiert, der Red- ner unter Heranziehung zahlreicher historischer Bei- spiele als Beziehungen, die einerseits durch die lenin- sche Politik der friedlichen Koexistenz von Staaten mit verschiedenen Gesellschaftssystemen bestimmt waren. Andererseits waren sie gepragt durch die Prinzipien des proletarischen Internationalismus, in- sofern es sich namlich urn die Beziehungen der sieg- reicher.' russischen Arbeiterklasse zur deutschen Ar- beiterldasse handelte, die noch unter dem Joch des Kapitalismus leben und kampfen muBte. Scharf und sachlich ilberzeugend vies Prof. Jena- salimski die Entstellungen und Verfalschungen zu- riick, die von der bilrgerlichen und der sozialdemo- kratischen Historiographic und Publizistik Ober die deutsch-sowjetischen Beziehungen verbreitet wer- den. Mit einem Bekenntnis zur Freundschaft mit der Deutschen Demokratischen Republik, die bei- spielgebend sei filr die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem ganzen deutschen Volk und der Sowjetunion, schloB der sowjetische Gelehrte seine Ausfiihrungen, die seine Zuhorer nicht nur durch ihren Ernst und Wahrheitsgehalt beeindruckten, son- dern auch durch die leidenschaftliche und kraftvolle Art des Vortrags zu starkem Beifall hinrissen. Zahlreiche Kurzreferate erganzten die Ausfiihrungen der beiden Hauptreferenten. Brachten diese Kurz- referate einerseits eine Fulle Von historischen Tat- 4. Jahrgang, Heft 112/3 MITTEILUNGSBLATT sachen und bisher unbekanntem Material, was die intensive Arbeit erkennen MIR, mit der in der Deut- schen Demokratischen Republik und der Sowjet- union, aber auch in den volksdemokratischen Lan- dern Ober die Probleme der Oktoberrevolution ge- arbeitet wird, so entspann sich andererseils fiber die Thesen Prof. Schreiners zur Charakterisierung der Novemberrevolution eine lebhafte Diskussion. Die Leipziger Tagung vereinigte zum ersten Male eine grof3ere Zahl von Teilnehmern aus verschie- denen Landern an der Diskussion Ober die Frage, ob die Novemberrevolution als biirgerlich-demokra- tisch oder als proletarisch zu kennzeichnen 1st. Beide Auffassungen wurden in wohlfundierten Diskus- sionsbeitragen vertreten, so daB jetzt eine feste Grundlage geschaffen ist, urn die Diskussion welter- zufiihren und zu einem AbschluB zu bringen. Den zweiten Teil der Konferenz eroffnete Akademie- mitglied Prof. Dr. L. Stern (Halle) mit einem Re- ferat iiber ?Die Haupttendenzen der reaktionliren Geschichtsschreibung Ober den zweiten Weltkrieg". Nachdem er einleitend die deutsche biirgerliche Ge- schichtsschreibung Ober den zweiten Weltkrieg mit derjenigen iiber den ersten Weltkrieg konfrontiert und dabei festgestellt hatte, daB es sich dem Wesen nach in beiden Fallen darum handelt, daB die Ideo- logen des deutschen Imperialismus versuchen, die Aggressivitat und die Verbrechen des deutschen Im- perialismus und Militarismus zu beschonigen oder gar offen zu rechtfertigen, gab Prof. Stern einen aus- fiihrlichen, hochst instruktiven kritischen Uberblick r die Rine der in Westdeutschland nach dem ..ten Weltkrieg erschienenen Kriegsliteratur. Als wichtiges Mittel der reaktionaren Geschichtsschrei- ber fiir die Rehabilitierung des deutschen Imperia- lismus und Militarismus brandmarkte er ihre Me- thode, Hitler als Alleinschuldigen und die deutschen Generale als Unschuldige oder gar als Oppositionelle hinzustellen. Auf diese Weise, so zeigte Prof. Stern, werden die Aufriistungspolitik der Bonner Bundes- regierung und ihre leitenden Manner rehabilitiert und den neuen Verbiindeten als bewahrte Vor- kampfer in einem dritten Weltkrieg empfohlen. Mit Nachdruck vies der Redner darauf hin, daB die marxistische Geschichtswissenschaft in der Er- forschung des zweiten Weltkrieges ungebiihrlich weit zurilckgeblieben ist. Er forderte dazu auf, diesen Tempoverlust durch vereinigte Bemilhungen der mar- xistischen Historiker verschiedener Lander mog- lichst bald aufzuholen, da die wahrheitsgetreue Dar- stellung des zweiten Weltkrieges em n wichtiger Bei- trag zur Verhinderung eines dritten Weltkrieges und em n entscheidender Schlag gegen die Kriegstreiber in der Bundesrepublik sein wiirde. Das wichtige Thema der Rolle der Sowjetunion im zweiten Weltkrieg und ihrer Darstellung in der bilrgerlichen Geschichtsliteratur behandqlte im vier- ten und letzten Hauptreferat Prof. Shilin (Moskau). Seine Ausfiihrungen waren besonders dadurch inter- essant, daB er eine Reihe von Zahlen iiber die Ver- teilung der deutschen Truppen auf die verschiedenen Kriegsschauplatze sowie Ober die Menge der von den USA an die Sowjetunion gelieferten Kriegs- materialien und Lebensmittel nannte, Zahlen,_ aus denen im Gegensatz zu den herabsetzenden Ver- drehungen der reaktionaren Historiker und Publi- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 39 zisten hervorgeht, daB die Sowjetunion die Haupt- last des Krieges zu tragen hatte und sich in ihrem Kampf im wesentlichen auf ihre eigenen Krafte stiitzen muf3te. Kurzreferate und Diskussionsbeitrage deutscher, sowjetischer, polnischer, tschechischer, ungarischer, rumanischer, bulgarischer, italienischer und fran- z6sischer Historiker beleuchteten unter den Gesichts- punkten der Vorbereitung des zweiten Weltkrieges, seines Verlaufs und der Geschichte der antifaschisti- schen Widerstandsbewegung das hochaktuelle Thema von den verschiedensten Seiten aus und vertieften die? Ausfiihrungen der beiden Hauptreferenten. So machte der sowjetische Historiker Boltin inter- essante Angaben fiber die in der UdSSR zur Zeit im Gange befindlichen Arbeiten Ober die Geschichte des zweiten Weltkrieges. Er teilte mit, daB em n groBes Kollektiv die Herausgabe eines vielbandigen wissen- schaftlichen Standardwerkes sowie eines popularen Buches 'Ober den GroBen Vaterlandischen Krieg von 1941-1945 vorbereitet. Boltin sprach auch fiber emn Thema, das durch die Thesen des ZR der KPdSU zum 40. Jahrestag der Oktoberrevolution neu auf- geworfen worden ist: fiber die Einschatzung der ersten Etappe des zweiten Weltkrieges (1939 bis Juni 1941). Wahrend bisher die marxistische Ge- schichtswissenschaft, einer Rede Stalins aus dem Jahre 1946 folgend, diese Etappe des Krieges von seiten der von Hitlerdeutschland tiberfallenen Lander als einen antifaschistischen Befreiungskrieg cha- rakterisiert hat, vertrat jetzt Boltin im Einklang mit den ZK-Thesen die Meinung, der Krieg sei in seiner ersten Etappe ein imperialistischer Krieg gewesen, der erst durch den Eintritt der Sowjetunion in den Krieg den Charakter eines antifaschistischen Be- freiungskrieges angenommen habe. In der Diskus- sion hatte Akademiemitglied Prof. Dr. A. Meusel (Berlin) ebenfalls zu dieser Frage gesprochen. Nach seiner Meinung bildete der Fall Frankreichs den Wendepunkt vom imperialistischen zum antifaschi- stischen Befreiungskrieg der von Hitler ilberfallenen Volker. Sicher wird diese Diskussion, die in Leipzig mit diesen beiden Beitragen nur begann, in der nachsten Zeit fortgesetzt werden miissen. Einen wich- tigen Hinweis gab in der Debatte zum zweiten Thema der Tagung schlieBlich Dr. 112ieli (Rom). Er mahnte zur sorgfaltigen Differenzierung in der Polemik gegen die biirgerliche Geschichtsschreibung. Gerade Ober den zweiten Weltkrieg, so sagte er, arbeiten neben reaktionaren Verleumdern und Ver- falschern der Geschichte, die wir unnachsichtig und scharf bekampfen miissen, fortschrittliche burger- liche Wissenschaftler, die unseren Anschauungen nahestehen, wenn sie sie auch heute noch nicht teilen. Ihnen miissen wir durch eine sachliche Kritik helfen, die Richtigkeit unseres Standpunktes in vollem Umfange zu erkennen und ihn vielleicht morgen anzunehmen. Im ganzen war der KongreB em n voller Erfolg. Die Kenntnis von den wissenschaftlich und politisch gleichermanen bedeutenden Themen ist durch zahl- reiche Beitrage, die erfreulicherweise zum groBen Tell von jungen Wissenschaftleyn gehalten wurden, bere.ichert worden. Eine Reihe wich tiger _Probleme wurde in der Diskussion der Klarung- nahergefiihrt Die Freundschaftsbande der internationalen mar- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 40 MITTEILUNGSBLATT xistischen Geschichtswissenschaft sind noch fester gekniipft worden. Vor allem aber: die Beratungen atmeten den Geist leidenschaftlicher Parteinahme fOr Frieden und Sozialismus, verbunden mit erfolg- reichem Bemilhen urn Sachlichkeit und Erh6hung des wissenschaftlichen Niveaus. Sie wiesen dadurch 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 der kiinftigen Arbeit der Historiker der Deutschen Demokratischen Republik die Richtung. Dr. Fritz Klein Institut fiir Geschichte Wissenschaftlicher Mitarbeiter Eindriicke von einer Bibliotheksreise nach Moskau, Leningrad und Kiew Im Vordergrund des Interesses standen bei dieser Bibliotheksreise in die UdSSR im Oktober 1957 die Akademie-Bibliotheken in Moskau, Leningrad und Kiew. Es wurden nattirlich auch eine Anzahl Biblio- theken aus dem Bereich des Ministeriums filr Kul- tur, z. B. die Lenin-Bibliothek in Moskau und die Saitykow-Stschedrin-Bibliothek in Leningrad besucht. AuBerdem wurden die Universitats-Bibliotheken in Moskau, Leningrad und Kiew, die dem Ministerium fOr Hochschulweseri unterstehen, besichtigt. Der Ausgangspunkt filr diese Besichtigungen war die Fundamentalbibliothek f?r gesellschaftswissenschaft- liche Literatur der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Moskau. Hier wurden auch in einer SchluBbesprechung die Erfahrungen ausgetauscht. Diese Fundamentalbibliothek filr gesellschafts- wissenschaftliche Literatur ist jedoch nicht die Ulteste Bibliothek der Akademie der Wissenschaften. Alter ist vielmehr die Akademie-Bibliothek in Leningrad. Daher soil diese als erste besprochen werden. 1. Die Akademie-Bibliothek in Leningrad Direktor: Prof. Dr. Tschebotarjow Diese Akademie-Bibliothek, eingerichtet auf Grund eines Erlasses Peters I. im Jahre 1714, ist alter als die seit dem Jahre 1725 bestehende Akademie der Wissenschaften in Petersburg. Sie war bis zum Jahre 1936, in dem die Akademie in Moskau mit ihrer Bibliothek in die Akademie der Wissenschaften ein- gegliedert wurde, die zentrale Bibliothek der Aka- demie der UdSSR. Seit dieser Zeit trat die Mos- kauer Akademie-Bibliothek, die zunachst nur klein gewesen war, starker in den Vordergrund und wurde zur Fundamentalbibliothek f?r gesellschaftswissen- schaftliche Literatur ausgebaut. In der Akademie- Bibliothek in Leningrad wurde nunmehr das Schwer- gewicht auf die Sammlung der naturwissenschaft- lichen Literatur gelegt. Die Akademie-Bibliothek in Leningrad wird von einem Direktor und einem stellvertretenden Direk- tor ,geleitet.. Ihnen steht em n wissenschaftlicher Se- kretar zur Seite. In ihr sind 420 Mitarbeiter tatig. Ferner ist der Akademie-Bibliothek em n Beirat zu- geordnet. Ohne in das Einzelne zu gehen, seien doch einige Worte zur Struktur dieser Bibliothek gesagt. Die Akademie-Bibliothek in Leningrad verftigt tiber folgende Abteilungen: die Erwerbungsabteilung, die zugleich die Beschaffungen der Institute mit be- sorgt, die Abteilung fiir Bearbeitung, in der die Zu- gangsstelle und die Kataloge (alphabetischer und systematischer Katalog sowie eine Anzahl HiIfs- kataloge) vereinigt sind und die mit der Abteilung fiir Systematisierung zusammenarbeitet, die Be- nutzungsabteilung, der die Leihstelle, die Magazine und die Lesesale unterstehen, die Handschrif ten- und Inkunabelabteilung, die orientalische Abteilung, wo nur orientalische BUcher gesammelt werden und schlieBlich eine Abteilung f?r wissenschaftliche Bi- bliographie. Die Bibliothek fart einen Schrif ten- tausch mit 2000 wissenschaftlichen Instituten in 84 Landern durch, der ebenfalls in einer gesonderten Abteilung bearbeitet wird. Der Bestand der Akademie-Bibliothek in Leningrad betr? 5 Millionen Bande. In den in Leningrad be- findlichen Akademie-Instituten sind aufierdem 31/2 Millionen Bande gesammelt. Eine besondere Abteilung der Akademie-Bibliothek ist em n Depot, in dem em n Bestand von Akademie- schriften aufbewahrt wird. Von jeder Akademie- schrift werden 25 Exemplare zurtickgelegt, so daB sich em n Depotbestand von 1 Million BUnden an- gesammelt hat. Ein eiserner Bestand von 10 Exem- plaren mull von jeder Schrift zuriickgehalten wer- den. Die ilbrigen Exemplare konnen bei der Neu- griindung von Bibliotheken als Grundstock aus- gegeben oder als Ersatz fiir verlorengegangene Bucher eingestellt werden. 2. Die Fundamentalbibliothek f?r Gesellschafts- wissenschaf ten in Moskau Direktor: Dr. Schunkow Diese Fundamentalbibliothek wird ebenfalls von einem Direktor und einem stellvertretenden Direktor geleitet, denen em n wissenschaftlicher Sekretar zu- geordnet ist. Sie hat etwa 300 Mitarbeiter. Die Ab- teilungen der Fundamentalbibliothek zerfallen in zwei grol3e Gruppen, deren eine die bibliothekari- schen Funktionen der Bibliothek ausilbt, wahrend die andere die wissenschaftlichen Sektoren umfaBt und die Zusammenarbeit mit einzelnen Wissen- schaftsgebieten wahrnimmt. Die bibliothekarischen Abteilungen sind: die Erwerbungsabteilung, die Ab- teilung fiir Systematisierung, die Abteilung Alpha- betischer Katalog, die Benutzungsabteilung (Aus- leihe, Lesesaal und Magazine) und die Auskunfts- abteilung. In der Erwerbungsabteilung wird auch der Tauschverkehr mit anderen wissenschaftlichen Instituten geregelt. Die Aufgaben der wissenschaft- lichen Sektoren sind. Bibliographische Arbeiten, Er- schliel3ung der Bestande (Aufsatze in Zeitschriften und Sammelwerken), Hilfe bei der Erwerbung. In diese Arbeit sind folgende Wissensgebiete ein- geschlossen: Wirtschaftswissenschaften, Geschichte, Philosophic, Literaturwissenschaft, Sprachwissen- schaft, Orientalistik, Slawistik. Die Bibliothek ver- ffigt ferner tiber eine zusatzliche Abteilung, in der die personlichen Bibliographien von Gelehrten zu- sammengestellt werden, wahrend der Sektor Wissen- schaftskunde sich speziell mit Wissenschaftskunde und Geschichte der Wissenschaften befaBt. Ferner ist hier die Gruppe Sovietica angeschlossen, die die 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT ausliindische Literatur fiber die UdSSR mit gesell- schaftswissenschaftlicher Thematik registriert. Die Fundamentalbibliothek verfilgt Ober 4 Lesesale. An erster Stelle ist der groBe Lesesaal zu nennen, der alle Wissenschaftsgebiete umfaBt. Speziallese- siile fOr Geschichtswissenschaft, Slawistik und Bi- bliographic kommen noch hinzu. Die bibliographische Arbeit der Fundamentalbiblio- thek erstreckt sich auf die bibliographische Infor- mation Ober Neuerwerbungen sowie Ober retrospek- tive Bibliographien der Sowjetliteratur auf verschie- denen Gebieten. Ferner ist sic eingeschaltet in die internationale bibliographische Arbeit, steht z. B. in Zusammenarbeit mit dem bibliographischen In- stitut in Sofia und arbeitet mit an der ?Internatio- nalen Bibliographic der Geschichtswissenschaften". Da die Fundamentalbibliothek sich vorwiegend mit gesellschaftswissenschaftlicher Literatur befaBt und daher nur die gesellschaftswissenschaftlichen In- stitute in Moskau betreuen kann, mate eine Lo- sung gefunden werden, urn die naturwissenschaft- lichen Institute in Moskau zu erfassen. Zu diesem Zwecke wurde eine Organisation eingerichtet, die von einer Funktionsabteilung aus die naturwissen- schaftlichen Institute in 5 Abteilungen betreut. Diese 5 Abteilungen, die unseren Klassen entsprechen, sind, analog den 5 naturwissenschaftlichen Abtei- lungen der Akademie der UdSSR: Geologic, Physik/ Mathematik, Biologie, Chemie und Technik. Fur jede der 5 Abteilungen ist eine Art Zentralbibliothek eingerichtet, die wiederum die Institutsbibliotheken betreut, von denen 66 in Moskau mit Bilcherbestiin- den von 3 Millipnen Einheiten insgesamt vorhanden sind. Diese Organisation geh6rt ihren Bestanden nach zur Akademiebibliothek in Leningrad. Sie ist zugleich die Vorbereiterin einer zentralen Akademie- Bibliothek in Moskau, die eines Taps aus der Fundamentalbibliothek zuzi.iglich der genannten na- turwissenschaftlichen kleineren zentralen Biblio- theken der 5 Abteilungen entstehen wird. Bei der Akademie-Bibliothek in Leningrad war er- wahnt worden, daB ihr em n Bibliotheksrat zugeordnet ist. Einen solchen wissenschaftlichen Beirat gibt es auch bei der Fundamentalbibliothek in Moskau. Er bestimmt die allgemeine Richtung der Bibliotheks- arbeit, nimmt den Jahresbericht des Direktors ent- gegen und ist zustandig fur die Fiihrung der wissen- schaftlichen Titel der Mitarbeiter. Von besonderer Wichtigkeit ist jedoch die Biblio- thekskommission der Akademie, die von einem Vize- prasidenten der Akademie geleitet wird und eben- falls in Moskau ihren Sitz hat. Sie fart die Ko- ordinierung der Bibliotheksarbeit aller Akademie- Bibliotheken durch. 3. Die Akademie-Bibliothek in Kiew Direktor: Dr. Dontschak Diese Akademie-Bibliothek ist seit dem Jahre 1918 aufgebaut worden. Ihre Grundbestande stammen aus der Ukrainischen Volksbibliothek, der Universitats- bibliothek, Privatbibliotheken und der Bibliothek des Ersten Gymnasiums. Sie verfugt z. Z. iiber 5112 Millionen Bande. Sie hat im Jahre 1922 mit 300 000 Banden angefangen. An Pflichtexemplaren erhalt sic jetzt zwei in russischer Sprache und zwei in ukrainischer Sprache. Ihre Eigenart ist, daB sic 41 auf der einen Seite die Fundamentalbibliothek der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften ist, auf der anderen Seite zugleich als offentliche Biblio- thek dient. Da es in Kiew wenige wissenschaftliche Bibliotheicen gibt, war es fiir die Akademie-Biblio- thek notig, diese offentliche Aufgabe zu tibernehmen. (Eine Republikbibliothek der Ukraine ist allerdings im Entstehen, die eines Tages diese Funktion haben wird.) Die Struktur der Akademie-Bibliothek ist die fol- gende: Neben dem Direktor und dem stellvertreten- den Direktor fiir die wissenschaftliche Arbeit gibt es einen wissenschaftlichen Sekretar. Ferner ist der Verwaltungsdirektor als stellvertretender Direktor Mr die Verwaltung der Direktion zugeordnet. In dieser Akademie-Bibliothek sind 224 Mitarbeiter tang. Die Abteilungen der Bibliothek sind zahlreich, so daB 19 Struktureinheiten gezahlt werden konnen. Es gibt 2 Erwerbungsabteilungen, eine fiir ein- heimische Literatur, eine zweite f?r auslandische Literatur. Hier wird auch der Tauschverkehr be- arbeitet, so da13 eine besondere Tauschabteilung nicht vorhanden zu sein braucht. Es folgt die Katalogab- teilung. Ferner ist zu gennen die Benutzungsabtei- lung, die Abteilung fiir Massenarbeit, die Abteilung far Rara, die Handschriftenabteilung, die Zeitungs- abteilung, eine Abteilung, die die Filiale der Bi- bliothek bearbeitet, die sich im Arbeiterviertel von Kiew, im Podol, befindet. Es gibt ferner die biblio- graphische Abteilung, die methodischen Kabinette und die Abteilung fiir auswartige Benutzung. F?r die Akademie-Bibliothek existiert em n wissenschaft- licher Rat, der aus 19 Mitgliedern besteht, die sich aus einigen Abteilungsleitern, Kabinettsleitern und Wissenschaftlern zusammensetzen. Er tagt etwa zehn- mal j?lich und berat laufende Fragen, die die Plane der Bibliothek betreffen. Die Akademie-Bibliothek gibt einen Gesamtkatalog fiir die auslandischen Zeitschriften heraus, die sich bei ihr und in den Instituten befinden. Bemerkens- wert ist u. a. ihre Handschriftenabteilung, in der sich Briefe ukrainischer Wissenschaftler mit aus- landischen Gelehrten beflnden, ferner historische Handschrif ten und auBerdem Handschriften von Dichtern und Schriftstellern, insbesondere eine Sammlung von Dokumenten Gogols. 1st sic zwar nicht mit der in Leningrad vergleichbar, so ist diese Sammlung im Hinblick auf das geringe Alter dieser Akademie-Bibliothek in Kiew doch zu schatzen. Wertvolle Schatze an Biichern, Karten, Handschrif- ten und Inkunabeln sowie Zeitschriftenreihen in be- neidenswerter Vollstandigkeit konnten bei dieser Studienreise festgestellt, besichtigt und bewundert werden. Hinsichtlich des Reichtums an Handschrif- ten hat Dr. Trait im Mitteilungsblatt Jg. 1957, S. 167 bis 169 und 190-192, Treffendes gesagt, was nur be- statigt werden kann. In den dargestellten Akademie- bibliotheken wird ferner eine bemerkenswerte bi- bliographische Arbeit geleistet, zu der diese Biblio- theken auf Grund ihrer Bestande und Zugange und mit Hilfe ihres groBen Mitarbeiterstabes in der Lage sind. Wir haben hier darauf verzichtet, diese biblio- graphischen Arbeiten aufzuzahlen, veil diese Dar- stiellung eine Wiedergabe von Titeln gewesen ware, die obendrein der Annotation bedurft hatten. Auch das Studium der Kataloge wurde auf dieser Reise nicht unterlassen. Diese Instrumente der Erschlie- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 42 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Bung der Bilcherbestande werden in der Sowjet- union mit besonderer Sorgfalt gepflegt, wobei neben dem alphabetischen Katalog der systematische Kata- log sich einer besonderen Bevorzugung erfreut. Fiir die Vertreter der Akademiebibliothek in Berlin war nattirlich der Unterschied zwischen diesen gro- Ben Akademiebibliotheken enzyklopadischen Cha- rakters und der eigenen kleinen Spezialbibliothek besonders auffallig. Die Akademiebibliothek in Leningrad zum Beispiel war zur Zeit ihrer Ent- stehung die einzige universal sammelnde Biblio- thek des Landes, wahrend die Akademiebibliothek in Berlin neben sich bereits die ehemalige Konig- liche Bibliothek hatte, die die Aufgabe der Uni- versalbibliothek zu ilbernehmen sich anschickte. Ahnlich vie in Leningrad liegen die Verhaltnisse in Bukarest, so daB der Akademiebibliothek in Berlin mit ihrem scharf abgegrenzten Sammelgebiet zu- mcist im Auslande universal sammelnde Akademie- Bibliotheken entsprechen. Reiche Erfahrungen wurden gesammelt und viele Anregungen aufgegriffen. UnvergeBlich wird die Er- innerung an die liebenswtirdige und gastliche Auf- nahme und Betreuung durch die sowjetischen Fach- kollegen bleiben, die nicht versaumten, Ober die Bibliotheken hinaus Stadte, Land und Leute zu zeigen. Dr. Otto Weng Direktor der Akademie-Bibliothek Ober eine epigraphische Reise nach Samos Am 28. Juli vorigen Jahres reiste ich nach Samos. Ich war auf Antrag der Leitung des Instituts fiir griechisch-romische Altertumskunde von der Deut- schen Akademie der Wissenschaften zu Berlin be- auftragt worden, dip' filr die- Edition des Corpus der samischen Inschriften (IG XII 6) notige Arbeit an den Originalen durchzuftihren. Meine Aufgabe war folgender Art: 1. Es gait, die bisher publizierten Inschriften an den Originalen auf richtige Lesung zu prtifen und die fur die Steinbeschreibung notwendigen Data (Her-. kunft, Inventarnummer, MaBe, Bruch usw.) zu er- ganzen. Ftir diese Aufgabe war die Vorarbeit, die Erfassung aller bereits veroffentlichten Inschriften, soweit man davon ilberzeugt sein kann, geleistet worden. 2. Es gait, die Abklatschsammlung zu vervollstan- digen, d,enn die kritische Behandlung einer Inschrift steht und fallt mit der Einsicht in eine original- getreue, Reproduktion. Die Inscriptiones Graecae besaBen bereits eine Anzahl von Abklatschen, be- sonders aus dem NachlaB A. Rehms, des frilher f?r die samischen Inschriften bestimmten Bearbeiters. 3. Es gait, neues Material zu finden. Die bereits gefundenen samischen Inschriften sind an drei Stellen der Insel deponiert: im Heraion, dem einige Kilometer westlich von der antiken Hauptstadt gelegenen Heiligtum der Hera; in Ti- gani, heute Pythagoreion genannt, dem modernen auf der Stelle der antiken Hauptstadt gelegenen Orte; in Vathy, der heutigen Hauptstadt der Insel An diesen drei Stellen habe ich gearbeitet. Zu Punkt 1. Fast jede bereits publizierte Inschrift erforderte bei der Neulesung Korrekturen, von un- bedeutenden Interpunktionen bis zum Nachtrag einer ganzen tibersehenen Zeile. Die schwierigste Aufgabe ftir den bisherigen Schreibtigchepigraphiker war die archaologische Deutung des Steines. Ftir die Interpretation eines mit Buchstaben bedeckten fragmentierten Steines und damit fill- die Er- ganiung ist die Deutung des Steines als Weih- geschenktrager, Grabstein oder Stele, ferner die Er- kennung der Bruchflachen bzw. der AnschluB- flachen, falls der Stein im Verband mit einem anderen stand, auBerst wichtig. Ich habe mich hier der Photographic bedient, die das Aussehen des Steines festhalten soil, wahrend der Abklatsch ja nur die abgezogene Schriftflache bewahrt. Die Photographic soil damit an der Stelle umstandlicher Steinbeschreibungen stehen; bei der Edition wird sic wieder in eine deskriptive Steinbeschreibung umgesetzt, da die Inscriptiones Graecae grundsatz- lich keine Photographien geben. Zu Punkt 2. Von alien Inschriften, ob bereits publi- ziert oder neu, wurden Abklatsche angefei:figt, so- fern das Archly der Inscriptiones Graecae von' den betreffenden Inschriften noch keine besa13. Zu Punkt 3. Von alien nicht publizierten Inschriften wurden auBer dem Abklatsch auch Abschriften an- gefertigt. Da die Menge dieser bescliriebenen Arbeit sehr groB war, bin ich zu Entdeckungsreisen .n,ur in der nachsten Umgebung der drei genannten Orte gekommen und habe einige bisher nicht magazi- nierte Inschriften 'gefunden. In Zahlen ausgedrtickt sieht das. Ergelinis vie folgt aus: Es wurden 454 Abklatsche angefertigt (Heraion 267, Tigani 52 (Demarcheion) + 91 (*stro) = 143, Vathy 34, auBerhalb der genannten Orte 10); 27 X 36 = 972 Aufnahmen gemacht und ca. 350' Abschriften von bisher nach meinen vorlauflgen Feststellungen un- ver8ffentlichen Steinen. Dann ist aber noch em n sehr wesentliches Ergebnis zu nennen, das sich nicht in konkreten Zahlen aus- drticken laBt, jedoch, so hoffe ich, seinen Nieder- schlag im Corpus linden wird: ich meine die leben- dige Vorstellung jenes Stiickchens Erde, das Samos heifit, klein an Umfang, aber em n bedeutsamer Mit- spieler im Konzert der griechischen Stamme und Stadte. Nur aus der genauen Kenntnis des antiken Sehauplatzes heraus ist es moglich, die mit Buch- staben bedeckten Steine wieder das werden zu lassen, was sic ursprtinglich waren: hochst leben- dige Dokumente eines Geschehens, das sich an einem bestimmten Orte und an einem bestimmten Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte ereignet hat. Meinen vorlauflgen aufrichtigen Dank an die Lei- tung unseres Institutes und die Akademie fUr die mir gewahrte Hilfe hoffe ich bald durch die Vor- lage des Corpus der samischen Inschriften ersetzen zu 'airmen. Dr. Giinter Dunst Institut ftir griechisch-romische Altertumskunde Wissenschaftlicher Oberassistent It 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLArl Die Stimme des Volksvertreters Meine Arbeit im Magistrat von Gro13-BerIin Dr. Karl-Heinz Segel, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsstelle filr Kreislaufforschung In Berlin-Buch, ist als Stadtverordneter Vorsitzen- der der Standigen Kommission f?r''Gesundheits- und Sozialwesen der Stadtverordnetenversammlung von Grof3-Berlin. Er wurde. am 11. Oktober 1927 in Krakow am Sec (Mecklenburg) geboren. In Leipzig absolvierte er Grund- und Oberschule und schlof3 1951 an der dor- tigen Karl-Marx-Universitat em n Chemiestudium ab. Filnf Jahre leitete er die Ausbildungsstiitte ?Freund- schaft" des VEB Berlin-Chemie, wo Chemiefach- arbeiter und Laboranten erzogen wurden. Fur seine gute Arbeit ehrte man ihn mit der ?Medaille fur ausgezeichnete Leistungen". Daneben promovierte er 1955 an der Karl-Marx-Ilniversittit. Seit 1956 ist er an der oben genannten Arbeitsstelle beschaftigt und gleichzeitig wissenschaftlicher Aspirant der Humboldt-Universitilt in Berlin. Im Mitteilungsblatt W10 1957 wurde mit der Vor- stellung von Mitarbeitern der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die Volksvertreler sind, begonnen. So ist es nicht verwunderlich, wenn mich die Redaktion urn einen Beitrag bat, der meine Erfahrungen, besonders Ober die Tatigkeit dei Stan- digen Kommission ftir Gesundheits- und Sozial- wesen, beinhaltet. Ich bin dieser Aufforderung urn so lieber nachgekommen, veil ich weiB, daB bei der Bevolkerung em n groBes Interesse fin die Pro- bleme des Gesundheitswesens besteht. Das hochste Gremium, das sich fiber das Leben unserer Hauptstadt Gedanken macht und filr den demokratischen Tell entscheidet, ist die Stadt- verordnetenversammlung von GroB-Berlin -180 von der Berliner Bevolkerung gewahlte Vertreter, von denen 126 Arbeiter sind, gehoren ihr an. Ihre Poli- tik richtet sich nach den Grundprinzipien unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates, der Deutschen Demo- kratischen Republik. So zeigt der Charakter der Stadtverordnetenversammlung, daB der Wille der Werktatigen, als der iiberwiegenden Mehrheit der Bewohner der Hauptstadt, verwirklicht wird. Eines der wesentlichsten Merkmale unserer Demo- kratie ist die standige und stets verstarkte Teil- nahme der Werktatigen an der Lenkung und Lei- tung des Staates. Der Erste Sekretar des 2entral- komitees der SED und Erste Stellvertreter des Vor- sitzenden des Ministerrates, Walter Ulbricht, sprach auf der letzten Volkskammersitzung ilber die Ver- vollkommnung der Arbeit des Staatsapparates und die Anderung des Arbeitsstils. Er zeigte, daB wir eine neue Etappe beginnen mtissen, in der die Arbeit der Staatsorgane auf einer hoheren Stufe steht. Dabei begrtindete er das vom ZK der SED und vom Mi- nisterrat vorgelegte Gesetzeswerk. ?Das Neue", so ftihrte Walter Ulbricht aus, ?liegt in der einheit- lichen Planung und Leitung sowie in der besseren Zusammenarbeit der zentralen Staatsorgane, in der weitgehenden Verlagerung der operativen Leitung der Produktion an die Basis und der bedeutenden 43 _ Erhohung der Verantwortung der statitlichen Or- gane in den Bezirken, Kieisen und Stadten. Da- durch Wird es .zugleich moglich, die Werktatigen selbst in noch umfassenderer Weise in die Mitarbeit zur Leitung des Staates und der Wirtschaft ein- zubeziehen." Die -'sich ergebenden groBeren Rechte und-Pflichten auch des Magistrats von GroB-Berlin werden die Initiative unserer Bevolkerung fordern. Ihre weitere, verantwortungsvollere Einbeziehung in die Staatsgeschafte ist die Folge. Die tiefgreifende Anderung der Arbeitsweise wird uns einen weiteren Schritt zur Entwicklung und Festigung der sozia- listischen Demokratie tun lassen. Diese Erkennt- nisse erfordern .itieh von der Stadtverordneten- versammlung einen verbesserten, auf h?herer Stufe stehenden Arbeitsstil. Gerade deshalb wird jetzt die neue Arbeitsordnung diskutiert. Die Stadtverordneten der Stadtverordnetenver- sammlung von GroB-Berlin sind in 14 Standige Komrhissionen apfgeteilt. Eine davon ist die Stan- digd Korrimission Gesundheits- und Sozialwesen. Die Standigen Kommissionen unterstiitzen die Stadtverordnetenversammlung bei der Losung ihrer Aufgaben auf den einzelnen Gebieten des poli- tischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens und suchen sich Burger, die zur dauernden oder zeitweiligen 1Vlitarbeit bereit, befahigt und inter- essiert sind. Sic arbeiten mit den Ausschussen der Nationalen Front des demokratischen Deutschland zusammeh und schaffen so eine enge Verbindung zwischen der Stadtverordnetenversammlung und der Bevolkerung. Die Tatigkeit der Standigen Kom- miSsionen erfolgt auf der Grundlage von Be- schlussen oder Auftragen der Stadtverordneten- versammlung. Sic ftihren auch solche Aufgaben durch, die sic sicli im Rahmen ihrer Zustandigkeit selbstandig stellen. Sic werten die Wtinsche, Vor- schlage und Kritiken der Bevolkerung aus und schlagen MaBnahmen zur weiteren Verbesserung der Arbeit des Staatsapparates und der staatlichen Einrichtungen auf ihrem Arbeitsgebiet var. Die Standige Kommission ftir Gesundheits- und So- zialwesen der Stadtverordnetenversammlung von Grail-Berlin'befaBt sich mit der Gesundheits- und Sozialpolitik di deutschen Hatibtitadt. Insbeson- dere setzt sic sich ftir die Entwicklung eines sozia- listischen -Gesundheitsschutzes em. Hierzu gehort die ganze Problematik? der. prophylaktischen Mall- nahrnen, vie etwa Arbeitsschutz, Hygienetiber- wachung, medizinische Aufklarung der Bevolke- rung; ferner die Verbesserung und Entwicklung der Krankenhauser, Polikliniken, Ambulatorien, Ftirsorgestellen tind' Bezirksschwesternstationen. Sic unterstiltzt und sorgt ftir die Durchfiihrung fort- schrittlicher Gesetze, ' vie das Gesetz Ober den Mutter- und Kinderschutz, und fordert Einrich- tungen vie die Sauglingsheime und Kinderkrippen Auf dem Gebiet des Sozialwesens geht es urn eine humanistische Sozialftirsorge, die den alten BUr- gem einen angenehmen Lebensabend garantiert Die Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 .411, 44 MITTEILUNGSBLATT Standige KommissiOn unterstiltzt die Errichtung und Entwicklung von Feierabend- und Pflege- heimen. Sie setzt sich auch filr eine Eingliederung,? der Schwerbeschadigten und Sozialairsorge-Emp- ranger in den Arbeitsprozei3 em. Vielleicht ist es interessant, wenn ich noch an zwei Beispielen aus unserer Arbeit ilber die Probleme, aber auch gleichzeitig ilber die GroBe und Sch?n- heit unserer Tatigkeit berichte: Schon vor Monaten wurde in unserer Standigen Kommission festgestellt, daB die Entwicklung der prophylaktischen Aufgaben, des Betriebsgesund- heitswesens, die Einrichtung von Bezirksschwestern- stationen nur schleppend vorangeht. Die jungen Arzte sehen oft noch ihr Ideal in einer eigenen Praxis. Eine gute Einstellung zum staatlichen Ge- sundheitswesen besteht oft nicht. Bei der naheren Untersuchung dieser Dinge stellte es sich bald her- aus, daB es in Berlin an einer klaren Perspektive der Entwicklung des Gesundheitsschutzes fehlte. Somit war der Zeitpunkt herangereift, von der Ab- teilung Gesundheitswesen mit Hilfe der Gr trerkschaft und unserer Standigen Kommission einen Plan zur Entwicklung des sozialistischen Gesundheitswesens auszuarbeiten. Heftig wurde fiber diesen Plan ge- stritten und diskutiert, aber schlieBlich wurde er in diesem Jahr vom Magistrat von GroB-Berlin be- schlossen und damit angenommen. Dieser Plan heot klar die Rolle und Zielsetzung des Gesundheits- schutzes beim sozialistischen Aufbau hervor. Er fordert vom medizinischen Personal eine starkere Beschaftigung mit der sozialistischen Ideologie und eine breite Organisierung der medizinischen Volksaufklarung. Der Plan macht den Unterschied unseres Gesundheitsschutzes gegentiber dem im Ka- pitalismus deutlich. Entsprechend der Rahmenkrankenhausordnung wer- den die Fachabteilungen der Krankenhauser all- mahlich zum medizinischen Zentrum des Versor- gungsbereiches. Urn sich dieser Aufgabe richtig wid- men zu konnen, sollen die arztlichen Direktoren und Chefarzte, sowie die hauptamtlich angestellten Arzte des staatlichen Gesundheitswesens keine nebenamtlichen Praxen mehr austiben. Nat?rlich mull bier eine neue, den jeweiligen Leistungen ent- sprechende Vergiltung einsetzen. Im Betriebsgesund- heitswesen wird der Blick der Arzte auf die Pro- phylaxe und Dispensaire-Methode gelenkt. In Berlin-Buch son em n Rehabilitationszentrum mit Umschulungswerkstatten und geschilizten Betriebs- abteilungen fur besondere Krankheitsgruppen ent- stehen.,Dem steigenden Alkoholismus und dem Uber- maBigen NikotingenuB wird em n entschiedener Kampf angesagt. Eine besonders filisorgliche Be- treuung wird ftir die Mutter und Kinder vor- geschlagen. Die Zusammenarbeit mit den nieder- gelassenen Arzten ist zu fordern, denn die bisherigen Kontakte etwa zum Arzte-Kollektiv des Bezirks- krankenhauses sind sehr lose. Diese Auswahl der Probleme zeigt, daf3 der Plan die Aufgabe hat, das staatliche Gesundheitswesen zu starken und die medizinische Betreuung unserer Bevolkerung zu verbessern. 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 In einer zweiten Untersuchung befaBt sich die Stan- dige Kommission gegenwartig mit der Betreung der alien Menschen. Natiirlich ist es Pflicht jeder Fa- , mine, sich urn die alteren Angehorigen zu sorgen. Aber doch sind dem Sozialwesen zahlreiche Falle bekannt, wo altere Burger keine Angehorigen mehr haben oder aus gesundheitlichen GrUnden der Air- sorge des Staates bedtirfen. Fiir die gesunden alten Menschen haben wir in unserer Stadt sch6ne Feier- abendheime, vie etwa das neue in der Erich- Weinert-StraBe, eingerichtet. Bei den kranken alten Menschen unterscheiden wir drei Kategorien: 1. Pflegefalle. Das sind vorwiegend alte Burger mit chronischen Leiden, die zwar eine standige Be- treuung, aber keine dauernde arztliche Behand- lung brauchen. Sie gehoren in em n Pflegeheim, wenn sic keine Angehorigen haben, die diese Pflege Obernehmen konnten. 2. Chronisch Kranke. Das sind vorwiegend alte Menschen mit chronischen Leiden, die auf lan- gere Zeit einer standigen arztlichen Hilfe be- dilrfen (z. B. groBere Dekubitus, dekompensierte Vitien, Diabetes). 3. Akut Kranke. Das sind Patienten, die auf Grund medizinischer Indikation in stationare Behandlung gebracht werden miissen. Ftir die Pflegefalle gibt es in Berlin Pflegeheimc, deren Platzzahl allerdings leider noch nicht aus- reicht. 'Ober die Betreuung der beiden anderen Ka- tegorien gibt es im wesentlichen zwei verschiedene Auffassungen. Die einen pladieren f?r ?Langlieger- Stationen" fi3r die chronisch Kranken in den all- gemeinen Krankenhausern. Die Standige Kom- mission neigt dagegen mehr zu der Meinung, in Berlin zwei oder drei Anstalten in ?Alterskranken- hauser" mit einigen Abteilungen fUr akutkranke alte Menschen und vorwiegend Abteilungen fi3r Chronischkranke umzuwandeln. In diesen Zentren konnte sich die Altersmedizin entwickeln und viel- leicht nach der Moglichkeit zur Verlangerung des Lebens geforscht werden. Allerdings berilcksichtigt dieser Vorschlag nicht die psychische Belastung des Pflegepersonals und der Arzte. Noch ist der Mei- nungsstreit im Gange. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Aber daf3 dieses Problem mit Hilfe unserer Standigen Kommission im Sinne einer verbesserlen Betreuung der kranken alten Burger gelost wird, ist sicher. Zum SchluB eine kritische Bemerkung. So vie die stadtischen Krankenhauser bei der Durchfuhrung ihrer okonomischen Konferenzen den Kliniken der Charlie und Akademie der Wissenschaften em n gutes Beispiel fortschrittlicher Arbeit gaben, so sind auch die vielen ehrenamtlichen Helfer unserer Standigen Kommission meist Fachleute der stadtischen Ein- richtungen. Warum ist es nicht gerade umgekehrt? Wir wiinschten verstarkt Meinungen und Gedanken der Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin zum Wohle unseres Volkes, zur Festigung der demokratischen Ordnung und fur den Aufbau des Sozialismus auch auf den Gebieten des Gesundheits- und Sozialwesens. 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Miszellen MITTEIL UN GSBLATT 45 . alle ihre Kenntnisse, Begabungen und Krafte fiir die Gestaltung der sozialistischen Demokratie einzusetzen In den Junitagen 1945 hatten sich in Berlin-Dahlem eine Reihe von Wissenschaftlern, Kiinstlern und Schriftstellern auf Vorschlag von Johannes R. Becher zusammengefunden, urn den ?Kulturbund zur demo- kratischen Erneuerung Deutschlands" zu grUnden. Der Tag der GrUndung war der 4. Juli 1945. Das GrUndungsmanifest wandte sich an alle ehrlichen Deutschen, Manner und Frauen, urn die hochsten Giiter unserer deutschen Kultur wieder zu Ansehen zu bringen. Die deutschen K1assik6r der Dichtung, der Musik, der bildenden Kunst, der Philosophic maten wieder zu Ehren gebracht werden, die frei- heitlichen Traditionen und em n echter Kulturwille sollten wieder zu neuem Leben erwachen, eine neue Ethik sollte geboren werden und Freundschaft und Frieden mit unseren Nachbarlandern, insbesondere mit der Sowjetunion, sollte die humanitare Grund- lage unserer Kulturepoche sem. Ein solches Ziel in den ersten Nachkriegsjahren zu erreichen, war nicht leicht, denn es gait auBerdem, riesige okonomische Aufgaben nach dem Zusammenbruch des zweiten Weltkrieges zu bewaltigen. Aber mit Hilfe der Sowjetunion, der sowjetischen Militaradministration in Deutschland, deren Zentrale sich in Karlshorst befand, ging es Schritt fur Schritt vorwarts. Ober- all, wo es gall, kulturelle Fragen und Belange im Aufbau zu meistern, war der Kulturbund eine wirk- same Kraft: bei Fragen der Schulreform, der Kultur- verordnung der deutschen Wirtschaftskommission, der Begegnungen der KulturschalTenden ganz Deutschlands, der Griindung des Verbandes Deut- scher Schriftsteller, bildender Kiinstler oder des Verbandes der Komponisten und Musikwissen- schaf tier. Nicht zu vergessen sind auch die groBen Kultur- veranstaltungen in Weimar 1949 anlaBlich des Goethejahres und 1950 die grol3e Ehrung Johann Sebastian Bachs in Leipzig. Bedeutende Anregungen des Kulturbundes sind auch auf den Friedens- konferenzen (1948 in Wroclaw, 1949 in Paris, 1950 in Berlin) aufgenommen worden. Johannes R.Becher, langjahriger Prasident des Kulturbundes, mani- festierte in alien seinen Reden die Verantwortung der Geistesschaffenden fur die Erhaltung des Frie- dens als die Grundlage jeder Kulturpolitik. Immer nahm der Kulturbund Stellung zur Einheit Deutsch- lands, immer setzte er sich mit aller Energie gegen die Bedrohung durch Atom- und Massenvernich- tungswaffen em, die im Falle eines Krieges zur Ver- nichtung unseres Volkes f?hren warden. Diese ein- deutige Tatigkeit des Kulturbundes gegen den im- perialistischen Krieg und ftir die Gewinnung der Intelligenz fur die Ziele der Demokratie, des Fort- schrittes und des Friedens haben leider dazu ge- fiihrt, daB der Kulturbund 1947 im amerikanischen Sektor und kurze Zeit darauf auch im englischen Sektor Berlins verboten wurde Verschwiegen braucht aber dennoch nicht zu werden, daB der Kulturbund seine Wirksamkeit in mehr oder minder groBem Umfang in der Bundesrepublik entfaltet, wozu die Impulse wesentlich beitragen, die z. B. aus Ost-West-Gesprachen hervorgingen und hervor- gehen. Aus dem Gesamtprogramm des Kulturbundes, zu dem sich die Griinder des Kulturbundes bekannten, sollen hier nur Leitsatz 6 und 7 angeffihrt werden: ?Verbreitung von Wahrheit und Wiedergewinnung objektiver MaBe und Werte", ?Kampf urn die mo- ralische Gesundung unseres Volkes, insbesondere EinfluBnahme auf die geistige Betreuung der deut- schen Jugenderziehung und der studentischen Ju- gend", ?Tatkraftige Forderung des Nachwuchses und Anerkennung hervorragender Leistungen durch Stif- tungen und Preise". Einer der ersten Vizeprasidenten des Kulturbundes war der verstorbene Prasident der Deutschen Aka- demie der Wissenschaf ten zu Berlin, Prof. Dr. J. Stroux. Es wiirde zu weit f?hren, bier die Ge- schichte des Kulturbundes abzuhandeln, aber ruck- blickend darf ich sagen, daB das Ziel, die Kultur in das werktatige Volk hereinzutragen, in seinem drei- zehnjahrigen Dasein in weitem MaBe erfiillt worden ist. Die Zahl der Teilnehmer an Veranstaltungen des Kulturbundes geht in die Millionen und die Zahl der Vortragenden in die Zehntausende; die The- matik umfaBte und umfaBt nicht nur naturwissen- schaftliche Probleme, sondern ebenso auch ktinst- lerische und literarische. Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands arbeitete nicht losgelost von den Be- langen, Erfordernissen und BedUrfnissen unserer sich entwickelnden Staatsmacht. Auf dem IV. Bun- destag im Februar 1957 wurden die Fragen unserer Zeit von Alexander Abusch unter dem Thema ?Restauration oder Renaissance! ? eine Frage an den Geist", zusammengefaBt. Der V. Bundestag, der am 8. und 9. Februar in Berlin-Wilhelmsruh tagte, beschaftigte sich mit der weiteren Starkung und Festigung der Deutschen Demokratischen Republik, wobei unsere Republik als Vorbild eines einigen, demokratischen und fried- liebenden Deutschlands gekennzeichnet wurde. Jetzt erwachst dieser groBen Organisation der Kultur- schaffenden und der Intelligenz die Aufgabe, bei alien ihren Mitgliedern im Sinne der sozialistischen Weltanschauung zu wirken. An dieser Stelle darf ich wiederum zwei Leitsatze aus dem neuen Programm anfiihren: 1. Der Deutsche Kulturbund vereint, unabhangig von Parteizugehorigkeit oder Konfession, die In- telligenz und alle kulturell Interessierten in der Deutschen Demokratischen Republik. Fest ver- bunden mit der Arbeiterklasse, der fiihrenden Kraft unseres Staates, und mit den werktatigen Bauern arbeitet er fiir den Aufbau des Sozialismus. Der Kulturbund erblickt im Sozialismus die historisch- gesetzmaBige Weiterentwicklung der Menschheit zu einer neuen hoheren Form ihres okonomischen, ge- Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 46 MITTEILUNG SL ATT sellschaftlichen und kulturellen Lebens. Er setzt seine ganze Kraft ftir das Wachsen und Werden der sozialistischen Gesellschaft in der Deutschen Demo- kratischen Republik em, die in untrennbarer Ver- bundenheit mit dem weitweiten Lager sozialisti- scher Staaten unter der Ftihrung der Sowjetunion ftir einen dauerhaften Frieden und ftir die 'Ober- legenheit des Sozialismus im friedlichen Wettstreit der Gesellschaftssysteme kampft. 2. Der Deutsche Kulturbund sieht eine besondere Aufgabe darin, der Intelligenz zu helfen, sich das theoretische Verstandnis des gesamten historischen Prozesses anzueignen, so daB sie befahigt ist, alle ihre Kenntnisse, Begabungen und Krafte filr die Gestaltung der sozialistischen Demokratie einzu- setzen. Der Kulturbund wirk,t filr eine neue Lebens- 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 - \vise: filr die sozialistische Erziehung im taglichen Leben aller schaffenden Menschen unserer Republik zur sozialistischen Moral und Ethik. Das sind nur zwei Grundaufgaben aus dem neuen Programm. Aber sic umreiBen im ganzen genommen die neuen Aufgaben, vor denen jetzt der Deutsche Kulturbund steht. Die Annahme von neuen Kulturaufgaben ge- schah emnrn?tig vor dem Bundestag, nachdem Prti- sident Johannes R. Becher in einem glanzenden Vortrag die kulturelle Situation unserer Deutschen Demokratischen Republik gekennzeichnet hatte. Prof. Dr. Theodor Brugsch Akademiemitglied Vizeprasident des Deutschen Kulturbundes Als Gast auf dem V. Bundestag des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands Der in Berlin vom 7. bis 9. Februar 1958 veranstal- tete Bundestag des Deutschen Kulturbundes, der bis zu diesem Kongre13 Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands hieB, leitete eine neue Etappe sch6pferischer, von den Ideen des Sozialis- mus erfillIter Arbeit unter seinen Mitgliedern und Freunden der Kultur em. 1m Prasidium des Bundestages saBen Volkskammer- prasident Dr. Johannes Dieckmann, der Erste Se- krettir des ZK der SED, Walter Ulbricht, der Mi- nister fur Kultur, Dr. h. c. JohanUes R. Becher, die Staatssekretare Alexander Abusch und Dr. Wil- helm Girnus, Arnold Zweig, von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin die Aka- demiemitglieder Prof. Dr. h. c. Walter Friedrich, Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Brugsch, prof. Dr. Hans Heinrich Franck, Prof. Dr. Allred Mdusel, Prof. Dr. Dr. h. c. Erich Correns, Prof. Dr. GUnther men.- ticker und Vertreter anderer Akadernien, Universi- taten, Hochschuleri und Institute. Zum Prasidialrat des Kulturbundes geh6ren U. a. auBer den genannten Herren die Akademiemitglieder Prof. Dr. Hans Ertel, Prof. Di Werner Hartke, Prof. Dr. Viktor Klemperer, Prof. Dr. Jurgen Kuczynski, Prof. Dr. Peter Adolf Thieflen soivie die Sektions- mitglieder Prof. Dr. Heinz Barwich, Prof. Dr. Ernst- Joachim Gief3mann, Prof. Kurt Hager und Prof. Dr. Fritz Jung. Das Thema des Bundestages: ?Die sozialistische Kultur und" ihre nationale Bedeutung" behandelte der Prasident des Kulturbundes. Dr. h. c. Johannes R. Becher. Die sozialistische Kulturrevolution un- serer Gegenwart ist das nationale Ereignis im Be- reich der Kultur. Es gilt,_ bei der Intelligenz neue Interessen zu wecken. Das Ilnpolitische mull fiber- wunden werden. Die Verfremdung der Berufe ftihrt zu einer Art unpolitischem Verhalten. Es fehlt noch das geistige Kollektiv verschiedener Berufe und viel- faltiger Berufsrichtungen. Hied& mull die echte geistige Auseinandersetzung noch viel mehr gepflegt werden. Der Kulturbund soil maBgeblich zu der offentlichen Meinungsbildung auf kulturellem Ge- biet beitragen, damit er wieder eine aktiver gesell- schaftlich wirkende Kraft wird. Hauptgegenstand der Beratungen waren die Grund- aufgaben, die neu formuliert wurden. Der sozialistische Humanismus allein ist der reale Humanismus unseres Jahrhunderts; deshalb be- kennt sich der Kulturbund als Organisation der In- telligenz und der kulturell Interessierten in der Deutschen Demokratischen Republik zum Kampf fiir eine sozialistische deutsche Kultur, fur den neuen, den sozialistischen Humanismus. So sieht der Kulturbund seine besondere Aufgabe darin, der In- telligenz zu helfen, sich das theoretische Verstand- nis des gesamten historischen Prozesses anzueignen, so daB sic befahigt ist, elle ihre Kenntnisse, Be- gabungen und Krafte filr die Gestaltung der sozia- listischen Demokratie einzusetzen. Er mull sich urn die enge Verbindung der Wissenschaft und For- schung mit der Praxis bemtihen. Der Kulturbund tritt ftir die Wahrung und Weiterentwicklung aller fortschrittlichen, freiheitlichen und sozialistischen Traditionen unserer nationalen Kultur em. Er ar- beitet im Geiste des sozialistischen Patriotismus. In der Deutschen Demokratischen Republik sieht er die Grundlage filr die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Der Deutsche Kulturbund kampft fiir die Freundschaft zwischen den Volkern und gegen das Verbrechen der Vorbereitung eines Atom- krieges. Zum SchluB des Bundestages bat Prof. Dr. h. c. Th. Brugsch die Versammlung der fast 700 Dele- gierten und Gaste im Namen von Dr. h. c. J. R. Becher um dessen Entlastung von der Funktion des Prasi- denten, damit sich J. R. Becher neben dem Minister- amt wieder mehr seinem schriftstellerischen Werk widmen kann. Dr. h. c. J. R. Becher wurde zum Ehrenprasidenten gewahlt und schlug Max Bur g- hardt, den Intendanten der Deutschen Staatsoper, zum Prasidenten vor, dessen Wahl einstimmig unter groBem Beifall erfolgte. ? Wie am Vortage Prof. Dr. A. Meuse' die Versammlung in Ablosung anderer Bundesfreunde geleitet hatte, so schlon am Sonn- tag Prof. Dr. G. Rienticker als Versammlungsleiter nach Annahme der Grundaufgaben und nach den Wahlen mit einem Dank an alle, die den Bundestag vorbereitet und zu einem eindrucksvollen, weit- wirkenden kulturpolitischen Ereignis gestaltet hatten. 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT Es bleibt noch tibrig, an diesem Ort die Frage aufzu- nehmen, inwieweit in den Instituten und Einrich- tungen unserer Akademie jene notwendige Auf- geschlossenheit wachst, die unsere Mitarbeiter zahl- reicher in den Deutschen Kulturbund fart. Dean er vereint gema13 seinen Satzungen, unabhangig von Parteizugehorigkeit oder Konfession, die Intelligenz und alle kulturell Interessier1en unserer Republik. Tief tiberzeugt von der geschichtlichen Oberlegen- Prof. Dr. Ernst-Joachim GieBmann, Mit- glied der Sektion fiir .Physik der Deutschen Aka- demie der Wissenschaf ten zu Berlin, Vizepriisident 47 heit der sozialistischen Gesellschaft und ihrer Kul- tur, halt es der Kulturbund fur die hohe patriotische Aufgabe auch der Intelligenz, unser Volk vom So- zialismus als der wahrhaft nationalen Perspektive ftir ganz Deutschland zu ilberzeugen. Prof. Dr. Werner Radig Redaktion des Jahrbuches der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin des deutschen Kulturbundes, sprach in der Diskus- sion auf dem V. Bundestag des Deutschen Kultur- bundes fiber ?Kultur, Technik, Humanitat" In der Technik kommt viel deutlicher als in der Kunst zum Ausdruck, in welchem-MaBe die Praxis das entscheidende Kriterium ist. Was zu den Fragen der Dekadenz gesagt wurde ? das Kokettieren mit der Verzweiflung, ohne verzweifelt zu sein, das Ko- kettieren mit der Ausweglosigkeit, wahrend man sich eine gesicherte Existenz schafft spielt auch in der Diskussion urn die Technik eine bedeutende Rolle. Ktirzlich las ich bei einem Besuch in Westdeutsch- land em n Plakat mit der Uberschrift ?Goldene Worte". Es war em n Wort von Henri Bergson, das besagte: ?Die Menschheit seufzt, halb zermalmt unter der Last der Fortschritte, die sic gemacht hat." Er- leben wir nicht immer wieder, dell Auffassungen dieser Art auch zu uns hereingetragen werden? Das zeigt, daB auch Mittel der Massenpropaganda ein- gesetzt werden, urn solche Theorien zu verbreiten. Wir milssen fragen, warum solche Propaganda be- trieben wird. Sic dient denen, die an der Aufrecht- erhaltung einer dem Untergang geweihten Ordnung interessiert sind. Sic lahmen damit die Initiative und verbreiten Skeptizismus. Der Aufgabe und Tatigkeit der schaffenden In- telligenz stehen solche Auffassungen diametral gegentiber. Sowohl die forschende vie auch die tech- nisch-sch6pferische Tatigkeit ist unlosbar mit dem Oberzeugtsein vom Fortschritt der Menschheit ver- knilpft. Glaube an einen Fortschritt zum Unter- gang warde den Untergang einer sinnvollen Tatig- keit tiberhaupt bedeuten. Der Ingenieur vie der Wissenschaftler sind sich bei unvoreingenommenem Denken dartiber klar, daB die Befreiung des Men- schen von dilsteren Urgewalten und seine Erhebung zum bewaten Denken Ergebnisse seiner bewuBten praktischen Tatigkeit sind. Der bekannte Mtinchner Atomphysiker und Unter- zeichner des Gottinger Appells, Professor Walter Gerlach, hat in einer Rede in D?sseldorf gesagt: ?Es bleibt nur noch die Hoffnung, die jedem Schaffenden Kraft und Mut zu neuer Arbeit geben mull, daB in der Zukunft Wissenschaft und Technik in wechsel- seitiger Verbundenheit Kultur und damit Humani- tat weiter fordern und verbreiten werden ? viel- leicht in groBerem Umfang, als es die christliche Nachstenliebe bisher vermocht hat." Hoffnung auf Forderung der Kultur .und damit der Humanitat, Verhiitung des MiBbrauchs materieller Macht Wer wiirde solchen Zielen nicht be- dingungslos zustimmen? Wir mtissen jedoch etwas daftir tun, daB sich these Hoffnung auch erfillIt. Bei- spiele solchen aktiven Eingreifens waren der Got- tinger Appell und die nachfolgenden Erklarungen. Wir sind uns dartiber klar, daf3 der MiBbrauch ma- terieller Macht nur dadurch ausgeschlossen werden kann, wenn wir gesellschaftliche Verhaltnisse schaf- fen, die keine Moglichkeiten dazu geben. Das sind Verhaltnisse, vie sic der Sozialismus verwirklicht, indem personlicher Besitz an Macht und Produk- tionsmitteln beseitigt ist und Eigentum eller schaf- fenden Menschen wird. Dazu gehort auch das cage Biindnis der Arbeiter, Bauern und der Intelligenz. Nur dann kann der Angehorige der Intelligenz er- folgreich arbeiten, wenn diese Voraussetzungen er- filllt sind. Die auf dem Gebiet der Wissenschaft mod Technik Tatigen haben auf Grund ihrer Stellung in der so- zialistischen Gesellschaft neben der Verantwortung filr ihre unmittelbare Aufgabe eine hohe politische Verantwortung. Gerade f?r sic gilt es; die Zusam- menhange zwischen der gesellschaftlichen und der technischen Entwicklung zu erkennen. Wie wir mit den Mitteln der Technik teilhaben konnen am Welt- geschehen, so milssen wir auch selbst aktiv Anteil nehmen. Und unser Anteil ist die Mitarbeit beim Aufbau des Sozialismus. Gelehrter und Patriot Am 10. Februar 1958 beging em n Freund unseres Landes und Verehrer deutscher Kultur, Professor Dr Zdenek Nejedlg, Prasident der Tschechoslowa- kischen Akademie der Wissenschaften, korrespon- dierendes .Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, seinen 80. Geburtstag. Als Sohn eines tschechischen Lehrers in Litmygl ge- boren,. studierte er in Prag" Musik und Musikwissen- schaft. Nach seiner im Jahre 1900 erfolgten Pro- motion habilitierte er sich 1905 fur Musikwissen- schaften an der Tschechischen Universitat Prag, an der er 1909 a. o. .Professor und spater Ordinarius wurde. Nejedlg hat eine Vielzahl in der wissenschaftlichen Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 4 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Welt anericannter Werke verfallt, In umfangreichen Untersuchungen Ober die tschechische musik- gesenicIao hat er vor allem die Zusammenhiinge dieser DiszIplin mit der Gesamtgeschichte des tsche- eltischen Valium ericannt und betont. So schuf er in gruncllegenden Studien Ober den vorhussitischen und hussitIschen Gesang (1004-1913) ein plastisches Mid nicht nur des Gcsanges, sondem auch der Kultur seines Volices im 14. und 15. Jahrhundert. Im Mittel- punkt tvelterer Forschungen, an die skit ausgedehnte Betrachtungen Ober die neuere tschechische Musik- gest:Weide anschlossen, stand clic Gestalt Friedrich SI1101.1111118. Ntlell olner Rollie von Monographien Ober &tetanus Opera (1909), Ober J. 13. F?rster (1910), Ober die modern? tschechisehe Oper (1911) und fiber Vites- hw Novak (1921) folgte in den Jahren 1924 bis 1933 die broil angelegte vierblinclige Biographic Smetanas, die den internationalen Ruf Naiadlgs begaindete. Br wandle sick aber auch der deutschen Musik- geschichte zu und veroffentlIchte Arbelten Ober Richard Wagner, Ludwig van Beethoven, Gustav Mahler und Richard Strauf3, clic in seinen bedeu- tungsvollen WerIcen ?Die Oper des tschechischen Nationaltheaters sell 1900" (1930) und ?Geschichte der Oper des Nationaltheaters" (1949) ihre Kronung random Diese musilchlstorischen Publikationen er- weiterte Nejedlg mit Beitragen zur tschechischen Nationalgeschichte, und seine Forschungen ver- weisen auf die Zeiten der Blilte der tschechischen Volicskultur sowie die revolutioniiren Traditionen des tschechischen Volkes. So erschien auch 1949 der erste Band seiner ?Geschichte der tschechischen Na- tion". Nejed1S? widmete sein Interesse auch der tschechi- schen Literaturgeschichte, die er durch kritische literaturhistorische und kulturpolitische Beitrage be- reicherte. AuBer Untersuchungen Ober die tsche- chische Dichterin Bozena Nirnov?nd fiber Jan Kollar logic er auch eine Reihe von Schriften Ober Alois Jirasek vor, ohne die das Studium des tsche- chischen historischen Romans nicht zu bewaltigen' ist. Neben der wissenschaftlichen Produktion steht Nejedlgs rege publizistische Tatigkeit, die sich von Aufsatzen und Vortragen Ober Fragen des tsche- chischen, deutschen und sowjetischen Geisteslebens bis zu den groBen Monographien T. G. Masaryks und Lenins erstreckte. Nejedlg gehort zu jenen Historikern, die die Be- cleutung der GroBen Sozialistischen Oktoberrevolu- lion fiir das tschechische Volk anerkannten. Er steht heute als Priisident der Tschechoslowakischen Aka- demie der Wissenschaften leitend und ratend an der Spitze der hochsten wissenschaftlichen Institution seines Landes. Bleibende Verdienste erwarb er sich auch als Minister urn die tschechische Schulreform, urn die Griindung von Universitdten und die Schaf- fung vieler sozialer Errungenschaften seines Landes. Dr. Gerhard Dunken Wissenschaftlicher Referent des Prasidiums und personlicher Referent des Prasidenten Eine Beratung des Komitees zur VerMitung des Krebses tkkuunttieh milssen die Arzte und Wissenschaftler in fast alien Teilen der Welt eine geradezu er- sehreckende Zunahme der Lungenkrebssterbefalle registrieren. Wiihrend in England 1945 nur 188 von einer Million Menschen am Lungenkrebs starben, waren es zehn Jahre sputer, 1955, schon 388. Noch immer liegen keine Anzeichen datiir vor, daB diese steil ansteigende Kurve ihr Maximum erreicht hat; Statistiker der American Cancer Society errechneten, datl int 3altre 1970 von je vier bis acht Mfinnern einer an Lungenkrebs erkranken wird. Andererseits haben wir es im Rine des Lungen- krebses mit ether malignen Geschwulst zu tun. die wie keine mv-42ite mil best tmm ten umweitfriktoren urskhlich in Verbindung gebracht werden kann. Obereinstimmend zeigen alle statistischen und die Mehrzahl der experimentellen Untersuchungen, claB dem Zigarettenrauchen, oder besser; dem Inhalieren des Tabakrauches die Hauptschuld filr die Verur- sachung des Lungenkrebses zukommt. Ohne Zw?elfel sind anal :Indere Faktoren filr die Laing-enkrvbsentstehutv verantwortlich. bestimmte Metallslaube und industrielle Reize, zu einem go- aber nach ni.tuesten Untersuchungen recht unerheblichen ? Pi?tlrentsatr. die zunehmende Ver- utweinigung tier Luil, sehlieBlich endog-ene, uns mach unbekantde ?1?`akttren in Verbinduag mit der ja bei fast .edttr Krt11111,101. entscheidenden individuellen Dispositim Mit Aus.nahme der Berufskrebse kann abet gewnwArtigt, keiner tiler Pal:toren wirksum 41k9WA'11.14110 Wi`.11.101, IN.S.11:111) sei gestatiet. daB im folgenden nur vom Zigarettenrauchen gesprochen wird. Es wiirde an dieser Stelle zu weit filhren, all die in den letzten Jahrzehnten zusammengetragenen zahl- losen Beweise fiir die Tabakatiologie des Lungen- krebses auch nur zu streifen. Wer sich naher fur diese Fragen interessiert, sei auf zwei Schriften Prof. Lickints hingewiesen: ?Atiologie und Prophy- laxe des Lungenkrebses", Dresden/Leipzig 1953, ?Zigarette und Lungenkrebs", Hamm (Westf.) 1957. Jedenfalls wissen wir heute eindeutig, daB in fast alien Landern die Lungenkrebssterblichkeit ziem- lich genau dem 20 bis 40 Jahre vorherliegenden Zigarettenkonsum entspricht, daB Zigarettenraucher sehr wesentlich haufiger als Nichtraucher an Lungenkrebs erkranken, clan das Risiko mit dem individuellen Tabakkonsum steigt, dna mi Zigarettenrauch eine Reihe stark cancero- gener Verbindungen enthalten sind, daB man mit Tabakrauchkondensaten im Tierver- such bosartige Geschwiilste erzeugen kann, und daB man bei noch nicht an Lungenkrebs er- krankten Rauchern im Tracheobronchialbaum zu einem viel groBeren Prozentsatz degenerative Zell- verlinderungen findet als bei Nichtrauchern. Und auf der anderen Seite milssen wir uns nach vie vor damit ablInden, trotz Einsatz aller iirztlichen Kunst und trotz Verwendung der heute so fortge- schrittenen Operationstechniken nicht mehr als 5 'to der Lungenkrebspatienten retten zu konnen. 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 MITTEILUNGSBLATT 49 In verschiedenen Staaten wurde bereits vor Jahren von offIzieller, halbamtlicher sowie von arztlicher Seite auf dieses Problem hingewiesen. Gegen Ende des Jahres 1956 veranlaBten die Herren Professoren Graf/1 und Gummel sowie der Verfasser, auch in unserer Republik Gesprache dariiber zu f?hren, wie man baldmOglichst und mit groBem Nutzeffekt auch unsere Bevolkerung vor dieser ernsten Gefahr warnen kann. Weitere Gesprachspartner kamen hin- zu, es wurden Verbindungen mit dem Miriisterium filr Gesundheitswesen gesucht und dort nicht nur voiles Verstandnis, sondern auch weitgehende Hilfs- bereitschaft gefunden, so daI3 sich dann am 16. Marz 1957 in Berlin unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Fritz Lickint, Dresden, em n ?Komitee zur Ver- hiltung des Krebses" konstituieren konnte. Diesem Komitee geh8ren nunmehr an: Prof. Lickint, Dresden, (1. Vorsitzender), Prof. Holstein, Berlin (2. Vorsitzender), Prof. Bahrmann, Dipl. Phys. Deg- ner, Prof. Dobberstein, Oberarzt Dr. Dorffel, Prof. Felix, Prof. Gietzelt, Prof. Graffi, Prof. Gummel, Prof. Hetznemann, Prof. Jung, Prof. Kraatz, Prof. Krautwald, Oberarzt Dz. Dr. Kunz, Prof. Unser, Prof. Redetzky, samtlich Berlin; Prof. Freimuth, Prof. Friedeberger, Prof. Ganse, Prof. Schumann, samtlich Dresden; Prof. Neubert, Jena; Prof. Lahm, Karl-Marx-Stadt; Prof. Peiper, Prof. Schr?der, Leipzig; Prof. Kathe, Prof. Schmid, Rostock. Ferner Dr. Rautenberg (1VIinisterium ftir Gesundheitswesen), Frau Dr. Bobek, Stellvertreter des Ministers fur Volksbildung, Dr. Ludwig, Prasident des DRK, Dipl. Biol. Kressner, Prasidium der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, je emn Vertreter des Bundesvorstandes des DFD und des Zentralrates der FDJ, sowie Dipl. Biol. Geifiler als Sekretar des Komitees. Wenngleich das Komitee nach wie vor der Meinung ist, dal) die Prophylaxe des Lungenkrebses, d. h. also die Aufklarung der Bevolkerung iiber die Ge- fahren des Tabakrauchens das Hauptanliegen sein soli, entschloI3 es sich doch, auch alle anderen Krebs- lokalisationen mit in das Arbeitsprogramm aufzu- nehmen, die sicher oder vermutlich durch irgend- welche exogenen Reize verursacht werden. AuBer- dem beschloB das Komitee auch die Frage der Friih- erkennung ? vor allem der weiblichen Krebslokali- sationen ? mit in sein Programm aufzunehmen, so- weit diese Probleme nicht schon erschopfend von der Sektion Geschwulstforschung der Akademie oder vom Ministerium bearbeitet werden. Zur Er- ftillung dieses weitreichenden Arbeitsprogrammes wurden mehrere Fachrichtungen gebildet? Innere Medizin, Gynakologie"Chirurgie, Padiatrie/Hamato- logic, Pharmakologie/Lebensmittelhygiene, Dermato- logie/Arbeitsmedizin, Radiologie und Exekutive. Wahrend die im vergangenen Jahr vom Komitee durchgefiihrten Sitzungen in erster Linie organi- satorischen Fragen gewidmet waren und zunachst einen Uberblick dariiber verschaffen sollten, welche Aufgaben vordringlich zu bearbeiten sind, fand ktirz- lich die erste ?Arbeitssitzung" des Komitees statt. Bis dahin hatte sich der Zentralrat der FDJ trotz mehrerer Einladungen recht uninteressiert an der Arbeit dieses Gremiums gezeigt, obwohl wir stets ausdriicklich betonten, dafi wir uns bei unseren Be- milhungen urn die Prophylaxe des Lungenkrebses in erster Linie an die Jugend wenden miiBten und 4 ? dabei unbedingt auf eine Zusammenarbeit mit den leitenden Organen der FDJ angewiesen waren. Des- halb wurde filr den 15. Februar 1958 eine gemein- same Besprechung mit Funktionaren des Zentral- rates fiber das Lungenkrebsproblem vereinbart. Prof. Dr. Lickint, wohl der weltbeste Kenner dieser Ma- terie, hatte sich bereit erklart, in einem einleitenden Vortrag fiber die Lungenkrebs-Atiologie zu sprechen und so die Basis. fiir eine Diskussion zu schaffen, in der dann in erster Linie die wirksamsten Methoden der Aufklarung der Jugend gefunden werden sollten. Diese gemeinsame Veranstaltung ist als em n ? wenn auch nur bescheidener ? Erfolg zu werten. Wir glauben, zunachst eine eingehende Diskussion fiber dieses Problem im Zentralrat der FDJ. angeregt zu haben. Dies .ist vor allem em n Verdienst Prof. Lik- kints, der mit seinen Worten und mit seinem in- struktiven Bildmaterial vielen die Augen zu offnen verstand, sowie des Jenaer Sozialhygienikers Prof. Neubert, der in seinem Diskussionsbeitrag den An- wesenden erste wirksame MaBnahmen vorschlug. Prof. Neubert ging davon aus, daB die Funktionare der FDJ den anderen Jugendlichen mit gutem Bei- spiel vorangehen miiBten und schlug ihnen deshalb unter anderem vor: 1. Wahrend der Arbeitszeit wird im Gebaude des Zentralrates nicht mehr geraucht, 2. auf Veranstaltungen der FDJ wird nicht mehr geraucht, 3. in den Jugendherbergen wird nicht mehr geraucht, 4. wahrend der Verbandsarbeit, besonders im Ge- sprach mit Jugendfreunden, rauchen die Funk- tionare nicht. ? Derartige MaBnahmen milf3ten natiirlich begriindet werden, wiirden aber ?wie eine Fanfare wirken" und dadurch eine Diskussion unter den Mitgliedern der FDJ auslosen. Die Meinungen der Jugendfreunde waren recht ge- teilt. Einerseits wurde die Notwendigkeit drastischer und energischer MaBnahmen anerkannt, anderer- seits erhitzen sich die Gemiiter jedoch an der Frage, inwieweit sic den Vorschlagen Prof. Neuberts ent- sprechend ?administrativ" durchgesetzt werden soll- ten. Hier stellte aber Prof. Redetzky ? als der Be- griff des Administrierens gar nicht mehr aus den Beitragen weichen wollte ? grundsatzlich klar, daB in den Fragen der Sauberkeit, der Hygiene, der Ge- sundheit und der Ordnung eine derartige Argumen- tation fehl am Platze ist. Einer der erfreulichsten Diskussionsbeitrage stammte von Werner Hen gst, der etwa meinte: Was niitzen alle Bemiihungen urn eine sozialistische Erziehung der Jugend, alle Anstrengungen zur Schaffung ma- terieller Werte, wenn nicht gleichzeitig Sorge daftir getragen wird, dal3 Krankheiten, die noch dazu zum groBen Tell vermeidbar, andererseits kaum heilbar sind, alle Anstrengungen praktisch sinnlos werden lassen? Wir glauben, daB dies eine Meinung ist, die auch bei den Mitgliedern der FDJ Gehor und An- erkennung linden mull. Erhard Geifiler Institut filr Medizin und Biologie Wissenschaftlicher Assistent (Sekretar des Komitees zur Verhtitung des Krebses) Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 Declassified in Part - Sanitized Copy Approved for Release ? 50-Yr 2014/05/28: CIA-RDP81-01043R002900200003-1 ?I, 50 MITTEILUNGSBLATT 4. Jahrgang, Heft 1/2/3 Und wieder eine Jahreshauptversammlung Am 15. 1. 1958 fiihrte die FDJ-Gruppe der Akademie- Zentrale und der wissenschaftlichen Institute ihre Jahresversammlung durch. Der erste Sekretar, Heinz Vater, wissenschaftlicher Assistent am Institut fur deutsche Sprache und Lite- ratur, gab den Rechenschaftsbericht fur 1957: Im vergangenen Jahr regte die FDJ-Gruppe zahl- reiche interessante Veranstaltungen an. Die Teil- nahme war besser als 1956, doch blieben mach immer zu ? viele Jugendfreunde diesen Veranstaltun- gen fern, und mancher horte wohl erst durch den Rechenschaftsbericht von den Ausspracheabenden tiber politische Tagesfragen, von Theaterbesuchen oder Reiseberichten und Bunten Abenden, die ihm seine FDJ-Gruppe geboten hatte. Warum interessiert sich em n groBer Teil der Mitglieder so wenig f?r diesen Teil der FDJ-Arbeit ? eine Frage, die sich jedem einigermaBen verbandsverbundenen FDJ- Mitglied aufdrangt. Mtihelos kann man zahlreiche Grtinde daftir anfiihren: fachliche Weiterbildung, vie sie mit Recht von uns verlangt wird, die Arbeit an Dissertationen usw., nehmen einen groBen Teil der Freizeit in Anspruch; aber auch die verschieden- artige Zusammensetzung der FDJ-Gruppe (von 14jahrigen technischen Kraften bis zu 27jahrigen wissenschaftlichen Assistenten) scheint em n Hinder- nis fiir em n reges Gruppenleben zu sein. Ein weit grtif3erer, uns ernsthaft beschaftigender Mangel ist das fehlende Zusammengehorigkeits- geftihl unter den Jugendfreunden, von denen manche das Einzelgangertum nur allzugern pflegen. Wie manche Alten sungen, so zwitschern manche Jungen, konnte man hier etwa sagen. Was hindert uns, darner miteinander zu sprechen, je nach Temperament, nach Neigung, Lust und Laune. Die Desinteressierten, die ?Apolitischen" und die Aus- nahmen, die sich so gem als etwas Besonderes betrachten, konnten in einem Gesprach viel ans Tageslicht bringen, was der gemeinsamen Arbeit und den gemeinsamen Zielen sehr von Nutzen ware. Denn es ist doch so, dem ersten ist es bei uns an- geblich nicht interessant genug, dem zweiten ist es zu ?politisch", die dritten meinen, ihrer ?Besonder- heit" wird nicht gentigend Rechnung getragen. Aus dem Organisationsbericht von Gerda Henckel ging hervor, daB die Gruppe 88 Mitglieder umfal3t, wovon 61 Angestellte und 27 junge Wissenschaftler (63 Madchen und 25 Jungen) sind. Der Wanderleiter, Gottfried Rilbenach, wissenschaftlicher Assistent am Institut fiir Wirtschaftswissenschaften, berichtete von acht Fahrten, die im letzten Jahre veranstaltet wur-